Archiv für den Monat: Januar 2015

Abgewiesen, ausgegrenzt, eingeschränkt – heute unverzichtbar: 80 Jahre berufliche Erfahrungen evangelischer Theologinnen in Württemberg

01/2015 Deutsches Pfarrerblatt

Von: Christel Hildebrand

Die erste württembergische Theologin, Lydia Schmid (1897-1946), konnte 1921 ihr Studium nur mit einem Dr. theol. abschließen, und sah sich wegen fehlender beruflicher Perspektive in der Kirche genötigt, ihn 1922 mit einem Dr. phil. zu ergänzen. Erst seit 1927 wurden kirchliche Examen in der evangelischen Kirche in Württemberg möglich. Elisabeth Mack hatte erfolgreich darum gekämpft. Bis 1929 hatten drei Theologinnen dieses Examen abgelegt. Diesen vier Frauen wurde das Erteilen von Religionsunterricht erlaubt, sie führten den Titel: »Höher geprüfte kirchliche Religionshilfslehrerin.«  Zum Artikel.

Mit Mobbing-Strategien zum Erfolg. Wenn’s offen nicht klappt, geht man eben hintenrum.

01/2015 von Ingrid Ullmann.

Mobbing beschreibt negative kommunikative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind (von einer oder mehreren anderen) und die sehr oft über einen längeren Zeitraum hinweg vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer kennzeichnen. Die sozialen, physischen und psychischen Folgen von Mobbing sind heute wissenschaftlich erwiesen und als Faktum anerkannt. Das öffentliche Problembewußtsein wird aufgeschreckt durch spektakulären Fälle wie der Freitod einer jungen Polizistin in München. Doch zwischen Suizid und Krankheit, Abwehr und Resignation, Verstörung und Depression, gibt es ein sprachloses Heer von Betroffenen, die oft nachhaltig sozial, materiell und psychisch geschädigt werden. Die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen geht von 10% der Erwerbstätigen aus, die schon einmal körperlichen oder seelischen Belästigungen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren. Mobbing in der Kirche hat noch einmal eine besondere Problematik… Zum Bericht.

Satt ist nicht genug. 56. Aktion Brot für die Welt

Diverses Material, darunter zu Themen wie:

Die ganze Welt kann sich gesund ernähren
Fakten zu Hunger und Mangelernährung
Nahrung ist ein Menschenrecht
Zehn Tage – Zehn Stimmen
Dokumentarfilm „Hunger“
Hunger – nach Essen, Würde und Sicherheit
Über den Film
Kampagne „Meine Landwirtschaft“
Kampagne „Meine Landwirtschaft“
Politik & Fachinfos
Aktueller Blog zu Ernährung und Landwirtschaft
Fachpublikationen zum Thema

Zum Portal.

Verfassungsrechtler Siegfried Broß: TTIP stellt Systembruch des Völkerrechts dar.

18.01.15, SZ

FreihandelsabkommenEx-Verfassungsrichter geißelt geplante TTIP-Schiedsgerichte

Verfassungsrechtler Siegfried Broß sieht in den privaten Schiedsgerichten der Freihandelsabkommen Ceta und TTIP einen Verstoß gegen deutsches Verfassungs- und EU-Recht sowie einen Systembruch des Völkerrechts. Zum Artikel in der SZ.

„Elitenvernetzung wird als solche kaum beachtet“. Der Politikwissenschaftler Dieter Plehwe erforscht transnationale Denkfabriken

20.01.2015, Marcus Klöckner

Der Politikwissenschaftler Dieter Plehwe sieht die Sozial-, aber auch die Kommunikationswissenschaften in der Pflicht, bessere Voraussetzungen für die Einzelanalysen im Hinblick auf die Vielzahl der existierenden Think Tank und Lobby-Gruppen zu schaffen. Plehwe, der am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) arbeitet, erklärt im Telepolis-Interview, dass die Forschung in Sachen Denkfabriken in den vergangenen Jahrzehnten schwieriger geworden sei, weil „die Zahl von relevanten elitären Organisationen gewachsen ist und ausländische ebenso wie inländische Einflüsse untersucht werden müssen“…. Zum Artikel.

Jubiläum: Albert Schweitzers Ehrfurcht vor dem Leben

14. Januar 2015
Heute jährt sich zum 140. Mal der Geburtstag Albert Schweitzers – und das in einem sehr bemerkenswerten Jahr. So steht am 4. September bereits der 50. Todestag des noch heute weltbekannten Philosophen, Theologen, Arztes und Musikers an. Hinzu kommt ein ganz besonderes Jubiläum: Im September des Jahres 1915 – d. h. vor nunmehr 100 Jahren – gelang es Albert Schweitzer den für seine Philosophie zentralen, noch heute weithin bekannten Begriff zu finden: die »Ehrfurcht vor dem Leben«.

Denkwürdige Daten genug also, um zum diesjährigen Geburtstag Schweitzers die Entstehung und grundlegenden Aspekte seiner Philosophie noch einmal näher in den Blick zu nehmen und nach ihrer Aktualität – insbesondere für den Tierschutz – zu fragen…  Zum Artikel.

Kommunikation des Evangeliums in der digitalisierten Gesellschaft. Von Prof. Christian Grethlein.

Impulsreferat auf der EKD-Synode in Dresden November 2014.

Kommunikation des Evangeliums in der digitalisierten Gesellschaft

Die Digitalisierung des Umgangs mit Wirklichkeit und der Kommunikation verändert die Lebensbedingungen und Kommunikationsformen der Menschen grundlegend. Dies betrifft auch die Kommunikation des Evangeliums und die Struktur der Kirchen.
Um dies theologisch angemessen zu erfassen, ist es notwendig, sich die Grundlage der Kommunikation des Evangeliums[1] und der Kirchen in Erinnerung zu rufen. Dass diese komplizierten Kontextualisierungs- und Transformationsprozessen unterliegt, zeigt ein kurzer Blick in die Christentumsgeschichte…

1. Ausgangspunkt: Wirken und Geschick Jesu von Nazareth

1.1 Das Wirken und Geschick Jesu von Nazareth machte für viele Zeitgenossen ihre Lebenswelt durchsichtig. Sie konnten das Wirken Gottes in ihrem Leben erkennen und schöpften Hoffnung auf Gottes Begleitung, sogar über den biologischen Tod hinaus.
Schon im Neuen Testament wird dieses Geschehen, das uns Christen bis heute prägt, als „Evangelium“ bezeichnet.

1.2 Dabei verrät die philologische Analyse ein Grundcharakteristikum dieses vom Wirken und Geschick Jesu ausgehenden Impulses: Das Verb „euangelizesthai“ ist grammatikalisch ein Medium. Dies ist ein dem Griechischen eigener Verbalmodus, der gleichsam in der Mitte von Aktiv und Passiv steht. „Evangelium“ wird also nach Einsicht der Evangelisten und Apostel interaktiv, und damit ergebnisoffen[3], kommuniziert – nicht im Aktivmodus dekretiert.

Damit nehmen die Schüler/innen Jesu ein Charakteristikum seines Wirkens auf [4]: Er kommunizierte beim Erzählen der Gleichnisse, beim gemeinschaftlichen Essen und Trinken und beim Heilen von Menschen intensiv mit seinen Mitmenschen. Demnach sind Lehren und Lernen, gemeinschaftliches Feiern und Helfen zum Leben nicht nur anthropologisch fundamental, sondern auch die grundlegenden Modi der Kommunikation des Evangeliums.

Der vollständige Text.

EKiR-Synodenbeschlüsse zur Haushaltspolitik oder: Was läuft eigentlich schief in der Finanzpolitik der Kirche?

von Friedhelm Schneider

Auf den ersten Blick klingt alles recht plausibel: Haushaltskonsolidierung und Rücklagenbildung für die Pfarrpensionen angesichts bald einbrechender Kirchensteuereinnahmen. So die offizielle Lesart und Argumentation für einen wohl beispiellosen Leistungsabbau in der EkiR auf der landeskirchlichen Seite. Davon betroffen sind an vorderster Stelle die Bildung (Schulen) 4,5 Mio, Arbeitslosenfonds 1,15 Mio, KiHo Wuppertal/Bethel 1 Mio. . Es folgen weitere prominente Positionen wie Medienverband, Tagungshäuser, PTI, Studierendenarbeit, Akademie etc. Über die Kürzungen haben etliche Ausschüsse im Vorfeld beraten und beschlossen, und nun auch die Landessynode.

Gleichzeitig beschlossen: ein neues Investitionsprogramm in die Verwaltung, genauer, in die IT-Struktur und dies ohne Finanzierungslimit. Und das obwohl die Kostenexplosion in ähnlicher Sache, der Einführung der Doppik, hinlänglich bekannt ist: von veranschlagten 3 Mio. € sind diese auf – in der Synode unwidersprochene – 60 Mio. € gestiegen sind. Schon warnt Pfr. i.R. Manfred Alberti: „Der Alptraum geht weiter: NKF – Verwaltungsstrukturreform – jetzt: IT-System.“

Erster Eindruck: Geld ist da, wenigstens für die Administration. Aber nicht für Schulen, Arbeitslosenfonds, etc. Man kann, man muss die Vorlage also auch so deuten, dass es bei den o.g. Kürzungen doch wenigstens teilweise um eine Verschiebung von Mitteln für die Arbeit mit den Menschen zur Administration geht. Und nicht um eine Konsolidierung im Sinne von Festigung. Denn man setzt sich ja gerade mit der IT-Struktur einem neuen Risiko aus. Der Pfarrrverband der EkiR hatte auf diesem Hintergrund ein Moratorium für die weitere Umsetzung der Reformen gefordert. 
Auf derselben Synode, die die o.g. Kürzungen beschließt, prangen an einer von Synodalen gestalteten Tür „Neue Thesen zur Reformation“ . Darunter diese: „Weniger Verwaltung, mehr Begegnung“.  Auch die Synodalen scheinen also zu wissen, worauf es wirklich ankommt – auch wenn sie in den entscheidenden Abstimmungen Angst vor der eigenen Courage haben und, Linientreue demonstrierend, genau umgekehrt entscheiden: Mehr Verwaltung, weniger Begegnung.

Läuft hier etwa etwas fatal verkehrt? Wir stellen diese Frage im Folgenden hinsichtlich der Finanzpolitik der Kirche selbst.

Einen ersten Hinweis erhalten wir in der Württembergischen Landeskirche, in der die Fraktion der Offenen Gemeinde ihre alternative Position sinngemäß so formulierte: Strategie der Mitgliederbindung vor Rücklagenbildung (in einer Niedrigzinsphase). 
Zwischen beiden Fragen existiert ein Zusammenhang, der aber von offizieller Seite noch nicht reflektiert ist . Dass er aber auch dort diffus empfunden wird, zeigt eine beiläufige Bemerkung des EKiR-Finanzdzernenten Bernd Bauks: 1,63% Kirchenaustritte erwähnt er in seiner Einbringungsrede zur „Haushaltskonsolidierung“ recht unschuldig (vgl. oben, S. 4). 1,63% – etwa doppelt so viel wie im Durchschnitt üblich. Könnte dies schon heute sichtbare Ergebnis und also Folge eines fatal entgleisten Reformkurses mit einer gerne als „Sparpolitik“ betitelten Downsizing-Konzept in der EKiR sein?

Ganz anders die Offene Gemeinde der Synode in Württemberg. Deren Ansatz gemäß müssten Mittel logischerweise prioritär für die Arbeit mit Menschen eingesetzt werden. Das finanzpolitische Credo: die Mittel kommen von der Basis und sie müssen in möglichst hohem Umfang und Anteil dorthin zurück. Um dort kirchliche Arbeit zu machen, um das Evangelium zu kommunizieren. (vgl. dazu Prof. Christian Grethlein)

Wir reden hier nicht darüber, in welcher konkreten Form der Kontextualisierung das heute zu geschehen hat, ob in Gemeinde oder Funktionen/Diensten oder auf andere Weise. Wir reden auch nicht darüber, dass es durchaus individuell sinnvoll sein kann, einmal errichtete Einrichtungen, Projekte, auch Gemeinden wieder zu verändern oder zu schließen oder innovativ neue zu errichten. Das alles sind Fragen und Lösungen, die hier noch nicht zur Debatte stehen. Das wäre der zweite Schritt, der würde dann schließlich durch die Output-Sicht erweitert. Wir beginnen ganz am Anfang und da geht es um die Input-Seite. Und hier stellt sich die zentrale Frage, wie viel (Finanz-) Mittel die Kirche für sich selbst, ihre Eigenorganisation, die Institution und Organisation, benötigt. Und welche Anteile der Mittel für die „Reinvestition“ in die Menschen, die Mitgliederbindung, oder auch die Gesellschaft (Kindergärten, Diakonie) zur Verfügung stehen. Diese prinzipielle Frage ist die Basisfrage jenseits folgender theologischer Richtungsentscheidungen!

Diese Basisfrage wird heute auch in der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion gerne umgangen. Zu schnell und zu ausschließlich wird etwa in den neuen Steuerungsmodellen auf die Output-Seite rekurriert und verwiesen. Und in diesem „ausschließlich“ wird geschickt vom Thema Nr. 1 abgekenkt: dem Input. Und en passant wird auf diese Weise die Blickrichtung fokussiert und damit auch die Hauptverantwortung für die Resultate der Gesamtorganisation an die Mitarbeitenden delegiert. So steigt dort der Druck. Genau diese Erfahrung machen die Mitarbeitenden seit rund 15 Jahren in fast allen Bereichen der Daseinsvorsorge (Kommunalverwaltung, Bildung, Gesundheit etc,) und eben auch in der Kirche. Und sie zeigen entsprechende Reaktionen. Gleichzeitig wird durch diese einseitige Blickrichtung auf die Mitarbeitenden die Leitung/ die Politik immunisiert. Das ist ein gelungenes Ablenkungsmanöver. innerorganisatorisch hat es funktioniert. Dieser Trick funktioniert aber nicht bei den Adressaten, den Mitgliedern, Patienten, Kunden, Bürgern. Spätestens seit Stuttgart 21 ist auch schlichten Gemütern nicht mehr verborgen, was fehlende oder falsche Inputkonzepte bedeuten. Mit dem Input, mit dem, was eine Organisation/Institution an Mitteln für unterschiedliche Zweige/Abteilungen bereitstellt, zeigt sie, welche Ziele sie selbst wirklich verfolgt. Und ob diese mit den von ihr verbal formulierten Zielen übereinstimmen – oder davon abweichen. Mit dem Input zeigt die Organisation ihr wahres Gesicht. Hier zeigt sich für das Mitglied, ob es seiner Organisation vertrauen kann oder eben nicht. Der heute feststellbare Vertrauensschwund in viele ehemals geschätzten Institutionen bei den Bürgern hängt nun ganz offensichtlich auch mit der Vernachlässigung der Input-Thematik auf Seiten der Finanzdezernenten zusammen. Auch in der Kirche. Hier führt das zu zusätzlichen Kirchenaustritten. Deren Ursache und Folgen bei den bisherigen soziologischen Studien (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen) m.W. bisher leider nicht berücksichtigt wurden. Hier fehlt ganz offensichtlich die verwaltungswissenschaftliche Expertise. 

Denn die Gretchenfrage von Mitgliedern lautet doch sachgemäß immer wieder etwa so: „Wenn ich nur wüsste, ob die von mir gezahlte Kirchensteuer nicht irgendwo in der anonymen black box (in der Kirchenverwaltung) versickert?“ Vertrauen zur Organisation bildet sich also auf der Inputseite: In welchem Grad dienen die Mittel (nur) dem Apparat, und in welchem Anteil fließen sie zu den Menschen zurück? Den richtigen Input zu gewährleisten, darin liegt u.a. die hohe Kunst der Finanzpolitik der Kirche. Und auch die große Baustelle der Zukunft?

Ein Indiz für die aktuelle Entwicklungstendenz zeigt sich aktuell in Kirchenkreisen der EKiR an einfachen Vorfall,  wenn nämlich die „immer schon“ vorhandene Stelle des Stelle des Jugenddiakons oder Gemeindepädagogen der neuen Stelle für den infolge der Doppik zusätzlich erforderlichen Finanzsachbearbeiter weichen muss. Ein erster Hinweis, gewiss. Ein Indiz aus einer aktuellen Momentaufnahme. Um die Frage in seinem vollen Umfang in den Blick zu bekommen, ist es erforderlich, große Zeiträume in den Blick zu nehmen. Dies soll hier mit einem Blick auf die EKHN geschehen, unterstellend, dass sich eben diese Tendenz aufgrund paralleler Entwicklungen auch auf andere Landeskirchen übertragen lässt. Diese kleine Untersuchung erfolgt ganz holzschnittartig. Wir vergleichen nur, welcher Prozentanteil der Finanzmittel an die Basis zurückfließt. Wobei die Gebäudefrage dabei aufgrund fehlender Angaben noch unberücksichtigt bleibt. Zum Vergleich greifen wir die Jahre 1974 und 2013 heraus.

Wen interessiert, wie das Ergebnis zustande kommt, lese hier weiter. Wer nur das Gesamtergebnis interessiert, der springe zum nächsten Abschnitt in Normalgröße.

Was damals an die Basis floss, zeigt ein Flyer der EKHN_1974_(Mittelverwendung) mit einer groben Übersicht über die damalige Finanzsituation. Demnach flossen an die Basis, hier die Gemeinden, 50,35% der Kirchensteuermittel (=45,84% des Haushaltsvolumens) zu, zusätzlich die auf Seiten der Landeskirche geführten PfarrerInnengehälter. Sie zählten zu den „übergemeindlichen Aufgaben und Pfarrgehältern“. Lagen diese 1974 insgesamt bei 44,79% Kirchensteuer (=49,74 am Haushaltsvolumen) so betrug der Anteil der Pfarrgehälter am Gesamthaushaltsvolumen Anfang der 80iger Jahre ca. 33% (vgl. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft, S.11 ). Unterstellt man der Einfachheit halber, im Jahrzehnt nach 74 sei dieser Anteil unverändert, dann kommt man 1974 auf einen Input Richtung Basis in Höhe von ca. 78% des Haushaltsvolumens als vorläufiger Wert.
Im Jahr 2013 betrug der Anteil für die „Basisarbeit“ nach dem Jahresbericht der EKHN 54,5%. Hierin sind aber – anders als 1974 – die Pfarrgehälter enthalten. Mehr noch: auch die Mittel für die Dekanate sind Teil dieses Haushaltsteils (36 Mio. € für Dekante im Vergleich zu 67 Mio. € Pfarrgehälter). Von diesen Mitteln für Dekanate sind aber ein gewisser Teil (ca. 50%) für „Basisarbeit“ anzurechnen.

Zu substrahieren wären in diesem Budgetbereich jeweils die Ausgaben für Verwaltung auf Regionaler Ebene (Regionalverwaltung) und die Dekantsverwaltungen.

Auch Additionen zu den Basismitteln sind zu nennen, hatten wir doch die Trennlinie nicht zw. Gemeinde und Gesamthaushalt, sondern zw. den Mitteln für Gemeinde und Funktion/Diensten und Gesamthaushalt gezogen. Damit sind für das Jahr 1974 noch eine unbekannte, aber zahlenmäßig wenig relevante Größe für übergemeindliche an der Basis wirkende Pfarrstellen (+1%) zu addieren. Heute ist dieser Anteil signifikant höher. Wir taxieren deren Umfang heute bei ca. 15% des Haushaltsvolumens.

Ergebnisse nach Subtraktionen und Additionen:

im Jahr 1974 flossen in der EKHN ca. 79% (78% + 1%) der Finanzmittel (Haushaltsvolumen) an die Basis (Gemeinde und div. Funktionen) zurück. Demgegenüber waren es im Jahr 2013 nur noch ca. 67%. (54% – 4% Verwaltungsanteil Regionalverwaltung und Dekante + 15 % div. übergemeindliche Leistungen +2% Kirchensteuerausgleich mit Ostdeutschen Kirchen).

Das macht eine Differenz von 12% des jeweiligen Haushaltsvolumens (bei Berücksichtigung der Gebäudefrage würde sich diese Zahl noch erhöhen). Ein signifikanter Unterschied, der noch nicht die zusätzlichen Verschiebungen, die sich durch die Einführung der Doppik ergeben, die der EKHN noch bevorsteht. 

So weit das Ergebnis der langfristigen Verschiebungen beim Input. Das Indiz der Momentaufnahme hat sich also langfristig bestätigt! Das Problem der Finanzpolitik, das die Dezernenten selbst gestalten könnten, ist also diese zunehmende Tendenz der Verschiebung im Input. Kirchenmitglieder nehmen das sehr wohl wahr. Wie begründete kürzlich eine Frau Ihren Austritt gegenüber dem Pfarrer: „Es ist nicht wegen Dir, aber von der Kirchensteuer werden ja nur noch 7% für die Gemeinde und 3% für die Diakonie verwendet. Deshalb bin ich ausgetreten. Ich will wohl zukünftig noch spenden, ich will aber, dass das Geld hier in der Gemeinde bleibt.“ (Fall aus der EkiR).

Was heißt das für die Finanzpolitik der Kirchen?

Die Haushaltskonsolidierung ist ein Herumdoktern an Symptomen. Die eigentliche Ursache des Problems wird damit nicht behoben. Aufgabe der Finanzpolitik muss wieder darin bestehen, ein verantwortliches und mitgliederorientiertes Input-Konzept zu entwickeln. Mitgliederorientierung der Kirche beginnt mit der Reorganisation des Inputs Richtung Mitglieder/Basis/Gemeinden. Die erlittenen Verluste durch die anhaltenden Verschiebungen über Jahrzehnte (s.o.) sind sukzessive abzubauen und die Tendenz der Umverteilung in Richtung Administration bzw. mitgliederfremde Leistungen rückgängig zu machen. Dieser Beitrag ist eben nicht perifer, sondern wesentlich für die Rückgewinnung verlorenen Vertrauens in die Organisation selbst. Die Qualität der Finanzdezernenten ist daran zu messen, inwieweit ihnen dies gelingt. Zu diesem Thema sind präzise Angaben zu ermitteln und den Synoden darzulegen. Das ist viel wichtiger als das für viele Gremienmitglieder am Ende doch mysteröse und aufgrund der Bewertungsspannen leicht manipulierbare Zahlenwerk der Doppik!

Was heißt dies Ergebnis für die Diskussion in der EKiR?

Die zentrale Frage muss auch angesichts der extrem hohen Austrittsquote von 1,63% wieder lauten: wie können Menschen erreicht werden? Wie kann dies gerade auch angesichts der hohen Veränderungsdynamik des Umfeldes (Digitalisierung, Wandlung des gesellschaftlichen Umfeldes, Wandlung des „religiösen“ Umfeldes) geschehen? Gerade damit nämlich wird Bindung erzeugt – die dazu führt, dass Menschen auch in Zukunft bereit sein werden Kirchensteuern zu bezahlen.
Wie kann die Administration (incl. IT!) dabei eine klare Dienstleistungsfunktion gegenüber den Mitarbeitenden an der Basis/ Gemeinde einnehmen?

Die Frage ist zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich erforderlich sind. Die EKiR trifft zeitlgeich zu den massiven Einschnitten Investitionsentscheidungen. Die EKvW, finanziell in etwa gleicher Lage, betrachtet ihre Rücklagen als ausreichend und entscheidet völlig konträr zur EKiR. In der EKHN lag der Ausfinanzierungsgrad der Verorgungsstiftung schon Ende 2013 bei 101%. Was aber dort nicht hindert, den Stock jährlich immer wieder neu mit Summen in 2-stelliger Millionenhöhe zu erhöhen. Das zeigt: der Ausfinanzierungsgrad dient als scheinbar unwiederlegliches Argument, so lange das Soll nicht erreicht ist. Ist es erreicht, geht dass Spiel trotzdem weiter. Angesichts dessen, verliert man das Vertrauen in derartige „Argumente“. Und angesichts dessen gilt es die Frage zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich angemessen und erforderlich sind.

Gegenüber solchen Überlegungen hat man sich in der EKiR, das zeigen die jüngsten Beschlüsse, für einen anderen Kurs entschieden. Das Motto: Augen zu und durch!

„Das Geheimnis der Berater. Annäherungen an einen Mythos“. Referat von Professor Dr. Thomas Leif

„Das Geheimnis der Berater. Annäherungen an einen Mythos“. Referat im Rahmen der Tagung „Beraten und verkauft? Das Beratungswesen zwischen Ökonomisierung und Humanität“, die von der Ev. Akademie Bad Boll in Kooperation mit der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft vom 7. bis 9. Mai 2010 in Bad Boll stattfand.

„Es war ein besonderer Termin für das gesamte Beraterteam. Einen ganzen Tag lang nisteten sich hoch bezahlte Berater im Hamburger Luxushotel „Vier Jahreszeiten“ ein. Die Versorgung – alles vom Feinsten. Auf der Tagungsordnung stand nur ein einziger Punkt: „Welche neuen Aufträge können wir unserem Kunden nach Abschluss des laufenden Projekts verkaufen?“ Eine typische Situation: Es geht nicht um die Lösung von aufgezeigten Problemen im Sinne der Auftraggeber, sondern stets um das Neugeschäft. „Offside“ nennen die Berater solche internen Geschäftsanbahnungen; selbstverständlich ging die Rechnung für dieses exklusive Treffen in Höhe von rund 20.000 Euro an den Kunden. Unter den Spitzen der Top-Berater bei McKinsey heißt die wichtigste Frage im Geschäft deshalb auch: „Wer bringt wen mit zur Party?“ Auf Deutsch: Wer beschafft bei den Kunden neue Aufträge? Die sogenannte „Offside“-Politik illustriert die zentrale Geschäftsidee der Unternehmensberater: Sie sind moderne Drückerkolonnen mit Schlips und Kragen, extrem einflussreich, kaum durchschaubar und bislang in ihrer Arbeitsweise und Wirkung weitgehend unbeobachtet und unkontrolliert…“

Zum vollständigen Text des Referats.

Wess Brot ich ess, des Lied ich sing? Über das Problem der Loyalität in den kirchlichen Berufen.

Vortrag von Rechtsanwalt Werner Siebert, Hannover auf der Mitgliedervers. des Thüringer Pfarrvereins in  Neu-Dietendorf, 25.09.14, wir stellen den Schlußabschnitt auf diese Seite. Lesen Sie das Fazit, linke Spalte Mitte.

Pfarrblatt 2015-01-14 22-38-18

Der vollständige Text findet sich im Mitteilungsblatt des Thür. Pfarrrvereins auf den Seiten 33ff.