Schlagwort-Archive: EKD

War die Reformation bloß ein Missverständnis? Zum Reformationsjubiläum von Prof. Martin Ohst

27. September 2016, SZ, von Martin Ohst (Professor für evangelische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal)

500 Jahre später will man „Erinnerung heilen“. Aber der Versöhnungsversuch zwischen Protestanten und Katholiken ist historisch irreführend.


Auf dem Weg zum Jahr 2017 soll ein normatives Bild der konfessionellen Pluralität etabliert werden. Man will die Entstehung und Entwicklung dieser Vielfalt des Christentums in Erinnerung rufen und zugleich den Gegensätzen die Schärfe nehmen. Es artikuliert sich also hier eine Mentalität, die sehr gern von Pluralismus und Alterität redet – die aber die Wahrnehmung von Differenzen nur dann ertragen kann, wenn diese sich als Spielarten von Gemeinsamkeiten verstehen lassen….

Gerade am Thema „Freiheit“ ließe sich allerdings leicht zeigen, dass hier mit Tricks gearbeitet wird, die allem redlichen historischen Verstehen Hohn sprechen. In Wahrheit waren da die Gegensätze in der Reformationszeit fundamental. …  Mehr dazu.

Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen

16.9.2016 Taz.de

Das erste mal seit fast 500 Jahren haben sich die evangelischen und katholischen Kirchen in Deutschland auf einem gemeinsamen Text zur Reformation geeinigt. „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“ soll den Kirchen eine Grundlage für das Reformationsjubiläum geben.

Es enthält auch ein gegenseitiges Schuldbekenntnis für ökumenische Gottesdienste:

In diesem Entwurf wird dem katholischen Priester vorgeschlagen, unter anderem folgendes Schuldbekenntnis zu sprechen: „Ich bekenne, dass die Freude des Glaubens in Hochmut verkehrt worden ist. Wo es um Gottes Ehre gehen sollte, stand menschlicher Stolz im Vordergrund.“ Und der oder die evangelische Geistliche kann beten: „Ich bekenne, dass Christen und Christinnen in Eifer und Unduldsamkeit Krieg gegeneinander geführt haben. … Die Geschichte der Verletzungen endet nicht, wo die Waffen niedergelegt werden. Wir haben an ihr teil, wenn wir einander in Gedanken, Worten und Werken verachten, verletzen und verurteilen.“

Lesen Sie hier den Artikel.

Vertagt, vergessen oder verwirklicht? Zehn Jahre Reformprogramm „Kirche der Freiheit“ Von Reinhard Bingener, NDR Kultur

3. Juli 2016

Gegen „Kirche der Freiheit“ wurden im Wesentlichen drei Einwände vorgebracht. Die
bis heute gängigste Kritik lautete im Kern, Wolfgang Huber wolle mit seiner Reform in
der Kirche nachmachen, was Gerhard Schröder ihm mit der Hartz-IV-Reform im Staat
vorgemacht habe. .. der EKD Ratsvorsitzende wolle die Methoden von McKinsey auf die Kirche übertragen….

Heute, zehn Jahre nach der Veröffentlichung von „Kirche der Freiheit“, kann man
feststellen, dass die angestrebte Kirchenreform nur zu einem kleinen Teil in die Tat
umgesetzt worden ist…. So haben sich die Rahmenbedingungen kirchlichen Handelns ganz anders entwickelt, als es die Autoren des Reformpapiers erwartet hatten…

Besonders deutlich zeigte die Untersuchung, dass gerade die Gemeindepfarrer für die
Bindung der Mitglieder an die Kirche einen weit höheren Stellenwert haben, als ihnen
von den Kirchenleitungen lange zugestanden wurde. Die Ergebnisse legen nahe, dass
die Kirchenleitungen sich bei einem neuen Reformanlauf stärker darum bemühen
sollten, die Pfarrerschaft für ihr Vorhaben zu gewinnen und auch selbst mehr
Bereitschaft zeigen müssten, ihre eigene Arbeit zu hinterfragen…

Das jahrzehntelange Aufblähen der kirchlichen Apparate blieb in der Gesamtschau des
Papiers „Kirche der Freiheit“ jedoch merkwürdig unterbelichtet. An den Beharrungskräften
dieser Strukturen dürfte die von Wolfgang Huber für nötig befundene „zweite
Reformation“ bisher vor allem gescheitert sein. Die fatale Machtkonzentration in den
Verwaltungen und Synoden, in denen die Mitgliederschaft der Kirche nur scheinbarrepräsentiert wird, wurde nicht offensiv genug benannt. …

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Die EKD auf dem Portal kununu, dem Portal zur Bewertung des Arbeitgebers

08/2016

In der zurückliegenden Woche stellten wir das Arbeitgeberbewertungsportal kununu vor. An den Ergebnissen orientieren sich besonders junge Menschen mit akademischer Ausbildung. Kirchliche Einrichtungen wie Landeskirchenämter werden dort bislang eher selten bewertet. Oder die Bewertungen sind mangels ausreichender Teilnehmerzahl nicht unbedingt repräsentativ. Dieser Fall lag beim ERV Frankfurt, dem Evangelischen Regionalverband Frankfurt, vor. Deutlich besser als der ERV schneidet auf dem Unternehmensbewertungsportal kununu die EKD ab. Mehr dazu.

„Die vielen Kirchensteuern anders verteilen?“ Pro und contra. Pfr. Friedhelm Maurer, Vorsitzender des Pfarrvereins der EKiR contra Prof. Friedrich Vogelbusch, Dresden, HH-Ausschuss der EKD

07/2016

„EKD Die 20 Mitgliedskirchen der EKD haben im vergangenen Jahr so viele Kirchensteuern
erhalten wie noch nie in ihrer Geschichte: 5,4 Milliarden Euro (2014 waren es 200 Millionen Euro
weniger). Und das trotz Rekordzahlen bei den Kirchenaustritten. Sollte die Kirche jetzt mit dem
vielen Geld mehr in Gemeinden und Mission investieren?“
Pro und Contra

von Pfr. Friedhelm Maurer, Vorsitzender des Pfarrvereins der EKiR

Contra Prof. Friedrich Vogelbusch, Dresden, HH-Ausschuss der EKD

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Anm. F.S: Das Thema der „vielen Kirchensteuern“ ist nicht wirklich aktuell. Es ist seit 10 Jahren Dauerthema in der Kirche. Besser: es ist seit 10 Jahren Dauerfakt. Die kirchenoffizielle Propaganda  besagte aber über Jahre: die Kirchensteuern würden sinken. (Wir haben dies hier oft genug dargestellt.) Und die kirchliche Öffentlichkeit glaubte der Propaganda. Nach 10 Jahren hat auch die Kirchenpresse die wahren Fakten verstanden. Daraus nun eine Sensationsmeldung mit Pro- und Contradiskussion zu machen, verzerrt die tiefere Problematik. Denn es geht eben nicht um die falsche oder richtige Entscheidung in diesem einen Jahr. Sondern es geht um falsche oder richtige Entscheidungen der letzten 10 Jahre. Insofern ist das Votum von Herr Vogelbusch, Exponent der EKD- Finanzpolitik, als Rechtfertigung zu lesen. Und das Votum von dem Vertreter des Pfarrvereins der EKiR als Anklage einer falschen Finanz- und Investitionspolitik. Dass Herr Vogelbusch dabei nunmehr die frühere Finanzpolitik- EKD-Linie der schwäbischen Hausfrau ebenfalls verlässt und u.a. auf einen Missionskongress setzt, zeigt einen Lernprozess. Allerdings sollte man sich doch – bevor man denn investiert – im Klaren darüber werden, was wirklich wirksam ist (bei den Menschen ankommt) und in welche Richtung die – immer noch – Volkskirche sich denn wirklich entwickeln will. Das freilich sind Sachfragen, die kein Finanzexperte beantworten kann (Und zu der man Finanzexperten auch gar nicht befragen sollte!). Denn Finanzpolitik folgt der theologisch (!)- strategischen Ausrichtung. Der Finanzexperte muss also – gerade wenn er Strategie propagiert – dem Theologen und/oder Soziologen folgen. Das tun sie aber zu selten. Die geistliche Leitung müsste die entsprechenden Personen Finanzer daher bisweilen an ihre eingeschränkte Kompetenz erinnern.

Als Beispiel für die Investitionsempfehlung eines Theologen oder Soziologen sei genannt:

 

Abbau, Aufbau, Umbau – Evangelische Kirche im peripheren ländlichen Raum aus religionssoziologischer Perspektive. Von Prof. Dr. Detlef Pollack.

3. Fazit Was also kann die Religionssoziologie der Kirche raten?

1) Durch die Verbindung mit nichtreligiösen Bedürfnissen und Interessen die Kontaktflächen zur Gesellschaft zu verbeitern und durch Multifunktionalität ihre Resonanz in der Gesellschaft verstärken,

2) durch die Verbindung von Individualisierung und Vergemeinschaftung die Menschen in ihren individuellen Bedürfnissen ansprechen,

3) durch kommunikative Verdichtung und Aufgabenfokussierung soziale Bestätigung und Unterstützung mobilisieren!  Zum Artikel. 

Jetzt auch noch dies: Qualitätsmanagement in der EKD. Von Ingo Baldermann.

07/2016

Unter der hoffnungsvoll klingenden Überschrift „Qualität und Profil“ findet sich in der Zeitschrift für Evangelische Bildungsarbeit (Praxis Gemeindepädagogik, verantwortet von der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig – mit dem Anspruch, das gesamte Feld gemeindlicher Arbeit unter pädagogischem Aspekt zu erfassen) im Heft 2/2015 ein vehementes Plädoyer für ein konsequentes Qualitätsmanagement kirchlicher Arbeit – durchweg von AutorInnen, die in kirchlichen Schlüsselpositionen arbeiten. …
6. Bisher war die Kirche in der modernen wie schon in der spätantiken Gesellschaft gerade dadurch attraktiv, dass hier exemplarisch ein anderes Zusammenleben praktiziert wurde als in den autoritären Strukturen der Massengesellschaft, die damals wie heute ohne Sklavenarbeit nicht funktioniert. Diese Attraktivität, die unsre Gemeinden noch immer trägt, wird von Grund auf zerstört, wenn die Kirche nun nach den Kriterien einer ideologisch radikalisierten Betriebswirtschaft umstrukturiert wird. In diesen Strukturen werden wir alle heimatlos…
Fazit: Auf der Suche nach dem Sinn derart sinnlos und zerstörerisch wirkender Ordnungen gewinnt man am ehesten Klarheit durch die Frage: Cui bono – wem nützt das? Hier ist die Antwort erschreckend einfach: Die von oben her (wie gegenwärtig auch in den Schulen) angeordnete Qualitätskontrolle erzeugt von selbst hierarchisch strenge autoritäre Strukturen. Die neue „Ordnung“ wird von oben nach unten durchgesetzt und kontrolliert, und so wird die Verwaltung, bisher von den Gemeinden dankbar als Hilfe akzeptiert, zu einer Kontrollinstanz, die künftig auf keine Kritik der Basis mehr hören, geschweige denn antworten muss…. Mehr dazu.

Aufgespießt aus evangelisch.de

04/2016

Richtige Erkenntnisse können schwerlich unter der Decke gehalten werden. So auch der Zusammenhang von Sparkurs und Mitgliederrückgang in den Kirchen. Beides scheint sich in gewisser Weise und grob überschlägig zu korrelieren. Leider gibt dazu das Controlling der Finanzdezernenten keine präzise Auskunft. Diesen zutreffenden Zusammenhang sieht nun evangelisch.de, das Online-Magazin der EKD. Besser: man sieht den Zusammenhang auf evangelisch.de, und zwar auf einem Bildschirmfoto des Portals vom 24.03.16. Ob der Zusammenhang der Redaktion bewusst war, sei dahin gestellt. Richtig ist er mit Sicherheit.

Sehen Sie hier die Seite von evangelisch.de:

Evangelisch_de_Bildschirmfoto vom 2016-03-24 20:16:47

EKD: Deutschland braucht einen Geist der Zuversicht. Breite gesellschaftliche „Allianz für Weltoffenheit“ gegründet.

11. Februar 2016

 

Aufruf „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (pdf)

Anlässlich der heute in Berlin vorgestellten „Allianz für Weltoffenheit“ haben sich die beiden großen christlichen Kirchen für den Schutz der individuellen Würde von Flüchtlingen und Migranten in Deutschland und gegen ein Klima der Verunsicherung ausgesprochen. „Wer mit Worten oder Taten zur Ausgrenzung und Herabsetzung von Flüchtlingen und Migranten beiträgt, der kann sich nicht auf das Christentum berufen“, sagte der Berliner Erzbischof Dr. Heiner Koch für die Deutsche Bischofskonferenz. „Menschenfeindlichkeit und Fremdenhass stehen nicht nur im klaren Widerspruch zu den Werten unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern zeugen letztlich immer von einer tiefen Missachtung der christlichen Botschaft.“…   Mehr dazu.

Der neue Rat der EKD – ohne PfarrerIn. Die Schlüsselposition wird in keiner Vorstellungsrede erwähnt.

Ohne PfarrerIn – das meint selbstredend nicht die Berufsausbildung der Personen, sondern ihre aktuelle Funktion der Person im Organisationssystem. Da ist die ausgebildete Pfarrerin eben – Kirchenleitung, die Dekanin Kirchenleitung in der Region (EKHN-Sprachregelung). In der neuen EKD- Synode ist also in diesem Sinne kein Pfarrer vertreten:

gewählt sind:

6 Theologen aus Kirchenleitungen
1 Dekanin
1 Verbandsvertreter
3 Berufspolitiker (darunter Kerstin Griese)
2 aus Wirtschaft (Boehringer Ingelheim) und Bankwesen (Marlehn Thieme, Ex- Deutsche Bank Direktorin)
2 Juristen (Jura-Professor, Kirchenjuristin)

Immerhin vier der Gewählten benötigten zwischen 6 bis 11 Wahlgängen.

vgl. ekd

Interessant bei den Vorstellungsreden ist zudem, dass zwar – hin und wieder – Reformthemen (Institution, Landeskirchenkirchenfusion, Gemeindefusion) angetippt werden, aber dann ohne irgendwelchen auch nur kritisch-anfragenden Klang. Kein einziges mal unter sämtlichen Vorstellungsreden wird das Wort Pfarrer/Pfarrerin, also die „Schlüsselposition“, erwähnt. Bisweilen werden durchaus große Aufgaben oder Vorhaben erwähnt, aber – wer soll sie denn umsetzen? Will die Kirche nicht nur Verlautbarungskirche, sondern Kirche der Taten werden, dann wird sie überlegen müssen, wie man die Fehler im Personalmanagement der zurückliegenden 2 Jahrzehnte endlich bearbeitet. Aber dafür, für diese wichtige Aufgabe, könnte die geeignete Person im Rat fehlen. Auf jeden Fall hat sie sich in den Vorstellungsreden nicht geoutet. (F.S.)

EKD Synode sieht eine schuldhafte Verstrickung der reformatorischen Kirche

8.11.2015 Der Tagesspiegel

Die Synode der EKD hat sich erneut deutlich von Luthers antijüdischen Schriften distanziert. Sie sehen eine „Schuldverstrickung der Reformatoren und der reformatorischen Kirche“.

In der Frage der Judenmission wird es hingegen wahrscheinlich keinen Konsens geben. Die Landeskirchen lehnen die Mission an Juden ab. Einigen kleinere Gruppierungen wollen jedoch an ihr fest halten.

Lesen Sie hier den Artikel.