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Ohne direkte Beteiligung verfällt die Demokratie. Von der Notwendigkeit der Onlie-Petition „Wormser Wort“.

01/2015, von Friedhelm Schneider

Das Volk wird von Entscheidungen ausgegrenzt
„Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“(Jean Claude Juncker). Der heute oberste Parlamentarier der EU sagt, wie Exekutive, wie die Macht heute funktioniert. Und dass Politiker wie er vom Volk erwarten, dass sie ihr Recht jederzeit und bei jeder Gelegenheit immer neu kämpfen müssen. Das Recht hat man also nicht mehr. Das war einmal. Wenn man dies ernst nimmt, dann weiß man, dass die Demokratie heute nicht mehr das ist, was sie einmal in den 60iger oder 70iger Jahren einmal war. Was unserer Nachkriegsgeneration ohne eigenes Zutun, ohne Anstrengung oder gar Kampf in die Wiege gelegt wurde, betrachteten wir als dauerhaftes Eigentum. Haben wir uns da etwa getäuscht? Schon Goethe mahnte: „Was Du ererbt von Deinen Vätern – erwirb es, um es zu besitzen“. Hinsichtlich der demokratischen Staatswesens heißt das: sie fiel uns zwar in den Schoß, aber an uns ist es, die Demokratie zu bewahren. Und dafür müssen wir etwas tun. Etwas mehr tun, als alle vier Jahre an ein Kreuzchen zu setzen. Die Zeiten, wo man die Demokratie quasi umsonst, ohne eigenes Zutun und Mitwirkung hatte, sind vorbei. Dank an Herrn Junker für die Aufklärung!

Sorgenkind Legislative
Was ist geschehen? Die Gewichtung und Machtverteilung zwischen Legislative, Exekutive und Jurisdiktion wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten deutlich verschoben. Und zwar weg von den Volksvertretern, der Legislative: „Das Parlament wird von der Regierung nicht mehr ernst genommen; manchmal nimmt es sich selbst nicht mehr ernst. So war und ist es seit langer Zeit bei den Anti-Terror-Gesetzen. So war und ist es bei den EU-Gesetzen und Verträgen. So war und ist es bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr; hier mussten Parlamentarier gar ihre Zustimmungsrechte erst einmal im Wege der Organklage beim Bundesverfassungsgericht erstreiten.“…“In der Summe ergab sich aber eine für die repräsentative Demokratie problematische Entwicklung: Das Machtverhältnis verschob sich von der Legislative zur Exekutive. Aus der Gewaltenteilung wurde eine Gewaltenneuverteilung“.“Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Rechtsprechung versucht, dem Bundestag neue Kraft zu geben. Mehr als Hilfe zur parlamentarischen Selbsthilfe können die Karlsruher Verfassungsrichter allerdings nicht leisten. Die vormundschaftsgerichtliche Betreuung des Bundestags durch das deutsche höchste Gericht kann und darf nur eine vorübergehende sein. Sein Selbstwertgefühl muss das Parlament schon selbst wiederfinden“. So der Jurist Prof. Heribert Prantl, SZ.

Und in der Kirche…
Diese bisherigen Erkenntnisse und Schlüsse zu den Verschiebungen bei den Staatsorganen darf man bei Kenntnis der Lage getrost auch auf die Kirchenorgane, die Kirchleitungen, die Synoden und die Gerichte übertragen. Betrachtet man die getroffenen Beschlüsse, kann man konstatieren: auch in der Kirche sind die Synoden die Sorgenkinder. Auch in der Kirche wurde als Begründung der Machtverschiebung eine Krise proklamiert – der Mythos Finanzkrise ausgerufen. Das macht es den Leitungen leicht, sämtliche Beschlüsse auf ein einziges Argument zu reduzieren: „es muss gespart werden“. Aber diese schlichte Argumentation, diese Senkung des Diskursniveaus auf niedrigstes Level in den Synoden müssen die Synodalen ja auch akzeptieren! Man kann zurecht fragen: warum tun sie das? Warum fordern sie nicht wenigstens ein Niveau, das er Komplexität der Organisation Kirche halbwegs angemessen ist? Aber nicht nur das Niveau der Diskurskultur hat enorm gelitten. Auch die Strukuren wurden den neuen Machtverhältnissen angepasst, so wurde in der EKHN die Legislative in die Exekutive integriert, z.B. in der personellen Überschneidung von landeskirchlichem Dekanatssynodalvorstand (DSV) und Kirchenleitung (KL). Weitere Belege für die Entmachtung der Synoden sind Geheimhaltungsstrategien oder gezielte Umgehung der demokratischen Willensbildung wie etwa beim erweiterten Soidarpakt, in dem an höchster Stelle, der Kirchenkonferenz der EKD, weit reichende Entscheidungen für den Kurs der Finanzpolitik und letztlich der kirchlichen Gesamtstrategie aller Landeskirchen getroffen wurden.

Zum Machtausbau der Exekutive zählt auch, dass man wie in der Politik Verstöße gegen die eigenen gesetzlichen Grundlagen bzw. Grundordnungen durchaus zu begehen bereit ist. Bei schwerwiegenden Verstößen der Exekutive gegen die Grundordnungungen waren Klagen in der Kirche nicht selten erfolgreich. Auch in der Kirche entscheiden – ähnlich wie beim Staat – die kirchlichen Verfassungsgerichte durchaus auch für die Kläger. Man muss dies Recht nur auch nutzen!

Was aber ist zu tun, wenn die Verfassung von den Politikern (s.o. Junker) nicht mehr Ernst genommen wird? Denn wie in der Politik läuft es doch oft auch in der Kirche: ‚Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter.‘ Was dann? Dann muss das Kirchen-Volk seine Stimme erheben und laut und vernehmlich reden. Dann kommt der Wir-sind-das Volk-Ruf in der Kirche. Das Schicksal der Kirchen auch daran entscheiden, inwieweit und wie stark die Basis selbst sich für die Interessen der Kirchengemeinschaft einsetzt. 

Wenn die Politik dergestalt degeneriert und verkommt, was heißt das für die Demokratie und die demokratischen Kräfte in Staat und Kirche? Das heißt

1. Information ist die erste Bürger- resp. Christenpflicht. Man darf offiziellen Verlautbarungen nicht mehr unbesehen trauen, sondern muss alles prüfen. „Die Demokratie ist schön. Sie macht aber viel Arbeit“ wusste Karl Valentin. Das heißt

2. Nur wenn eine hinreichend große Zahl an Bürgern und Christenmenschen sich ausreichend Gehör verschaffen, nur dann werden in den geschwächten Synoden Entscheidungen getroffen, die dem Willen der Bürger bzw. in der Kirche dem Willen der Kirchenmitglieder tatsächlich auch entsprechen. Eine Möglichkeit dabei ist auch die Online-Petition, die wir von den Wort-Meldungen für das Wormser Wort einsetzen. In der Kirche ist das ein neues Instrument. Wichtig ist, dass die Basis die Notwendigkeit dieser neuen Form der demokratischen Meinungsäußerung erkennt – und massenhaft wahrnimmt!

EKD Synode verabschiedet Worthülsen zur digitalen Welt

Die Synode der EKD beschäftigte sich mit dem Thema „Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“. Heraus gekommen sind zehn Wahrnehmungen und Folgerungen, die evangelisch.de vorab publiziert.

Leider zeigt sich symptomatisch, woran der Umgang mit der Digitalisierung mangelt. Die Digitalisierung wird als ein Umbruch gesehen, der Fragen produziert, die nicht gestellt werden müssen. Entsprechend erarbeiteten die 10 Foren der Synode einen großen Haufen Worthülsen. Das Wort Digitalisierung lässt sich beliebig gegen Erfindung der Schrift auf Tontafeln, Buchdruck, Einführung des Postwesens, Erfindung des Telefons oder Höhlenmalerei austauschen:

Wir wissen nicht genau, was die Fotokopie bewirken wird. Als evangelische Kirche sehen wir die Notwendigkeit, die Fotokopie in ihrer Vielfalt und in ihren Ambivalenzen besser zu verstehen, um daraus Konsequenzen für die Kommunikation des Evangeliums zu ziehen. „

Wie schon die Entwicklung der Schrift und die Erfindung des Buchdrucks macht der Rundfunk Kommunikation unabhängiger von Raum und Zeit. Die damit verbundene Erweiterung von kommunikativer Reichweite und Verfügbarkeit führt zu einer bisher unbekannten Fülle an Informationen. Die Prozesse zur Auswahl, Gewichtung und Aufbereitung von Informationen haben sich verändert. „

Das Spiel kann ich mit dem gesamten Text fortsetzen. Doch Sie erkennen, worauf ich hinaus will.

Wer die Digitalisierung als etwas neues begreift, versteht das Phänomen nicht. Menschen haben eine technische Evolution angestrengt. Kommunikation entwickelt sich hin zu größerer Reichweite, mehr EmpfängerInnen und schnellerem Austausch. Jeder technologische Schritt führt in diese Richtung. Die Kirche hat 2000 Jahre Erfahrung. Diese Erfahrung gilt es auf jede neue Form der Kommunikation anzuwenden.

Statt das Neuland mit Worthülsen zu Lobpreisen oder vor ihm zu warnen kann die Kirche konkrete Aufträge und Forderungen formulieren:

  • Seelsorge braucht Vertraulichkeit in der Kommunikation. Die Kirche hat die Pflicht geeignete Kommunikationsstrukturen zu schaffen. Hierzu gehören die Kryptographie, Schulungen um sie richtig einzusetzen und Einfluss auf den Staat die Verschwiegenheit der Seelsorge auch digital zu achten.
  • Soziale Räume müssen gepflegt und geregelt werden. Auch das gilt schon für den offenen Jugendtreff, den Gemeindebrief und den Kaffee nach dem Gottesdienst. Jeder Soziale Raum hat explizite und unausgesprochene Regeln und Konventionen. Die Kirche muss soziale Räume entwickeln, diese Pflegen und beaufsichtigen. Dabei muss Zielgruppengerecht vorgegangen werden. Sichere und beaufsichtigte Räume für Kinder und Jugendliche, Einfach zugängliche für Senioren, vertrauliche für die Bedrückten …
  • Der Auftrag der Verkündigung wirkt sich auf jedes Medium aus. Jedes Medium bietet neue Formen und auch kreative Umsetzungsideen. Kreativität und Professionalität sind wichtig um die Botschaft wirksam zu versenden. Daher brauchen wir neben JournalistInnen, Rundfunkschafenden und vielen anderen auch YoutuberInnen, FacebookerInnen und WebdesignerInnen in der Verkündigung.
  • Inklusion ist ein wichtiges Anliegen. Jede Kirche und jedes Gemeindehaus wird so ausgestattet, dass Menschen, die von der Gesellschaft behindert werden, partizipieren können. Das muss auch Digital berücksichtigt werden. Jedes digitale Zeugnis auch für Blinde, Farbenblinde, Menschen, die keine Maus bedienen können … zugänglich sein.

Die Digitalisierung ist ein seit Jahren laufender Prozess. Viele VikarInnen sind bereits „digital natives“ und die Synode verabschiedet Worthülsen.

Demokratie in der Kirche II: Aus schmerzlichen Erfahrungen nichts gelernt?

von Friedhelm Schneider

Demokratie in der Kirche. Spannend ist nicht nur der Kontrast zwischen formaler Struktur und der Praxis (s.o.), bei dem man sich an parallele Phänomene in der Politik erinnert fühlt. Spannend ist ein zweites, wichtiges Thema. Es kommt zum Ausdruck im selben Beitrag des Synodenpräses der EKHN (Jahresbericht der EKHN 2013/2014, S. 12-16) „Wie demokratisch kann Kirche sein?“ – Wie demokratisch kann also Kirche sein? Der Synodenpräsident sieht und zieht Grenzen:

„Sie sehen also auch Grenzen. Welche?
OELSCHLÄGER: »Als Kirche sind wir eine Glaubensgemein­schaft, das entspricht nicht eins zu eins dem Staat. Deshalb unterscheiden wir uns als Synode von einem Parlament. Drei Unterschiede will ich benennen. Erstens haben wir bewusst kein klares Gegenüber von Regierung und Parlament. Beide sind bei uns miteinander verschränkt. Bei uns ist das Parlament – also die Synode – mit zwei Personen in der Regierung – also der Kirchenleitung – vertreten…“

Das folgt damit etwa in einer Rede vom damaligen Präses der EKiR  Nikolaus Schneider vertretenen Legislative und Exekutive zu vermengen. Gerade solche in der EKiR traditionelle Gemeindelage führte aber dazu dass, die Kontrollfunktion des Parlament/ der Synode sträflich vernachlässigt wurde. Die Folge: der bbz-Skandal, der es bundesweit in die Gazetten schaffte. Die daraufhin eingesetzte Kommission, der der frühere Ministerpräsident Höppner vorstand, forderte daher in ihrem Prüfbericht, „diese Landeskirche möge sich eine neue Kirchenverfassung geben, in welcher der innerkirchlichen Gewaltenteilung künftig mehr Gewicht zukommen solle“. Vgl. daui auch den damaligen Kommentar von Pfr. Hans-Jürgen Volk.

Das Problem ist an der Stelle allerdings nicht nur ein EKiR- Problem, sondern ein generelles. Wer Strukturen schafft, die nicht auf Balance und Kontrolle, sondern auf vermeintlich Harmonie setzt, der also Legislative und Exekutive (und vielleicht auch noch die Jurisdiktion)  vermengt, der riskiert Skandale. Siehe bbz, siehe Finanzskandal München, oder auf katholischer Seite mit dem Skandal um den Bischofspalast in Limburg.  Man hätte hoffen sollen, die Kirche habe aus Prüfberichten wie dem der Höppner-Kommission, den Kritiken der kathol. Pfarrer- Initiative Limburg oder schlicht den schmerzlichen Erfahrungen gelernt. Offensichtlich nicht. Wer Skandale riskiert, schadet der Kirche. Insofern ist das auf vordergründig auf Harmonie zielende Verhalten von Synodalpräsident Ölschläger in der Kirche nicht unbekannt, es ist aber hoch problematisch. Denn es ist mit der Grund dafür, dass die Kirche sich gerade in dem Zustand befindet, in dem sie nun mal ist. Auch die EKHN.

 

Gewaltenteilung als Basis der Betriebskultur und des langfristigen Erfolgs (Thema des Monats)

Skandale haben meist auch etwas Gutes. Die Aufarbeitung verlangt nämlich oft Fragen, die man vorher nicht zu stellen wagte, weil Sachverhalte immunisiert, mit einem Tabu belegt waren. So war das auch etwa in der Ekir bei der Aufarbeitung des bbz-Skandals durch die Höppner-Kommission. Höppner, der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, war zudem aufgrund seiner räumlichen Distanz zur EkiR nicht verdächtig, in einem möglichem Filz verwickelt zu sein, der die Aufarbeitung behindert hätte. Das Ergebnis der Kommission wird in diesen Empfehlungen besonders anschaulich:

„Ich komme nun zu den Empfehlungen

Klare Strukturen sind die Grundvoraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung und Umsetzung von Entscheidungen. Wer entscheidet? Wer setzt die getroffenen Entscheidungen um? Wer kontrolliert die Entscheidungsorgane und die Umsetzung der von ihr getroffenen Entscheidungen? Diese Kompetenzen müssen klar verteilt sein. Interessenkonflikte handelnder Personen innerhalb dieser Strukturen (Agieren mit „verschiedenen Hüten“) sind möglichst zu vermeiden.

Das gilt zunächst einmal für das Verhältnis von Landessynode, Kirchenleitung und Landeskirchenamt. Die Landessynode leitet die Evangelische Kirche im Rheinland (KO 128 (1)). Eine Aufgabe der Synode ist es auch, die Entscheidungen der Kirchenleitung und ihre Ausführung durch das Landeskirchenamt zu kontrollieren (KO 129 (3)). Die Kirchenordnung sieht vor, dass der Präses sowohl der Vorsitzende der Synode als auch der Kirchenleitung und des Kollegiums des Landeskirchenamtes ist (KO 156 (1)). Wenn beispielsweise die Kirchenleitung von der Synode in ihrer Leitungstätigkeit angefragt ist, erhebt sich die Frage, ob diese Beratungen von einem Mitglied der Kirchenleitung geleitet werden können. Das haben nicht nur die Beratungen zum Thema bbz gezeigt. Die Kommission empfiehlt, einen eigenen Synodalvorstand (Präsidium) zu bilden und die Kirchenordnung entsprechend zu ändern.
Die Kirchenleitung überträgt die Ausführung ihrer Entscheidungen der Verwaltung und ist damit auch dafür verantwortlich, die sachgemäße Ausführung zu kontrollieren. Auch in diesem Falle ist es schwierig, wenn der Präses gleichzeitig Vorsitzender des Kollegiums des Landeskirchenamtes ist und als solcher die Entscheidungen des Landeskirchenamtes vor der Kirchenleitung vertreten muss. Auch hier halten wir eine Entflechtung der Zuständigkeiten für notwendig.
Die Organisationsuntersuchung des LKA von Steria Mummert stellt in ihrem Bericht vom 28. Dezember 2007 einen „Widerspruch zwischen hohem Vertrauen zu den leitenden Personen der Landeskirche und auch des LKA, die eine sehr hohe Wertschätzung genießen, und spürbarem Misstrauen zu den Gremien auf landeskirchlicher Ebene“ fest. Das muss also strukturelle Ursachen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass eine der Ursachen in der unklaren Verteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Leitung, der Ausführung von Entscheidungen und ihrer Kontrolle liegt. Auch das hat uns zu der Einschätzung geführt, dass über das Problem der Gewaltenteilung grundsätzlicher nachgedacht werden muss.
Eine solche Entflechtung hätte auch Konsequenzen für die Kirchenkreise und ihre Leitungsstrukturen. Konsequenzen für die Kirchengemeinden wären zu prüfen. Eine Kirchenverfassung muss in sich stimmig sein.“ vgl. Vortrag Höppner auf der Landessynode, Teil A, Kap. A1.

So weit die klare Empfehlung an die EKiR.

In der EKiR mangelte es an der Gewaltenteilung und in der Folge an ausreichender Kontrolle. Leidet die Gewaltenteilung, leidet die demokratische Verfassung selbst. Durch fehlende Kontrolle wird zudem die Wirksamkeit des Managements auf lange Sicht eingeschränkt bzw. vermindert. Unkontrollierte, auch autoritäre Systeme können nur auf kurze Sicht bessere Ergebnisse verbuchen. Mittel- und langfristig führen sie hingegen in die Abwärtsspirale oder ins Desaster. Die zahlreichen Crashs in Finanzwirtschaft und Wirtschaft bestätigen dies. Auch dort fehlt die Kontrolle.

Der Sinn der Gewaltenteilung besteht –  wie im Bericht der Höppner-Kommision sehr deutlich wird – nicht nur in der Teilung der Gewalt, sondern vor allem in einem System gegenseitiger Kontrolle, in Strukturen, die gegenseitige Kontrolle nicht nur ermöglichen sondern verlangen.

Die Organisationsstruktur der EKiR auf Landeskirchenebene hatte hier sicherlich traditionell Schwächen: Sie fielen früher in einer extrem ausgeprägten bottom-up organisierten Landeskirche wie der EKiR, bei der die Gemeinden die Hoheit über die Kirchensteuer besaßen und die Zentralverwaltung mit einem festgelegten Anteil aushielt, kaum auf. Denn die Befugnisse und Kompetenzen der Landeskirche waren sehr eingeengt. Schon mit der Reform der Kirchenverfassung der EKiR in den Nuller- Jahren mit der Stärkung der Zentralfunktion hatte sich das geändert. Das alte System der unvermischten Gewalten wurde aber nicht an die neue Situation angepasst.

Diese Empfehlungen haben über die spezifisch rheinische Problemlage hinaus allgemeine Bedeutung. Es besteht nämlich heute in allen Institutionen eine Tendenz, Funktionen, die früher unterschiedlichen Funktionen innerhalb der Institution zugeordnet waren (Legislative, Exekutive, Jurisdiktion) zu vermischen. Dies muss nicht durch eine Strukturveränderung erfolgen, sondern kann auch durch Personalunion mehrerer Funktionen durch eine Person erfolgen. In der Politik ist der Sachverhalt unter dem Stichwort ‚Drehtüren‘ ein begriff.
Bleiben wir aber bei der Kirche: Die Tendenz der Zuordnung einzelner Personen zu mehreren Funktionsteilen (Exekutive, Legislative) besteht nun aber nicht nun in der EKiR. Auch in der EKHN wurde mit der Novellierung der KO gewisse Personen eine funktionelle Doppelfunktion zugestanden. So sind z.B. Mitglieder des Synodalvorstandes wie auch der Vorsitzende des Synodalvorstandes der Landessynode gleichzeitig Mitglied der Kirchenleitung. Und zwar entweder als Vollmitglied oder als beratendes Mitglied. Hier wird also das von der Gewaltenteilung geforderte Gegenüber der Gewalten zum Miteinander. Und böse Zungen behaupten gar, der Synodalvorstand mutiere zum verlängerten Arm der Kirchenleitung. Und diese bösen Zungen können mit Recht neben Meinungskonformitäten und – identitäten zwischen Vorstand/einzelnen Vorstandsmitliedern und Kirchenleitung in den Synodaldebatten auf die Strukturen verweisen, die eben diese Behauptung fundieren. Kurzfristig mag das zu „Erfolgen“ der Akteure etwa bei Abstimmungen der Synoden führen. Langfristig schadet sich aber die Kirche selbst. Denn die Qualität der Entscheidungen leidet. Und die demokratische Kultur geht den Bach hinunter.

Fiktive Eröffnungsrede einer Synode

Die Synoden laufen. Leider werden wir wahrscheinlich in vielen Landeskirchen wieder Blut-Schweiß-Tränen Reden hören. Ziel wird es sein trotz hoher Kirchensteuereinnahmen weiterhin Kürzungen und Zurückstellungen begründen zu können.

Für alle Ghostwriter wollen wir hier eine Eröffnungsrede anbieten, die zu den brutalsmöglichen Aufklärern unserer Landeskirchen passt. Wir wissen natürlich, das Sie kein Geld haben und bieten das Redemanuskript daher kostenlos an:

Liebe Brüder, Liebe Schwestern!

Die Lage unserer Kirche täuscht. Lassen Sie sich nicht von den fast rekordverdächtig hohen Kirchensteuereinnahmen täuschen. Wir haben viel gespart und müssen weiterhin sparen. Wir wissen, das unsere Kirche schrumpfen wird. Obwohl unsere Prognosen zur Einahmenentwicklung meist nicht eintreffen, wissen wir dieses mal sicher, das wir auf den besten Weg in den Bankrott sind.

Die Gesellschaft setzt keinen Pfifferling auf uns. Unsere Verantwortung ist es daher uns fatalistisch in dieses Schicksal zu ergeben. Visionen ohne Krisenszenarien apokalyptischen Ausmaßes wären unverantwortlich unseren Mitarbeitern gegenüber. Daher ist diese Kirchenleitung fest von einer negativen Zukunftserwartung überzeugt. Nur wenn wir das Schlimmste annehmen, können wir die richtige Vorsorge treffen. Daher will ich Sie nicht mit mehreren möglichen Szenarien belästigen. Schließlich gibt es keine Verheißung, das es nicht zum worst case kommt.

Wir erklären daher zur Wirklichkeit, das die Mitgliederzahl unserer Kirche in den nächsten Jahren rapide schrumpft. Wir könnten nun die Kirchensteuerentwicklung von der Lohnentwicklung, der Arbeitslosigkeit und mehren Faktoren abhängig betrachten. Aber als brutalsmöglicher Aufklärer reicht es, wenn ich Ihnen sage,dass sie einbrechen werden. Das sie momentan steigen hat mit unserer herbeigeredeten Entwicklung nicht das geringste zu tun.

Einhergehend mit dem Mitgliederschwund wird sich unsere Stellung in der Gesellschaft weiterhin verschlechtern. Die Kirche wird weniger Einfluss auf noch weniger gesellschaftliche Entwicklungen haben. Damit uns das nicht überrascht, werden wir schon jetzt mit den Kürzungen anfangen. Wir werden uns freiwillig aus der Gesellschaft zurückziehen und von den Menschen entfernen, bevor uns mangelnde Finanzmittel dazu zwingen. Unsere Handlungsfähigkeit muss erhalten bleiben. Daher müssen wir selber kürzen, bevor uns die Sachzwänge wirklich dazu zwingen. So handeln immerhin wir und können immerhin einen günstigen Zeitpunkt (Ferien/Fußballweltmeisterschaft oder Bundestagswahl) wählen.

Zukunftsängste und Unsicherheit werden dabei helfen Eigeninitiative zu verringern. Begeben wir uns in die Abwärtsspirale, können wir die Kürzungen mit schlechten Leistungen problemlos erklären. Wenn wir weiterhin unsere finanzielle Lage konsequent schlecht reden, werben wir auch keine weiteren Mitarbeiter mit Ideen und Visionen an. Die momentan entstehenden Lücken im Personal helfen uns zu späteren Zeitpunkten betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.

Wie wir überleben können zeigen uns unsere Beraterfreunde. Wir haben weiterhin ein großes Potential bei den Festtagen und den Kasualien. Leider sind unsere Strukturen in der Zwischenzeit zu gering ausgelastet. Von erfolgreichen Franchisebetrieben können wir lernen diese Situation besser zu managen. Statt einen großen solidarischen Betrieb zu bilden sollten wir in Zukunft schrumpfen. Wir sparen Geld mit einem kleinerem Regelbetrieb. Für Spitzen an den wichtigen Feiertagen können wir zusätzliche Vertragspfarrer beschäftigen. Diese freiberuflichen Vertragspfarrer können dann auch zu nichtchristlichen Feiertagen arbeiten.

Die Kasualien sollen in einen freiem Markt überführt werden. Gemeinden und Pfarrer sollen um den besten Service kämpfen. Eine erfolgsabhängige Entlohnung entfacht den Wettbewerb, der zu zufriedenen Kunden und besseren Gewinnspannen führt. Nicht die langjährige persönliche Bindung einer seelsorgerischen Begleitung, sondern harte wirtschaftliche Kriterien sollen uns erlauben aus unserem Bestseller einen Verkaufsschlager zu machen.

Liebe Brüder, liebe Schwestern. Unsere Kirche muss sich tiefgreifend ändern. Die eschatologische Ausrichtung hat uns zu falschen Erwartungen geführt. Wir werden von nun an einen streng apokalyptischen Weg einschlagen. Als brutalstmöglicher Aufklärer, werde ich den alternativlosen Kurs unserer Kirche nicht beschönigen. Unser Plan sieht vor, das wir unser Personal und die Aufgaben beschränken, bis wir uns zu einem kleinem Verein gesund geschrumpft haben. Hierzu werden wir in den nächsten Jahren immense Summen einsparen. Ab dem Jahr 2030 werden wir keinen Kirchenpräsidenten mehr wählen, sondern einen Abwicklungsbeauftragten bestimmen. So können wir sicher stellen, das wir auch im Jahr 2055, wenn es (unserer Überzeugnung nach) keine Christen mehr gibt unsere ehemaligen Beschäftigten angemessen mit ihren Altersbezügen versorgen können.

Wenn Ihnen diese Rede nicht gefällt, habe ich noch eine andere, die Ihnen die sie auch wesentlich lieber verwenden sollten:

Liebe Brüder, Liebe Schwestern,

Kirche ist ein Prozess ständiger Veränderung. Einige der Veränderungen machen uns Angst. Aber wir dürfen uns nicht aus Angst von unserem Auftrag abbringen lassen. Mehrmals wurde gesagt, die Kirche würde aus unserer Gesellschaft verschwinden. Sie hat ihren Platz und ihr Aussehen geändert. Wir können darauf vertrauen, das sich die Kirche wieder ändern wird. Aber diesen Prozess wollen wir gestalten und uns nicht von angeblich alternativlosen Plänen treiben lassen.

Die Mitgliedszahlen unserer Landeskirche werden wahrscheinlich weiter zurück gehen. Unsere Mitglieder sind wichtig, aber nicht alles. Viele Menschen, die sich von der institutinellen Kirche trennen, bleiben uns weiterhin freundlich verbunden. Viele Nichtmitglieder erachten unsere Arbeit dennoch als wichtig.

Historisch gesehen haben sich die Einnahnen unserer Kirche oftmals verlagert. Unsere Kirchenväter lebten von Spenden wohlhabender Familien, bis Konstantin für eine staatliche Unterstützung einiger Aufgaben sorgte. Im Mittelalter waren Kirchen und Klöster Großgrundbesitzer und wichtige Träger der Wirtschaft. Auch der Verlust dieses wirtschaftlichen Kapitals in der Reformation und der Säkularisation hat die Kirche nicht von ihren Aufgaben abgebracht. Es entstand ein steuerbasiertes Unterstützungsmodell, in dem die Bevölkerung ihre Kirche finanzierte.

Wenn nun in der Tat weniger Menschen ihre Kirche unterstützen, dann ist es natürlich, das wir Angst vor dieser Entwicklung haben. Aber wir finden auch schon jetzt Beispiele die Anlass zur Hoffnung geben und uns Mut machen. In vielen Gemeinden identifizieren sich ChristInnen mit ihrer Kirche. Solidarisch engagieren sich gerade im ländlichem Raum Menschen ob Mitglieder oder nicht um ihre Kirchen und Gemeindehäuser als wichtiger Teil ihres sozialen Lebens zu renovieren und damit zu erhalten. Viele Gemeinden bauen mit Stiftungen vor um ihre Arbeit weiter auf dem erfolgreichem Kurs halten zu können. Dort wo aktuell Geld fehlt, kann es oft durch Spenden aufgetrieben werden.

Das alles beweist, das es eine große Basis auch über unsere Mitglieder hinaus gibt, die Kirche als Ort der Verkündigung, Begegnung und des sozialen Lebens als wichtig erachten. Das verdanken wir vor allem dem Engagement der Haupt- und Ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Ihre Ideen, Arbeit und Engagement wirkt nach außen und trägt Früchte. Sparen wir hier, legen wir die Abrissbirne an die tragenden Elemente unserer Kirche.

Liebe Brüder, Liebe Schwestern, wie soll es aber weiter gehen?

Die Antwort wird uns niemand mit Gewissheit sagen können. Einen Schritt haben wir bereits getan. Wir haben Kapital angesammelt, damit wir einen Teil der anstehenden Pensionen nicht mehr aus den Kirchensteuern zahlen müssen. Unsere gute Arbeit ist nicht kostenlos. Aber gerade in Zeiten in denen sich er Staat immer weiter von seiner sozialen Verantwortung zurück zieht, haben wir auch gute Argumente unsere Arbeit finanzieren zu wollen. Das wird uns aber auch nur gelingen, wenn unsere Gemeinden Zentren der Begegnung bleiben.

Über die Kirchensteuereinnahmen lässt sich nur spekulieren. Sie hängen nicht nur von den Mitgliedern, sondern auch von der Beschäftigung und der Lohnentwicklung ab. Wir können uns sicherlich nicht alleine auf die Kirchensteuern verlassen.

Ich bin zuversichtlich, das wir unsere Kirchensteuereinnahmen mit Mieten, Spenden und Stiftungen ergänzen können. Das wird nicht jeder Gemeinde im gleichem Maß gelingen. Daher brauchen wir kirchliche Solidarität.

Basis für diesen Plan ist ein wirksames Handeln der Kirche nach außen. Nur Menschen, die sich mit ihrer Kirche – und das ist meistens die Gemeinde vor Ort – identifizieren, werden diesen Plan mittragen. Das birgt ein Risiko, das wir in der Kirchenleitung nicht steuern können. Wir können Ihnen vor Ort nur die Freiheit lassen sich für ihre Kirche einzusetzen. Keine Vorgaben, Kennzahlen oder Vorschriften können ihrer Situation und ihren Möglichkeiten gerecht werden. Wir vertrauen Ihnen aber, dass Ihre Berufung dem Erhalt und der Pflege der Kirche gilt.

Liebe Brüder, liebe Schwestern, die Herausforderung ist groß uns an die neuen Strukturen anzupassen. Diese Kirche hat aber schon schlimmeres überstanden und daher bin ich mir sicher, das wir gemeinschaftlich auch dies meistern werden.

EKHN: Trauung und Segnung weitgehend gleich gestellt

Die Synode in der EKHN hat ihre neue Lebensordnung verabschiedet. Neu darin: die Trauung und die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sind weitgehend gleich gestellt.

Theologische Grundlage ist die Sexualität als Teil der Schöpfung. Damit ist auch die Homosexualität als Teil der Schöpfung gut. Zu dem werden die Verurteilungen aus dem altem Testament als kulturell geprägte antike Ansichten verworfen. Auf gesellschaftlicher Ebene hat sich die Akzeptanz neuer Partnermodelle verstärkt. Mit dieser Grundlage ist es nun möglich die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften der Trauung fast gleich zu stellen. Auch die Segnung darf auf Wunsch des Paares im Kirchenbuch verzeichnet und beurkundet werden.

 

Dennoch wird es Kirchenvorständen und einzelnen PfarrerInnen erlaubt gleichgeschlechtliche Segnungen nicht durchzuführen. Dann sollen sie aber, aber in einem geschwisterlichen Dialog nach weiter nach einer einheitlichen Lösung suchen. Der oder die Dekanin sucht dann eine Gemeinde oder PfarrerIn, die zu der Segnung bereit sind.

 

Obwohl Trauung und Segnung nun in einem Abschnitt der Lebensordnung stehen, werden weiterhin unterschiedliche Begriffe verwendet. Die Gleichstellung ist also noch nicht vollzogen.

Kapitalbasierte Altersversorgung in den Kirchen

Die Abkehr von der umlagefinanzierten hin zu einer kapitalbasierten Altersvorsorge hat sich finanzmarktpolitisch als Irrweg erwiesen. Indem die Kirchen auf diesen Zug aufgesprungen sind, wirken sie am Finanzkapitalismus mit, den sie ansonsten verbal gerne attackieren.  Lesen Sie den Aritkel von Prof. Franz Segbers, Marburg.

Thema des Monats April 2013: Partizipation

Funktioniert Partizipation im Rahmen unserer

presbyterial-synodalen Grundordnung noch?

Vielleicht haben sich die Synodalen der Landessynoden, die im April wieder ihre Tagungen abhalten, diese Frage auch schon einmal gestellt. Vielleicht nur still. Fortan können Sie sie auch laut stellen, denn sie sind in guter Gesellschaft. Denn diese Frage stellt sich öffentlich nicht irgendwer, sondern der neue Präses (also Bischof, Kirchenpräsident) der Ev. Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski.

Spätestens aus dem Kontext erhellt, warum:

Ich war damals als Mitglied der Kirchenleitung auf verschiedenen Regionalkonferenzen, auf denen wir mit Gemeindevertreterinnen und -vertretern über die Personalplanung und neue Verwaltungsstrukturen diskutiert haben. Dazu hatte die Landessynode als oberstes Leitungsgremium der rheinischen Kirche Beschlüsse gefasst – und das mit großer Mehrheit. Auf den Regionalkonferenzen wurden diese Entscheidungen aber massiv infrage gestellt: „Ihr da oben merkt nicht, wo uns der Schuh drückt“, hieß es dort. „Ihr wisst nicht, wie wir ticken.“ Ich frage mich seitdem: Funktioniert die Partizipation im Rahmen unserer presbyterial-synodalen Grundordnung noch?“

(aus einem Interview in: Chrismon Rheinland)

Diese Frage betrifft die Situation in allen Landeskirchen. Aus diesem aktuellen Anlass widmen wir das erste offizielle Monatsthema von „Wort- Meldungen“ dem Thema Partizipation. Diesmal mit dem Special für Synodale zu den aktuellen Synodenthemen April 2013 (ganz einfach über die Schlagwortsuche unter „Synodenthemen 2013“.