Schlagwort-Archive: Ehrenamt

„Kirche ist und bleibt eine hierarchische Organisation.“ Interview mit Prof Dr. Thomas Klie.

02/2018

(Prof. Dr. jur. habil. Thomas Klie, geboren 1955 in Hamburg, ist Sozial- und Rechtswissenschaftler sowie Professor für öffentliches Recht und Verwaltungswissenschaft an der Evangelischen Hochschule Freiburg. Er gilt als einer der führenden Sozialexperten in Deutschland und ist der Vorsitzende der Sachverständigenkommission des Zweiten Engagementberichtes der Bundesregierung)

 


Kirche ist und bleibt eine hierarchische Organisation, die sich der Ehrenamtlichen eben auch bedient, um ihre eigenen Strukturen aufrechtzuerhalten. In dieser starken Binnenorientierung muss sie achtgeben, dass sie nicht den Bezug zur Welt verliert….

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„Ehrenamtliche machen der Kirche deutlich, wie die Welt vor Ort aussieht.“
Ihre besondere gesellschaftliche Relevanz wird die evangelische Kirche nur aufrechterhalten, wenn sie sich in Zukunft nicht zu stark auf sich selbst konzentriert, meint Dr. Thomas Klie, …

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Gabenorientierung als Baustein einer Kirche als Gemeinschaft der „Begabten“.

05/2016, von Gabriele Viecens, Referentin in der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Hildesheim

„…
Hier wird eine Erkenntnis wichtig, die sich in den letzten Jahre immer deutlicher zeigt: wenn es tatsächlich um mehr geht als „Ehrenamtsförderung“, dann braucht es ein Hineinwachsen in neue Rollen, gerade auch für die Leitung. Denn deren Dienst, deren Aufgabe verändert sich – und nicht nur ein bisschen. Unsicherheit ist allerorten spürbar, gerade auch bei den Leitenden – seien es Priester oder hauptamtliche pastorale Mitarbeiter, deshalb ist es wichtig ist, dass die Rolle von Leitung in einer gabenorientierten Pastoral deutlich wird: nämlich, dass es um ein „anders“ geht, aber keinesfalls um ein „weniger“ – und schon gar nicht um ein „weniger wichtig“….

Warum ist es wichtig, in dieser experimentellen Übung die Leitung zu klären? Wenn sich – wie oben gesagt – die Rolle der Leitung in einer gabenorientierten Pastoral ändert, dann wird es immer wichtiger, dass Leitende ihre Rolle als Ermöglicher erkennen und akzeptieren, geht es doch darum, dass sie den Menschen am konkreten Ort helfen, ihre Gaben zu entdecken, dass sie fördern und unterstützen und dafür Sorge tragen, dass die Engagierten für ihren Dienst zugerüstet und alle Gaben koordiniert werden. Diese Rolle der leitenden Amtsträger als Diener, Ermöglicher und Koordinator dieser Gaben ist in der Tat kein „weniger“ oder „weniger wichtig“ und dieses Bewusstsein gälte es zu schärfen….  Zum Artikel.

Interview über ehrenamtliche Arbeit in der Kirche mit Prof. Dr. Hauschildt

04/2016

Wenn Wahlen zu Leitungsgremien in evangelischen Gemeinden anstehen, fällt der Gang zur Urne häufig aus, weil sich nicht genügend ehrenamtliche Kandidaten finden. Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?

Grundsätzlich hat die Bereitschaft zugenommen, ein kirchliches Ehrenamt wahrzunehmen. Von daher ist es schon auffällig, dass die Beteiligung eher gering ist, wenn es darum geht, sich für die Wahl eines leitenden Gemeindegremiums zur Verfügung zu stellen. Vermutlich hängt es damit zusammen, dass sich ehrenamtlich Engagierte oft für etwas einsetzen möchten, das ihnen akut dringlich und sinnvoll erscheint. Durch ihr Engagement möchten sie gern unmittelbar etwas bewirken. Wer dagegen in der Leitung einer Gemeinde mitwirkt, verpflichtet sich, diese Aufgabe auf Dauer wahrzunehmen, meist über mehrere Jahre. Man hat viel mit Organisations- und Verwaltungsaufgaben zu tun, was sich nur mittel- oder langfristig auswirkt….  Zum Interview.

Die EKD hat das Thema Ehrenamt als Zukunftsthema identifiziert.

02/2016

„Unser Anliegen in Kürze:
Ehrenamt und evangelische Kirche – wo stehen wir?

Warum braucht es einen neuen Diskurs zum Thema Ehrenamt? Hier haben wir Ihnen den Ansatz unseres Projektes und seine Ziele zusammengefasst.

Ehrenamtliche gestalten und leiten die evangelische Kirche. Ohne diese Mitarbeit wäre Kirche nicht vorstellbar.
Ehrenamtliche suchen in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit Sinn, Befriedigung, Freude, Einsatz ihrer Begabungen und Kompetenzen, Begegnung, Gemeinschaft u. a. m.
Ehrenamtliche brauchen gute Arbeitsbedingungen, Unterstützung, Begleitung, Fortbildung u. a. m.
Kirche steht bei der Suche nach Ehrenamtlichen im Wettbewerb mit anderen Akteuren.
Die Ehrenamtskulturen in den Landeskirchen sind unterschiedlich ausgeprägt. Zentrale inhaltliche Fragen sind vielfach offen oder auch strittig.
Schlussfolgerungen:
Evangelische Landeskirchen brauchen Strategien zur Entwicklung der Ehrenamtskultur und ihre kontinuierliche Weiterentwicklung.
Ein Diskursprojekt unter dem Dach der EKD soll dies unterstützen.
Ziele des Diskursprojektes „evangelisch-ehrenamt.de“
Leitende auf allen kirchlichen Ebenen (Landeskirche, Sprengel, Kirchenkreise/Dekanate, Kirchen- gemeinden) kommen über zentrale Inhalte und Strategien zur Förderung der Ehrenamtskultur ins Gespräch.

Der Diskurs wird ab 15. Februar 2016 für ein Jahr auf dieser Website geführt. Dies sichert hohe Transparenz und umfassende Beteiligungsmöglichkeiten. Die Diskursteilnahme bringt einen Erfahrungsgewinn. Die Diskursergebnisse werden im Jahr 2017 gebündelt, ausgewertet und zur Verfügung gestellt.“ … Zur Seite.

Von diesem Diskurs könnte es noch ein weiter Weg sein, die Frage der Kooperation von Haupt- und Ehrenamtlichen als Gestaltungsaufgabe (vgl. Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)) zu sichten – und anzugehen.

Kirche profitiert von Flüchtlingen und freiwilligen HelferInnen

05.09.2015 Die Welt

Etwa zweihunderttausend Menschen engagieren sich in den Kirchen in der Flüchtlingshilfe. Die Kirchen sind auch für nicht konfessionell gebundene Menschen eine guter Anlaufstelle. Sie haben Erfahrung mit ehrenamtlihem Engagement, Räume und hauptamtliche Angestellte als Unterstützung.

Für die Kirche sind die Flüchtlinge damit eine Chance. Das soziale Engagement der Kirchen wird von vielen geschätzt. Die Diakonie wurde jedoch in eigene Konzerne abgespalten und nun kaum als kirchlich wahrgenommen. Die soziale Arbeit der Gemeinden hingegen bezieht sich meistens nur auf den Binnenraum der Gemeinde. Die Betreuung von Flüchtlingen kann Vorbild für eine andere Form von Gemeindeengagement werden.

Lesen Sie hier den Artikel.

Kirchen zwischen Institution und Bewegung . Von Prof. Karl Gabriel.

28. Jg. 1/2015, (hier: 06/2015)

Prof. Karl Gabriel: Theologe und Soziologe, Seniorprofessor am Exzellenzcluster Religion und Politik der Universität Münster.

Daraus hier:
Einleitung: Institutionelle Krise der Kirchen

Die Kirchen als institutionell verfasste Sozialform der Religion bzw. des Christentums befinden sich seit dem gesellschaftlichen und religiösen Umbruch der späten 1960er Jahre des 20. Jahrhunderts in einer forcierten Krise (Kaufmann 2011: 98-127). Wenn auch das Christentum über die Grenzen der Institution Kirche hinausreicht, so spielt seine institutionelle und organisatorische Verfassung gerade in Deutschland eine besonders zentrale Rolle…

4. Der Beitrag der Kirchen zur zivilgesellschaftlichen Infrastruktur in Deutschland: Empirische Hinweise.

Werfen wir vor diesem Hintergrund einen Blick auf drei Ebenen des kirchlichen zivilgesellschaftlichen Engagements in Deutschland: Das Feld der Freiwilligenarbeit und des Ehrenamts in Deutschland (1), die Ebene der kirchlichen Wohlfahrtsverbände (2) und das soziale Engagement im Kontext von Kirchengemeinden (3)

Zum Artikel.

Worin unterscheiden sich PrädikantInnen eigentlich noch von PfarrerInnen?

Im Glaubens-ABC der EKD  wird PrädikantIn folgendermaßen definiert:

„Prädikant wird ein von der Kirche mit dem Predigtdienst beauftragter Laie genannt.“

Entsprechend galt früher und gilt heute noch in der Schweiz folgende Regelung:

„Prädikantinnen und Prädikanten der Reformierten Kirchen Bern-Jura-
Solothurn sind Personen, die nicht zum Pfarramt ordiniert, aber für die
aushilfsweise Leitung von Gottesdiensten berufen und ausgebildet sind.

Sie bringen mit ihrem Dienst zum Ausdruck, dass alle getauften Men-
schen berufen sind, an der Verkündigung des Evangeliums mitzuwirken.“

aus: Verordnung über die Prädikantinnen und Prädikanten (Prädikantenverordnung) vom 12. Dezember 2013 (Stand am 26. Februar 2015), Art. 2 Prädikantinnen und Prädikanten

In den deutschen Landeskirchen ist diese restriktive Definition und Beauftragung längst überholt. Hier gilt etwa in der EKiR:

„Die rheinische Kirche betont, dass neben dem Pfarramt, das hauptberuflich und nach Absolvierung eines theologischen Studiums, der wissenschaftlichen Prüfungen und des pfarramtlichen Vorbereitungsdienstes ausgeübt wird, auch Gemeindeglieder, die dazu nach dem Urteil der Gemeindeleitung befähigt sind und zugerüstet wurden, den Dienst an Wort und Sakrament und in der Seelsorge ausüben können…“

Oder ausführlicher im Zusammenhang:

„In der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) können ehrenamtlich und beruflich Mitarbeitende auf Antrag des Presbyteriums nach landeskirchlichen Vorbereitungskursen ordiniert und in den Dienst der Prädikantin oder des Prädikanten berufen werden.
Die rheinische Kirche betont, dass neben dem Pfarramt, das hauptberuflich und nach Absolvierung eines theologischen Studiums, der wissenschaftlichen Prüfungen und des pfarramtlichen Vorbereitungsdienstes ausgeübt wird, auch Gemeindeglieder, die dazu nach dem Urteil der Gemeindeleitung befähigt sind und zugerüstet wurden, den Dienst an Wort und Sakrament und in der Seelsorge ausüben können…

Etwa 650 ehrenamtliche Prädikantinnen und Prädikanten gibt es in rheinischen Kirche. Sie kommen aus allen Altersgruppen, Berufen und sozialen Schichten und tun ihren Dienst im strikten Sinne ehrenamtlich. Dabei tragen sie in der Ausübung ihres Predigtdienstes ebenso wie die Pfarrerinnen und Pfarrer den Talar… „

 In die gleiche Richtung wie die EKiR, aber nicht so weitgehend, zielt auch die VELKD:

7. Dienstauftrag

In der Dienstordnung, die der Genehmigung durch den Bischof oder die Bischöfin oder einer von ihm oder ihr beauftragten Person bedarf, ist insbesondere festzulegen:
a) der Dienstbereich, in dem der Prädikant oder die Prädikantin tätig werden soll (z.B. Kirchengemeinde, Dekanat bzw. Kirchenkreis, Einrichtung),
b) inwieweit der Dienstauftrag regelmäßige Gottesdienste mit Feier des Abendmahls umfasst,
c) die Teilnahme an Dienstbesprechungen oder Sitzungen des Kirchenvorstandes, wenn wichtige Fragen des Amtes der Verkündigung beraten werden,
d) die Einbindung in die Gemeinschaft der übrigen nach CA 14 ordnungsgemäß berufenen Personen. Ausnahmsweise kann im Einzelfall der Dienstauftrag auch auf Amtshandlungen (Taufen, Trauungen, Bestattungen) erweitert werden, die der Prädikant oder die Prädikantin im Einvernehmen mit dem für die Gemeinde zuständigen Pfarrer oder der für die Gemeinde zuständigen Pfarrerin vornimmt. Ausnahmsweise kann die Dienstordnung bestimmen, dass dem Prädikanten oder der Prädikantin nach dem erfolgreichen Abschluss einer zusätzlichen Seelsorgeausbildung besondere Seelsorgeaufgaben übertragen werden.

Aus:  Verwaltungsvorschrift über den Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten
(Prädikantendienstverwaltungsvorschrift–PrädVwV) Vom 4. März 2014

Fazit: die Definition im EKD-Glaubens- ABC ist veraltet und korrekturbedürftig.

Geographieprofessor Henkel warnt vor Gemeindefusionen

Geographieprofessor Gerhard Henkel warnt die Kirche vor Fusionen der Gemeinden im ländlichen Raum. Sie „wiederholen nach den Worten Henkels die „gravierenden Fehler“ der kommunalen Gebietsreformen der zurückliegenden Jahrzehnte in einigen Bundesländern. Dort seien ungefähr 400.000 ehrenamtlich tätige Bürger aus den Gemeindeparlamenten wegrationalisiert worden, was zu Desinteresse an der Kommunalpolitik geführt habe.“.

Zur Quelle.

Volker Jung lobt das Engagement ehrenamtlicher Helfer für Flüchtlinge

Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN und Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD äußert sich lobend über das ehrenamtliche Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Jung sieht einen Lernprozess seit den Ausschreitungen der 90er Jahre: „Ich glaube, dass sich etwas verändert hat in den Köpfen. Da hat ein Umdenken stattgefunden hin zu der Erkenntnis: Fremdenfeindlichkeit ist nicht das, was wir wollen. So soll unser Land nicht sein.„

Es wäre nach Jung auch noch möglich weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Dafür müsste aber das System geändert werden: „Wobei es ganz wichtig ist, dass Flüchtlinge gut in den Regionen verteilt werden. Genau so wichtig ist es, möglichst schnell ihre Integration zu fördern. Problematisch sind immer Situationen, in denen Flüchtlinge geballt an einem Ort untergebracht werden. Ich plädiere deshalb für eine dezentrale Unterbringung„

Leider bleibt Jung dabei Flüchtlinge als Hilfsbedürftige Menschen zu sehen. Gerade für die Kirche wäre es aber wichtig Gemeinschaft zu bilden. Solidarität darf nicht damit aufhören Hilfe zu verteilen. Paulus hat es für die christlichen Gemeinden im Rahmen der Jerusalemkollekte auf den Punkt gebracht: „So diene euer Überfluss ihrem Mangel diese teure Zeit lang, auf dass auch ihr Überfluss hernach diene eurem Mangel und ein Ausgleich geschehe;wie geschrieben steht: „Der viel sammelte, hatte nicht Überfluss, der wenig sammelte, hatte nicht Mangel.“(2.Kor8.14f)

Die Akzeptanz von Flüchtlingen wäre wesentlich höher, wenn wir diese Menschen nicht nur als EmpfängerInnen unserer Güte, sondern auch als Schenkende betrachten. Für die Kirche ist das eine wichtige Herausforderung, denn nur, wenn wir auch erkennen, dass auch wir bedürftig sind, kann ein Umgang auf Augenhöhe mit Flüchtlingen stattfinden.

»Dankeskultur« in der Kirche zu sehr ausgeprägt… – Eine empirische Studie in Bayern über „Die Ehrenamtlichen in unserer Kirche“

Von Joachim König / Dietmar Maschke

Im Jahr 2012 wurde innerhalb der bayerischen Landeskirche eine umfangreiche Studie zur Frage ehrenamtlichen Engagements in der Kirche entwickelt. Joachim König und Dietmar Maschke stellen zunächst die wichtigsten Ergebnisse vor. In einem zweiten Beitrag machen die Autoren auf Unterschiede zwischen dem ehrenamtlichen Engagement in Gemeinden ­einerseits und in Diensten und Werken andererseits aufmerksam.

Auszug:

Ehrenamt und Lebenslagen

Das kirchliche Ehrenamt wandelt sich mit den Menschen und ihren Lebenslagen: Es ist häufiger zeitlich befristet, klarer projekt-, ziel- und aufgabenorientiert und deckt sich viel eher mit einem selbst definierten Motiv und Eigennutz der freiwillig Engagierten. Diese Anpassungsfähigkeit zeigt sich als eine große Stärke: Kirche bietet in ihrer Vielfalt für jede Lebensphase und Lebenslage ein passendes Engagementfeld. Eltern engagieren sich z.B. oft in der Kinder- und Jugendarbeit, von den Krabbelgruppen und dem Kindergottesdienst angefangen bis zur Konfirmandenarbeit.

Interessant dabei ist vor allem: Für rund 40% spielt Religiosität und Spiritualität in ihrer Tätigkeit eine eher kleine oder gar keine Rolle. Für sie steht in erster Linie das Engagement für die Menschen und für die Gesellschaft im Vordergrund. Und das heißt eben auch: Es engagieren sich in der Kirche längst nicht nur die sog. »Hoch-Verbundenen«, sondern wir haben in vielen Bereichen eine breite Öffnung in die Gesellschaft hinein gefunden.

Zum Bericht über die Ergebnisse der Studie.