Archiv für den Monat: Dezember 2015

Wie Gewalt zu bezwingen ist. Über zerfallende Staaten, Terrorismus und das Verhältnis Russlands zum Westen. Von Erhard Eppler.

15. Dezember 2015, SZ

Bis vor wenigen Jahren gab es eine eindeutige Definition des Krieges: Die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen (mindestens) zwei souveränen Staaten. Einen solchen Krieg gibt es heute auf dem ganzen Erdball keinen. Gewalt entsteht nicht durch den Zusammenprall, sondern durch den Zerfall von Staaten. Und bedroht sind wir durch eine entstaatlichte und gänzlich gesetzlose Gewalt.

Daher ist ein Staat im 21. Jahrhundert umso stärker, je eindeutiger er von seiner Bevölkerung und einer wachen Zivilgesellschaft getragen wird und je weniger Menschen sich abgehängt, missachtet, erniedrigt oder gar ausgestoßen fühlen. Und wahrscheinlich brauchen wir mehr Polizei und weniger Soldaten… Der vollständige Artikel.

Flüchtlinge in Deutschland Nicht alle aufnehmen. Aber allen helfen. Gastbeitrag von Kardinal Reinhard Marx in der SZ.

17. Dezember 2015

Die Menschenwürde in Politik übersetzen
Auch unser Begriff der Menschenwürde ist von daher bestimmt. Das christliche Menschenbild leitet die Würde des Menschen aus dessen Gottesebenbildlichkeit ab. Jeder Einzelne ist Geschöpf und Ebenbild Gottes. Jeder! Die katholische Soziallehre spricht von der Universalität der Menschenwürde. „Die Gottesebenbildlichkeit begründet eine fundamentale Gleichheit: Allen Menschen kommt die gleiche Würde zu – ungeachtet ihrer Nationalität, ihres Geschlechts oder ihres Alters, ungeachtet ihrer Gesundheit oder Leistungskraft“, so hat es der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder 2010 zusammengefasst. Besser könnte man es kaum sagen…. Zum Beitrag.

Der Mittlere Osten. Von Florian Zollmann, Direktor des Archbishop Desmond Tutu Centre for War and Peace Studies

12/2015, Artikel übernommen mit freundlicher Genehmigung von Publik Forum, erschienen in Publik Forum Extra, Dez 2015

…Doch will man die Gegenwart verstehen, ist zuerst ein Blick in die Geschichte nötig. In seinem Buch Secret Affairs (Geheime Angelegenheiten, Übersetzung d. Red.), sieht der britische Historiker Mark Curtis die Ursache für die heutigen Probleme des Mittleren Ostens in einem kolonialen System, das westliche Mächte etabliert haben und bis heute aufrechtzuerhalten versuchen. Basierend auf einer Auswertung freigegebener Regierungsdokumente zeigt Curtis, wie »europäische Mächte« nach dem Fall des Osmanischen Reichs im frühen 20. Jahrhundert den Mittleren Osten »unter sich aufgeteilt« haben. So etablierten Großbritannien und später die USA, die aus dem Zweiten Weltkrieg als stärkste Macht hervorgegangen waren, einen »Ring von Klientenstaaten«, bestehend aus »feudalen Regimen«. Zu diesem Ring gehören heute die Golfstaaten Bahrain, Kuwait, Vereinigte Arabische Emirate, Qatar und Oman sowie das radikal-islamistische Saudi-Arabien. Das Grundmuster der Beziehungen zwischen diesen Staaten und dem Westen fasst Curtis wie folgt zusammen: Die westlichen Mächte leisten Militärprotek tion und erhalten dafür exklusiven Zugang zu den Ressourcen dieser Länder, insbesondere deren Ölvorkommen. Zusätzlich sollen die Klientenstaaten als strategische Puffer gegen eine russische Expansion dienen…

 

Der vollständige Atikel: PuFo_Extra_Dez_2015_Zollmann_mittlerer_Osten

 

 

UNICEF-Foto des Jahres 2015

12/2015, DIE WELT

Verzweifelte Kinder auf der Flucht Für sein Bild von Flüchtlingskindern an der griechisch-mazedonischen Grenze ist Georgi Licovski geehrt worden. Das Unicef „Foto des Jahres“ zeigt auf bedrückende Art Europas Dilemma und Verantwortung.

Das Mädchen weint bitterlich, es hält die Hand des kleinen Jungen neben sich: Fotograf Georgi Licovski hat mit seinem Bild von Kindern an der griechisch-mazedonischen Grenze das „Unicef-Foto des Jahres 2015“ gemacht…  Zum Artikel.

Badische Landeskirche: FRIEDEN KANN NICHT MIT WAFFEN GEWONNEN WERDEN. STELLUNGNAHME DER EV. LANDESKIRCHE IN BADEN ZUM GEPLANTEN MILITÄREINSATZ IN SYRIEN.

In der Badischen Landeskirche wird die Frage nach Militäreinsätzen mittlerweile eindeutig kritisch gesehen. Vgl. dazu auch „Das Wunder von Baden“. Diese Eindeutigkeit behält die Landeskirche klug auch in der Frage des deutschen Militäreinsatzes in Syrien, bei politisch komplizierter Gemenelage und zweifelhaften Zielsetzungen, bei:

12/2015

„Zahlreiche Terroranschläge in Paris, in Ländern des Nahen Ostens und Afrikas verbreiten Schrecken, Angst und Wut. Wir trauern mit den Familien der Opfer. Solidarisch mit ihnen, mit ihren Völkern und allen Menschen guten Willens fordern wir ein Ende von Terror und Gewalt und treten dafür ein, dass alle erdenklichen politischen Mittel eingesetzt werden, um diesem Ziel näher zu kommen. Der Beschluss des Bundeskabinetts zur Beteiligung der Bundeswehr an einem Militäreinsatz in Syrien, um mit Frankreich und anderen Verbündeten den islamistischen Terror zu bekämpfen, erfüllt uns mit Sorge.

Er folgt einer Logik, durch militärische Gewalt mehr Sicherheit herzustellen. Uns erscheint dies nicht hilfreich, um den islamistischen Terror einzudämmen und Syrien einem Frieden näher zu bringen…“  Zur Stellungnahme.

 

 

Ex-US-Geheimdienstchef über den IS: „Wir waren zu dumm“ Ein Interview von Matthias Gebauer und Holger Stark/ Spiegel.

12/2015

Ohne den Irakkrieg würde es den „Islamischen Staat“ heute nicht geben – das gibt der damalige Chef der Special Forces, Mike Flynn, zu. Hier erklärt er, wie der IS sich professionalisierte und warum er dessen Chef Baghdadi laufen ließ.

Zum Interview.

„Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“. Gutachten der Staaatsanwaltschaft München in Sachen Wohnstift Augustinum und Pfr. Markus Rückert

Ein Gutachten der Staatsanwaltschaft sagt, dass der Chef des Sozialkonzerns, Markus Rückert, dubiosen Immobiliengeschäften blauäugig zustimmte und damit seine Einrichtung in die Krise stürzte.

Ihm wird darin „Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“ attestiert.

07.12.15 SZ, Von Klaus Ott

Die Ermittler glauben, dass der Kirchenmann und Konzernchef seine internen Aufsichtspflichten vernachlässigt habe und dass sich das Augustinum auch deshalb auf einen äußert nachteiligen Handel mit 14 der 23 Senioren-Stifte einließ. Einen Handel, der die gemeinnützige Unternehmensgruppe tief in die roten Zahlen führte. 32,8 Millionen Euro Verlust, so lautet die Bilanz für 2014. Das ist viel Geld für einen Sozialkonzern mit 338,5 Millionen Euro Gesamtumsatz….

Zum Artikel

„Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“ – das Gutachten der Staatsanwaltschaft München I zu den Vorgängen im Wohnstift Augustinum um Geschäftsführer Prof. Markus Rückert hat es in sich. Ein Kommentar von Friedhelm Schneider

2015/12

Das ist ein Gutachten, das es in sich hat. Nicht allein, weil der Kläger nun zum Angeklagten wurde. Sondern

Erstens, weil es sich beim Wohnstift  um eine gemeinnützige GmbH aus dem Bereich diakonischer Arbeit handelt, deren Geschäftsführer, Prof. Markus Rückert, über viele Jahre hinweg Vorsitzender des Verbandes diakonischer Dienstgeber Deutschland (VdDD), des einzigen bundesweiten Arbeitgeberverbands der Diakonie mit 170 Mitgliedseinrichtungen und 350 000 Beschäftigten war.
Zweitens, weil hier ein externe, neutrale Begutachtung des Geschäftsbetriebs einer großen quasi- diakonischen Einrichtung stattfindet. Hier wird – anders als in Gefälligkeitsgutachten oder
Studien von externen Beratungen – kein Blatt vor den Mund genommen: „Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“. Vernichtender kann ein Urteil nicht ausfallen. Und das bei einem Vorzeigebetrieb diakonischer Dienste.
Drittens: dies Urteil spricht für eine ziemlich verkorkste Unternehmens- und Managementkultur

Das Urteil gilt zunächst nur dem Wohnstift Augustinum, klar. Allein schon durch die Vernetzung der Geschäftsführung mit weiten Teilen der Diakonie (VdDD) fällt der Schatten des Urteils auch dorthin. Und vielleicht noch weiter:  Wenn man die Organisationsentwicklung in der Kirche (den Kirchen) selbst nüchtern und distanziert betrachtet, ist man in vielen Fällen geneigt, das harte Urteil auch auf die Kirchen auch auf Kirchenorganisationen anzuwenden: „Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“. Das gilt zunächst primär den Organisationen, und sekundär einzelnen Individuen. Und: das gilt nicht generell. Wer etwa die Wort-Meldungen verfolgt wird feststellen, dass hier immer nach Landeskirchen differenziert wird.

Blindes Vertrauen: das ist bei Theologen, das ist in Diakonie und Kirche weit verbreitet. Vertrauen ist eine entscheidende theologische Kategorie (wie die letzten Theologengenerationen bei Eberhard Jüngel lernten). Freilich ist das nicht nur ein Thema der Theologen, sondern vielleicht noch mehr der Kirchenjuristen. Vertrauen ist auch für die Praxis der Organisationsgestaltung wichtig. Vertauen darf aber innerorganisatorische Kritik nicht verhindern. Vertrauen darf nicht „blind“ werden. Kontrolle muss nicht besser sein, aber sie ist wichtig. In kirchlichen Zusammenhängen begegnet das Problem „blindes Vertrauen“ häufig, wie aufmerksame Leser der Wort-Meldungen wissen: in allen Gremien gibt es zu viele Ja-Sager und zu wenig Kritisch-Denkende. Folgerichtig Befund II:

Grenzenlose Naivität. Naivität muss man wohl in diesem Zusammenhang wohl zunächst verstehen als Fehlen an Managementkompetenz. Ganz offensichtlich wurde der Fokus sehr stark auf die Personalpolitik gerichtet. Was nicht verkehrt ist. Was aber verkennt, dass die Basis der Immobilien in der Bedeutung gleichrangig sind. In diesem Sektor droht nun dem Wohnstift großer Schaden und herbe Verluste – oder droht noch Schlimmeres?
Auch hier gibt es Parallelen zur Kirche. Sie würde Personalpolitik auch als wichtig bezeichnen. Allerdings versteht die Kirche Personalpolitik vordringlich als Personalabbau. Sehr ähnlich: die Bedeutung der Immobilien werden unterschätzt. Auch von McKinsey-Leuten wie dem EKD-Synodalen Peter Barrenstein: „Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind die einzige wesentliche weltliche Ressource, die wirklich relevant ist für unsere Kirche…“ (vgl. hier).

Fehlende Kontrollen. Dass mehr Kontrolle nötig ist, zeigen nicht allein die Affären um Tebartz-van Elst, sondern diverse Finanzaffären, die sich auch im Bereich der ev. Kirche ereigneten – und ereignen. Dazu haben wir in den Wort-Meldungen gelegentlich Vorschläge zu Besetzung und Gestaltung der Finanzkontrolle unterbreitet. (F.S.)

„Wir brauchen keine Ja-Sager“. Matthias Müller, neuer VW-Chef.

10. Dezember 2015, SZ
Von Thomas Fromm und Angelika Slavik, Wolfsburg


Der neue VW-Chef Matthias Müller:
„Gleichwohl haben sich bei uns Denkweisen eingebürgert, die ich ablehne.“ Was er will: offenere Diskussionen, Menschen sollen Fehler machen dürfen, „Wir brauchen keine Ja-Sager, sondern Manager und Techniker, die mit guten Argumenten für ihre Überzeugungen und ihre Projekte kämpfen – die unternehmerisch denken und agieren.“ Mehr Silicon Valley, weniger Wolfsburg…. Zum Artikel.

Und was braucht die Kirche? Mehr Barmen als – Hannover?