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Sprengelbericht Mecklenburg und Pommern der Bischöfe Dr. Andreas von Maltzahn (Schwerin) und Dr. Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald) auf der Landessynode der Nordkirche (24.-26.-09.2015)

Die Nordkirche, fusioniert aus West- und Ost-Landeskirchen, bürokratisiert, Finanzen gut, s. hier. Kämpft mit Problemen und Herausforderungen:

10/2015, Bericht auf der Synode der ELK in Norddeutschland

„…

III Spezifische Probleme und Herausforderungen

(Situation und Stimmung der Pfarrer, Anm. F.S.)
„Nun hat eine große empirische Untersuchung in England und Wales gezeigt, dass bereits ab drei in unterschiedlichen Dörfern zu versorgenden Predigtstellen diese Identifikation mit der jeweiligen Kommune unmöglich wird. Das führt dazu, dass der Pastor nicht mehr Teil der Gesellschaft des Ortes ist, sondern dieses nur noch vortäuscht. Das aber lässt sowohl ihn wie auch die Gemeindeglieder unbefriedigt. Nähe ist nicht mehr vorhanden, sondern wird lediglich behauptet. Dazu kommt der Stress, den Bedürfnissen der verschiedenen Gemeinden gerecht zu werden, die gesamte Verwaltung für verschiedene Gemeinden erledigen zu müssen und die Kontakte zu den Repräsentanten verschiedener Kommunen. Die Pastorinnen und Pastoren fühlen sich überfordert…“
Rückgang der Kirchenmitgliedschaft

„…Und schließlich nehmen natürlich auch die Pastoren und Pastorinnen die Zahlen in ihren Gemeinden
wahr. Ich habe oben lebendige Gemeinden geschildert. Aber alle leiden unter einem
rasanten Rückgang der Gemeindegliederzahlen. So sank trotz der für eine kleine Gemeinde unwahrscheinlich großen Zahl von Aktivitäten in Groß Bisdorf die Gemeindegliederzahl in den
letzten drei Jahren um 9 %. In der touristisch geprägten Gemeinde Ahlbeck auf Usedom hat die
Gemeindegliederzahl in den letzten drei Jahren um 11 % abgenommen. Trotz einer nicht mehr
zu steigernden Aktivität in der Gemeinde Retzin ist hier im Hinterland die Gemeindegliederzahl
in den letzten 3 Jahren um 14 % zurückgegangen. Der durchschnittliche Rückgang im gesamten
pommerschen Teil des Sprengels betrug in diesen 3 Jahren 8 %. Häufig wird zur Begründung dieses nun seit Jahrzehnten anscheinend unaufhaltsam sich vollziehenden
Rückgangs der Mitgliederzahlen der demographische Wandel herangeführt. Leider reicht
dies als Begründung für die massiven Rückgänge nicht. Denn der Rückgang bei den Kirchenmitgliedern ist prozentual mehr als doppelt so hoch als der Rückgang der Gesamtbevölkerung. Weitere Gründe für die starke Schrumpfung der Kirchenmitgliederzahl sind der massive Traditionsabbruch aufgrund der zahlreichen Austritte aus der evangelischen Kirche in den vergangen Jahrzehnten, die heute oft unterbleibende Glaubensweitergabe in evangelischen Familien und die gesellschaftlich auch heute noch voranschreitende weitere Entkirchlichung. Dadurch fehlen Kindern und Jugendlichen die Plausibilitätsstrukturen, die der Glaube braucht, damit er wachsen kann. Oder auf Deutsch: Die Kinder kennen keinen Gleichaltrigen, der Christ ist. Warum sollten sie es dann sein?…
IV „Die Zukunft der Kirche wird sich an den Gemeinden entscheiden.“
Die erste empirische Studie über Kirchengemeinden in Deutschland, durchgeführt vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD stellt fest: „Kirchengemeinden sind der Herzschlag der Kirche“.
Wie steht es aber um die Zukunft der Ortsgemeinden? Werden Sie sich in den nächsten
Jahren ganz auflösen? Ist hier der Osten dort, wo der Westen in 50 Jahren sein wird? Die Frage
nach der Zukunft der Ortsgemeinden ist eine für die Zukunft der Kirche wesentliche Frage. In
fünf kurzen Thesen will ich sagen, warum…

V ,Erprobungsregionen‘ – ein mecklenburgischer Werkstattbericht
„Weniger ist anders.“8 Gesellschaftliche Veränderungen in peripheren ländlichen Räumen dürfen kirchlicherseits nicht einfach mit einem weiteren Rückbau beantwortet werden. Das hieße, Strukturen hoffnungslos zu überdehnen und Haupt- und Ehrenamtliche zu überfordern.
Bislang sind diese Lösungsansätze verfolgt worden:
– Zusammenarbeit in der Region, die die einzelnen Ortsgemeinden stabilisiert und in ihrem
Bestand schützt,…
Wie können neue Formen gemeindlichen Lebens strukturell ermöglicht werden?
Wir sehen dafür vier Optionen:

1. Lokale „Gemeinden“ unter dem Dach einer Kirchengemeinde (Ortsausschüsse)

2. Thematisch orientierte „Gemeinden“ in großstädtischen Kontexten (Fachausschüsse)

3. Kirchengemeinden mit unterschiedlichen Aufgaben-Gebieten (Abschied vom flächendeckenden
Gemeindeaufbau)

4. Neugründungen von „lokalen Gemeinden neuen Typs“ (pastorenunabhängige Gemeindeleitung)

Der vollständige Bericht. 

Erfahrungsbericht und Vergleich aus der Braunschweigischen Landeskirche:
„der Kirchenkreis Mecklenburg in der Nordkirche“

von Dietrich Kuessner, Braunschweig

Fazit: Andere, vergleichbare Landeskirchen haben erheblich mehr Probleme. Hier wäre ein Austausch förderlich. Wenn wir uns indes kaum für die Nachbargemeinden, Nachbarpropsteien interessieren, ist es zu viel verlangt, wenn man auch mal in die nächstliegende Landeskirche sieht.
Ich besinne mich auf eine Kuratorin aus dem Mecklenburgischen, die im Predigerseminar sehr farbig und kompetent über den Einsatz von Kuratoren berichtete. Sich austauschen bildet und lohnt sich…  Mehr dazu.

 

Anm. F.S. zum Sprengelbericht der beiden Bischöfe:

Interessant bei der Analyse der beiden Bischöfe, dass sie die Ursache der Probleme der Pfarrerschaft deutlich anders, man kann sagen: gegensätzlich sehen wie etwa der Hannover’sche Pfarrverein, vgl. hier.

Bedenklich ist, dass die Ursachenanalyse der rapide schwinden Bindungskraft mit extrem hoher Austrittsfolge viel zu kurz greift. Und letztlich Ursachen und Lösungen nur oder weit überwiegend in Strukturfragen gesehen werden. Das ist – sorry – die enge Sicht von Menschen in Landeskirchenämtern. Und das ist eine Sicht, die bei kirchenleitenden Kräften über Jahre hin hipp war. Aber sie war nie plausibel begründet. Und vor allem: das ist aber nicht die Sicht der Menschen! Vielleicht ist gerade diese Kluft zwischen den Fragen, den Interessen, den Bedürfnissen der Menschen, der Christen wie der Nichtchristen, und der dominierenden Fraktion der Technokraten in den Ämtern, Verwaltungen und Leitungen der Kirchen das Problem! Was hat denn die extrem hohe Austrittsquote in Mecklenburg und Pommern beispielsweise mit der Fusion der Landeskirchen zu tun? Eine Frage, die den Bischöfen überhaupt nicht einfällt! Das war eine Fusion von Kirchen völlig unterschiedlicher Traditionen und Kulturen! Sollte das nicht Folgen haben? War nicht die Fusion der relativ ähnlichen Kirchen in Thüringen und der Kirchenprovinz nicht abschreckendes Beispiel genug? Wurde nicht auch dort in der Folge schon eine Entfremdung der Menschen zur Kirche konstatiert? Ist nicht auch dort in der EKM ein schon Extremwert an Austritten zu konstatieren? Wie viel stärker muss diese Entfremdung also bei extrem unterschiedlichen kulturellen Hintergründen ausfallen? Sollte das für die beiden Bischöfe wirklich nicht absehbar gewesen sein? Und: können sie das nicht wenigstens im nachhinein als (Teil-)Ursache des Austritttsproblem auch klar benennen? Dazu fehlt wohl der Mut. Im Wormser Wort ist formuliert: die Kirche muss verlorenes Vertrauen wieder gewinnen. Darum geht es zuerst. Und danach kommen viel später, an 5. Stelle, die Strukturen. Und noch viel später, unter ferner liefen, die Fusion von (großen) Landeskirchen.

 

Nordkirche: „Dieses Zusammenwachsen (ist) ein langer Weg, der sich noch über Jahrzehnte erstrecken wird“

03.01.2015 ǀ Hamburg/Schwerin. Im zurückliegenden Jahr wurden große Themen in der Nordkirche behandelt. Tilman Baier, Chefredaktuer der Kirchenzeitung in Mecklenburg-Vorpommern, und Sven Kriszio, Redaktionsleiter der Evangelischen Zeitung in Hamburg und Schleswig- Holstein, rufen die wichtigsten Debatten in Erinnerung.

Sven Kriszio: Tilman, mir fällt zuerst der Streit um das Landeskirchenamt in Kiel ein, den die Landessynode im November ausgetragen hat. In einer bemerkenswert langen Debatte von drei Stunden wurde starker Protest gegen die kostspielige Renovierung und Erweiterung des Verwaltungsgebäudes laut….
Tilman Baier: Ja, es war eine Stellvertreterdiskussion um die Fragen: Wo schlägt eigentlich das Herz der Nordkirche?

Sven Kriszio: Die Sache ist entschieden. Aber es kommen Gefühle zur Sprache, Enttäuschungen. Deutlich wurde: Neben dem Zusammenfinden von Ost und West gibt es noch etliche andere Bereiche, in denen sich die junge Nordkirche verständigen muss. Da geht es um eine gemeinsame Identität, die Zeit zum Wachsen braucht.

Tilman Baier: Darum war es auch eine gute und wichtige Entscheidung des Synoden-Präsidiums, eine fast dreistündige Diskussion zuzulassen, auch wenn einzelne Synodale ungeduldig wurden. …

Zusammenwachsen noch ein langer Weg

Sven Kriszio: Was hat das zurückliegende Jahr für das Zusammenwachsen der Nordkirche gebracht? Ich meine: Die eine Kirche wird da greifbar, wo Menschen miteinander streiten, gemeinsam um Lösungen ringen, sei es auch schmerzlich. Ich glaube, diese Auseinandersetzungen sind die notwendigen Geburtswehen, damit die Menschen in Ost und West zusammenfinden.

Tilman Baier: … Ansonsten ist dieses Zusammenwachsen ein langer Weg, der sich noch über Jahrzehnte erstrecken wird. Wichtig ist nur, dass wir ihn Schritt für Schritt gehen. Es passiert im Austausch, auch im Streiten….  Das vollständige Gespräch.

Kommentar F.S.: Die Landeskirchenfusion der Nordkirche als  jahrzehntelanger Weg. Das dürfte eine realistische Einschätzung der Lage sein. Dieser Weg ist gepflastert mit innerkirchlichen Auseinandersetzungen, mit Kräfteverzehr und Reibungsverlusten. Es ist der Weg der kirchlichen Selbstbeschäftigung. Die vorhandenen Kräfte und Potentialestehen für die „Leistungen“ nach außen , die Menschen, die Gemeinden, Projekte etc. immer weniger zur Verfügung. Die Kräfte werden nach innen schon zu einem Großteil verzehrt. Und dieser Anteil wird durch die Reformen nicht etwa reduziert, sondern steigt im Gegenteil noch stärker an. Damit wird ein bei einer Langfristperspektive sichtbar gewordene Verschiebung zu Lasten der Dienste an den Menschen noch weiter verstärkt. An anderer Stelle hatte ich die als Problem der Finanzpolitik  dargestellt.  Im Falle der wie hier beschriebenen großen Landeskirchenfusionen wird des exemplarisch bestätigt, obwohl dies Phänomen in den Bilanzen in diesem Falle gar nicht auftaucht.

 

Das Spaltpotenzial von Fusionen: Streit um den Umbau des Landeskirchenamts in der Nordkirche

„Es wächst zusammen, was zusammen gehört“, hatte Willi Brandt, der populäre Alt-Kanzler, den Mauerfall vom 9. November 1989 kommentiert. Brandt war ein genialer Politiker, mit der Prognose „es wächst zusammen“ irrte er. Denn ist durch diese „Fusion“ in 25 Jahren ein homogenes Ganzes gewachsen? Eine der Schwierigkeiten von Fusionen besteht darin, die Menschen dafür zu gewinnen und mitzunehmen. Und das ist ganz offensichtlich missglückt – trotz der anfänglichen Euphorie.

Wie viel schwieriger sind Fusionen, die ohne vorherige Begeisterung ins Werk gesetzt werden sollen und bei denen als Ersatz so etwas wie Einsicht erst geweckt werden muss. Dieser Aufgabe sieht sich die Kirche bei ihren mannigfachen Fusionsprojekten konfrontiert, will sie die Menschen dabei mitnehmen. Und das muss man. Denn ohne Menschen Kirche sein – das mag Kirche nun doch nicht wirklich. (Auch wenn die EKD, die sich als Kirche gerade anerkennen ließ, einen gewissen Verdacht schürt). Als Überzeugungsargument in Fusionsfällen hat man sich auf das Argument der Kostensynergien geeinigt. Bei genauerem Hinsehen, löst sich diese Argumentation freilich nur zu schnell in Wohlgefallen auf. Wie z.B. gerade in der Nordkirche hinsichtlich der Fusion der früheren Landeskirchen Nordelbien, Mecklenburg und Pommern. Der äußere Anlass ist ein Streit um den Umbau des Landeskirchenamts in Kiel:

„Der mecklenburgische Synodale Christoph de Boor warf der Kirchenleitung einen „unsensiblen Umgang“ vor. Das Thema habe mit der Fusion (der Landeskirchen, Anm. FS) zu tun.“

„Er könne den Gemeinden in Mecklenburg einen solch teuren Umbau (des Landeskirchenamtes, Anm. FS) nicht verständlich machen, ergänzte der Bauingenieur Wulf Kawan, Mitglied der Kirchenleitung.“ Zur Quelle.

Die ambivalenten Wirkungen von Fusionen sind zwar aus der Praxis wie der Wiedervereinigung oder schon früher den Gebietsreformen der ausgehenden 60iger Jahre hinlänglich bekannt. In Kirchengremien lässt man sich davon eher nicht beeindrucken und erklärte Fusionen als Reformmaßnahmen für sakrosankt. Wobei allerdings die subjektive Überzeugung entsprechend vortragender Redner und die objektive Argumentationskraft nicht selten weit auseinanderklaffen. Entsprechende wissenschaftlich-unabhängige Studien aus dem kirchlichen Bereich sind noch immer Fehlanzeige. Greifen wir daher – im Wissen auf Differenzierungsbedarf bei der Übertragung – auf Studien im Unternehmensbereich zurück:

„Bei einer Untersuchung von 103 Zusammenschlüssen mit deutscher Beteiligung der Jahre 1994 bis 1998 wurde festgestellt, daß nur in 44% der Fälle eine positive Umsatzentwicklung resultierte und gar nur in 21,5% der Fälle eine Börsenwertsteigerung erzielt wurde. Die Forscher erklären das Ergebnis mit einer Fokussierung der fusionierenden Unternehmen auf Kostensynergien statt auf innovationsgetriebene Wachstumssynergien. Die Chancen, daß Fusionen erfolgreich sind und Gewinnsteigerungen nach sich ziehen, stehen offenbar nicht besser als beim Münzwurf (…).“ Quelle: Kleinert, J.; Klodt, H.: Megafusionen. Trend, Ursachen und Implikationen. Tübingen 2000, S. 96

Was könnte eine lernfähige Kirche aus derartigen Studien generell lernen?  Auch wenn es in der Kirche nicht um Gewinnsteigerungen im monetären Sinn geht, besteht auch hier in offizieller Lesart die Absicht der wirtschaftlichen Optimierung. Und zwar durch Reduktion von Kosten und also durch Kostensynergien. Die Unternehmensstudie zeigt allerdings auf, dass allein schon diese Tatsache Teil des Problems ist. Wer nämlich bei Fusionen auf Kostensynergien setzt, setzt aufs falsche Pferd! Und das auch, wenn sich rechnerisch tatsächlich gewisse positive Effekte erzielen ließen. An dieser Stelle muss man einen Augenblick verweilen und den Blick auf die Strategie der von der EKD ausgehenden Finanzpolitik wenden, die ausschließlich auf Spareffekte setzt. Die also die ideologische Basis auch der flächendeckenden Fusionsprojekte darstellt. Das Beispiel zeigt und die Studie unterstreicht:  dieser Fokus der Finanzpolitik ist fatal einseitig und fatal falsch. Mit welchen Ergebnissen, kann man an etlichen der sog. Reformmaßnahmen mittlerweile empirisch belegen.

Erfolgversprechend nach der o.g. Studie sind in der freien Wirtschaft nicht Kosten-, sondern Wachstumssynergien. Aber auch (lineare) Wachstumsziele bergen in komplexen Systemen wie der Kirche eine bisher in den Kirchenleitungen zu wenig wahrgenommene Problematik. Immerhin hat die wissenschaftliche Diskussion im Gefolge des Impulspapiers „Kirche er Freiheit“an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen.  Als Resultat kann man festhalten: zur Fata morgana der Kostensynergien gesellt sich in komplexen Systemen das Wunschbild von einfach-linearen Wachstumssynergien. Angesichts dieses Befundes überrascht es nicht, dass es naturgemäß schwer ist, Menschen in den Gemeinden und Gremien von Fusionen zu überzeugen. Und dass der Grund dafür nicht etwa (von vornherein) an den gerne der Uneinsichtigkeit bezichtigten Adressaten solcher Vorhaben liegt. Wenn sich aber die vermeintlichen Kostensynergien wie im speziellen Falle der Nordkirche erschwerend als Kostensteigerungen (und den üblichen, hier gar nicht erwähnten zusätzlichen Bilanzverlusten) entpuppen, dann bewirken solche Fusionen Frustrationen auch bei zuvor geneigten und gutwilligen Betrachtern, die die Kirchenmitglieder gemeinhin sind. So unterminiert man im fortgesetzten Fall das Vertrauen in die eigene Leitungskompetenz. Und das nicht nur in der Nordkirche.

Immerhin hat man dies bei den Landeskirchen auf dem Territorium von Niedersachsen schon erkannt und die dort forcierten Fusionsverhandlungen abgeblasen. Und in der Nordkirche wagt man derartige Kritik nun auch schon in der Kirchenleitung selbst. Und scheut nicht, diese Kritik auch öffentlich zu machen. Das ist eine beachtliche Entwicklung, auch wenn man die gewagte Grundsatzentscheidung der Landeskirchenfusion bei völlig anders gearteter Kirchenkultur zwischen Ost- und Westkirchen wohl nicht rückgängig wird machen wollen.  Friedhelm Schneider

 

Nordkirche: Kirchensteuer steigend. Finanzpolster gut. Bürokratisierung durch Landeskirchenfusion.

Lübeck-Travemünde (epd). Nordkirche.

Der evangelischen Nordkirche geht es finanziell bestens: Insgesamt 468 Millionen Euro sollen 2014 in die Kirchenkassen fließen – rund sechs Millionen Euro mehr als in diesem Jahr. Größte Einnahmequelle ist die Kirchensteuer mit 425 Millionen Euro. Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern steuern noch einmal knapp 27 Millionen Euro bei. Finanzexperte Martin Blöcher, Mitglied der Kirchenleitung, stellte den Haushalt der Landessynode in Lübeck-Travemünde vor.

Auch das Finanzpolster ist beachtlich: Anders als Bund und Länder hat die Kirche für künftige Pensionen eine finanzkräftige Stiftung Altersversorgung gegründet. Das Vermögen
beträgt derzeit 855 Millionen Euroknapp 50 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Das verfügbare Vermögen der Kirche lag Ende vorigen Jahres bei 119 Millionen Euro, acht Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Rund 260 Millionen Euro werden von der Landeskirche umgehend an die Kirchenkreise durchgereicht, die  sie dann überwiegend an die Gemeinden verteilen. Bis 2018 soll der Anteil der landeskirchlichen Ausgaben leicht gesenkt werden.

Blöcher warnte allerdings vor einer Überlastung der Verwaltung aufgrund der Fusion. Das Arbeitspensum sei bei gleichbleibender Intensität und Sorgfalt nicht mehr zu leisten. Erschöpfung und Krankheitsausfälle seien nicht mehr zu übersehen. vgl. Ausgabe S. 20!