Schlagwort-Archive: Reform

Die Rechtsbrüche der Geheimdienste sollen legalisiert werden

Die Arbeit der Geheimdienste ist seit dem Versagen bei der Aufklärung der durch die NSU verübten Morde und den Snowdon Enthüllungen Gegenstand breiter Kritik. Die Bundesregierung will daher die Gesetzte nachbessern. Die vorgestellten Entwürfe zeigen, dass sie dabei lernresistent ist.

V-Männer sind Verbrecher oder Extremisten, die ab und an dem Verfassungsschutz das erzählen, was er ohnehin schon zu wissen glaubt. Dafür werden diese Verbrecher auch noch staatlich alimentiert. Die Partnerschaft wird problematisch, wenn ein V-Mann selbst an Verbrechen über die er Auskunft gibt beteiligt ist. Dann müsste ihn der Staat für seine Taten zur Rechenschaft ziehen. Jedoch zeigt sich, dass V-Männer wichtiger sind als die Aufklärung von schwersten Verbrechen oder dem Verbot der NPD. Damit der Staat zukünftig nicht mehr in Verlegenheit kommt seine V-Männer vor Gericht zu stellen, soll ihnen nun erlaubt werden Straftaten von erheblicher Bedeutung zu begehen. Bedeutet das also die Goldene Zeit der Nazi-V-Männer. Sie bekommen Geld dafür, dass sie Nazis sind und dürfen straffrei Ausländer zusammenschlagen?

Auch die Überwachung der privaten Kommunikation soll ausgeweitet werden. Jeder, den der Staat als Hacker sehen kann wird zu einem potentiellen Überwachungsziel. Mit Hacker sind jedoch nicht nur wenige Computerspezialisten gemeint, sondern jeder, der fremde Daten ausspäht oder Computer sabotiert. Dem Wortlaut nach sind also Eltern, die Smartphones minderjähriger Kinder aus legitimen Gründen überwachen potentielle Ausspähziele des BND. Ebenso Teenager, die sich an Internetprotesten der Organisation Anonymus beteiligt haben. Das alles muss passieren, damit wir vor Cybergefahren geschützt werden. Dumm nur, dass Geheimdienste die mit abstand größte Cybergefahr darstellen. Die Vorstellung ist absurd. Geheimdienste verschaffen sich massenhaft Zugang zu Daten und Schwachstellen von Software um uns davor zu schützen, dass jemand massenhaft unsere Daten sammelt und die Schwachstellen unserer Geräte ausnutzt.

Lesen Sie dazu auch die Artikel der Zeit und von netzpolitik.org.

Bistum Limburg: Ein riesiger Scherbenhaufen. Diözesansynode gefordert.

Der Scherbenhaufen in Limburg Ein Kreis von kritischen Priestern im Bistum Limburg fordert: Mehrere Entscheidungen, die der ehemalige Bischof Franz-Peter von Tebartz-van Elst getroffen hat, müssen zurückgenommen werden. Aber: Geht das überhaupt? Fragen an Alexander Brückmann, Mitglied des Hofheimer Kreises. Zum Interview.

Dialog im Bistum Limburg. 6 Thesen des Hofheimer Kreises von 2012.

Ein Beitrag von Priestern der Diözese mit Themen- und Gestaltungsvorschlägen zum kirchlichen Miteinander

Wir, Priester des Bistums Limburg, nehmen die Einladung zum Dialog auf, die bei der Eröffnung des Dialogprozesses der deutschen Bischofskonferenz in Mannheim ausgesprochen wurde. Wir wollen ihn bistumsintern fortführen und befördern. Wir sehen uns dabei in der gemeinsamen Verantwortung des Presbyteriums mit dem Bischof, wie es im Konzil zum Ausdruck gebracht wurde:
„Alle Priester haben zusammen mit den Bischöfen an ein und demselben Priestertum und Amt Christi teil, so dass diese Einheit der Weihe und Sendung ihre hierarchische Gemeinschaft mit dem Stand der Bischöfe erfordert.“ (Dienst und Leben der Priester II.7)
Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen in unserem Bistum haben wir uns getroffen und unsere Beobachtungen, Sorgen und Wünsche zusammengetragen.
1. Kirchlicher Wandel ist getragen vom Vertrauen auf das Evangelium Jesu Christi. Im Blick auf ihn verliert die Kirche ihre Angst um sich selbst.
2. Als königliche Menschen, Propheten und Priester haben alle Getauften Anteil an der dreifachen Aufgabe, die das Bischofsamt verkörpert (Leitung, Lehre und Heiligung).
3. Der Wandel der Kirche wandelt Berufsbilder und Strukturen. Eine erfolgreiche Bewältigung des Veränderungsprozesses hängt auch davon ab, wie es gelingt, mit Vertrauen und Geduld einander zu begleiten, zu ermutigen und zu führen.
4. Pastoral und Liturgie korrespondieren miteinander. Eine Seelsorge des neuen Bundes (1Kor 3,6) führt Menschen dazu, mit „unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn zu sehen“, damit sie – und dies bringt die Liturgie des neuen Bundes zum Ausdruck – in sein Ebenbild verwandelt werden, von Herrlichkeit zu Herrlichkeit (1 Kor 3,18).
5. Die Visitenkarte missionarischer Seelsorge heisst Caritas. Bereitschaft zur Bewegung gewinnt im Dialog mit den Kompetenzen des Caritasverbandes und der Gemeindecaritas an Tiefenschärfe. Eine Kirche, die sich den Armen und Notleidenden unserer Zeit zuwendet, ist lebensdienliches Werkzeug der Caritas Dei.
6. Dialog will gestaltet sein. Unsere Vorschläge zur Strukturierung des Dialogprozesses der deutschen Bischofskonferenz im Bistum Limburg.
Zur Stellungnahme des Hofheimer Kreises.

Zu den 7 Thesen des Hofheimer Kreises

Demokratie, Solidarität und die europäische Krise

Am 26. April hielt Professor Jürgen Habermas an der Universität Löwen einen richtungweisenden Vortrag zur Lage und Perspektive der Europäischen Union. Für seine Vision einer politischen Einigung auf der Basis von Solidarität erhielt er stehende Ovationen.

Hier die Zusammenfassung durch unseren Autor Alexander John:

In Europa, so Habermas ist eine Kluft zwischen Politik und Bürgern entstanden. Während die Bürger mehrheitlich europaskeptisch eingestellt sind, versuchen pragmatische Politiker eine Ausweitung der europäischen Strukturen um den Euro nicht aufgeben zu müssen.

Die Annahme, das sich innerhalb der Eurozone die Wettbewerbsbedingungen von alleine anpassen würden , hat sich als falsch heraus gestellt. Das strukturelle Problem lässt sich nach Habermas nur lösen, wenn die Wirtschaftspolitik nicht mehr exklusiv von nationalen Interessen bestimmt wird. Hierzu „müsste sich die Währungsunion in eine echte politische Union erweitern“.

Die Schritte zu dieser politischen Union wären jedoch bei der Bevölkerung unpopulär. Die Blaupausen der Europäischen Kommission, versuchen daher durch einen technokratischen Weg über die Bedenken der Bürger hinweg Europa auszuweiten. Habermas warnt vor diesem Weg: „Eine Technokratie ohne demokratische Wurzeln hat keine ausreichende Motivation die Bedürfnisse der Wähler an einer gerechten Verteilung von Einkommen und Besitz, Sicherheit des Standes, öffentliche Dienste und Gemeingüter, ausreichend zu berücksichtigen, wenn diese mit dem Bedürfnis des Systems an Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum kollidieren.“

Eine politische Union jenseits der Technokratie muss auf der Basis einer gemeinsamen Entscheidungsfindung statt auf zwischenstaatlichen Verträgen basieren. Dies müsste den Europäischen Rat abschwächen und das Parlament stärken. Denn, „Wie es die Staatsbürger sehen, wird ihr politisches Schicksal von fremden Regierungen bestimmt, die Interessen anderer Nationen vertreten, statt durch eine Regierung, die durch ihre eigene Stimme legitimiert ist.

Dieser Schritt macht es nötig, die Grundverträge zu ändern. Ausgerechnet der Europäische Rat müsste eine europäische Versammlung zur Überarbeitung der Verträge einberufen. Doch die Regierungschefs haben kein Interesse ihre Wiederwahl zu gefährden oder ihre Macht zu beschneiden. Dennoch können sie die notwendige europäische Integration nicht endlos aufschieben.

In dieser Situation hat die deutsche Regierung die Schlüssel zur Zukunft der Europäischen Union in ihrer Hand.“ Nur sie kann die Initiative zu einer Revision der Verträge ergreifen. Dies liegt auch im Interesse Deutschlands nicht wieder in die Situation einer semi-hegemonialen Macht in Europa zu gelangen. Bereits 1871 führte diese Position zu tragischen Konflikten in Europa. Deutschland könne außerhalb der EU nicht ein Land unter vielen sein. Wäre jedoch nicht in der Lage den Rest Europas zu dominieren.

Der Schlüssel zur Integration ist Solidarität. Solidarität versteht Habermas als politischen Akt. Er lässt sich nicht einklagen und verfolgt eigene Langzeitinteressen auf der Basis von Gegenseitigkeit. Als politisches Konzept reagierte Solidarität auf den erodierten Zusammenhalt von Gesellschaften. Damit weist Solidarität auf Lücken im politischem System hin und hilft sie zu überwinden. Wichtige Errungenschaften der Neuzeit, wie die Französische Revolution (Brüderlichkeit), die Arbeiterbewegung und die modernen Sozialstaaten haben ihren Ursprung in Akten der Solidarität.

Nach Habermas lässt sich die Währungsunion nicht alleine durch Kredite für überschuldete Staaten aufrecht erhalten. „Erforderlich ist hingegen Solidarität, eine gemeinsame Anstrengung aus einer gemeinsamen Überzeugung um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone als ganzes zu fördern.“

Eine solche Anstrengung würde es erfordern, das Deutschland und einige andere Länder kurz und Mittelfristig durch Umverteilung belastet sind. Das geschieht in ihrem eigenem Langzeitinteresse: Ein klassisches Beispiel von Solidarität.“, schloss Professor Habermas seinen Vortrag.

Lesen Sie hier den Vortrag im englischem Original und die Berichterstattung bei der Deutschen Welle.