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Downsizing der Basisaktivitäten

EKHN: Gemeindeversammlung zur Unterbringung von Flüchtlingen im ehemal. RPZ der EKHN Kronberg-Schönberg

Über Probleme des Verkaufsbeschlusses und seiner Umsetzung wurde hier schon berichtet. Aufgrund des langen Leerstands des hochpreisigen Objektes kam jetzt ein Vorschlag der Kirchengemeinde Schönerg zur aktuellen Verwendung des Tagungszentrums in nobler Lage:

Gemeindeversammlung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Schönberg:

Soll die Stadt Kronberg einen Teil der Flüchtlinge, die kommen werden, im leerstehenden Übernachtungshaus des ehemaligen Religionspädagogischen Studienzentrums (RPZ) in Schönberg unterbringen? Diese Frage stellte Axel Gollnick, der Vorsitzende des Kirchenvorstands der Evangelischen Markus-Gemeinde auf einer Gemeindeversammlung am 20. Juli…

„Sie können mich anrufen wenn es Probleme gibt“, riet Gemeindepfarrer Jochen Kramm den Skeptikern. Als nächter Nachbar hätte er beste Sicht auf das Haus. Die jetzige Verlassenheit des Gebäudes sei nicht wünschenswert. „Wenn Sie Menschen integrieren wollen, brauchen Sie Menschen, die in ihrer Nähe wohnen“, ergänzte Pfarrerin Katharina Stoodt-Neuschäfer. Die Königsteiner Pfarrerin berichtete von dem „total überraschenden Zuspruch“ des Freundeskreises für Flüchtlingshilfe in Königstein, von Evangelischen, von Katholiken und auch von Menschen, die nicht der Kirche angehörten. Unter den Königsteiner Flüchtlingen seien auch Familien mit Kindern. Man kümmere sich darum, dass alle Menschen einen Deutschkurs bekommen. „Die Leute lernen Deutsch.“ Zum Beitrag in EKHN-aktuell.

EKiR: Gegen den Abriss der ev. Kirche in Alkenrath

Von Rolf Müller

Das Alkenrather Protestanten- und Bürgerengagement zeigt deutlich, dass die Kirchen in ihrer Geschichte mehr als nur eine „Kirche“ sind. Kirchtürme und Kirchengebäude, wie im Falle Alkenrath, schaffen Identität. Sie sind ein Teil unserer Heimatgeschichte, ein öffentliches Erbe, für die es eine öffentliche Verantwortung geben muss.

Der neuste Fall der ev. Kirche in Wuppertal-Wichlinghausen macht deutlich, wie es auch anders geht. Wäre der Präses der EKiR Manfred Rekowski Superintendent unserer Kirchengemeinden gewesen und seine „Heimatkirche“ die ev. Kirche in Alkenrath, so blieben  die Alkenrather Kirchbauten erhalten. Beweis hierfür ist, dass die „Heimat-Kirche“ von Präses Rekowski in ein „Familien- und Begegnungshaus“ umfunktioniert wurde (vgl. den Beitrag im „Präsesblog“). Nun ist Superintendent Loerken nicht Präses Rekowski – aber wäre es für den Superintendenten nicht löblich, seinem Chef  nachzueifern und seine ihm unterstellte Alkenrather Kirche zu retten?
Das Online-Umfrageergebnis des Kölner Stadt-Anzeigers in seinem Artikel „Initiative will Kirchbauten retten“ vom 13.04.2014 ist eindeutig. Das Ergebnis ist eine Beschreibung des Zustandes, wie die Kirche gegenwärtig empfunden wird. 61 Prozent der abgegebenen Stimmen sind dafür, dass das Alkenrather Gemeindezentrum wieder mit Leben gefüllt werden müsse…

Zum Artikel von Rolf Müller

EKiR: Pläne für Gemeindezentrum – Initiative will Kirchbauten retten

13.04.2014 Von Jan Sting, Alkenrath.

Rolf Müller (l.) und Werner Schramm sind Mitglieder der Initiative, die sich für die Alkenrather Kirchenbauten einsetzt.
Die Kirchbauten in Alkenrath sollen abgerissen werden. Ein Investor hat Interesse an dem Gelände bekundet. Für Rolf Müller das falsche Zeichen in einem Stadtteil mit sozialer Schieflage. Er will den Abriss verhindern.

„Alkenrath geht den Bach runter“, sagt Rolf Müller, der nun die Interessengemeinschaft zum Erhalt der Kirchbauten in Alkenrath gegründet hat. Denn der Stadtteil leide. Soziale Wohnbauten wurden an Fonds veräußert. Der Vandalismus schreite voran und viele der alten Alkenrather, die bereits seit den Gründerzeiten in den 50er-Jahren im damals städtebaulich hoch gelobten Viertel leben, würden gerne fortziehen. Aber es fehle das Geld. Und auch die evangelische Kirche ziehe sich aus dem Stadtteil zurück. Das Gemeindezentrum ist geschlossen, die Stelle einer engagierten Jugendleiterin wurde gestrichen.
Ein „himmelschreiendes Unding“ ist das nach Ansicht Müllers, denn in keinem Stadtteil Leverkusens gebe es solche soziale Schieflagen wie in Alkenrath. Gangs streiften durch das Viertel, säßen stundenlang an Bushaltestellen, während im Gemeindezentrum gar nichts mehr passiere. „Just dort wird einem Investor für dickes Geld ein Filetstück angeboten, und die Kirchbauten sollen alle entfernt werden?“, fragt Müller. Im Gegenzug werde die Friedenskirche in der gut betuchten Waldsiedlung saniert. „Und die Alkenrather erhielten Spendenaufrufe zur Finanzierung der Friedenskirche. Die verstanden die Welt nicht mehr.“… Zum vollständigen Aufruf „Pläne für Gemeindezentrum Initiative will Kirchbauten retten“

Parallelen mit Finanzproblemen bei Kommunen und Kirchengemeinden. Zu einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Kommunales Eigentum: 42 Milliarden Euro Substanzverlust seit 2003 – Investitionsrückstand allein 2013 um 4,5 Milliarden gewachsen
Die Städte und Gemeinden in Deutschland haben auch 2013 wieder massiv von ihrer Substanz gezehrt. Die Abschreibungen auf kommunale Bauten, Infrastruktureinrichtungen, Maschinen und den sonstigen Kapitalstock lagen im vergangenen Jahr um knapp 4,5 Milliarden Euro höher als die Investitionen der Kommunen. Damit setzte sich der Wertverlust beim kommunalen Eigentum im 11. Jahr in Folge fort. Seit 2003 haben die Abschreibungen die Investitionen um insgesamt 42 Milliarden Euro übertroffen. Das zeigen neue Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.
“Viele Kommunen müssen offensichtlich weiter auf Verschleiß fahren, da gibt es keine Trendwende”, erklärt IMK-Forscherin Dr. Katja Rietzler. Die Expertin für öffentliche Finanzen hat die kommunale Abschreibungs- und Investitionsbilanz auf Basis der aktuellsten Daten aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) kalkuliert. Ihr längerfristiger Vergleich zeigt: Der Wertverlust im vergangenen Jahr war der dritthöchste seit 2003. Die positive Entwicklung der Gemeindefinanzen – im vergangenen Jahr wiesen die deutschen Städte und Gemeinden in der VGR einen Einnahmeüberschuss von 3,5 Milliarden Euro aus – gebe offensichtlich nur einen Teil der Realität wieder, warnt die Forscherin: “Die Kommunen insgesamt haben nicht genug Spielraum, um auch nur die Abschreibungen auszugleichen. Gleichzeitig wissen wir, dass sich finanzstarke und finanzschwache Städte und Gemeinden immer weiter auseinanderentwickeln. In den ärmeren Kommunen dürfte der Investitionsrückstand also besonders drastisch wachsen.” Zur Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

Kommentar Friedhelm Schneider: das Problem ist ein doppeltes. Es ist
a. ein reales Problem, denn die Kommunen sind unterfinanziert: „Die massiven Steuersenkungen der vergangenen 15 Jahre hinterlassen ihre Spuren“, erklärt die Wissenschaftlerin. Nach Berechnungen des IMK haben Bund, Länder und Gemeinden durch die Steuerrechtsänderungen seit Ende der 1990er-Jahre bis 2013 per Saldo 484 Milliarden Euro weniger eingenommen.“ In Hessen klagten deshalb Kommunen vor dem Staatsgerichtshof und bekamen Recht: „Die Kürzung von mehr als 340 Millionen Euro im Jahr 2011 bei den hessischen Kommunen ist verfassungswidrig. Der Staatsgerichtshof in Wiesbaden gab am Dienstag einer kommunalen Grundrechtsklage der Stadt Alsfeld im Vogelsberg statt.“ Insoweit ist das Thema ein politisches Problem bzw. ein Versagen der Politik.  Vgl. Artikel der FR.
b. Das Problem ist b. ein Rechnerisches und rührt her insbesondere von den pauschalen Abschreibungen für den Immobilienbestand. Unter dem Vorzeichen eines technokratisch verstandenen Ressourcenverbrauchskonzepts werden Eigentümer/rechtsträger oftmals arm gerechnet. Auch reiche hessische Kommunen können betroffen sein. Das Problem ist bekannt und bei den Wort-Meldungen schon des Öfteren diskutiert worden: „Doppik/NKF. Sie entzieht den Rechtsträgern in der Gegenwart die Mittel. Dieses Ressourcenverbrauchskonzept ist zum Teil richtig, wird aber dann zum Zwangsregime, wenn Mittel in Größenordnungen entzogen werden, die in der Zukunft real gar nicht benötigt werden. Als Beispiel diene die EKiR. Sie bildet Rücklagen für Gebäude gleich doppelt (!) – einmal als Abschreibung und ein weiteres mal als sog. Substanzerhaltungspauschale. Ein Superintendent hat das auf der Synode in Hilden zu Recht beanstandet. Hier wird ökonomischer Druck erzeugt durch rechnerische (!) Verarmungen.“ Die Erfahrung zeigt, dass die pauschalen Abschreibungen etwa für den Ressourcenverbrauch bei Immobilien unpräzise und in der Regel deutlich zu hoch ausfallen. Das dürfte bei Kommunen ähnlich sein. vgl. Artikel im Dt. Pfarrerblatt von Friedhelm Schneider.
Fazit: das Instrument der Doppik verschärft die Finanzlage der Kommunen auf rechnerische Weise dramatisch.In der Verbindung, besser: der Addition von a. = Unterfinanzierung und b. = rechnerische Verarmung werden die Eigentümer, hier die Kommunen, endgültig in die Knie gezwungen. Sie sind im bilanziellen Minus, in den roten Zahlen und erhalten schließlich eine Zwangsverwaltung von Regierungspräsidium. Die demokratische Legitimation wird auf der Basis der Finanzpolitik ausgehebelt. Die monarchische Zwangsverwaltung des Regierungspräsidiums ist – scheinbar innerhalb der demokratischen Ordnung – etabliert.

Die Lösung des Problems hieße: outputorientiert steuern. Das erfordert einen höheren Einsatz an… Konzeptions- und Planungsintelligenz. Das Instrument der Doppik ist dafür ungeeignet. Denn die Ansätze sind pauschal und basieren nicht auf realen Daten. Nur so – auf der Basis realer Daten – wäre dem Problem beizukommen. Das ist bei der Kirche identisch. Dafür gibt es in der Kirche auch seit langem Lösungsansätze, wie bei K.IM. Kirchliches Immobilienmanagement seit ca. 10 Jahren praktiziert. vgl. K.IM.org

 

 

Quo vadis, EKiR? Über die Reform-ut-ation einer noch presbyterial-synodal strukturierten Landeskirche.

von Andreas Reinhold

Nun ist seit geraumer Zeit eine Entwicklung nicht nur innerhalb der EKiR erkennbar, die Entscheidungs- und Richtlinienkompetenzen in übergeordnete Ebenen (Kirchenkreis, Landeskirche) transferiert und eine stärkere Hierarchisierung mit teilweise verheerenden Auswirkungen auf die Ortsgemeinden bewirkt.5 Begründet wurde und wird dies hauptsächlich mit der Schaffung einer strafferen, effizienteren und damit wirtschaftlicheren Organisationsstruktur, innerhalb der finanzielle Mittel eingespart und vermeintlich effektiver eingesetzt werden können. Prognostizierte Einbußen bei den Kirchensteuereinnahmen, befürchtete Kirchenaustrittszahlen und die Sorge um eine ausreichend gefüllte Pensionskasse bildeten dabei die argumentative Basis, mit der Presbyterien und Kirchenkreise zu entsprechenden Maßnahmen bewogen und Synoden zu entsprechenden Beschlüssen geführt wurden. Dieser Prozess war und ist unübersichtlich vielschichtig und findet bis heute in mehreren Bereichen nahezu gleichzeitig statt. Stichwortartig seien an dieser Stelle genannt:

– die Verwaltungsstrukturreform, mit der Kirchengemeinden dazu angehalten wurden, ihre eigenständigen Ämter vor Ort zugunsten einer zentralisierten Verwaltungsstelle auf Kirchenkreisebene aufzugeben;
– die Personalplanung, die immer deutlicher auf Kirchenkreisebene gehoben wird;
– die Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzwesens (NKF), mit dem auf allen Ebenen von der kameralistischen auf die doppische Buchhaltung umgestellt wurde, um einen verbesserten Kontroll- und Steuerungsmechanismus in der Hand zu haben…

Eine theologische Begründung all dieser Maßnahmen, die in weiten Teilen die Entscheidungshoheit der Presbyterien und damit einen Grundpfeiler evangelischen Kircheseins im Rheinland aufheben, zumindest aber einschränken, gab und gibt es bis heute nicht! Vielmehr wurden sie fast ausschließlich mit der erwarteten schlechten finanziellen Gesamtsituation der EKiR gerechtfertigt. Die den Presbyterien, Kreis- und Landessynoden vorgelegten und prognostizierten Zahlen und die hinter diesen Zahlen stehenden Berechnungsmodelle (Stichwort „einfache Formel“10) wurden von den einzelnen Gremien kaum hinterfragt und alternative Szenarien nicht in den Blick genommen. Die Konsequenz: Es gibt keinen Plan B! Die EKiR ist in eine Einbahnstraße eingebogen, die sich für die Ortsgemeinden als Sackgasse entpuppt. Denn alle Entscheidungen der vergangenen Jahre folgen einer einzigen Strategie, die eine Kapitalanhäufung bei gleichzeitiger Etatkürzung in nahezu allen kirchlichen Arbeitsbereichen zum Ziel hat. Zum Artikel.

Zwei Reaktionen auf die Synode der EKiR – EKiR aus den Fugen

Die Landessynode scheut ernsthafte Korrekturen und verschärft den Bürokratieaufbau

Von Hans-Jürgen Volk

Es passt wenig zusammen in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Auf ihrer Landessynode in Bad Neuenahr, die vom 16.-22.01. 2014 tagte, präsentierte sich die zweitgrößte deutsche Landeskirche als mental wie strategisch aus den Fugen geraten. Die Widersprüche werden deutlich, wenn man den Präsesbericht von Manfred Rekowski und den Finanzbericht der Kirchenleitung, vorgetragen von dem Finanzdezernenten Bernd Baucks, nebeneinander legt. Mit am problematischsten ist die Diskrepanz zwischen der Stimmungslage der Synode, die Rekowski z.B. während der Abschlusspressekonferenz verbalisiert und dem Frust, der sich bei der Mitarbeiterschaft, in den Kirchenkreisen und den Gemeinden angestaut hat. Nimmt man nicht wahr, wie unbarmherzig provozierend diese zur Schau getragene Zufriedenheit mit dem eigenen Leitungshandeln auf die von Sparmaßnahmen betroffenen Beschäftigten wirken muss? Zum Beitrag.

http://www.zwischenrufe-diskussion.de/pages/ekir/ekir-aus-den-fugen.php
Liebe Gemeinde,
es gibt Briefe, denen merkt man es an, dass wir nicht ihre ersten Adressaten sind. Trotzdem möchte ich Verse aus dem Hebräerbrief als Folie zur Kommen-tierung unserer letzten Landessynode nutzen. Der heutige Predigttext will das Handeln von 214 Synodalen in den Blick nehmen, die vor kurzem das zweit-größte evangelische Kirchenschiff auf Kurs bringen wollten. Mit welchem Kompass waren wir unterwegs? Wie wurden die Weichen für die Einsparung von 35% landeskirchlicher Ausgaben gestellt? Was 20 Mio. € weniger in der Kasse der Landeskirche für Bonn heißen könnte, war im Generalanzeiger zu le-sen, in der WDR-Lokalzeit zu verfolgen. Die drei Bonner Kirchenkreise ver-halten sich dazu bisher erstaunlich bedeckt. Könnten sie doch auch wie die drei Musketiere für ihre Einrichtungen mehr kämpfen. Stattdessen werfen sie lokaler Berichterstattung Provinzialismus vor. Was ich nicht verstehe, weil in Bonn doch das Koordinatensystem unserer gesamten Kirche in exemplarischer Weise zur Diskussion steht. Sollten wir uns vom Amos-Comenius-Gymnasium, wie auch vom Haus der Begegnung als größten südlichsten Standort unserer Landes-kirche, verabschieden müssen, führte dies zu Kollateralschäden für alle. Es geht doch dabei nicht um Lokalpatriotismus, sondern um die Justierung unseres zu-künftigen Kirche seins. Noch ist nichts entschieden, aber wir sollten hellwach. Nicht das wir morgen aufstehen und unsere EKiR nicht wieder erkennen. Was könnte im Getümmel um die Zukunft uns die nötige Orientierung geben? Der Hebräerbrief, das Judentum, Martin Luther wie auch der Apostel Paulus waren sich in einem besonders einig: Den Kompass für unser Christsein liefert nicht das Bauchgefühl, auch kein Rechenschieber. Allein im biblischen Wort ist er zu suchen. Nicht was sich rechnet oder gut anfühlt, sondern was immer schon ge-zählt hat, sollte den Kurs unserer Kirche bestimmen: sola sciptura! Im Hebräer-brief lesen wir dazu: Ich will deinen Namen verkündigen meinen Brüdern und mitten in der Gemeinde dir lobsingen. Ich will mein Vertrauen auf Gott setzen und „Siehe, hier bin ich und die Kinder, die mir Gott gegeben hat.“ Das ist un-ser vornehmster Dienst: Gott zu loben!

Ein Theologiestudent fragt: Oh Gott, was kommt da auf mich zu?

Angesichts der herbeigeredeten Finanzkrise der Kirche schreibt der Theologiestudent Hannes Leitlein über seine vermeintlichen Zukunftsaussichten. Lesen Sie in seinem Artikel, der auch in der Zeit erschien, welche Sorgen und Ängste der theologische Nachwuchs angesichts der Sparsynoden haben.

Oh Gott, was kommt da auf mich zu?

EKiR: Anfragen an das rheinische Trainerteam…

Von Willi Müller-Schulte
(Vorsitzender der MAV im Kirchenkreis Simmern-Trarbach)

Was passiert derzeit mit unserer evangelischen Kirche? Was passiert mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im diakonischen und verfasst kirchlichen Dienst?

Der neue Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski spricht davon, dass vor der rheinischen Kirche ein gravierender Sparkurs liege, sie danach aber weiterhin in der Champions League mitspiele. Daraus könnte man den Schluss ziehen, dass sich die Kirchenleitung als das Trainerteam sieht? Ich will diesen Ball aufgreifen angesichts der möglichen Trainingseinheiten, die die Mannschaft, also die Kirche, zu erwarten haben und Anfragen stellen.

Was ist das für ein Trainerteam, das ohnmächtig zusieht, wie sich die Arbeit in den diakonischen Arbeitsfeldern immer mehr verdichtet, weil die Refinanzierungen hinten und vorne nicht stimmen? Wo sich Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer abstrampeln, um schwarze Zahlen zu schreiben, ihnen das aber legal fast unmöglich gemacht wird und Mehrstunden, Verzicht auf Jahressonderzahlungen oder Verlagerung von Arbeitsplätzen erfordern?

Die vollständigen „Anfragen“ in den www.zwischenrufe-diskussion.de

Rundbrief zur Synode in Hilden

An die Interessierten an der Zukunft der Rheinischen Landeskirche!

Als Besucher der ausserordentlichen Landessynode in Hilden kann ich dem Eindruck nur beipflichten, dass die große Mehrheit der Synode die Kirchenleitung dabei unterstützt, deutliche Sparanstrengungen in erheblicher Höhe zur Sanierung des landeskirchlichen Haushaltes und der Versorgungskassen vorzubereiten.

Aus Gemeindesicht ist bei vielen sehr positiv wahrgenommen worden, dass die neue Kirchenleitung mit dem neuen Präses und den neuen Verwaltungs- und Finanz-verantwortlichen nicht primär den Gemeinden eine neue Sparrunde aufdrückt, sondern zuerst die landeskirchliche Ebene einer gründlichen Prüfung unterzieht. Ebenso positiv wird wahrgenommen, dass der Außenwirkung kirchlicher Aufgaben dabei erhöhte Priorität beigemessen wird und besonders intensiv nach Sparmaßnahmen im Innenbereich gesucht werden muss.

Aber: Der Besucher der Landessynode auf der erhöhten Seitentribüne nimmt manche Eindrücke vielleicht anders wahr als die 210 Synodalen und 150 beratenden Mitglieder oder die landeskirchliche Presseabteilung.

1.) Es gab einige kritische Anfragen an die Berechnung des (anscheinend) defizitären landeskirchlichen Haushaltes. Ein saarländischer Superintendent hinterfragte – und stützte sich dabei auf ein Votum von über einhundert zustimmenden Unterschriften, ob bei NKF die „Abschreibung“ von Gebäuden und die gleichzeitige Erhebung einer „Substanzerhaltungspauschale“ nicht eine Doppelung ergebe, die überflüssig sei und im Endeffekt zu einem Haushaltsdefizit führe, das ohne diese Doppelung so nicht entstanden wäre? Auch aus anderen Voten von Synodalen war deutlich die Befürchtung herauszuhören, dass hier durch NKF ein Haushalt künstlich defizitär gerechnet würde. Weder die Kommunen noch die Wirtschaft würden eine solche Doppelung kennen. Zwar müssen Unterhaltungskosten eingeplant werden: aber dann kann es nur entweder Abschreibung oder Substanzerhaltungspauschale geben. Niemals beides zusammen. Hier sei NKF falsch angelegt.

Wer in einer Ortsgemeinde das Erschrecken mitbekommen hat, wie ordentlich geführte und solide finanzierte Gemeinden durch NKF auf einmal zu notleidenden Gemeinden werden können, kann nachvollziehen, wie eine solche Doppelung Haushalte übermäßig belasten kann und dann zur Begründung für rigide Sparmaßnahmen dient.

Hans-Jürgen Volk hat vor einigen Tagen auf seiner Homepage (http://www.zwischenrufe-diskussion.de/pages/ekir/in-den-sand-geschrieben.php) auf diese Problematik beim rheinischen NKF hingewiesen:

Der Haushalt der Landeskirche gerät also nicht etwa auf Grund sinkender Kirchensteuereinnahmen unter Druck. Ein entscheidender Faktor ist die unsinnige Doppelung von Substanzerhaltungspauschalen (SEP) und Abschreibungen (AfA) bei Gebäuden, die es sonst in der Doppik weder bei Kommunen noch bei den Ländern gibt. Der landeskirchliche Haushalts wird mit 13,4 Mio. € für Beides belastet. Dies macht etwa 22% der gesamten Haushaltsmittel aus. Die AfA hat ein Volumen von 5,2 Mio. €, SEP von 8,2 Mio. €. Würde man auf die AfA verzichten, reduzierte sich das Defizit des landeskirchlichen Haushalts auf 2,6 Mio. €, bei Abschaffung der SEP würde unter Beibehaltung der AfA selbst nach den Planzahlen für 2013 ein Plus von 400.000 € zu verzeichnen sein.“

(Eine sehr vereinfachte Erklärung: Man bezahlt monatlich erstens einen Autokredit ab und legt zweitens gleichzeitig einen Betrag zurück, um sich nach Verschrottung des ersten Autos ein neues Auto kaufen zu können. Der Haushalt wird also momentan gleichzeitig für den Kauf zweier Autos belastet. Selbstverständlich müssen normale Unterhaltungskosten für das Auto eingerechnet werden.)

OKR Baucks hat darauf geantwortet, dass die KL das Problem sähe und eine Arbeitsgruppe daran arbeite, dieses Problem zu lösen.

2.) Hier stockt einem der Atem: Seit Jahren wird über NKF intensiv in den Synoden und Gemeinden gestritten, es gab ein Moratorium, es gab eine Neuaufstellung der Verantwortlichen für die Umsetzung und nun erst, nach gefühlten zehn Jahren Leiden unter NKF, wird ein Grundfehler deutlich, der verheerende gravierende Auswirkungen auf die Beurteilung von Finanzlagen hat. Warum wurde dieses Probleme nicht schon vor zehn Jahren offen dargelegt und besprochen? Warum erst heute?

Was nun:

  • Haben die verantwortlichen Verwaltungsmenschen das nicht gesehen und gewusst? Das ist sehr unwahrscheinlich, da auch Menschen, die ursprünglich aus der Kommunalverwaltung (ohne diese Doppelung) kommen, jetzt in einflussreichen Stellen und Ausschüssen in unserer Kirche tätig sind: Aber dann wären ihnen wegen Unfähigkeit dringend solche Aufgaben zu entziehen! NKF wäre in ganz schlechten Händen.

  • Oder haben sie jahrelang das Problem vor den Synodalen, der KL und den Gemeinden verschwiegen? Und bekämen so die Synodalen Recht, die auf der Synode durch NKF eine künstliche Schlechterrechnung der Finanzen befürchteten? Sollten so insgeheim kirchenpolitisch motiviert Sparmaß-nahmen und Strukturveränderungen zu Lasten der Gemeinden und der theologischen und diakonischen Arbeiten der Landeskirche gepuscht werden?

  • Oder?

Das Misstrauen, dass hier nicht von allen Beteiligten im finanziellen Bereich mit offenen Karten gespielt wurde, war bei einigen Synodenvoten deutlich zu spüren. Hier muss die KL dringend für Klarheit sorgen, bevor dieses Misstrauen auf die neue Kirchenleitung selbst übergreifen kann.

3.) Und dann kamen noch zwei Voten, die bei mir Erstaunen und Erschrecken hervorgerufen haben: Der von der Kirchenleitung berufene Synodale Preutenvorbeck, Verwaltungsleiter des KK Jülich, gab etwas überraschend in der Diskussion ein Votum ab, dass man mit weiteren Kostensteigerungen bei NKF zu rechnen habe und diese dringend nötig seien. Der Finanzchef OKR Baucks, stimmt ihm zu und bedankte sich ausdrücklich für diesen Hinweis. Man müsse auch technisch auf dem neuesten Stand sein. Und es gäbe keine Alternative zum Weitermachen. Das blieb so stehen. Keine weiteren Voten dazu.

Anscheinend stehen weitere 1,1 Millionen € zur Debatte.

War das Resignation, dass sich niemand von den Synodalen gegen diese neuere Kostensteigerung wehrte? Hatte man das schon eingeplant und abgehakt? Gilt das Projekt als unberechenbar und unbeherrschbar?

Aber die Bedeutung einer solchen Haltung ist unbegreifbar: Da wird über die Existenz landeskirchlicher Arbeit hautnah diskutiert: der Fortbestand der Schulen oder des Internates in Hilden, über die Kirchliche Hochschule oder andere landeskirchliche Arbeitsfelder an, mit und für Menschen: und gleichzeitig werden Millionenbeträge für neue Methoden der Finanzverwaltung ausgegeben: Kein einziges Gemeindeglied wird einen kleinen Vorteil von NKF haben oder verspüren, aber entscheidende kirchliche Arbeitsgebiete müssen wegfallen. Mitarbeiter zittern um ihre Arbeitsplätze.

Es ist unglaublich und unbegreifbar: Da werden Verwaltungsträume und erhoffte Verbesserungen seit Jahren mit immer mehr Millionenbeträgen subventioniert (Ende nicht absehbar) und die dringend notwendige Arbeit an und für Menschen wird zurückgefahren. Ich habe noch nirgendwo von Einsparungen bei der Verwaltung durch Synergieeffekte gehört, aber dauernd wird mir von neuen Stellen und ausufernden Kosten für die Verwaltung berichtet.

Darf für eine Kirche NKF wichtiger sein als die Arbeit mit Menschen? Darf man für dieses Projekt im Rechnungswesen noch weiter unabsehbare Millionenbeträge ausgeben, ohne dass das Ende der Fahnenstange in Sicht ist?

Ein begrenzter, teilweiser Stopp dieser Finanzumstellung NKF könnte mit fünf Schritten Ruhe in die ganze Sache bringen:

a) Alle Kirchengemeinden und Kirchenkreise, die noch nicht umgestellt haben, stoppen den Prozess der Umstellung umgehend.

  • Sie müssen nicht mehr teuer zu bezahlende externe Berater einkaufen, weil der Personalmarkt sonst keine geeigneten Personen für die Umstellung hergibt.

  • Sie müssen nicht mehr noch unfertige Konzepte ausprobieren und teures Lehrgeld bezahlen.

b) Die linke Seite des Haushaltsbuches wird vorerst in allen Institutionen auf Eis gelegt. Die oft als „Haushaltslyrik“ verspottete linke Seite mit den Zielvorstellungen ist für die Gemeinden und Kirchenkreise weitgehend uninteressant und überflüssig. Wo wichtige Ziele sich anbieten, werden Gemeinden sie auch ohne linke Seite im Blick haben und über die notwendigen Finanzen beraten. Wenn Gemeinden oder Kirchenkreise aber ernsthaft sich auf die Zielformulierungen und Zieldiskussionen einlassen würden, hätten sie im ganzen Jahr für nichts anderes mehr Zeit. Was nützen von der Verwaltung vorgeschlagene leere Worthülsen? Oder vom Vorsitzenden mühsam überlegte Zielvorschläge? Oder leer abgegebene Seiten? Angesichts der vielfach herrschenden Finanznot ist nicht die Aufstellung des Haushaltsplanes der richtige Ort, sich über Prioritäten klar zu werden.

c) Nur die Institutionen, die schon umgestellt haben, führen diesen Prozess weiter. Sie experimentieren mit den noch offenen Problemen, optimieren die Prozesse und Methoden und bilden einen kompetenten Mitarbeiterstab aus. Ziel sollte die Ausarbeitung eines einheitlichen NKF-Modells sein, das preiswert und sparsam ist, das leicht verständlich und verwaltungstechnisch beherrschbar ist, das auf andere Kirchengemeinden und Kirchenkreise übertragbar ist und das für Presbyterien und KSV-Mitglieder überschaubar und verständlich ist, damit die Leitungskompetenz bei den dafür zuständigen Gremien bleibt und nicht auf die Verwaltung übergeht. Nur diese Kirchenkreise investieren vorerst in dieser Experimentier- und Erprobungsphase auch in neue Hard- und Software.

Für die Ausarbeitung eines solchen NKF – Modells reichten einige engagierte Kirchenkreise und Gemeinden aus. Es muss nicht die ganze Landeskirche zu einem superteuren Experimentierplatz werden.

d) Erst wenn das angestrebte optimierte Modell erfolgreich den Praxistest bestanden hat, kopieren die anderen Kirchenkreise, Gemeinden und Werke dieses Modell. Inzwischen wird es dann genügend kompetente Verwaltungsmitarbeiter geben, die dieses fertige Modell preiswert in Nachbarkirchenkreisen und Gemeinden einführen können.

e) Die linke Haushaltsseite bleibt optional: Nur wer für seine Institution diese linke Seite für sinnvoll und sachgerecht hält, macht sie zum Teil des Haushaltsbuches.

Diese linke Haushaltsseite ist kein notwendiger Bestandteil von NKF, sondern ist die zusätzliche Einführung eines neuen Führungssystems in der Kirche. Dieses System hat mit NKF im Kern nichts gemein.

Bei der Einführung von NKF im Rheinland wird nicht nur die Buchführung umgestellt auf doppelte Buchführung, sondern es wird mit der linken Haushaltsplanseite gleichzeitig ein neues Management-System für die Leitung von Gemeinden, Kirchenkreisen und der Landeskirche eingeführt: „management by Objectives“

 

Management by Objectives (MbO) (zu Deutsch: Führung/Führen durch Zielvereinbarung) ist eine Methode aus der Betriebswirtschaftslehre zur Führung von Mitarbeitern eines Unternehmens.

Ziel dieses Verfahrens ist es, die strategischen Ziele des Gesamtunternehmens und der Mitarbeiter umzusetzen, indem Ziele für jede Organisationseinheit und auch für die Mitarbeiter gemeinsam festgelegt werden.“ (wikipedia)

Eine solche Methode hat nichts direkt mit dem Finanzwesen zu tun und ist somit nicht zwingend mit der Einführung der doppelten Buchführung zu verbinden.Durch diese Koppelung wird aber die Einführung der doppelten Buchführung verkompliziert und für Presbyterien und KSVs kaum durchschaubar: Notgedrungen müssen sie der Verwaltung die Handhabung überlassen und Teile ihre Leitungsfunktion abgeben.

Sollte nicht in einer Kirche gelten: Besser einige Jahre Zweigleisigkeit für Haushaltspläne und Abschlüsse -das klappt ja im Moment auch- als weiter dieses NKF-Fass ohne Boden zu füllen und dafür die Arbeit an Menschen zu kappen.

Die Landessynode könnte hier im Januar 2014 die (zeitweise) Notbremse ziehen, ohne die ganze Umstellung in Frage zu stellen und viel Geld vergeblich ausgegeben zu haben.

Viele Grüße und Gottes Segen für Ihrer Arbeit

Manfred Alberti

p.s.: Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Schwächen und Gefahren des Verwaltungsstrukturgesetzes, das am 01.April 2014 so in Kraft tritt, wenn die Landessynode 2014 es nicht noch verändert und einen finanziellen Rahmen setzt, können Sie finden auf: www.presbyteriumsdiskussion-ekir.de Kap. A 2 Verwaltungsstrukturgesetz 2013 Kritische Analyse

Fiktive Eröffnungsrede einer Synode

Die Synoden laufen. Leider werden wir wahrscheinlich in vielen Landeskirchen wieder Blut-Schweiß-Tränen Reden hören. Ziel wird es sein trotz hoher Kirchensteuereinnahmen weiterhin Kürzungen und Zurückstellungen begründen zu können.

Für alle Ghostwriter wollen wir hier eine Eröffnungsrede anbieten, die zu den brutalsmöglichen Aufklärern unserer Landeskirchen passt. Wir wissen natürlich, das Sie kein Geld haben und bieten das Redemanuskript daher kostenlos an:

Liebe Brüder, Liebe Schwestern!

Die Lage unserer Kirche täuscht. Lassen Sie sich nicht von den fast rekordverdächtig hohen Kirchensteuereinnahmen täuschen. Wir haben viel gespart und müssen weiterhin sparen. Wir wissen, das unsere Kirche schrumpfen wird. Obwohl unsere Prognosen zur Einahmenentwicklung meist nicht eintreffen, wissen wir dieses mal sicher, das wir auf den besten Weg in den Bankrott sind.

Die Gesellschaft setzt keinen Pfifferling auf uns. Unsere Verantwortung ist es daher uns fatalistisch in dieses Schicksal zu ergeben. Visionen ohne Krisenszenarien apokalyptischen Ausmaßes wären unverantwortlich unseren Mitarbeitern gegenüber. Daher ist diese Kirchenleitung fest von einer negativen Zukunftserwartung überzeugt. Nur wenn wir das Schlimmste annehmen, können wir die richtige Vorsorge treffen. Daher will ich Sie nicht mit mehreren möglichen Szenarien belästigen. Schließlich gibt es keine Verheißung, das es nicht zum worst case kommt.

Wir erklären daher zur Wirklichkeit, das die Mitgliederzahl unserer Kirche in den nächsten Jahren rapide schrumpft. Wir könnten nun die Kirchensteuerentwicklung von der Lohnentwicklung, der Arbeitslosigkeit und mehren Faktoren abhängig betrachten. Aber als brutalsmöglicher Aufklärer reicht es, wenn ich Ihnen sage,dass sie einbrechen werden. Das sie momentan steigen hat mit unserer herbeigeredeten Entwicklung nicht das geringste zu tun.

Einhergehend mit dem Mitgliederschwund wird sich unsere Stellung in der Gesellschaft weiterhin verschlechtern. Die Kirche wird weniger Einfluss auf noch weniger gesellschaftliche Entwicklungen haben. Damit uns das nicht überrascht, werden wir schon jetzt mit den Kürzungen anfangen. Wir werden uns freiwillig aus der Gesellschaft zurückziehen und von den Menschen entfernen, bevor uns mangelnde Finanzmittel dazu zwingen. Unsere Handlungsfähigkeit muss erhalten bleiben. Daher müssen wir selber kürzen, bevor uns die Sachzwänge wirklich dazu zwingen. So handeln immerhin wir und können immerhin einen günstigen Zeitpunkt (Ferien/Fußballweltmeisterschaft oder Bundestagswahl) wählen.

Zukunftsängste und Unsicherheit werden dabei helfen Eigeninitiative zu verringern. Begeben wir uns in die Abwärtsspirale, können wir die Kürzungen mit schlechten Leistungen problemlos erklären. Wenn wir weiterhin unsere finanzielle Lage konsequent schlecht reden, werben wir auch keine weiteren Mitarbeiter mit Ideen und Visionen an. Die momentan entstehenden Lücken im Personal helfen uns zu späteren Zeitpunkten betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.

Wie wir überleben können zeigen uns unsere Beraterfreunde. Wir haben weiterhin ein großes Potential bei den Festtagen und den Kasualien. Leider sind unsere Strukturen in der Zwischenzeit zu gering ausgelastet. Von erfolgreichen Franchisebetrieben können wir lernen diese Situation besser zu managen. Statt einen großen solidarischen Betrieb zu bilden sollten wir in Zukunft schrumpfen. Wir sparen Geld mit einem kleinerem Regelbetrieb. Für Spitzen an den wichtigen Feiertagen können wir zusätzliche Vertragspfarrer beschäftigen. Diese freiberuflichen Vertragspfarrer können dann auch zu nichtchristlichen Feiertagen arbeiten.

Die Kasualien sollen in einen freiem Markt überführt werden. Gemeinden und Pfarrer sollen um den besten Service kämpfen. Eine erfolgsabhängige Entlohnung entfacht den Wettbewerb, der zu zufriedenen Kunden und besseren Gewinnspannen führt. Nicht die langjährige persönliche Bindung einer seelsorgerischen Begleitung, sondern harte wirtschaftliche Kriterien sollen uns erlauben aus unserem Bestseller einen Verkaufsschlager zu machen.

Liebe Brüder, liebe Schwestern. Unsere Kirche muss sich tiefgreifend ändern. Die eschatologische Ausrichtung hat uns zu falschen Erwartungen geführt. Wir werden von nun an einen streng apokalyptischen Weg einschlagen. Als brutalstmöglicher Aufklärer, werde ich den alternativlosen Kurs unserer Kirche nicht beschönigen. Unser Plan sieht vor, das wir unser Personal und die Aufgaben beschränken, bis wir uns zu einem kleinem Verein gesund geschrumpft haben. Hierzu werden wir in den nächsten Jahren immense Summen einsparen. Ab dem Jahr 2030 werden wir keinen Kirchenpräsidenten mehr wählen, sondern einen Abwicklungsbeauftragten bestimmen. So können wir sicher stellen, das wir auch im Jahr 2055, wenn es (unserer Überzeugnung nach) keine Christen mehr gibt unsere ehemaligen Beschäftigten angemessen mit ihren Altersbezügen versorgen können.

Wenn Ihnen diese Rede nicht gefällt, habe ich noch eine andere, die Ihnen die sie auch wesentlich lieber verwenden sollten:

Liebe Brüder, Liebe Schwestern,

Kirche ist ein Prozess ständiger Veränderung. Einige der Veränderungen machen uns Angst. Aber wir dürfen uns nicht aus Angst von unserem Auftrag abbringen lassen. Mehrmals wurde gesagt, die Kirche würde aus unserer Gesellschaft verschwinden. Sie hat ihren Platz und ihr Aussehen geändert. Wir können darauf vertrauen, das sich die Kirche wieder ändern wird. Aber diesen Prozess wollen wir gestalten und uns nicht von angeblich alternativlosen Plänen treiben lassen.

Die Mitgliedszahlen unserer Landeskirche werden wahrscheinlich weiter zurück gehen. Unsere Mitglieder sind wichtig, aber nicht alles. Viele Menschen, die sich von der institutinellen Kirche trennen, bleiben uns weiterhin freundlich verbunden. Viele Nichtmitglieder erachten unsere Arbeit dennoch als wichtig.

Historisch gesehen haben sich die Einnahnen unserer Kirche oftmals verlagert. Unsere Kirchenväter lebten von Spenden wohlhabender Familien, bis Konstantin für eine staatliche Unterstützung einiger Aufgaben sorgte. Im Mittelalter waren Kirchen und Klöster Großgrundbesitzer und wichtige Träger der Wirtschaft. Auch der Verlust dieses wirtschaftlichen Kapitals in der Reformation und der Säkularisation hat die Kirche nicht von ihren Aufgaben abgebracht. Es entstand ein steuerbasiertes Unterstützungsmodell, in dem die Bevölkerung ihre Kirche finanzierte.

Wenn nun in der Tat weniger Menschen ihre Kirche unterstützen, dann ist es natürlich, das wir Angst vor dieser Entwicklung haben. Aber wir finden auch schon jetzt Beispiele die Anlass zur Hoffnung geben und uns Mut machen. In vielen Gemeinden identifizieren sich ChristInnen mit ihrer Kirche. Solidarisch engagieren sich gerade im ländlichem Raum Menschen ob Mitglieder oder nicht um ihre Kirchen und Gemeindehäuser als wichtiger Teil ihres sozialen Lebens zu renovieren und damit zu erhalten. Viele Gemeinden bauen mit Stiftungen vor um ihre Arbeit weiter auf dem erfolgreichem Kurs halten zu können. Dort wo aktuell Geld fehlt, kann es oft durch Spenden aufgetrieben werden.

Das alles beweist, das es eine große Basis auch über unsere Mitglieder hinaus gibt, die Kirche als Ort der Verkündigung, Begegnung und des sozialen Lebens als wichtig erachten. Das verdanken wir vor allem dem Engagement der Haupt- und Ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Ihre Ideen, Arbeit und Engagement wirkt nach außen und trägt Früchte. Sparen wir hier, legen wir die Abrissbirne an die tragenden Elemente unserer Kirche.

Liebe Brüder, Liebe Schwestern, wie soll es aber weiter gehen?

Die Antwort wird uns niemand mit Gewissheit sagen können. Einen Schritt haben wir bereits getan. Wir haben Kapital angesammelt, damit wir einen Teil der anstehenden Pensionen nicht mehr aus den Kirchensteuern zahlen müssen. Unsere gute Arbeit ist nicht kostenlos. Aber gerade in Zeiten in denen sich er Staat immer weiter von seiner sozialen Verantwortung zurück zieht, haben wir auch gute Argumente unsere Arbeit finanzieren zu wollen. Das wird uns aber auch nur gelingen, wenn unsere Gemeinden Zentren der Begegnung bleiben.

Über die Kirchensteuereinnahmen lässt sich nur spekulieren. Sie hängen nicht nur von den Mitgliedern, sondern auch von der Beschäftigung und der Lohnentwicklung ab. Wir können uns sicherlich nicht alleine auf die Kirchensteuern verlassen.

Ich bin zuversichtlich, das wir unsere Kirchensteuereinnahmen mit Mieten, Spenden und Stiftungen ergänzen können. Das wird nicht jeder Gemeinde im gleichem Maß gelingen. Daher brauchen wir kirchliche Solidarität.

Basis für diesen Plan ist ein wirksames Handeln der Kirche nach außen. Nur Menschen, die sich mit ihrer Kirche – und das ist meistens die Gemeinde vor Ort – identifizieren, werden diesen Plan mittragen. Das birgt ein Risiko, das wir in der Kirchenleitung nicht steuern können. Wir können Ihnen vor Ort nur die Freiheit lassen sich für ihre Kirche einzusetzen. Keine Vorgaben, Kennzahlen oder Vorschriften können ihrer Situation und ihren Möglichkeiten gerecht werden. Wir vertrauen Ihnen aber, dass Ihre Berufung dem Erhalt und der Pflege der Kirche gilt.

Liebe Brüder, liebe Schwestern, die Herausforderung ist groß uns an die neuen Strukturen anzupassen. Diese Kirche hat aber schon schlimmeres überstanden und daher bin ich mir sicher, das wir gemeinschaftlich auch dies meistern werden.