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Akteure, Führungskräfte, Berater

„Fernab jeder redlichen Bilanz…“ Leserreaktionen auf einen Lobgesang auf die EKD-Reform von Rainer Clos in den „Zeitzeichen“.

11.06.16, Zeitzeichen, Artikel von Rainer Clos: „Der Überraschungscoup“

Leserreaktion von Manfred Jeub, 03.06.2016 14:02:

„Fernab jeder redlichen Bilanz betätigt sich hier ein Journalist (aus den eigenen Reihen!) als Apologet einer auf falschen Annahmen beruhenden und mit falschen Mitteln arbeitenden, misslungenen Reform: tendenziös bis in die Wortwahl hinein. Kritik und minutiöser Aufweis der Reformschäden, wie sie gleich jahrgangsweise z. B. im Dt. Pfarrerblatt dokumentiert sind, wird verschwiegen oder verniedlicht und selbst die Autorin des Buches „Kirche im Reformstress“ soll noch als Zeugin für positive Wirkungen des Reformpapiers herhalten. In der Überschrift spricht der Autor wahr, ohne es zu merken: In der Tat, die Vorgehensweise war ein „Coup“, das Handstreichverfahren eines selbsternannten Thinktanks. Diese Kamarilla maßte sich gar an… Mehr dazu – bis ans Ende der Seite durchscrollen!

 

dazu auch:  Kirche der Freiheit – Abgesang auf ein kirchliches Altpapier,  von Andreas Reinhold,

„Reformen werden nicht von oben verordnet, sondern vollziehen sich von unten her.“
Dies wäre aber ein notwendiger Reinigungsprozess, der Voraussetzung dafür ist, dass adäquate Reformen angestoßen werden – und zwar dieses Mal von unten! Denn nicht nur die 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung macht deutlich, wo Kirche verortet ist: in den Gemeinden und in den Diensten und Werken, die für jedermann ersichtlich konkrete Arbeit am Menschen leisten. EKD, Landeskirchen, ja selbst Kirchenkreise bleiben für die meisten abstrakte Größen, die nur wenig Bindungskraft entwickeln. Die besitzen aber nachweislich immer noch die Kirchengemeinden vor Ort… vgl. hier.

Klaus Winterhoff, scheidender Finanzdezernent der EKvW, mahnt harte Strukturmaßnahmen und weitere „Reformen“ an. Kirche vor weiterem Umbruch? Von Pfr. Hans-Jürgen Volk.

05/2016, Von Hans-Jürgen Volk

Klaus Winterhoff gehört zu den grauen EKD-Eminenzen, die in den vergangenen Jahren die Umbauprozesse innerhalb der EKD und den evangelischen Landeskirchen maßgeblich angeregt und gesteuert haben. Bis vor kurzem war er Vizepräsident und Finanzdezernent der Ev. Kirche von Westfalen sowie Mitglied im Rat der EKD und Vorsitzender des einflussreichen EKD-Finanzbeirats.

In einem Gespräch mit epd anlässlich seines Ausscheidens aus der westfälischen Kirchenleitung fordert Winterhoff weitere „Reformen“: „Der Status quo hat nirgendwo Verheißung – am allerwenigsten in der Kirche.“ Nach dem Reformationsjubiläum sei ein „Kassensturz“ fällig, so Winterhoff und beklagt ein „weiteres Absinken der Kirchensteuereinnahmen“ um das Jahr 2020. Als Grund benennt er, dass dann die geburtenstarken Jahrgänge verstärkt in den Ruhestand gehen werden.

Winterhoff irrt. Er liegt mit seiner Einschätzung ebenso falsch, wie bereits im Jahre 2008. Damals stiegen die Einnahmen aus Kirchensteuermitteln nach dem Einbruch in den Jahren 2004 und 2005, der vor allem der von rot-grün auf den Weg gebrachten Steuerreform geschuldet war, bereits deutlich an – 2006 um + 6,4 %, 2007 um ca. + 8,5 %. Beim Einbringen des EKD Haushalts 2009 äußerte sich Winterhoff wie folgt: „Angesichts der weiterhin absehbaren Kirchensteuerrückgänge infolge der demographischen Entwicklung, der Unbeständigkeit wirtschaftlicher Entwicklungen in einer globalisierten Welt sowie der anhaltenden Tendenz der deutschen Steuergesetzgebung zur Verlagerung des staatlichen Steueraufkommens von den einkommensabhängigen zu den verbrauchsorientierten Steuerarten, muss diese Entwicklung nach wie vor als vorübergehend angesehen werden.“ Tatsächlich entwickelten sich die Kirchensteuereinnahmen in den Folgejahren überaus positiv. 2006 lag das Aufkommen bei 3,988 Milliarden Euro, 2014 bei 5,2 Milliarden… Zum Artikel.

Prof. Alexander Deeg – Abschaffung der Amtskreuze für leitende Geistliche gefordert.

05/2016

Da hat Alexander Deeg, Professor für praktische Theologie in Leipzig mit theologischen Wurzeln in Erlangen, richtig hingelangt, mit seinem Vortrag „Von Pfarrern und Priestern in der evangelischen Kirche“ am vergangenen Montag, 25. April, auf der Mitgliederversammlung des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins in der Evang.-Luth. Kirche in Rothenburg o.T. Er sprach sich nämlich für eine Abschaffung der Amtskreuze von „leitenden Geistlichen“ in den evangelischen Kirchen aus. … Mehr dazu.

Die McKinsey-fizierung der Republik. Der intime Kenner Dr. Julius Lengert berichtet über Wirken und Wirkungen der McKinseys am Bsp. Siemens u.a.

04/2016,  älterer, aber aktueller Beitrag von Dr. Julius Lengert

Erstens: Die Erfolgsbilanz der von McKinsey beratenen Unternehmen steht nicht selten in praktisch diametralem Gegensatz zum geschäftlichen Erfolg von McKinsey selbst.

Viele große, renommierten Unternehmen, die in den letzten zwei Jahrzehnten eine spektakuläre Pleite mit nachhaltigen Folgeschäden für Mitarbeiter, Zulieferer und das gesamte soziale Umfeld erlitten, wurden von McKinsey beraten. Die traurige Serie begann in Amerika mit Enron, Global Crossing, K-Mart, sie setzte sich fort mit der Swissair, Hypo Real Estate, HSH Nordbank. Bei Siemens traf es die Kommunikationssparte, das traditionelle Herzstück des Unternehmens, das auf „World Class“ gebracht werden sollte. Bei Daimler schlug der Ausritt zum integrierten Technologiekonzern und zur Welt-Auto AG grandios fehl….
Zweitens: Gesellschaft ohne Haftung.

McKinsey agiert nach dem Pilatus-Prinzip: Man wäscht seine Hände in Unschuld und stiehlt sich aus jeglicher Verantwortung heraus….

Die McKinsey-fizierung der Siemens AG
Das Paradebeispiel für ein nach den Maßstäben vernünftigen und verantwortungsvollen Handelns völlig unverständliche Bindung an ein Beratungsunternehmen ist die Siemens AG. Wie es heißt, sollen bis zu 50 Berater abgestellt worden sein, viele davon, um bei Siemens „in die Lehre“ zu gehen. Das Ergebnis der zahlreichen Organisations- und Downsizing-Projekte in Zentralabteilungen, Technologietransfers und „World-Class“-Programme ganzer Unternehmensbereiche sieht folgendermaßen aus: Die gesamte Kommunikationssparte, seit der Gründung des Unternehmens die Vorzeigesparte der Firma, ist praktisch aufgelöst, die Handy-Sparte mit dreistelligem Millionen Euro Draufgeld an BenQ „verkauft“ und ein Jahr darauf pleite, mehrere Sparten unter hohen Kosten ausgegliedert und eine nach der anderen „abgewickelt“….

Doch die McKinsey-fizierung unserer Republik beschränkt sich nicht auf die Wirtschaftsunternehmen: Auch einflussreiche Wirtschaftsverbände sind davon betroffen….

Schon diese kurze Darstellung, die nur die Spitze des Eisbergs der McKinseyschen Umtriebe darstellen, macht deutlich, dass wir es heute in der Tat mit einer systematisch und gezielt betriebenen „McKinsey-fizierung der Republik“ zu tun haben. Das Unternehmen McKinsey mit einer Krake zu vergleichen, wie zuweilen zu lesen, ist hingegen die falsche Metapher. Das Bild der Krake ist viel zu plump und grob gestrickt, um als Vergleich dienen zu können. Wenn man bei einem Vergleich aus der Fauna bleiben will, dann ist die Meduse zutreffender, die mit ihren filigranen, weit reichenden Tentakeln ihr Beutetier nahezu zärtlich umschlingt und es mit ihrem Gift lähmt….

Die Therapie
Da die Ätiologie, die Krankheitsursache, hinreichend bekannt ist, ist die Therapie relativ einfach….

Zu Text und Therapie

 

Anm. d. Red.: Von der Abwicklung von Firmen zur Abwicklung der Kirche ist es nicht weit…

dazu auch: McKinsey in der Kath.Kirche , er Ev. Kirche, das Kirchenverständnis von McKinsey.

Aktuell: McKinsey wirkte im Lageso/ Berlin.

EKD- Finanzdezernent Diplom- Betriebsökonom Thomas Begrich tritt ab. Ratsvorsitzender und Kirchenamtspräsident würdigen „Ära Begrich“.

17. März 2016, EKD
„…

In dem Gottesdienst wurde zugleich der bisherige Amtsinhaber Thomas Begrich verabschiedet, der Mitte des Jahres in den Ruhestand tritt. Der Diplom-Betriebsökonom Begrich hatte die Finanzabteilung der EKD seit September 2003 geleitet. In seiner Zeit bei der EKD hat er maßgeblich am Reformprozess der EKD mitgewirkt und war u. a. für die Einführung eines neuen Finanzmanagements verantwortlich, das sich stärker an der kirchlichen Arbeit ausrichtet…“  Mehr dazu.

Neue Fehlsteuerung, teurer Sparkurs, gefloppte Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Ein Kommentar zur Ruhestandsversetzung des EKD- Finanzdezernenten Thomas Begrich von Friedhelm Schneider.

03/2016
Schon 2013 verließ Oberkirchenrat Thorsten Latzel , Leiter des Projektbüros Reformprozess im Kirchenamt der EKD seinen Posten und übernahm die Stelle des Akademiedirektors der Ev. Akademie Frankfurt.  Bald gab es in der EKD innerhäusig kritische Bemerkungen. Diese wurde immer deutlicher und klarer. Im letzten Jahr etwa ließ Thies Gundlach zum Reformprozess wissen: „Denn zum einen kostet das Umbauen viel Kraft,  und zum anderen sind die Einsparergebnisse durchaus überschaubar und jedenfalls nicht geeignet, Plausibilität gerade für
die Skeptiker der Fusion zu schaffen.  Darüber hinaus verbindet sich damit oft eine Arbeitsverdichtung“.  Kurz die Reformen führen zu innerkirchlichem Kräfteverschleiß und Mehrbelastung des Personals ohne nennenswerte Einsparergebnisse. Damit schließt sich Thies Gundlach inhaltlich der  im Wormser Wort geäußerten Kritik an den sog. Kirchenreformen an.

Auf diesem Hintergrund liest sich die Pressemeldung zur Ruhestandsversetzung von Thomas Begrich als zwar verklausulierte, aber letztlich doch unverhohlene Kritik: „In seiner Zeit bei der EKD hat er maßgeblich am Reformprozess der EKD mitgewirkt“. Wenn dann noch diese ganze Reformphase vom Ratsvorsitzenden als Ära Begrich betitelt wird,  dann wird schon etwas vom Einfluss eines Mannes in der EKD- Zentrale sichtbar, den viele noch nicht einmal mit Namen kennen. Doch soll wohl weniger eine einzige Person für die wenig schmeichelhaften Resulate dieser eineinhalb Jahrzehnte stark ideologisch gefärbter EKD- Kirchenleitung verantwortlich gemacht werden, als vielmehr ein Schlusspunkt gesetzt werden. Eine neue, eine Postreformepoche kann und soll mit dem  Ausscheiden von Thomas Begrich beginnen. Der in der DDR sozialisierte und gelernte Diplom-Betriebsökonom bekleidete den Posten des EKD Finanzdzernenten von 2003-2016. Bis 2003 war er Finanzdezernent der Kirchenprovinz Sachsen und zu DDR-Zeiten Finanzchef eines Krankenhauses in Sachsen-Anhalt.

Was assoziiert man mit der „Ära Begrich“ und warum muss sie so schnell wie möglich beendet werden? Man assoziiert: 1. die Ersetzung von richtigem Management durch Langfristprognosen als argumentative Basis der Notwendigkeit eines tiefgreifenden Umbauprozesses der Kirche, 2. die Einführung der kaufmännischen Buchführung in der Kirche, 3. die Sparpolitik und 4. der jüngste Flopp mit der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Der Reihe nach:

1. Ich erinnere mich lebhaft an den Vortrag von Thomas Begrich auf einer Tagung der Ev. Akademie Bad Boll im  Jahr 2008. Das zentrale Chart zeigte die Entwicklung der kirchlichen Finanzen im Jahr 2030. Unterstellt war die Fortsetzung der kirchlichen Arbeit im damals vorhandenen Umfang unter Berücksichtigung einer Verschlechterung der Einnahmesituation (Kirchensteuerrückgang). Das Ergebnis: zu diesem zukünftigen Zeitpunkt hätten die Mittel gerade noch für die Pfarrgehälter gereicht. Also: keine Mittel mehr für Verwaltung, für… Fazit: undenkbar! Da musste gegengesteuert werden, und zwar heute! Das Auditorium, ca. 200 Personen mit Positionen in den kirchlichen Finanzabteilungen lauschten andächtig. Ein Vortrag, den nicht nur diesen Auditorium zu hören bekam. Ich selbst sah die Präsentation nahezu unverändert im Jahr 2011 noch einmal auf einer Tagung des Reformzirkels „Netzwerk Kirchenreform“ in Wiesbaden. Der Inhalt war leicht eingängig. Und viele, viele, beteten die Botschaft bei allen möglichen oder unmöglichen Gelegenheiten nach.  Das also war die Welt und Botschaft des Thomas Begrich, die man in der EKiR ganz ernsthaft, aber treffend „einfache Formel“ taufte.  Sinn  und Zweck liegen auf der Hand: der so erzeugte Krisenalarm war Legitimation und argumentative Grundlage eines bis dato einzigartigen innerkirchlich angestoßenen Abbau- und Umbauprozesses.

2. Beschluss zur Einführung der kaufmännischen Buchführung (Doppik/NKF) 2005. Wo die Implementierung der Doppik schon stattgefunden hat, absorbierte dies alle vorhandenen Kräfte der Verwaltungen, und zwar über Jahre. So wurde die Doppik zum Musterbeispel für kirchliche Selbstbeschäftigung. Ehrenamtliche verweigerten die Mitarbeit oder schieden aus.  Gesteigert wurde die Schwierigkeit der Aufgabe, als damit auch die Umstellung der – in der Regel zuvor nicht für den eigenen Bedarf getestete – IT verbunden war. Anstelle einer EKD- weiten Harmonisierung, kochte jede Landeskirche auch noch ihr eigenes Süppchen. In Bayern bspw. wurde die gekoppelte Doppik und SAP- Einführung daher von einem Synodalen als Jahrhundertprojekt bezeichnet, von Mitarbeitern im LKA hingegen stand SAP für „Search And Pray“.  Die EKiR hatte über Jahre keine Jahresabschlüsse, war also letztlich durch einen finanziellen Blindflug gelähmt.

Was kann die Doppik für die Steuerung der Kirche leisten?  Die für das Management entscheidenden Indikatoren wie etwa die Mitgliederbindung werden damit jedenfalls ebenso wenig erfasst wie etwa die Motivation der Mitarbeiter, namentlich der Pfarrerschaft. Was hingegen neu dargestellt wird, ist das finanzielle Vermögen der Kirche. Freilich ist das eine Information, die einen großen Bewertungsspielraum lässt und von daher für die präzise Steuerung kaum tauglich ist.  Zum anderen handelt es sich um Angaben,  mit deren Darstellung die Kirche eigentlich nur verlieren kann. Denn die kirchennahen Mitglieder werden durch diese Angabe, die monetäre Bewertung primär geistlicher Größen (!), irritiert.  Und unter den Distanzierten wird die Kirche den einen zu reich, den anderen aber zu arm sein ( bzw. besser: sich darstellen ). Ergebnis also: man schafft Angriffsflächen. Und das völlig ohne Not. Obwohl es ja schon genug andere Angriffsflächen gibt. Und das Lieblingsargument der Befürworter, die Darstellung des Ressourcenverbrauchs, ist so richtig wie falsch zugleich. Denn selbstverständlich war der Administration das Thema auch vorher schon bekannt. Man war sogar so intelligent, dass man richtige Lösungen nicht nur entwickelte, sondern – weil nur administratives, dienendes Handeln –  daraus noch nicht einmal großes Aufhebens machte. Bsp: Pensionen, Bsp. EKHN. Dort  hatte man das Problem (mit Kameralistik) für die damalige Zeit, im letzten Viertel es letzten Jahrhunderts, nachgerade genial gelöst. Etwa mit der Finanzierung erheblicher Anteile über die BfA, also beitrags- und nicht kapitalorientiert. Warum werden also nicht solche Mitarbeiter geehrt, die aus Managementsicht für die damalige Zeit wirklich glanzvollen Leistungen erbracht und so der geistlichen Leitung der Rücken frei gehalten haben? Man muss nach ihnen keine Ära benennen, aber ihnen die Ehre für ihre Leistung zollen. Die betroffenen Personen, hier der ehemalige OKR Tempel, eine Person frei von jeglichem Narzissmus, würde man auf diese Weise zurecht nach völlig absurder Verunglimpfung durch die „Reformer“ rehablitieren. Das lief in den meisten Landeskirchen gut.  Anders verhielt es sich bei den Bauämtern. Dort war das Management durchaus und durch die Bank verbesserungsbedürftig: Man stattete sie in guten Zeiten einfach so satt mit Finanzmitteln aus, dass nichts anbrennen konnte. Auf Dauer war das nicht zu halten, weswegen es einer präzisen Kostensteuerung bedurft hätte, eines Kirchlichen Immobilienmanagements. Gerade Letzters, eine präzise Kostensteuerung und präzise Ressourcenverbrauchswerte lieferte die Doppik mit pauschalen Abschreibungswerten nun aber gerade nicht.
Dass diese Abschreibungen auf Gebäudewerte zu guter letzt noch dazu verwendet wurden, um Gemeinden oftmals unbegründet arm zu rechnen und damit zu Fusionen zu zwingen, das war denn die letzte Volte in einem zuvor schon unsäglichen Spiel. Den Umbau-Protagonisten hat all das an der Basis wenig Freunde gemacht.

Man wird bei alledem fragen müssen, ob Thomas Begrich die äußerst spärlichen Resultate der Doppik für die Steuerung der Kirchen, den Aufwand der Maßnahme der Implementierung, die Kompetenzen in den landeskirchlichen Verwaltungen und – last not least – die Kosten (!) überschaut und berücksichtigt hat. Und diese in ein Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen der Organisation gesetzt hat. Ich denke: bei einer solcherart ganzheitlichen Sicht wäre das Projekt Doppik  in der Kirche schon in der Brainstorming-Phase erledigt gewesen.

3. Die Leitfigur des Finanzdezernenten war indes die Schwäbische Hausfrau.  In seine Zeit fallen umfassende Sparmaßnahmen der Landeskirchen, die größere Abbauprozesse wie Personalabbau, Gemeindeabbau etc. zur Folge hatte.  Die Frage, ob dabei das vorgegebene und verfolgte Ziel höherer Wirtschaftlichkeit etwa im Falle von Fusionen überhaupt erreicht wurde oder je zu erreichen sein wird. Selbst von der EKD- Zentrale wird dies heute offen bezweifelt (s.o.). Evaluationen zu solchen Sparprogrammen gibt es nicht. Und das hat seinen Grund.

Nun wird Thomas Begrich einwenden, das Sparprogramm habe ja dazu gedient, die Rücklagen für die Pensionen aufzustocken. Und in fernen Zeiten würden  es die Ruheständler schon merken, dass er mit seiner Schwäbischen-Hausfrauen-Finanzpolitik recht gehabt hätte. Auf eine solche Argumentation muss man aber nicht hereinfallen. Andersrum wird nämlich ein Schuh draus: Die Versäumnisse an der jungen Generation, die dort den Entfremdungsprozess von der Kirche fortsetzten, wird den zukünftigen Finanzdezerneten durch fehlende Kirchensteuereinnahmen auf die Füße fallen. Gerade die Jugend wurde der Kirche stark entfremdet, u.a. weil man die Angebote hier besonders rigoros gestrichen hat. Man  brauchte das Geld ja angeblich für die Verwaltung, die Doppik, die IT oder eben die Rücklagen.  Und man muss kein Profet sein, um zu sehen, dass diese selbstverschuldeten Einnahmeausfälle höher sein werden als die Zinsen der mit vergleichbaren Mitteln gespeisten Rücklagenfonds für die Pensionen. Dies gilt selbst für den Fall, dass das Zinsniveau wieder steigt und es den Anlagemanagern gelingt, größere oder Totalverluste bei Crashs zu vermeiden, die deutsche Fonds oder Institute (wie fast sämtliche Landesbanken) doch regelmäßig zu treffen scheinen (wallstreet- Wort: „stupid german money“). Damit soll das Problem des Verlusts der Bindungskraft nicht auf die fiskalische Seite beschränkt werden, auch wenn es hier um den Finanzdezernenten und seinen Sektor geht. Management beinhaltet eben eine ganzheitliche Sicht. und die hat auch hier gefehlt.

4. Zur Verlustreichen Sparpolitik kam dann noch der verlustreiche Versuch der Steigerung der Einnahmen, der Flopp mit der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Thomas Begrich agierte hier als sei er Wolfgang Schäuble. Ist er aber nicht, wie auch er jetzt weiß. Das zu lernen brauchte es lange. Denn Thomas Begrich war doch immer  sehr von seinen eigenen Meinungen und last not least seiner eigenen Person überzeugt, dass es ihm oft genug gelang, damit – auch entgegen Erwägungen etwa des gesunden Menschenverstandes, entsthafter Managementeinsichten oder auch theologischer Positionen – auch andere zu überzeugen. Wer so in seinem eigenen Kosmos kreist, verliert den Kontakt zur Wirklichkeit. Wenig andere Beispiele wie die Sache mit der Kapitalertragssteuer belegen so deutlich, wie weit manche Akteure in der EKD- Burg in der Herrenhäuser Straße Hannovers von den evangelischen Kirchenchristen schon entfernt sind. Hier aber haben sie mit einer bis dato nicht gekannten Schärfe durch die Welle der Kirchenaustritte auf solche wirklichkeitsvergessene Kirchenpolitik reagiert. Was war mit den Mehreinnahmen? Mathias Drobinski resümiert in der SZ: „So gesehen hätten die Kirchen besser auf das Geld verzichtet, das ihnen die neue Einzugsform  zusätzlich bringt. Zudem weiß niemand, ob die Verluste durch die Austritte nicht die Mehreinnahmen übertreffen.“

Ich schließe mit zwei Fragen. 1. was wäre richtiges Management, hier: richtiges Finanzmanagement der EKD gewesen? Und 2. Inwieweit herrschte in der Grundausrichtung der neoliberalen Reformagenda  für die Kirche Entscheidungsfreiheit?

1. Was fehlte zum Management beim Diplom-Betriebsökonomen Thomas Begrich ? Es fehlte die ganzheitliche Sicht eines systemischen Managements; es fehlte Ziel und Umsetzung, die Organisation Kirche wieder näher zu den Menschen und ihrer Wirklichkeit zu bringen; es fehlte die Einsicht, dass dazu alle positiven Potenziale der Kirche zu nutzen und zu entwickeln war.   Sein Part als Finanzdezernent dabei: eine entsprechend unterstützende Finanzpolitik.

Richtige Investition: Um näher zu den Menschen zu kommen wäre es vor allem nötig gewesen, in die Kommunikation des Evangeliums  zu investieren um neue Kontaktmöglichkeiten zu schaffen. Demgegenüber wurde in die Strukturen der Organisation investiert. Die danach nicht besser arbeiteten als zuvor – allerdings  infolge Zentralisierung nun allein schon geografisch weiter weg von den Menschen waren als zuvor.

Richtige Kostenreduktion: sehr wohl mussten Kosten reduziert werden, namentlich bei Verwaltung und bei Gebäuden (vgl. den entsprechenden Ansatz des Kirchlichen Immobilienmanagements – s.o.).

Umgang mit den Menschen (Potenzialen): Menschen ernst nehmen und einbeziehen. Und sie nicht durch Expertensysteme einschüchtern und gefügig machen. Kurz: mehr demokratische, mehr synodale Teilhabe auch in Finanzfragen wäre also nötig gewesen. Das wäre möglich gewesen, aber der Weg dahin wäre eben ein ganz anderer gewesen als der des Thomas Begrich.

2. Man wird freilich auch bei einem von sich und seiner Rede überaus überzeugten Menschen fragen sollen, inwieweit Thomas Begrich bei diesen Entscheidungen nur Treiber oder auch Getriebener war. Denn in dieser Zeit Anfang des Jahrhunderts wurde ein gesellschaftlicher Umbauprozess ins Werk gesetzt, der alle Lebensbereiche umfasste: Die Agenda 2010 tat das auf dem Gebiet der Sozialleistungen.  Betroffen waren aber auch alle Institutionen der Daseinsvorsorge. Teile der Institutionen wurden privatisiert oder in die Privatwirtschaft verlagert. Die Leistungen für die Bürger, Schüler, Studenten, Patienten etc. wurden auch dadurch deutlich reduziert oder verteuert. Analog dazu wurde zeitlich leicht verzögert auch der Umbau der Kirchen betrieben. Bei dieser Umgestaltung der Institutionen spielte die Finanzsteuerung eine zentrale Rolle.  Und ja, die Frage stellt sich, ob Thomas Begrich und die EKD diese staatliche Reformagenda teilten oder sich dem von dort ausgehenden Druck auf die doch noch staatsanaloge evangelische Kirche nicht widersetzen konnte? Wir müssen diese Frage hier nicht entscheiden. Das überlassen wir der Forschern der jüngsten Kirchengeschichte.  Und: wir müssen auch Thomas Begrich nicht entlasten. Eine wenig erfolgreiche Ära trägt jetzt seinen Namen. Aber diese Ära ist abgeschlossen. Letzteres wird die EKD auch der Pfarrerschaft, der Mitarbeiterschaft und dem Kirchenvolk offen mitteilen müssen, nicht nur verklausuliert. Sonst könnten Beispiele wie die in Angeln Schule machen.

McKinsey zieht sich vom Lageso zurück.

18.03.16
Ende September hatten McKinsey-Berater mit der Arbeit am Lageso (Aufnahmelager Flüchtlinge, Berlin) begonnen. Das Unternehmen durfte für 238.000 Euro ein Integrationskonzept ausarbeiten – ein SPD-Mann soll davon profitiert haben. Nach Kritik an dem Deal hört McKinsey nun am Lageso auf. Der verantwortliche Chef der Senatskanzlei will offene Fragen beantworten….

Mehr dazu.

Anm. F.S.: und wann zieht sich McKinsey von den Kirchen zurück?

KVI Kongress 2016 – der Kongress hinter dem Umbauprozess der Kirchen.

03/2016, darüber und daraus:

Wer oder was ist KVI? Was verbirgt sich hinter dem Kürzel, das in der Kirche, unter der Pfarrerschaft, kaum jemand kennen dürfte? Dabei wird unter diesem Zeichen seit 11 Jahren der offizielle Umbauprozess der Kirchen in ökumenischer Harmonie vorangetrieben. Mit oft ähnlichen „Reform“modellen – und Reformfolgen nach der Implementierung. Ich schrieb an anderer Stelle:

„Ab 2007 wurden kirchliche Tagungen zur Reform für Verwaltungs- und Führungskräfte nicht nur zentralisiert, sondern in ökumenischer Harmonie unter dem Bistum Mainz vereinigt. Bei diesen sog. »KVI«-Kongressen handelte es sich mehr um eine Art Promotion-Veranstaltung für Anbieter und bei dem zugehörigen Fachmagazin »Im Dialog« um einem nach dem Geschäftsmodell der Apotheken-Rundschau18 konzipierten Periodikum.“

Dem steht die KVI Eigensicht selbstverständlich entgegen:

Kongress 2015, Agustinerkloster Erfurt:

„Kirche und Verwaltung – das ist aus meiner Sicht ein spannungsvolles Verhältnis. Immer wieder wird gefragt: Wieviel Verwaltung muss sein und wieviel darf sein? Gilt hier der bekannte Satz: Soviel Verwaltung wie nötig und so wenig wie möglich? Dies klingt sehr griffig, aber stimmt es auch?“, so Diethard Kamm in seiner Ansprache. Lobend erwähnte er, dass auf dem jährlichen KVI Kongress erfahrene Praktiker neue Ideen präsentieren, Hilfestellungen anbieten und Anregungen geben zur Optimierung und Gestaltung von Abläufen, für mehr Benutzerfreundlichkeit und schonenden Ressourceneinsatz…. ZUr Quelle.

Produktanbieter und Dienstleister

Hier finden Sie Mitgliedsunternehmen der KVI Initiative, die hochwertige Produkte und Dienstleistungen für den Sektor Kirche, Caritas und Diakonie anbieten. Bei Bedarf können Sie Kontaktanfragen aufgeben, so dass sich der für Sie zuständige Ansprechspartner mit Ihnen in Verbindung setzen wird. Zur Seite.

Einige wenige kaum zufällige Auffälligkeiten:

Die mitwirkenden Unternehmen des 10. KVI Kongresses 2015 waren:

Gold Sponsor: KRZ Stiftung Kirchliches Rechenzentrum Südwestdeutschland

Amtierender Vorsitzender des KVI Beirats ist Wolfgang Glasstetter, Leiter Rechenzentrum, KRZ Stiftung Kirchliches Rechenzentrum Südwestdeutschland.

 

 

„Infantiler Glaube an Beraterfirmen seitens Kirchenleitungen.“

01/2016, Kommentar von Gerhard Kuppler

Ein Hirte hütete friedlich seine Schafe. Da kam ein junger schicker Mann und fragte ihn: Wenn ich herausbekomme, wie viele Schafe Sie haben, bekomme ich dann eines? Der Hirte antwortete: Ja! Der Junge Mann wählte sich in eine NASA-Seite ein und ermittelte in konzentrierter Arbeit die Zahl der Schafe. Voll Stolz kam er zum Hirten: Sie haben genau 763 Schafe. Stimmt genau, sagte dieser, Sie dürfen sich ein Schaf nehmen. Der junge Mann nahm ein Tier aus der Herde und brachte es in sein Auto. Als er abfahren wollte, sagte der Hirte: Augenblick! wenn ich errate, welchen Beruf Sie haben, bekomme ich dann mein Tier zurück? Klar, antwortete der junge Mann. Sie sind ein Berater! sagte der Hirte. Stimmt, antwortete der junge Mann, wie sind Sie nur darauf gekommen? Ganz einfach, sagte der Hirte, Sie sind ungefragt gekommen. Sie wollten eine Vergütung dafür, dass Sie mir mitteilten, was ich, da ich meinen Beruf liebe, sowieso schon wusste. Sie haben von meinem Beruf keine Ahnung und jetzt geben Sie mir meinen Hund wieder zurück.
Logisch ist der kirchenleitende infantile Glaube an die Rettung durch Beratung nur dadurch erklärbar, das die kirchenleitenden Organe in einem Rest von Selbsterkenntnis erahnen, dass ihr Selbstbildnis zerbröckelt, weil es eitel Schall und Rauch ist. Statt ihre Überheblichkeit abzulegen hoffen sie auf die Hilfe der Beraterfirmen, die null Ahnung vom elementaren Unterschied zwischen der mitgliederunterstützten Kirche und der auf Verkauf angewiesenen Industrie hat. Wenn schon, dann sollte man eine Beraterfirma engagieren mit der Zielvereinbarung, die kirchliche Verwaltung einschließlich der frommen Hierarchie auf das notwendige Mindestmaß zu reduzieren: Verantwortungsebenen klar eingrenzen, Entscheidungsstrukturen entrümpeln, die sinnlose Berichteritis stoppen, Pläne kappen, die mittlere Ebene (Dekanate) reduzieren; die Eben darüber (Prälaten, Regionalbischöfe, Landessuperintendenten)abschaffen, Sonderpfarrämter, die mit dem Theologiestudium nichts zu tun haben, streichen…..

Noch einmal: Beraterfirmen: „Verschwendung von Geld, Zeit und Intelligenz!“ Interview mit Prof. Gert Gigerenzer

Noch einmal: Beraterfirmen, vgl. dazu z.B. auch hier.

01/2016

Wenn der Bauch schlauer ist als der Kopf

 

 

… Aber wenn Sie in einer sich wandelnden Welt starre Regeln festlegen, fallen Sie damit auf die Nase. Daher ist eine gewisse Flexibilität wichtig.

Und die fehlt uns?

Ja, allzu oft. Leider hat unsere Gesellschaft zu viel Angst vor intuitiven Entscheidungen und vor Flexibilität. Man braucht natürlich eine gewisse Balance zwischen Flexibilität und Regeln, aber letztere dürfen nicht zu Fesseln werden. Dieselben Topmanager, die in meinen Untersuchungen sagen, „jede zweite Entscheidung ist eine Bauchentscheidung“, würden das öffentlich nie zugeben. Aus Angst. Stattdessen wird eine teure Beratungsfirma eingekauft, die auf einem 200-Seiten-Bericht die Bauchentscheidung begründet – ohne dass der Begriff „Bauchentscheidung“ je fällt. Das ist eine Verschwendung von Geld, Zeit und Intelligenz! Man misstraut Intuition und vertraut Berechnungen beinahe blind… Zum Interview.