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‚Nachwuchs‘ – Mangel

Württemberg: Zwischenruf von PfarrerInnen zum Kirchenmanagement: Kein Pfarrplan ohne aktuelle Not!

11/2016, kursierendes Schreiben von Pfarrern zur Anregung der Diskussion

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Der anstehende Pfarrplan wirft bereits jetzt deutlich seine Schatten voraus. In den kommenden Landessynoden wird er beraten und beschlossen werden.
Auch wenn wir Pfarrpläne und Strukturmaßnahmen generell durchaus für sinnvoll und notwendig ansehen, können wir in diesen konkreten Fall keine ausreichende Not erkennen. Wir finden es daher wichtig, dass die Notwendigkeit des Pfarrplans 2024 breit diskutiert wird – er ist nicht gottgegeben, er ist kein Schicksal, sondern eine bewusste kirchenpolitische Entscheidung!

Folgende Punkte sind aus unserer Sicht bei der Diskussion zentral:

1) Pfarrermangel
Es gibt einen Pfarrermangel – keine Frage. Wir glauben aber, dass wir ihn nicht nur einfach hinnehmen dürfen, sondern dass wir ihm deutlich entgegenwirken müssen.

a.) Hauptfragen müssten also sein:
Wie stärken wir die Attraktivität des Gemeindepfarramts, damit junge Theologinnen und Theologen gerne in die Gemeinden gehen und Pfarrerinnen und Pfarrer ihren Dienst auf eine gute und bewältigbare Weise ausüben können?
Wie schaffen wir es, sowohl für das Theologiestudium als auch für den Pfarrberuf glaubwürdig und überzeugend zu werben?
Wie können wir vermitteln, dass Kirche und Gemeinden kein sinkendes Schiff sind, sondern auf Zukunft ausgerichtet?
Welche Strukturen können geschaffen werden, damit die Gemeinden die anstehenden Vakaturen bewältigen können?

b.) Möglichkeiten: Dass mit der aktuellen Situation umzugehen ist, ist keine Frage. Wie allerdings schon! Wenn ein wesentlicher Grund für den Pfarrplan der Pfarrermangel ist, warum machen wir es Menschen von außerhalb Württembergs (In- und Ausland) dann immer noch so schwer, hier ihren Dienst zu tun? Warum werben wir nicht vielmehr um sie? Dasselbe gilt auch für das aktive Werben um „Quereinsteiger“ auf dem zweiten Bildungsweg.
Wenn Pfarrstellen gekürzt werden müssen, dann müssen alle Stellen gleichermaßen auf den Prüfstand -auch Sonder- und Funktionspfarrämter. Vielleicht sind ja gerade dort Einsparungen möglich.

c.) Rolle des Pfarramtes: Wir können es theologisch mögen oder nicht – Fakt ist, dass die Pfarrerin/der Pfarrer vor Ort die wesentliche Repräsentations- und Bindungsfigur im Blick auf die Kirche für die Gemeindeglieder ist (siehe die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung).
Wir sind sehr für die Stärkung des Ehrenamtes. Gleichzeitig wird es immer schwieriger Ehrenamtliche zu gewinnen und diese müssen dann auch angemessen begleitet und betreut werden.

2) Demographischer Wandel im Blick auf die Kirchenmitglieder:
Bei allen berechtigten Versuchen mit dem prognostizierten demographischen Wandel umzugehen, erscheint uns, dass hier zu sehr in einem vorauseilenden Gehorsam und zu pessimistisch gedacht wird. Die theologische Perspektive der Hoffnung (die nicht mit Blauäugigkeit zu verwechseln ist) scheint es nicht mehr zu geben.
Dabei ist der Pfarrplan aber nicht nur eine Reaktion auf stattfindende Entwicklungen, sondern als self-fulfilling prophecy das sicherste Mittel um dafür zu sorgen, dass diese Entwicklungen auch tatsächlich eintreten!

3) Finanzen:
Es wird immer wieder betont, dass der Pfarrplan nicht in erster Linie etwas mit den Finanzen zu tun hat. Schön, wenn es so ist!
Dennoch ist die Frage, ob die angemessene Reaktion auf die seit Jahren steigenden Kirchensteuereinnahmen nicht eher Investitionen (und zwar in Personal in und für die Gemeinden!) wäre als Kürzungen! Verpassen wir gerade einen Kairos?

4) Außenwirkung:
Aus unserer Sicht ist die negative Außenwirkung der ständigen Kürzungs- und Schrumpfungsdiskussionen nicht zu unterschätzen. Sie sollten daher nicht ohne Not geführt werden!
Welches Bild von Kirche vermitteln wir? Ist das attraktiv?
Die Diskussionen um den Pfarrplan werden 2017 stattfinden – also in dem Jahr, in dem wir das Reformationsjubiläum begehen! Ist das ein angemessener Rahmen für ein freudiges Jubiläum? Welche Außenwirkung hat diese Gleichzeitigkeit?

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, den Pfarrplan 2024 auszusetzen, damit sich die Gemeinden wieder auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können und auch das Reformationsjubiläum angemessen und in optimistischer Aufbruchsstimmung begehen können.
Auf jeden Fall finden wir aber die Diskussion darüber wichtig. Wir wünschen uns eine breite Diskussion und die Suche nach kreativen Lösungen. Wir möchten Sie/Euch daher bitten, im geeigneten Rahmen darüber zu sprechen und das Gespräch mit den jeweiligen Landessynodalen zu suchen.

Tobias Feldmeyer Christina Oelze Andreas Oelze

Volker Adler Friedemann Horrer Peter Kübler

Dieter Schindhelm Frieder Vogt

BADISCHE LANDESSYNODE BEFASST SICH ZUM ABSCHLUSS MIT BILDUNG, FRIEDEN UND NACHWUCHS FÜR KIRCHE UND HANDWERK.

10/2016,

„… dass junge Menschen am liebsten ein Gespräch mit anderen jungen Menschen führen, wenn es um die Berufswahl geht, und dass sie nichts mehr überzeugt, als wenn andere junge Menschen begeistert von ihrem Beruf berichten“…. Mehr dazu.

vgl. dazu hier.

„Am 14. Juni dieses Jahres habe ich mein Vikariat beendet – vorzeitig. Ohne Zweites Kirchliches Examen und aus freien Stücken.“ Ein offener Brief an Landesbischof Bedford-Strohm.

10/2016, Deutsches Pfarrerblatt, Von: Patrick Steger

Gravamina anlässlich meines ­Antrags auf Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst

Sehr geehrter Herr Landesbischof Bedford-Strohm,
am 14. Juni dieses Jahres habe ich mein Vikariat beendet – vorzeitig. Ohne Zweites Kirchliches Examen und aus freien Stücken. Ein paar Gründe zu dieser Entscheidung will ich als Anreiz für eine öffentliche Diskussion beitragen. Denn oft, so scheint mir, werden Nebelkerzen gezündet. Nicht, dass erst viel zu spät ein dann massiv virulenter Pfarrer- und Pfarrerinnenmangel allerorten bedauert und nach der scheinbar sinkenden Attraktivität des Pfarrberufs gefragt wird…

3. Instrumente professioneller Personalentwicklung nutzen

Wer mehr Menschen gabenorientiert einsetzen will, muss Instrumente einer professionellen Personalentwicklung schaffen und konsequent umsetzen. Das ist bis dato nicht ersichtlich…

Mehr dazu.

Anm. F.S.: Da wird klar analysiert und Klartext geredet. Was aus den Worten unzweifelhaft deutlich wird: es geht nicht darum, dass die Kirche die PR-Trommel für Theologiestudenten rührt, dass sie Hochglanzbroschüren druckt oder zum Segeltörn einlädt. Die Generation Y sei anspruchsvoller – heißt es. Und der Autor beweist es. Er erwartet mehr: er erwartet professionelle Personalentwicklung. Die kann er aber in der Kirche nicht wahrnehmen. Unprofessionelles Management also. Diese Kirche muss sich nicht wundern, wenn ebenfalls die Mitarbeiter, die dies Manko der Professionalität spätestens  seit Beginn der Umbauprozessse (der sog. Reformen) am eigenen Leibe erleben, das „Unternehmen“ heute schlecht bewerten. So nun immer häufiger zu finden auf Bewertungsplattformen wie kununu (Schlagwortsuche). Auf solchen, älteren Semestern vielleicht noch unbekannten Plattformen informieren sich übrigens junge Leute häufig, bevor sie sich bei Firmen bewerben. Und das könnte für manchen kirchlichen Arbeitgeber zum Problem werden. Da helfen dann auch keine Hochglanzbroschüren.

„Ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen“ Präses Annette Kurschus eröffnet EKD-Kampagne für den Pfarrberuf.

22. September 2016, ekd

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wirbt ab heute mit einem Internetauftritt für den Pfarrberuf. Die stellvertretende Ratsvorsitzende, Präses Annette Kurschus, eröffnete die Kampagne mit einem persönlichen Statement. „Nach wie vor kann ich mir keinen schöneren Beruf vorstellen als Pfarrerin zu sein“, sagte die leitende Geistliche der Evangelischen Kirche von Westfalen. „Weil dieser Beruf das volle Leben umfasst und dazu einlädt, es immer neu zu entdecken.“…

Mehr dazu.

Hochschulen erleichtern Quereinstieg ins evangelische Pfarramt

10/2016

Angesichts des Nachwuchsmangels bei evangelischen Pfarrern wollen die Hochschulen einen Quereinstieg in den Pfarrberuf erleichtern. Der Evangelische-theologische Fakultätentag verabschiedete am Samstag auf seiner Plenarversammlung in Münster eine entsprechende Rahmenverordnung für ein berufsbegleitendes Theologiestudium.

Die Reform sei nötig, weil sich in der evangelischen Kirche ein Pfarrermangel abzeichne, sagte der Vorsitzende des Fakultätentages, Professor Wolfram Kinzig von Universität Bonn…

Mehr dazu.

EKD: Gemeinsame Werbe-Kampagne aller Landeskirchen für das Theologiestudium im Herbst geplant

Die Berufschancen für Theologen sind weiter gut
Hochschulen und Kirchen werben um Interessenten

29. August 2016

…Deutschlandweit wird das Studienfach Theologie an 21 Hochschulen angeboten, dort waren zum Jahresbeginn insgesamt 2.417 Theologiestudenten mit Berufsziel Pfarrer eingeschrieben. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) registrierte zuletzt sogar wieder einen leichten Anstieg der Zahlen. Allerdings führen Pensionierungswellen in mehreren Landeskirchen absehbar zu einem Pfarrermangel….

Zwar gibt es nach wie vor keinen Bachelor der Theologie, aber wie bei anderen Studiengängen auch wurde der gesamte Studienablauf spürbar verschult, statt frei wissenschaftlichen Interessen zu folgen, sammeln die Studenten Leistungspunkte. Wolfgang Zwickel, Professor für Biblische Archäologie in Mainz, macht keinen Hehl daraus, was ihm an dem Reformprozess missfällt:… Mehr dazu.

Katholiken gehen die Priester aus. Von Matthias Drobinski, SZ

17. August 2016

Noch nie haben sich in Deutschland so wenige Männer zu katholischen Priestern weihen lassen wie im vergangenen Jahr. Den Zahlen der katholischen Bischofskonferenz zufolge gab es in den 27 deutschen Bistümern 2015 insgesamt 58 Priesterweihen
Deutsche Bistümer reagieren auf den zunehmenden Priestermangel meist, indem sie Gemeinden zusammenlegen oder Priester aus dem Ausland anwerben. Die Zahl der Kirchengemeinden sank zwischen 1995 und 2015 von 13 300 auf 10 800. Mittlerweile arbeiten mehr als 2300 ausländische Priester in deutschen Gemeinden, vor allem Polen und Inder. In den Gemeinden führt dies immer wieder zu Konflikten…. Zum Artikel.

Quereinstieg ins Pfarramt – Wie geht das? Mit dem nebenberuflichen Theologiestudium und Vikariat in den kirchlichen Dienst.

4. August 2016, EKD

Die Philipps-Universität Marburg ist Vorreiterin in der Theologie-Ausbildung für Quereinsteiger: Seit 2007 gibt es dort den dreijährigen berufsbegleitenden Masterstudiengang Evangelische Theologie. …
In den alten Sprachen Hebräisch und Griechisch werden Grundkenntnisse erworben – kein Hebraicum und Graecum. Der Marburger Studiengang wurde mittlerweile evaluiert: Von denen, die die drei Jahre durchgehalten haben, sind die meisten sehr zufrieden. …
Den Marburger „Masters“ stehen auf jeden Fall die hessen-nassauische und die kurhessische Kirche offen, die badische verlangt noch ein Kolloquium…
Ablehnend, beziehungsweise abwartend verhalten sich bisher die Nordkirche und die Württembergische, sowie die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und die Evangelische Kirche im Rheinland…
Die EKD hat den Wert der nebenberuflichen Pfarrerausbildung erkannt und favorisiert das Marburger Modell, das so oder so ähnlich in Zukunft auch an weiteren Universitäten angeboten werden soll. …

zur Quelle.

Darf ein Pfarrer Glaubenszweifel haben? Mit einer Kampagne wollen die evangelischen Kirchen Jugendliche für das Berufsziel Pfarramt interessieren.

5. Juli 2016


Die Ausbildenden der EKBO haben erkannt: „Um den Nachwuchs müssen sich alle kümmern, jedes Unternehmen und jede Organisation“, so Christoph Vogel. Wer sich um den Nachwuchs nicht kümmere, sei selbst schuld. „Es ist eine andere Situation als vor 20 Jahren, wo wir viele Bewerbungen, aber wenig Stellen hatten.“ Diese Erkenntnis habe sich auch in den anderen Ausbildungsdezernaten der Landeskirchen durchgesetzt…

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Anm. F.S.: Das ist nun für die Schreiber eine offensichtlich große Erkenntnis. Und es hat ja lange gebraucht, bis sie in in den Personaldezernaten der Kirche ankam. Leider, leider ist das nur die halbe Wahrheit. Maximal die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit? Es gibt Organisationen, die es leicht oder leichter haben, Nachwuchs zu generieren, und es gibt Organisationen, die es schwer oder schwerer haben. Die Kirche gehört zu der zweiten Gruppe. Von über 250.000 Studienanfängern entscheiden sich im jahr 2015 noch nicht einmal 500 für das Fach Evangelische Theologie. Wenn das so ist, wenn Kirche zur zweiten Gruppe gehört – worin besteht dann die Aufgabe der Personaldezernate? Richtig: sie müssen sich besondere Strategien überlegen, um junge Menschen für ihr Fach zu gewinnen. Besondere Strategien – das ist etwas anderes als ein paar in der Regel doch recht durchsichtige Werbemaßnahmen. Nur mal ein Beispiel: eine besondere Strategie hätte sein können, Werbung für das Studium antizyklisch zu betreiben. Also gerade zu einem frühen Zeitpunkt zu werben, wo man das Personal noch gar nicht dringend braucht und händeringend sucht. Das hätte man machen können – vor 15 oder 20 Jahren. Geld war genug da. Bewerbungen auch. Und auch schlüssige Konzepte, mit einem zeitweisen Personalüberschuss umzugehen (Mehr zur Historie finden Sie hier).  Damals hat man viele abgewiesen, die man heute dringend brauchte. Dies ist ein Beispiel freilich auch für das Versagen der Personaldezernate. Denn die Personaldezernate haben jungen Menschen ein Bild vom Arbeitgeber Kirche vermittelt, das absolut nicht überzeugend war. Das wirkt noch immer nach. Das heutige und zukünftige Personalproblem der Kirche ist also auch hausgemacht. Die Personaldezernenten kämpfen stehen mit ihrer Werbung also nicht nur in Konkurrenz zu anderen, oftmals interessanter erscheindenden Organisationen. Sie kämpfen auch gegen die Schatten der eigenen Vergangenheit.