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PfarrerInnenmangel

Die (kath.) Pfarrerinitiative stellt ein erweitertes Lobinger-Modell zur Diskussion.

07/2016

Hintergrund: Die pastorale Situation ruft eklatant nach einer Neuorientierung. Die immer größer werdenden Seelsorgeeinheiten, oft mit zusätzlichen Administrationen für vakante Pfarreien verbunden, lassen dem Pfarrer nicht genügend Raum und Zeit für die Seelsorge…

Der vollständige Text.

Strukturreformen überdenken: Kardinal Marx, München, will Modelle entwickeln lassen, um den Priestermangel aufzufangen.

31. Mai 2016, Von Jakob Wetzel

Die katholische Kirche ruft ihre Gläubigen zum Experimentieren auf – und lockert dafür umstrittene Vorgaben ihrer Strukturreform…..vorbehalten sein soll, gehört zu den zentralen Kritikpunkten an der 2010 verabschiedeten Strukturreform in der Erzdiözese; denn weil die Zahl der Priester langfristig sinkt…

Die Kirche hat auf die Probleme mittlerweile reagiert: Bereits Ende 2014 kündigte sie an, sie wolle die Strukturreform überdenken, nicht nur wegen des Mangels an Priestern, sondern auch, damit sich haupt- und ehrenamtliche Laien besser einbringen könnten, wie es damals hieß. Weitere Zusammenlegungen von Pfarreien zu Verbänden solle es nicht mehr geben. Wenig später stellte das Erzbistum Verwaltungsleiter ein, um die Pfarrer von Management-Aufgaben zu entlasten und ihnen mehr Zeit für die Seelsorge zu verschaffen. Und erst im März kündigte die Kirche an, Forscher der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Paderborn sollten in einer groß angelegten Umfrage die bisherigen Ergebnisse der Strukturreform im Erzbistum auf den Prüfstand stellen. Mehr dazu.

Wieviel Pfarrerinnen und Pfarrer werden bis Ende 2020 im Dekanat pensioniert ? Das Geo-Informationssystem der EKHN gibt auch aufschlussreiche Auskünfte, aber leider nur Insidern.

06/2016

GEO-Informationssysteme mag man geteilt beurteilen, wegen der Art der Informationsvermittlung, manchmal auch wegen (schlichten) Inhalten. Das GEO- Informationssystem der EKHN wartet immerhin auf S. 6 mit einer besonders interessanten Information auf: mit der zukünftigen Zahl der besetzten Pfarrstellen nach den anstehenden Ruhestandsversetzungen:

Z.B. Frage an das EKHN‐GEO‐SYSTEM: …Wieviel Pfarrerinnen und Pfarrer werden bis Ende 2020 im Dekanat pensioniert ? (Stand 2013, aktuelle Daten der Pfarrerstatistik werden zurzeit erhoben und verknüpft) • Ein Blick auf Dekanate kann die Altersverteilung von jetzt eingesetzten Pfarrerinnen und Pfarrer in Gemeinden und den Zeitpunkt ihrer Pensionierung oder auch die räumliche Verteilung von regionalen Stellen zeigen.

Diese Information ist eigentlich viel zu interessant, um sie nur den Intranetnutzern der EKHN zugänglich zu machen, den normalen Gemeindegliedern aber vorzuenthalten.  vgl. S. 6

Quest – ein Studiengang für den vereinfachten Quereinstieg in das reformierte Pfarramt in der Schweiz.

06/2016

Der erste Durchgang ist im Herbstsemester 2015 gestartet. Zurzeit finden Gespräche über eine weitere Auflage von Quest statt. Frühester Starttermin für einen zweiten Durchgang ist das Herbstsemester 2017. Schreiben Sie uns an quest@theologiestudium.ch, wenn wir Sie über den Fortgang der Planung auf dem Laufenden halten sollen.  Mehr dazu.

Fulda: 2016 nur noch 1 (!) Diakon zum Priester geweiht. Priestermangel raubt Bischof den Schlaf.

12.05.2016

Der katholischen Kirche mangelt es auch in Hessen nach Nachwuchs-Priestern. „Diese Sorge belastet mich als Bischof schwer, raubt mir häufig die Nachtruhe“, lässt der Fuldauer Oberhirte wissen.

Dem Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen macht der Priestermangel in seinem Bistum und der katholischen Kirche in Deutschland zu schaffen. „Diese Sorge belastet mich als Bischof schwer, raubt mir häufig die Nachtruhe“, schrieb er in dem am Donnerstag veröffentlichten „Wort des Bischofs“. Am Samstag wird im Dom nur ein Diakon zum Priester für das Bistum Fulda geweiht. Im Vorjahr waren es sechs, in den vergangenen fünf Jahren nur 19, wie das Bistum mitteilte.

Zum Artikel.

 

Der Mythos von den sinkenden Kirchensteuereinnahmen durch den prognostizierten Mitgliederschwund wird immer lächerlicher. Evangelische Kirche in Westfahlen widerlegt ihre Prognose gleich doppelt

17.11.2015 Neue Westfälische

Die Evangelische Kirche von Westfalen hat in diesem Jahr 50 Millionen Euro mehr eingenommen, als sie geplant hatte. Die Einnahmen von 505 Millionen Euro sind die höchsten ihrer Geschichte. Dennoch sollen weiter Pfarrstellen gekürzt werden.

Das passiert in dem Jahr mit den Rekordaustritten aus den evangelischen Kirchen. Der Mythos von den sinkenden Kirchensteuereinnahmen durch den prognostizierten Mitgliederschwund wird immer lächerlicher. Dennoch hält die Westfälische Kirche am Abbau der Pfarrstellen fest. Langfristig will rechnet man mit sinkenden Kirchensteuereinnahmen.

Wie unbegründet die Sparziele sind zeigt sich an den Zukunftsprognosen. Wenn man die Kirchensteuern an die Mitglieder koppeln will, wäre es sinnvoll so viele Stellen zu sparen, dass gleichbleibend viele Mitglieder eine Pfarrstelle finanzieren. Die Pläne sehen aber vor, dass statt 2500 Gemeindeglieder im Jahr 2040 3500 eine Pfarrstelle finanzieren. Nicht einmal mit der eigenen Schwarzmalerei kann man anscheinend konsequent rechnen.

Lesen hier die Quelle der Zahlen.

Theorie des Terminstundenmodells zur Erfassung der Arbeitszeit von PfarrerInnen von Michael Westerhoff, Fachbereich Personalentwicklung der EKvW. Und die Konfrontation mit der Praxis durch Andreas Kahnt, Vorsitzender des Verbandes Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer Deutschlands e. V.

aus: PV-Info 2/2015 vom September 2015

Wie viel ist 75 Prozent von unendlich?
Ein Modell zur Erfassung von Arbeitszeit im Pfarramt

Michael Westerhoff, Fachbereich Personalentwicklung der EKvW


Terminstundenmodell – Grundidee
✤ Volle Stelle entspricht 21 Zeitstunden/ Woche, in denen die Pfarrerin/
der Pfarrer an Terminen präsent oder „im Kontakt“ ist
(Terminstunden) und 21 Zeitstunden Vorbereitungszeit/Woche
= 42 Zeitstunden Gesamtarbeitszeit
✤ Erfasst und geplant werden nur die Terminstunden
✤ Planung entspricht Erfassung: In die Planung fließen alle dienstlichen
Termine entsprechend ihres zu erwartenden Stundenumfangs ein, in
der Erfassung die tatsächlich geleisteten dienstlichen Termine
✤ 20 Terminstunden gehen als fest verplante Zeit ein, 1 Terminstunde
wird für Unvorhergesehenes berücksichtigt.
✤ Gesamtplanung und -erfassung legt eine TerminstundenJahresumfang
von 966 Stunden zugrunde (ganze Stelle)
✤ Fahrtzeit sollte 6 Stunden/Woche nicht überschreiten


Und die Reaktion von Pfr. Andreas Kahnt, Vorsitzender des Verbandes Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer Deutschlands e. V

Ihre Vorträge sind meiner Meinung nach zu sehr der Gegenwart verhaftet. Wir
gehen aber auf einen enormen Pfarrermangel zu. Ihre Vorschläge sind in absehbarer
Zeit wahrscheinlich Makulatur. Das Berufsbild, dem die meisten von uns noch
verhaftet sind, wird sich so nicht mehr leben lassen. Wir werden weniger, die Ansprüche
an unseren Beruf und die Individualisierung unserer Gesellschaft mit ihren
Folgen für den Pfarrberuf aber nicht. Die Gemeindegliederzahlen werden auch nicht
in gleichem Maße zurückgehen. Die Arbeit verteilt sich also anders. Wir werden den
Erwartungen von Gemeindegliedern nicht mehr gerecht werden können. Und den
Erwartungen, die wir an uns selbst haben, auch nicht.
Wahrscheinlich werden die meisten hier im Raum dann im Ruhestand sein – o. k.,
mal abgesehen von den jüngeren, aber auf die kommen die bedrängenden Fragen
dann ja in besonderer Weise zu. Aber die Fragen sind ja jetzt schon da. Wir haben
doch gerade von einer Pfarrerin gehört, die weg wollte von ihrer Stelle, weil es nicht mehr ging – und es ging ja wohl tatsächlich nicht mehr. Die Arbeit war nicht mehr zu leisten. Wie soll das gehen, wenn der Pfarrermangel durchschlägt? Wie wird unser Beruf in Zukunft in Zeiten des Pfarrermangels noch lebbar sein? Darauf hätte ich mir Antworten gewünscht!

vgl. S. 8ff

Kirchen werben sich VikarInnen ab

Dass es zu einem Wettbewerb um knappes Pfarrpersonal kommen wird, bahnt sich seit geraumer Zeit an. Auf ihren ansprechend gestalteten Websites zur Nachwuchswerbung (http://www.die-nachfolger.de und http://www.vikariat-nordkirche.de) bekennt sich die Nordkirche seit geraumer Zeit dazu, dass sie demnächst den Nachwuchsbedarf aus eigenen Reihen nicht wird decken können und auch offen sein wird für Bewerbungen aus anderen Landeskirchen. „Auch die Mehrzahl der anderen Gliedkirchen der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland, hat ausgerechnet, dass es in Deutschland etwa ab 2018 einen PastorInnenmangel geben wird. VikarInnen und Pastoren können frei wählen, in welcher Landeskirche sie langfristig arbeiten möchten. Die Entscheidung sollte möglichst vor dem Vikariat getroffen werden! Aber auch danach ist ein Wechsel möglich.“ (http://www.vikariat-nordkirche.de/derberuf/berufsaussichten/index.html, Stand 24.09.15) Man setzt also vor allem aber nicht nur auf möglichst jungen Nachwuchs. „Wer ein Vikariat und eine spätere Pastorentätigkeit in der Nordkirche anstrebt, sollte sich um einen Vikariatsplatz bewerben. Dies ist auch möglich für Bewerberinnen und Bewerber aus einer anderen Landeskirche.“ (http://www.vikariat-nordkirche.de/vikariat/bewerbung/index.html, Stand 24.09.15) Die Besoldung der ausgebildeten PastoInnen erfolgt dann in der Nordkirche nach A 13 und A 14.

Innerhalb der Landeskirchen gibt es den Wettbewerb ja schon längst, strukturschwache Regionen abseits der Zentren haben es deutlich schwerer, geeignete Bewerbungen auf freie Stellen zu erhalten als Gemeinden in vermeintlich oder tatsächlich attraktiveren Regionen.
Neu ist, dass immer mehr Landeskirchen sich offen dazu bekennen, anderen Landeskirchen den Nachwuchs durch bessere Besoldung und attraktivere Arbeitsbedingungen abwerben zu wollen.
Eine 48-Stunden-Woche (wie die ELKB sie vorsieht (http://www.sonntagsblatt-bayern.de/news/aktuell/2015_35_07_01.htm) besoldet nach A 14 analog Bundesbesoldungsordnung ist eben etwas anderes als eine 100% Stelle ohne definierte Wochenarbeitszeit besoldet nach A 13 analog Landesbeamtenbesoldung NRW. So in etwa stellt sich ja momentan die Bandbreite der Angebote der EKD-Kirchen dar. Und das hat neben unterschiedlich definierten Arbeitszeiten auch schnell Unterschiede von einigen hundert Euro auf der monatlichen Gehaltsabrechnung zur Folge mit entsprechenden Konsequenzen für die Versorgung im Ruhestand, den man hoffentlich gesund erreicht. Aber das ist ein anderes Thema.
Dass man auf EKD-Ebene offenbar nicht in der Lage ist, sich auf eine deutschlandweit einheitliche Besoldung für Pfarrerinnen und Pfarrer zu verständigen, wird diesen Wettbewerb im kommenden Jahrzehnt richtig anfeuern. Es werden dabei diejenigen Landeskirchen den Kürzeren ziehen, die aus finanziellen Gründen bei der Besoldung ihrer Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mithalten können oder dies aus ideologischen Gründen auch nicht wollen. Der im Internet frei einsehbare Personalentwicklungsbericht der EKvW aus dem Herbst 2014 http://www.evangelisch-in-westfalen.de/fileadmin/ekvw/dokumente/berichte/Personalbericht_2014.pdf rechnet damit, dass, die jetzige Entwicklung fortgeschrieben, in 2030 der EKvW rund 250 ausgebildete PfarrerInnen fehlen werden und in 2035 rund ein Drittel des Minimalbedarfs an Pfarrerinnen und Pfarrer nicht wird gedeckt werden können und somit eine Pfarrerin oder ein Pfarrer nicht wie geplant für 3500 Gemeindeglieder (schon damit erhöht sich die Zahl der Gemeindeglieder, für die eine Pfarrerin / ein Pfarrer zuständig sein soll, innerhalb von zwei Jahrzehnten um 25 Prozent) sondern für 5160 Gemeindeglieder zuständig wäre. „Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die von der Kirchenleitung festgelegte Zahl von 20 Aufnahmen in den Probedienst pro Jahr seit nahezu zehn Jahren nicht erreicht wird.“ (Seite 13). Ich erlaube mir zu ergänzen: Ebenso ist nicht berücksichtigt die Zahl an Pfarrerinnen und Pfarrern, die bis dahin die EKvW verlassen haben wird, weil sie anderswo besser besoldet und versorgt wird.

Von Stephan Buse

EKHN will Nachwuchsproblem extern lösen: 1/3 sollen „aus anderen Regionen Deutschlands… aus anderen Landeskirchen oder über den 2. Bildungsweg zur EKHN“ kommen.

09/2015, Jahresbericht der EKHN 2014/2015

„Um die Altersabgänge langfristig zu kompensieren, werden etwa 45 Neuzugänge pro Jahr gebraucht. Das Ziel: 30 junge Menschen gewinnt die EKHN aus dem eigenen Kirchengebiet und bis zu 10 aus anderen Regionen Deutschlands. Weitere 5 Personen wechseln aus anderen Landeskirchen oder kommen über den 2. Bilduungsweg zur EKHN.“ (Jahresbericht 2014/2015, S. 72)

Die Zukunft der zurückliegenden Personalpolitik der Kirchen wirft ihre Schatten voraus. Die jungen Menschen wollen nicht auf die Werbebroschüren, auf die Kampagnen („Mach doch was Du glaubst“) flugs geschaffener Referate zur Nachwuchsköderung in den Landeskirchenämtern von Kiel bis Darmstadt. Jedenfalls nicht in ausreichender Zahl. Außerdem scheinen frühere Planzahlen zur erforderlichen Anzahl von TheologiestudentInnen von der Realität offensichtlich weit entfernt. In der EKHN z.B. wollte der gerade – mit standing ovations von der Synode in den Ruhestand verabschiedete – Personaldezernent Bechinger noch bis zuletzt mit 30 NachwuchstehologInnen den zukünftigen Bedarf an PfarrerInnen decken. Sein Nachfolger kalkuliert mit 45. Der Bedarf liegt also offensichtlich 50% höher als gerade eben noch geplant. Die Gründe für die offensichtliche Fehlkalkulation können hier nicht recherchiert werden.
Politisch nicht weniger interessant ist aber die Tatsache, dass die EKHN ihr Problem auf Kosten anderer Landeskirchen lösen will. Und da ist sie nicht allein. Auch Bayern hält die „Türen für Theologen aus anderen Landeskirchen weit offen“. Die finanzstarken Landeskirchen werden sicher nicht in den Wettstreit gegeneinander eintreten wollen, sondern ihren Mangel durch Kräfte aus den finanzschwachen Landeskirchen decken wollen. Diese finanzschwachen Landeskirchen, etwa Hannover, haben aber schon heute, vor Beginn der Pensionierungswelle, eine sehr ungünstige „Pastorationsdichte“. Hannover 1 : 3361. Da dürfte dem Personaldezernenten ohnehin schon heute bange sein – auch ohne die Androhung der Abwerbung von Theologennachwuchs durch seine Kollegen aus den südlichen Landeskirchen. (F.S.)