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EKD

Thies Gundlach meint: Die akademische Theologie verstolpert das Reformationsjubiläum

„Aus der zuständigen wissenschaftlichen Theologie kommt weithin ein kontinuierlicher Ton der Missbilligung, der die Gestaltung des Reformationsjubiläums 2017 durch Kirchen und Gesellschaft als Verrat an historischer Exaktheit und theologischer Verantwortung erkennen zu müssen meint.“

03/2017, zeitzeichen

Statt sich den Chancen und Herausforderungen zu stellen, sitzt ein Großteil der deutschen akademischen Theologie in der Schmollecke und hat sich von der konstruktiven Diskussion um das Reformationsjubiläums 2017 abgemeldet, meint Thies Gundlach, Vizepräsident im Kirchenamt der EKD…

…ber gesagt werden soll auch: In aller Regel haben sich viele relevante theologische Wissenschaftler aus der konstruktiven Diskussion um das Jubiläum abgemeldet, weil sie bei der Kritik an Details stehengeblieben sind. Es gibt einen Ausfall perspektivischer Theologie im Blick auf eine konstruktive Interpretation der kirchlichen und gesellschaftlichen Gestaltung des Reformationsjubiläums. Es herrscht eine Art grummelige Meckerstimmung gegenüber allen Aktivitäten der EKD und ihrer Gliedkirchen und eine Art besserwisserische Ignoranz gegenüber den Anliegen von Bund, Ländern und Zivilgesellschaft. Es scheint fünfhundert Jahre nach der Thesenveröffentlichung ein tragender Gedanke zu fehlen, eine weiterführende Idee und eine konstruktive Interpretation des Ereignisses. Aktualisierungsversuche werden in aller Regel als unsachgemäß kritisiert…. Mehr dazu.

Wir brauchen keinen ökumenischen Versöhnungsschleim. Ein anderer Kirchentag 2017. Interview mit dem Theologen Prof. Wilhelm Gräb

03/2017, Religionsphilosophischer Salon

Die Fragen stellte Christian Modehn

…Man ergeht sich in innerkirchlicher Selbstbeweihräucherung, indem man die Überwindung theologischer Gegensätze feiert, die schon längst niemand mehr versteht, geschweige denn interessiert. Die kirchlichen Würdenträger auf evangelischer wie katholischer Seite zelebrieren ökumenische Verbundenheit in dem irrigen Glauben, gemeinsam könnten sie im Kampf gegen die säkulare Welt besser bestehen. Die Evangelischen sind dabei so sehr von der Angst ihrer gesellschaftlichen Marginalisierung getrieben, dass sie sogar vor Unterwerfungsgesten der nach wie vor machtvoll auftretenden Katholischen Kirche nicht zurückschrecken. Sie fahren nach Rom, nachdem der Papst sich geweigert hatte, nach Wittenberg zu kommen. Wie soll angesichts so viel theologischer Selbstverleugnung der evangelischen Kirchenführer das protestantische Prinzip noch zur Geltung kommen können? Es wird auch auf dem Kirchentag dem innerkirchlich motivierten ökumenischen Einheitswahn zum Opfer fallen….

Es ist schon so: das protestantische Prinzip verbindet sich eng mit der reformatorischen Einsicht in die Rechtfertigung allein aus Glauben, damit, dass diese in letzter Instanz Gottes und nicht des Menschen Sache ist. Aber es greift über das Kirchliche ins Politische und Gesellschaftliche hinein. Es beschreibt, was es heißt, in Politik und Gesellschaft aus der „Freiheit eines Christenmenschen“ zu leben. Aus der theologischen Lehre vom Priestertum aller Gläubigen folgen dann der demokratische Grundgedanke der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und ihr Recht auf Mitbestimmung in allen das Gemeinwesen bestimmenden Angelegenheiten.

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EKD-Friedensbeauftragter Renke Brahms fordert Debatte über Rolle Deutschlands in der Außen- und Sicherheitspolitik.

03/2017

epd-Logo Bonn (epd). Der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, Renke Brahms, fordert eine breite Debatte über die künftige deutsche Außen- und Sicherheitspolitik. Es müsse dringend darüber diskutiert werden, „welche politischen Konzepte in Fragen von Frieden und Sicherheit zukunftsweisend sind“, erklärte der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 11. Januar in Bonn. Dass der Bundeswehrverband ebenfalls eine fehlende Debatte über die Sicherheitspolitik beklage, zeige, dass auch unter Soldaten die Unzufriedenheit darüber offenbar sehr groß sei… Mehr dazu.

Die Reformation ist keine Schuldgeschichte. Es gibt keine Erinnerung heute lebender Menschen, die geheilt werden müsste. Von Martin Schuck.

02/2017

Vor zehn Jahren wurde der Münchner Kirchenhistoriker Friedrich Wilhelm Graf im Interview mit der „Zeit“ gefragt, welcher Feiertag ihm lieber sei: Weihnachten oder der Reformationstag. Graf antwortete, der Philosoph Hegel habe seinen besten Rotwein nicht an Weihnachten, sondern am Reformationstag aufgemacht, und er könne das gut nachvollziehen. Immerhin sei das der Tag, an dem daran erinnert werde, dass „die eine autoritäre Kirche entmachtet wurde“. Negativ gesagt, so Graf, sei das der Beginn der Kirchenspaltung, positiv formuliert beginne hier jedoch die Pluralisierung des Christentums, „aus der viele Freiheiten der Moderne erwachsen“. Außerdem werde daran erinnert, dass sich ein einzelner Geistlicher gegen die fast allmächtige Institution der Papstkirche gestellt habe und religiöse Autonomie einklagte.
Es ist schade, dass nach einem Jahrzehnt intensiver Vorarbeit auf das Reformationsjubiläum am Ende nichts anderes steht als der Versuch, die vor einem halben Jahrtausend aufgebrochenen und in den Transformationsprozessen der Neuzeit sich weiterentwickelnden Differenzerfahrungen des Christentums aus dem individuellen und kollektiven Bewusstsein hinaustherapieren zu wollen. Aber ein ganzes Jahrzehnt lang die Reformation als Gründungsimpuls für die evangelischen Kirchen zu feiern, konnte schließlich nicht gut gehen. Von dem Zeitpunkt an, als die katholische Kirche auf Beteiligung drängte, wäre eine grundlegende Besinnung notwendig gewesen: Will man sich auf die katholische Logik einlassen, wonach eine einseitig positive Würdigung der Reformation unmöglich sei, weil die „Kirchenspaltung“ schließlich kein Grund zum Feiern ist? Folgt man dieser Logik, liegt es tatsächlich nahe, die Reformation als Schuldgeschichte zu betrachten.
Aber es wäre eben auch anders gegangen: Jenseits der üblich konsensökumenischen Gewohnheiten hätte auch eine Einladung an die katholische Kirche stehen können, ihrerseits mit den Protestanten zusammen darüber nachzudenken, welche Vorteile auch die katholische Kirche aus den durch die Reformation ausgelösten Modernisierungsprozessen ziehen konnte. Oder sehnt sich tatsächlich noch irgendein Katholik zurück nach der (katholischen) Einheitswelt des Mittelalters?
So aber müssen sich die Protestanten bei aller Vorfreude auf die großen Events eingestehen, dass sich in den theologischen Beiträgen und liturgischen Feiern die katholische Sicht durchgesetzt hat. Überdeutlich wird das in dem gemeinsamen Wort „Erinnerungen heilen – Jesus Christus bezeugen“. Als politisches Projekt zur Versöhnung der Menschen in Südafrika unmittelbar nach dem Ende der Apartheid und auch zur Beendigung des Bürgerkriegs in Nordirland war „Healing of Memories“ ein sinnvolles Konzept. Auch die kirchliche Erprobung in Rumänien, wo verschiedene konfessionell geprägte Volksgruppen nach dem Ende des Kommunismus sich gegenseitig die Schuld für Verfehlungen in der Zeit der Diktatur vorwarfen, führte zu einer sinnvollen Aufarbeitung der Schuld von Menschen, die danach versöhnt miteinander weiterleben konnten.
Diesen Ansatz auf lange zurückliegende geschichtliche Ereignisse übertragen zu wollen, ist aber fragwürdig, weil vorausgesetzt wird, dass die heute Lebenden Handlungen von vor 500 Jahren als schuldhaft bewerten, obwohl diese im Bewusstsein der damaligen Akteure völlig legal waren und den damals geltenden Normen entsprechend durchgeführt wurden. So etwas könnte man als Arroganz der Nachgeborenen bezeichnen.
Völlig unerträglich wird es dann, wenn die Autoren die vor 500 Jahren sehr intensiv geführten theologischen Debatten um die Wahrheit des Evangeliums banalisieren, indem sie diese nur von ihren späteren Folgen her bewerten. Wenn gesagt wird, der Papst und die Bischöfe hätten damals nicht die Kraft gehabt, die Vorgänge in Deutschland und der Schweiz „angemessen einzuschätzen und konstruktiv zu reagieren“, und auf der anderen Seite sei „der Eigensinn der reformatorischen Bewegung stärker ausgeprägt als der Wille zur Einheit“, dann erscheint die Reformation als Folge von Trägheit, Eitelkeit und anderen moralischen Defiziten. Die Schuldgeschichte beginnt dann nicht bei den Religionskriegen, sondern bei der menschlichen Haltung der Reformatoren, die für ihre Vorstellung von Wahrheit die Einheit der Kirche verantwortungslos aufs Spiel gesetzt hätten.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Wären die Theologen vor 500 Jahren so empathisch, klug und sensibel gewesen wie heutige Ökumeniker, dann hätte es keine Reformation, keine Kirchenspaltung und auch keine evangelischen Kirchen geben müssen, und die Einheit der abendländischen Christenheit unter dem Papst wäre erhalten geblieben. Das muss man als Protestant aber nicht unbedingt wollen.
Martin Schuck

Dr. Martin Schuck ist Verlagsleiter der Verlagshaus Speyer GmbH und Vorsitzender des Evangelischen Bundes Pfalz.

Getrübtes Urteilsvermögen. Das Reformationsjubiläum als Gradmesser einer theologischen Orientierungskrise. Von Prof. Ulrich H.J. Körtner

02.02.17, zeitzeichen

Der Kardinalfehler bestand darin, die Auswirkungen der reformatorischen Rechtfertigungslehre auf das Kirchenverständnis nicht mitzubedenken. „Das jedoch ist entscheidend“, wie Johann Hinrich Claussen, der Kulturbeauftragte der EKD, in seinem lesenswerten Buch „Reformation. Die 95 wichtigsten Fragen“ treffend bemerkt. „Denn epochal bedeutsam wurde Luthers Rechtfertigungslehre, weil sie den Grund für eine anders geartete Kirche legte.“
Friedrich Schleiermacher hat den Unterschied zwischen evangelischem und römisch-katholischem Kirchenbegriff so auf den Punkt gebracht: Während nach katholischer Lehre das Verhältnis der Glaubenden zu Christus abhängig von ihrem Verhältnis zur Kirche ist, macht der Protestantismus das Verhältnis des Einzelnen zur Kirche von seinem Verhältnis zu Christus abhängig. Diese Beschreibung des Gegensatzes hat ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren. Und weil das evangelische Kirchenverständnis mit dem römisch-katholischen nicht vereinbar ist, nimmt es nicht wunder, dass die Gemeinsame Erklärung ekklesiologisch – also in der dogmatischen Lehre von der Kirche – und kirchenpolitisch folgenlos geblieben ist…

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„Habemus Ecclesiam!“ Über das Selbstverständnis der EKD als Kirche [1]

01/2017

I. Was will oder wozu dient die Kirchwerdung der EKD?

Thies Gundlach und seine Mitstreiter für die „Kirchwerdung“ der EKD fordern eine „einheitliche evangelische Kirche von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen“. Zu dieser Einheitlichkeit soll ein „Mentalitätswandel“ verhelfen, der schon voraus als die „Wiederentdeckung der eigenen Religion“ gelobt und kritikfrei gestellt wird. Was hier genau „wiederentdeckt“ werden soll, wird nicht gesagt. Doch der sächsische Landesbischof Rentzing „kennt die EKD lange genug, um zu wissen, dass diese Änderung der Grundordnung erst der Anfang“ ist, wie er sagt: „Man weiß, dass es Personen gibt, auch maßgebliche, die sich noch ganz anderes wünschen. Aber auch das passiert leider nur verdeckt.“ [7] Von diesen „Wünschen“ inzwischen bekannt ist, dass die EKD in allen Landeskirchen „einen Abbau von 50 % der Kirchengemeinden für notwendig (hält) und die meisten Gemeinden künftig mit Prädikanten ohne ein theologisches Studium zu besetzen gedenkt“ [8]. Eine solche System-Entscheidung erzeugt, wie auch Rentzing kritisiert, gravierende und voraussehbar irreversible Veränderungen: „Es geht um Umschichtungen von unten nach oben. Verlierer sind die Gemeinden und der Pfarrdienst… Die Gemeinden werden zu Filialen der Kirche.“ [9] Das letztere streitet hier inzwischen auch niemand mehr ab. Weshalb dies nicht nur toleriert, sondern auch so gewollt wird, macht Thies Gundlachs Kommentierung der verschlechterten Ergebnisse der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (V. KMU) der EKD von 2012 noch einmal deutlich: „Dennoch können die seinerzeit (2006) entfalteten zwölf Leuchtfeuer heute manchen Reformerfolg beleuchten: Die organisatorische Flexibilisierung kirchlicher Strukturen ist in Gestalt von Kooperationen und Zusammenlegungen, von abgestimmten Profilierungen und Konzentrationen der Kräfte vorangekommen. Die Kampagnenfähigkeit der evangelischen Kirche hat deutlich gewonnen.“ [10] Gemeint ist hier natürlich: die politische Kampagnenfähigkeit der EKD….

vgl. „Habemus Ecclesiam!“

Schlechtes Zeichen für verfolgte Christen

7.11.2016 Spiegel Online

Auf der Ökumenischen Pilgerreise entledigten sich die Bischöfe ihrer Kreuze bevor sie den Tempelberg betraten. Für einige ist das ein falsch verstandenes Signal der Toleranz. Ich stimme dem zu. In den Nachbarländern müssen ChristInnen teilweise um ihr Leben fürchten und harren trotz schlimmster Bedingungen aus. Wie entmutigend muss es für sie sein, wenn sich höchste Glaubensvertreter entscheiden ihren Glauben unsichtbar zu machen um Gefühle nicht zu verletzen. Und wäre es nicht ein gutes Zeichen der Gastgeber respektvoll mit der Andersartigkeit ihrer Gäste umzugehen. So könnten sie auch ein Zeichen der Versöhnung senden, dass den Extremisten entgegen tritt. Statt dessen, wird alles getan um bloß nicht anzuecken.

Lesen Sie hier den Artikel.

EKD-Beschluss: Ende der „Judenmission“

Beschlüsse
3. Tagung der 12. Synode der EKD, Magdeburg 3. bis 9. November 2016

Kundgebung der 12. Synode der EKD auf ihrer 3. Tagung
„… der Treue hält ewiglich.“ (Psalm 146,6) Eine Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes

09. November 2016

Dazu:

EKD-Synode: Taufbefehl begrenzt, von Matthias Drobinski, SZ

8. November 2016,

Das Evangelium soll nur noch eingeschränkt verkündet werden: Die evangelische Kirche will auf ihrer Synode beschließen, dass Juden nicht mehr missioniert werden sollen.

Von Matthias Drobinski, Magdeburg

dazu:

Gemischte Reaktionen auf Nein der EKD-Synode zur Judenmission, idea
Freitag • 11. November

Mehr dazu.