Archiv der Kategorie:
Sprache der Plastikwörter/ Neusprech

Politisches Framing am Beispiel des Kosovokrieges. Dr. Daniele Ganser: Wie uns illegale Kriege schmackhaft gemacht werden – Sündenfall Kosovo 1999.

01.02.2017
„Es gibt nur ein perspektivisches Sehen“

Diese Erkenntnis von Friedrich Wilhelm Nietzsche hat Folgen, wenn man sie wirklich versteht. Nach Nietzsche existiert das, was man Objektivität nennt, überhaupt nicht. Objektivität ist immer abhängig vom Standpunkt des Betrachters. Objektivität ist immer das Resultat eines Prozesses, bei dem die eigene Position und Meinung massiv zu dem beiträgt, was man später DIE Wahrheit nennt.

Wahrheit ist in Wirklichkeit immer auch Meinung und damit manipulativ. Das hat Folgen. Vor allem für die Presse, die stets beteuert, neutral zu sein, objektiv, und das oft auch glaubt.

Zum Vortrag im „Babylon“, Berlin

Epoche nach der Wahrheit: „Postfaktisch“ ist das Wort des Jahres 2016. Von Esther Stosch, EKHN

12/2016

Die Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden hat sich entschieden. „Postfaktisch“ belegt den ersten Platz des Wort des Jahres 2016. Die Worte „Brexit“ und „Silvesternacht“ sind auf den Plätzen zwei und drei gelandet.

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Neusprech. Manipulation durch Sprache, wie wir sie täglich beobachten. Institut für Medienverantwortung

11/2016

Nach dem Vorbild von George Orwells „Newspeak“ (1984) beginnen wir hier mit einer Aufstellung von Begriffen, die im öffentlichen Diskurs entweder umgedeutet oder eigens kreiert wurden, um unpopuläre politische Interessen zu verschleiern und die Bürger gezielt zu manipulieren. Dazu ist keine Diktatur erforderlich, wie Victor Klemperers Beobachtungen der Sprachoperationen im Dritten Reich nahe legen könnten. Wir können es täglich beobachten…

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Wortreich in die Irre geführt. In ihrem Buch „Gute-Macht-Geschichten“ analysieren Daniel Baumann und Stefan Hebel die Sprache des Neoliberalismus.

07/2016, ver.di

Deutschland muss „fit für die Zukunft“ gemacht werden, wir brauchen „Reformen“, das ist „alternativlos“! Solche Floskeln hören und lesen wir Tag für Tag. Doch was ist dran an diesen vermeintlichen Gewissheiten? In ihrem Buch Gute-Macht-Geschichten analysieren Daniel Baumann und Stefan Hebel die Sprache des Neoliberalismus. Ein Gespräch über politische Propaganda und wie wir sie durchschauen können.

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Radiofeature: Warum unsere Gesellschaft die Armen verachtet

Florida Rolf und die faulen Griechen sind zwei Beispiele, wie Medien über Armut berichten. Nicht die Ursache von Armut ist der Gegenstand der Berichterstattung. Viel mehr geht es darum Menschen zu stigmatisieren und ihnen die Verantwortung für ihre Situation zuzuschreiben.

Julia Fritzsche und Sebasitan Doerfler haben zu diesem Thema ein Radiofeature für die Sendung Zündfunk erstellt. Sie gehen der Frage nach, warum stigmatisierende Bilder von Armut entstehen und wer von ihnen profitiert.

„Warum schweigen die Lämmer?“ Demokratie, Psychologie und Techniken des Meinungs- und Empörungsmanagements. Von Prof. Dr. Rainer Mausfeld

Vortrag an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, am 22. Juni 2015:
Thema dieses Vortrags sind Techniken, die dazu dienen, schwerwiegende Verletzungen moralischer Normen durch die herrschenden Eliten für die Bevölkerung moralisch und kognitiv unsichtbar zu machen. 

hier zum Vortragstext.

Hans-Dietrich Genscher warnt vor „Aufrüstung der Sprache“ im Ukraine-Konflikt

08.11.2014, von Lars Reusch

Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) hat am Freitagabend in einer Rede in Merzig vor einer „Aufrüstung der Sprache“ im Ukraine-Konflikt gewarnt. „Mit der Sprache des Krieges hat es immer angefangen”, sagte der 87-Jährige beim 25. Sparkassen-Forum in der Stadthalle in seinen Ausführungen zum Thema Europa. Zum Artikel.

Textanalyse: Koalitionsvertrag ist unverständlicher als Doktorarbeiten – „Verpasste Chance für mehr Transparenz und Bürgernähe“

02.12.13 Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim analysiert den Koalitionsvertrag von Union und SPD auf formale Verständlichkeit

„Verpasste Chance für mehr Transparenz und Bürgernähe“

„Mit Hilfe einer Analyse-Software fahnden die Wissenschaftler um Prof. Dr. Brettschneider unter anderem nach überlangen Sätzen, Fachbegriffen, Fremdwörtern und zusammengesetzten Wörtern. Anhand dieser Merkmale bilden sie den „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“, der von 0 (völlig unverständlich) bis 20 (sehr verständlich) reicht.

Der Koalitionsvertrag erreicht einen Wert von 3,48. Zum Vergleich: Politikwissenschaftliche Doktorarbeiten erzielen durchschnittlich einen Wert von 4,7. Die Politik-Beiträge in der Bild-Zeitung liegen bei 16,8. Die Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2013 erreichten einen Wert von 7,7. Das formal verständlichste Programm wurde von der CDU/CSU vorgelegt und kam auf einen Wert von 9,9.

„Die mangelnde Verständlichkeit des Koalitionsvertrags ist enttäuschend“, urteilt Prof. Dr. Brettschneider. „Denn alle Parteien haben sich Transparenz und Bürgernähe in den letzten Jahren verstärkt auf ihre Fahne geschrieben. Damit die Bürger eine begründete Bewertung des Koalitionsvertrags vornehmen können, sollten die Koalitionspartner ihre Absichten klar und verständlich darstellen.““

Als Gründe werden genannt: „…Drittens sei nicht immer sicher, ob die Koalitionspartner wirklich verstanden werden wollen. „Immer wieder nutzen Parteien abstraktes Verwaltungsdeutsch auch, um unklare oder unpopuläre Positionen absichtlich zu verschleiern. Wir sprechen in diesem Fall von taktischer Unverständlichkeit“, sagt Prof. Dr. Brettschneider.“

Zum Artikel.

Zu Hintergrundinformationen der Studie.

Wandel im Reformdiskurs

Immer wieder kann ein Wort über den Erfolg oder Misserfolg einer Idee entscheiden. Es fällt wesentlich leichter Soldaten mit einem robusten Mandat los statt in einen Krieg hinein zu schicken. Wir schicken lieber Rüstungsgüter zu stabilisierenden Staaten im nahem Osten statt Despoten mit Panzern zu beliefern.

In den politischen Debatten zeigt sich das ein Vokabular, aus der Wirtschaft, das viele Reformdiskurse geprägt hat nun verbrannt ist. Die Bankenkrise hat einen ganzen Reformjargon mit in den Abgrund gerissen. Ehemals überzeugende Schlagworte, wie Kapital, Wettbewerb, Exzellenz oder Verwertung haben nun einen faden Beigeschmack.

Verschiedene Lobbyorganisationen, die schon immer Reformen für ihre Klienten in den Medien und der Politik vorangetrieben haben, legen sich nun ein neues Vokabular zu.

Dieses mal versuchen sie mit neuen Buzzwords die öffentliche Meinung für ihre alten Ideen zu gewinnen. Jetzt ist es Nachhaltigkeit, Eigenständigkeit oder die Kompetenzen mit denen eine Mehrheit gefunden werden soll.

Diesen Monat beleuchten wir den Wendel im Reformdiskurs. Welche Methoden werden verwendet um Interessen zu verschleiern und die Demokratie zu unterwandern?

Den Anfang macht ein Interview mit Jochen Krautz zu den neuen Bildungsreformdebatten in den Nachdenkseiten. Hier zeigt sich exemplarisch, wie es Lobbyisten gelingt eine Debatte ohne Sachverstand neu zu besetzten. Die alten Konzepte werden mit neuen Schlagworten versehen wieder angepriesen. Alles um die Bildung aus den Fängen des Staates in die Freiheit der Wirtschaft zu führen. Wie immer gilt, wer sich diesem Fortschritt entgegen stellt, ist ein konservativer Bremser.

Scheindebatten um „Herr Professorin“

Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. Eine Begleiteigenschaft dieses Wandels ist, das sich einige dadurch auch bedroht fühlen. Auf Dinge, die man nicht versteht, reagieren viele dann mit einem aggressivem Beißreflex.

Viele Männer habe ihre Probleme mit dem Feminismus. Ich vermute in einigen Teilen liegt das daran, das viele Männer die Zeit während der Feminismus Fortschritte erkämpft hat nicht genutzt haben um ihre Situation entsprechend zu reflektieren.

Schon in meinem erstem Semester in Marburg wurde ich als Mann überzeugter Feminist. Das auch im eigenem Interesse.

 

Immer wieder, wenn ich meine Ansichten offenbare, dann stoße ich auf Unverständnis. Im besten Fall bekommt ich die Rückfrage, ob man als Mann eigentlich auch Anhänger des Feminismus sein könne. Aber im größten Teil aller Fälle offenbaren mir vorwiegend Männer, das sie ein Problem mit dem Feminismus haben. Angeführtes Argument ist das der Eingriff in die Sprache. Man könne sich nicht mit der Einführung femininer Formen arrangieren oder haben Leseprobleme mit dem Binnen-I.

Auffällig ist, das fast jeder und selten auch Frauen, die sich gegen den Feminismus aussprechen keine weitere Kenntnis über das was sie ablehnen haben. Es reicht schon das eine Argument um sich nicht mit einem pluralen Anliegen auseinander zu setzen. Denn dieses eine Argument scheint innerhalb der Mehrheitsgesellschaft akzeptiert zu sein. So werden FeministInnen auf die Verwendung femininer Formen oder dem Binnen-I reduziert. Aus meiner Sicht ist das eine clevere Taktik um sich nicht mit einer Vielzahl von stichhaltigen Argumenten auseinander setzen zu wollen. Man(n) kann einfach alles mit einer subjektiven Entscheidung über das Sprachempfinden ablehnen.

Du Universität Leipzig hat sich eine neue Grundordnung gegeben. Die AutorInnen dieser Grundordnung haben das gemacht, was man uns Studierenden im erstem Semester bei gebracht hat. Sprache ist immer etwas über das man sich Gedanken machen sollte. Denn Sprache konstruiert auch immer eine Wirklichkeit. Vor allem trifft das auf die Verwendung von grammatikalisch männlichen oder weiblichen Formen oder auch das Binnen-I in allen seinen Schreibweisen zu. Bei der Abfassung der neuen Grundordnung entschied sich die Universität Leipzig durchgehend die weibliche Form zu nutzen. Damit ersetzten sie das Binnen-I in der Schrägstrichvariante. Gleichzeitig merkt die Grundordnung auch an, das sich beiderlei Geschlecht gleichermaßen angesprochen fühlen sollen.

Doch nun begann in den letzten Wochen eine Schnitzeljagd eine plakative Ente Schlagzeile abzuschreiben. Das Bildblog berichtete darüber sogar zwei mal. Bei Zeitungen und sogar im Fernsehen leitete man aus dem generischem Feminin ab nun seien Professoren mit „Herr Professorin“ anzusprechen. Die Meldung wurde nun ohne Überprüfung der Tatsachen munter abgeschrieben.

Zur Überprüfung bestand kein Anlass. Denn wie alle Welt weiß sind FeministInnen bekloppt und Merkmal des Feminismus sind unpopuläre Sprachschöpfungen. Daher muss für so viele JournalistInnen der Fall klar gewesen sein. So klar, das die Vorurteile der patriachalen Meinungsmehrheit bestätigt.