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Institutioneller Wandel außerhalb der Kirchen

Steckt der Wissenschaftsjournalismus in der Krise?

Im DR-Radio diskutieren Redaktion und WissenschaftsjournalistInnen über die Zukunft und die aktuelle Verfassung des Wissenschaftsjournalismus. (Podcast rechts oben)

Immer mehr WissenschaftlerInnen vermarkten sich selbst und sind auf die Zeitungen als Publikationsplatform weniger angewiesen. Doch damit treten sie in Konkurenz zu WissenschaftsjournalistInnen. Eine kritische Berichtserstattung ist jedoch wichtig, da die Wissenschaft oft auf eigene Interessen an der Vermarktung ihrer Forschung hat.

Als ExpertInnen werden die Wissenschaftsjournalisten oft auf die hinteren Meldungen verbannt. Es sei denn eine Katastrophe muss erklärt werden. Daher wäre es wichtig, das WissenschaftsjournalistInnen auch mehr in der Redaktion gefragt werden.

 

Es entsteht im Studio eine interessante Diskussion über die Vermittlung von Wissen in der Gesellschaft.

Wider die Ökonomisierung der Bildung – von Ekkehardt von Kuenheim (BMW)

von Ekkehardt von Kuenheim (von 1970 bis 1999 Mitglied und Vorsitzender des Aufsichtsrats von BMW)

„Gehen wir mal auf den Bildungsbegriff von Wilhelm von Humboldt zurück, der derzeit in der ganzen Welt eine nie gekannte Beachtung findet – außer in Deutschland –  so versteht man darunter im weitesten Sinne die Entwicklung einer ganzheitlichen Persönlichkeit basierend auf einer möglichst breiten Allgemeinbildung, in der Selbstbestimmung, Mündigkeit und Vernunftgebrauch die zentralen Elemente darstellen. Eberhard von Kuenheim, Vorsitzender der gleichnamigen Stiftung und jahrelanger Vorstandsvorsitzender von BMW, hat in einem leider viel zu wenig beachteten Artikel in der FAZ mit dem Titel „Wider die Ökonomisierung der Bildung“ eindringlich vor einem reinen Nützlichkeitsdenken gewarnt, da ein strenger Utilitarismus genau die Schäden verursache, die man beklage. Insbesondere auch die geisteswissenschaftlichen Disziplinen – die heute sowohl an Schulen als auch an Universitäten im Rahmen eines bisher nie gekannten Drittmittel- und Employabilitywahns in ihrer Daseinsberechtigung angezweifelt werden – sollten dazu beitragen, die Kindern zu mündigen und kritischen Bürgern zu erziehen, die sowohl in ihrem persönlichen als auch im gesellschaftlichen Leben auf der Basis von Wissen kompetent Entscheidungen, Bewertungen und Kommunikationen durchführen können, was übrigens auch der Anspruch eines sinnvollen Kompetenzbegriffs durchaus anfangs war.“ Lesen Sie den vollständigen Artikel.

 

Deutscher Richterbund gegen Fusionen bei Gerichtsbarkeiten

Der Deutsche Richterbund stemmt sich gegen Fusionen, die ohne den Nachweis von Verbesserungen aufoktroiert werden sollen:

„Der DRB lehnt die Schaffung einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeit und die Eingliederung der Arbeitsgerichtsbarkeit in die ordentliche Gerichtsbarkeit ab. Vorteile einer solchen Reduzierung der Gerichtsbarkeiten werden lediglich behauptet, Belege in Form von nachprüfbaren Zahlen und überzeugende Konzepte zur Zusammenlegung fehlen. Die selbstständigen Fachgerichte haben sich seit Jahrzehnten bewährt, sie genießen bei allen Beteiligten großes Vertrauen. Ohne den Nachweis von Verbesserungen dürfen bewährte Gerichtsstrukturen nicht allein aus fiskalischen Gründen und um Richter leichter versetzen zu können zerstört werden“. Deutscher Richterbund

Im Zeichen neoliberaler Freiheit zurück zum DDR-Sozialismus. Das Beispiel Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen macht ca. 10-12% des Bruttosozialproduktes Deutschlands aus. Das weckt Begehrlichkeiten der Investoren. Von den 293 Mrd. €, die p.a. In das Gesundheitswesen fließen, landen derzeit 44 Mrd. In den niedergelassenen Arztpraxen (vgl. Statist. Bundesamt). Das sind knapp 15% der Gesamtmittel, die in die Arztpraxen (Fach- und Allgemeinmedizin) fließen. Ob es Zufall ist, dass der Anteil der Pfarrgehälter an den Haushaltsvolumina der Landeskirchen ebenfalls bei (nur) 15% liegt? vgl. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft, (Beitrag Pfarrstellenbemessung 2025 der EKHN). Wenn nicht, dann ist es immerhin ein interessanter Zufall.

Die Leidtragenden sind zunächst die Patienten. Schon heute. Aber viel stärker in absehbarer Zukunft. Denn bis 2020 werden ca. 50% der Hausärzte in Ruhestand gehen und verlassene Praxen hinterlassen…

Die Leidtragenden sind aber auch die unter enormen ökonomischen Druck geratenen Ärtzinnen. Offiziell gelten sie als Freiberufler. Kenner bezeichnen sie als Scheinselbständige. Wohl in keinem Sektor der Professionen findet ein derart dramatischer Umbruch statt wie bei den ÄrtzInnen. Ethische Fragestellungen und Herausforderungen, ein gewandeltes Berufsbild, ökonomischer Druck und last not least ein mediales Ärztebashing bei eigentlich guten medizinischen Leistungen tun ihre Wirkung.

Die Nöte werden in zwei aktuellen Artikeln zum Ausdruck gebracht. Zum einen von Dr. Bernd Hontschik in seinem Artikel in der aktuellen Ausgabe des Dt. Pfarrerblattes. Er rückt zuvor kursierende „Märchen“ zurecht:

Zwei Märchen

Es ist inzwischen allgemeiner Konsens, dass unser Gesundheitswesen auf eine Art Zusammenbruch zusteuert. Konsens ist, dass wir mit einer Kostenexplosion konfrontiert sind, und Konsens ist, dass die immer älter werdende Bevölkerung immer höhere Kosten der gesundheitlichen Versorgung verursachen wird. Man kann das aber auch ganz anders sehen. Ich behaupte, dass es keine Kostenexplosion im Gesundheitswesen gibt, und dass es auch noch nie eine gegeben hat. Die Ausgaben für das Gesundheitssystem sind in unserem Land seit Jahrzehnten konstant. Sie betragen 10-12% des Bruttoinlandsprodukts mit minimalen Ausschlägen nach oben oder unten. Die Kostenexplosion wird seit über 30 Jahren als Propagandabegriff benutzt, um Veränderungen im Gesundheitswesen durchzusetzen…“

Dr. Bernhard Marquardt, berichtet in Cicero über die ökonomischen Prozesse und Investorenteressen, denen ein funktionierendes Gesundheitssystem, Patienten und Ärzte geopfert werden:

Monopoly-Spiele mit der Gesundheit der Bevölkerung

Die Zahl der Hausärzte wird ausgedünnt. Als Hilfstruppen werden Arzthelferinnen, jetzt „medizinische Fachangestellte“ genannt“, zu Hausbesuchen eingesetzt nach dem „Schwester-Agnes“-Modell damals gut ausgebildeter Krankenschwestern in der DDR…

Ohne Berücksichtigung eines tatsächlichen Bedarfs wird mit einem immensen Aufwand an Steuermitteln die ambulante Öffnung hoch subventionierter Kliniken betrieben und mit deren Medizinischen Vorsorgungszentren (=Facharztkolchosen) ein unlauterer Verdrängungswettbewerb gegen die Arztpraxen inszeniert. Ziel ist die planvolle Eliminierung der Facharztpraxen auf dem Wege einer kalten, entschädigungslosen Enteignung…

Die Bürger werden bis zur erfolgreichen Durchsetzung des großen Plans über die wahren Ziele dieser Gesundheitspolitik nicht informiert.“

Professionen am Pranger

RichterInnen:

Das Internetforum des DRB zur Justizreform macht deutlich, dass durch die Äußerungen verschiedener Politiker sowie hochrangiger Beamter aus den Justizministerien und die dadurch veranlasste negative Berichterstattung in den Medien, die Berufszufriedenheit und Motivation der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte viel stärker bedroht werden als durch die Zunahme der Arbeit und die Einschnitte in die Besoldung.

Ärztinnen und Ärzte:

Die Krankenkassen treten den Ärzten nicht mehr als gleichberechtigter Partner gegenüber, sondern sie blocken in den jährlichen Verhandlungen um das Ärztehonorar. Die Atmosphäre ist vergiftet. Mit einer regelrechten Medienkampagne wird gegen die Ärzte gehetzt. Ein Beispiel: Als am 22. Mai 2012 in Nürnberg der Deutsche Ärztetag eröffnet wurde, informierten die Kassen zeitgleich die Medien darüber, dass die Überweisung von Patienten in deutsche Kliniken nicht mit rechten Dingen zugehen würde. In dem Moment, als die Führung der gesamten Ärzteschaft der Eröffnungsrede von Gesundheitsminister Daniel Bahr lauschte, empörte sich die Medienöffentlichkeit wegen angeblicher Fangprämien für Klinikeinweisungen. Überall machte das Wort von der „Ärztekorruption“ die Runde.

Diffamierungskampagnen dieser Art sind nicht neu. Neu ist aber, dass die Krankenkassen immer mehr versuchen, die Qualitätszirkel der Ärzte zu beeinflussen. Die Kassen wollen den Ärzten vorgeben, was sie zu verschreiben haben und welche Therapie angemessen ist. „Hauptsache billig“ ist die Devise. Was für den Patienten am besten ist, scheint nicht wichtig zu sein.

LehrerInnen:

Der Berufsstand der Lehrer wird seit Jahren öffentlich immer häufiger diskreditiert. Daran beteiligen sich führende Politiker, Wirtschaftsvertreter und Journalisten. Das öffentliche Image des Lehrerberufes hat darunter erheblich gelitten. Junge Leute lassen sich vom sinkenden Sozialprestige eines Berufes – wie in jedem anderen Berufsbereich auch –  beeinflussen.

PfarrerInnen:

Spätestens ab Mitte der 90iger Jahre kursiert namentlich in den Kirchenämtern/Kirchenverwaltungen der pejorativ verwendete Begriff einer „Pfarrerkirche“. Die EKD- Reformschrift „Kirche der Freiheit“ (2006) als maßgebliche Position bleibt in diesem Fahrwasser, wenngleich jegliche plumpe Begrifflichkeit vermieden wird. Prof. Isolde Karle: „Das Grundproblem des Impulspapiers im Umgang mit der Pfarrerschaft ist, dass es diese Grundsätze (gemeint: „Führung, die den Selbstrespekt, die Würde des Menschen in ihr Sinnzentrum stellt“, Anm. F.S.) verletzt und in abwertender Weise von den Pastorinnen und Pastoren spricht, von ihrer Selbstgenügsamkeit, von ihrem pastoralen Separatismus,… ihrer Selbstbezüglichkeit, den altertümlichen Pfarrherrlichkeiten, die wieder auferstünden“. Zitiert aus: Isolde Karle, Kirche im Reformstress, S. 213

Werden die Professionen durch die Reformen entmachtet?

Die unternehmerische Universität entmachtet die wissenschaftliche und die akademische Gemeinschaft und die Fachgesellschaften als Treuhänder des Erkenntnisfortschritts im inneren Kern der Wissenschaft und der Wissensvermittlung in ihrem Außenverhältnis zur Gesellschaft. Die kollektive Suche nach Erkenntnis als Kollektivgut und der kollektive Prozess der Bildung und des Wissenstransfers in die Gesellschaft in der Hand der wissenschaftlichen und der akademischen Gemeinschaft sowie der einzelnen Fachgesellschaften wird von der privatisierten Nutzung des Erkenntnisfortschritts, der Bildung und des Wissenstransfers durch unternehmerische Universitäten im Wettbewerb um Marktanteile abgelöst“ – so der

Bamberger Soziologe Richard Münch.

Traditionell war das anders:

Die traditionelle Ausgestaltung der deutschen Universität räumte im Inneren insbesondere den Professorinnen und Professoren eine erhebliche personale Autonomie und weitgehende institutionelle Mitwirkungsrechte ein, den anderen Gruppen darüber hinaus abgestufte Beteiligungsrechte. Die Universität war staatlich privilegiert, geschützt und finanziert; sie bot den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein hohes Maß an akademischer Freiheit sowie ein sehr weitgehendes Selbstergänzungsrecht.

Das Organisationsmodell der „unternehmerischen“ Hochschule eliminierte die partizipatorischen Rechte. Dies löste Widerstand aus:

„Wie in Hamburg bestimmt auch in vielen anderen Bundesländern inzwischen ein Hochschulrat den Rektor oder die Präsidentin. Die Proteste sind somit insbesondere von Seiten der Professorinnen und Professoren vielfach auch gespeist von dem Willen, die körperschaftliche, also auf Mitgliedschaft beruhende, Tradition der deutschen Universitäten und Fachhochschulen aufrecht zu erhalten, die sich exemplarisch in der akademischen Selbstverwaltung widerspiegelt.“ Lesen Sie mehr.

Kirche: Die Basis einer entgegengesetzten Entwicklung legt das unternehmerische Organisationsmodell, wie es in den wort-meldungen bereits früher dargestellt wurde. Wichtiger Bestandteil ist der weitgehende Ausschluss der Professionen aus den formalen Entscheidungsprozessen und -gremien. So z.B. auch in der Kirche auf der mittleren Ebene:

Die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Kirchenkreisrates

 … Für die Zusammensetzung des Kirchenkreisrates gilt, dass die Anzahl der hauptamtlichen Mitglieder die Hälfte der Gesamtzahl der Mitglieder des Kirchenkreisrates nicht erreichen darf.

So in den entsprechenden Gesetzen bspw. der EKM.

Diskutiert (und beschlossen) werden aber auch weit ungünstigere Zusammensetzungen:

Auch die Zahl der gewählten ordinierten Mitglieder bei der kleinen Lösung bewegte die Gemüter einiger Parlamentarier. Sie bangten um den Sachverstand im Gremium. Hintergrund: Bei künftig rund 50 Mitgliedern würde meist nur noch ein Delegierter aus dem regionalen Kreis der Pastorinnen und Pastoren stammen.

Diese Fragen sind nicht allein Machtfragen. Sondern es ist auch die Frage der Wirksamkeit der Institutionen selbst. Das trifft nicht allein auf die Wissenschaftgemeinschaften, als auch anderer Dienst- und Professionsgemeinschaften zu.

Schule:

Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den aus internationalen Absprachen und überwiegend wirtschaftlichen Interessen erwachsenen Konzepten hat es in Deutschland jedoch bisher nicht gegeben. Die für die Umsetzung von Bildungsreformen zuständige  Lehrerschaft wurde an deren Entwicklung nicht angemessen beteiligt. Sie wurde in der Durchsetzung von Reformmaßnahmen – die durchaus sinnvolle Anteile haben könnten – zum bloßen Empfänger von Anordnungen degradiert.Lesen Sie mehr.

Arbeits- und Leistungskontrollen in den Professionen (Thema des Monats)

Mit dem Eindringen des unternehmerischen Institutionenmodells verlieren die Professionen an Selbständigkeit. Ihre Fachkompetenz wird regelmäßiger Überprüfung unterzogen (s. Pfarrer, Lehrer), Verfahren mit dem Ziel der Leistungssteigerung werden etabliert (s. Lehrer). Bei Freiberuflern werden tatsächliche oder vermeintliche Normabweichungen ökonomisch sanktioniert (Ärzte).

 Arbeits– und Leistungskontrollen bei Pfarrern

Arbeits- und Leistungkontrollen bei Lehrern

Arbeits- und Leistungskontrollen bei Ärzten

Studie über Soziale Dienste: Beschäftigte zwischen Kostendruck und Anspruch an ihre Arbeit

Ob Pflege, Jugendhilfe oder Kindertagesbetreuung: Die sozialen Dienste leiden unter knappen Mitteln und wachsenden Aufgaben. Beschäftigte bringt das regelmäßig an die Grenze ihrer Belastbarkeit, zeigt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Vor allem in Pflegeberufen könnten schlechte Arbeitsbedingungen einen sich abzeichnenden Fachkräftemangel verschärfen.

Mehr als drei Millionen Menschen arbeiten laut Statistischem Bundesamt in Gesundheits-, Sozial- und Erziehungsberufen. Die Branchen, in denen sie tätig sind, stehen unter dem Druck einer zunehmenden Ökonomisierung: In den sozialen Diensten setze sich mehr und mehr eine Markt- und Wettbewerbslogik durch, schreiben Dr. Volker Hielscher, Lukas Nock, Sabine Kirchen-Peters und Kerstin Blass. Zur Studie.

Der lange Weg von Keynes zu Hayek – und wieder zurück?

John Maynard Keynes (1883-1946) und Friedrich August von Hayek (1899-1992) sind die prägenden Persönlichkeiten der Nationalökonomie des 20. Jahrhunderts. Beide stehen für eine bestimmte Theorie der politischen Ökonomie, wobei der eine, Keynes, für die staatsinterventionistische, der andere, Hayek, für die marktradikale Variante steht. Eine Ironie der Geschichte scheint es zu sein, dass der Engländer Keynes seine größte Wirkung im demokratischen Sozialstaatskapitalismus vieler kontinentaleuropäischer Staaten in den 1960er und 1970er Jahren hatte, während der Österreicher Hayek die ideologischen Grundlagen lieferte für die von den USA ausgehende, in Europa zuerst in Großbritannien während der Regierungszeit Margaret Thatchers fußfassende, nach dortigem Vorbild auch in den Kernländer Kontinentaleuropas übernommene neoliberale Transformation des Sozialstaates zunächst zum Steuer- und schließlich zum Schuldenstaat. Dabei wäre es aber eine Verkürzung der tatsächlichen Verhältnisse zu behaupten, der eine, Keynes, habe seine Wirkung bereits gehabt und dürfe als abgeschlossenes Kapitel des 20. Jahrhunderts nun in Frieden ruhen, während der andere, Hayek, erst nach seinem Tod dabei sei, seine Wirkung richtig zu entfalten, um die zukünftige Gestalt der europäischen Gesellschaften zu prägen. Tatsächlich steht nämlich immer dann, wenn Hayek als besonders mächtig oder gar „alternativlos“ erscheint, im Hintergrund Keynes bereit, um im Namen der Opfer der Hayek’schen Radikalkur das Steuer zu übernehmen, damit die Gesellschaft nicht in eine gefährliche Schieflage gerät, die ihren demokratischen Grundkonsens gefährdet. Man könnte auch sagen: Keynes steht für den Anspruch der Politik, die durch neoliberale „Reformen“ ausgelösten krisenhaften Entwicklungen der Gesellschaft durch staatliches Handeln zu korrigieren; allerdings ist die gegenwärtige Politik in Deutschland und, aufgrund der wirtschaftlichen Dominanz Deutschlands, in der gesamten EU weit davon entfernt, im Sinne der Keynes’schen Theorie korrigierend einzugreifen. Dieses Dilemma sollte eigentlich die Vorlage liefern für sozialwissenschaftliche Dramaturgien allerersten Ranges.

Allerdings stellten sich dem neoliberalen Umbau der europäischen Gesellschaften etwa zwei Jahrzehnte lang keine nennenswerten Hindernisse in den Weg. SPD und Grüne, von ihrer geschichtlichen Entwicklung her scheinbar natürliche Gegner, zeigen sich in ihrer Regierungszeit sogar als treibende Kräfte dieser Entwicklung, und nicht einmal die Linkspartei schaffte es, ihren wirkungslosen Protest gegen die „Agenda 2010“ der Schröder/Fischer-Regierung mit einer einigermaßen realistischen Analyse der Entmachtung der Politik durch sogenannte „Marktkräfte“ als nicht nur ressentimentgesteuert, sondern als in der Sache begründet erscheinen zu lassen.

Obwohl in der Politik nach wie vor keine Anzeichen für eine Korrektur des neoliberalen Weges erkennbar sind, scheint sich endlich unter Intellektuellen eine Auseinandersetzung mit den Grundlagen und den Begründungsstrategien für den neoliberalen Umbau der Gesellschaft anzubahnen. Frank Schirrmachers Schrift „Ego“, in der er einen eigenwilligen (verschwörungs-)theoretischen Zugang über die sog. „Spieltheorie“ liefert, deckt dabei eher die Unterhaltungssparte ab. Das Potential zum Auslösen einer breiten Debatte hat dagegen das bei Suhrkamp erschienene Buch von Wolfgang Streeck „Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus“, das aus drei Adorno-Vorlesungen an der Universität Frankfurt hervorgegangen ist.

Der 1946 geborene Streeck ist Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und erlebte in den späten 1960er Jahren als Soziologiestudent in Frankfurt noch Adorno persönlich – allerdings habe er, wie er freimütig zugibt, damals „nicht viel verstanden“. Seine eigene Herkunft aus dem Umfeld der „Frankfurter Schule“ bietet ihm vordergründig den Anlass, die gegenwärtige Krise des Kapitalismus, die sich seit 2008 als Finanzkrise darstellt, produktiv auf die Krisentheorien der Generation der sog. „Achtundsechziger“ zu beziehen und, ausgehend von den sich darstellenden Differenzen, nach den einzelnen Etappen der krisenhaften Entwicklungen zu fragen.

Beim Blick auf die Krisentheoretiker der „langen 1960er Jahre“ – die er bis etwa 1975 andauern lässt –, zeigt sich, dass diese zwar „die Spannungen und Brüche in der politischen Ökonomie der Zeit neu zu bestimmen“ versuchten, die Richtung jedoch, „in die diese sich dann aber entwickelten und zunächst aufzulösen bzw. zu schließen schienen“, nicht erkennen konnten. Dabei, so Streeck, scheint eines ihrer Probleme gewesen zu sein, „dass sie die Selbstbeschreibung der kapitalistischen Wirtschaft der ‚Goldenen Jahre’: als technokratischer Steuerungsbund von Regierungen und Großunternehmen, aufgebaut und geeignet zur Gewährleistung von stabilem Wachstum und zur endgültigen Überwindung der wirtschaftlichen Krisenhaftigkeit des Kapitalismus, im Wesentlichen übernahmen“. Zweifelhaft schien diesen Theoretikern – Streeck nennt exemplarisch Jürgen Habermas und Claus Offe – nicht die „politische Steuerbarkeit des modernisierten Kapitalismus, sondern seine gesellschaftliche und kulturelle Legitimierbarkeit“; in ihrer klarsten Form findet sich diese Theorie in der 1973 veröffentlichten Habilitationsschrift von Jürgen Habermas mit dem Titel „Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus“.

Streeck erkennt als zentrales Problem der damaligen Legitimationstheorie, dass sie „das Kapital als politischen Akteur und strategiefähige gesellschaftliche Macht unter- und die Handlungs- und Planungsfähigkeit staatlicher Politik überschätzte“. Deshalb habe sie Wirtschaftstheorie durch Staats- und Demokratietheorie ersetzt und aus diesem Grund „auf ein Kernstück des Erbes der Marxschen politischen Ökonomie“ verzichtet – zu ihrem eigenen Nachteil.

Auf drei Entwicklungen, so Streeck, sei die Krisentheorie um 1968 nicht vorbereitet gewesen: Auf die Um- und Zurückschaltung des modernen Kapitalismus auf selbstregulierte Märkte, auf die ab den 1970er Jahren in Gang gekommene rapide Ausbreitung und hohe kulturelle Akzeptanz marktangepasster und marktgetriebener Lebensformen sowie auf die Inflationspolitik der 1970er und die Politik der Staatsverschuldung in den 1980er Jahren. Diese Entwicklungen führten zu einer schrittweisen Auflösung der nach dem Zweiten Weltkrieg zwischen Kapitalismus und Demokratie arrangierten „Zwangsheirat“, mit der Folge, dass, indem „die Legitimationsprobleme des demokratischen Kapitalismus gegenüber dem Kapital zu Akkumulationsproblemen“ wurden, diese als Bedingung ihrer Lösung „nach einer immer weiter gehenden Befreiung der kapitalistischen Ökonomie von demokratischer Intervention“ verlangten. Damit, so Streeck, habe sich der Ort der Sicherung einer Massenbasis für den modernen Kapitalismus von der Politik zum Markt verlagert – mit der Folge einer fortschreitenden „Immunisierung der Wirtschaft gegenüber der Demokratie als Massendemokratie“. Streeck bezeichnet diese Entwicklung als „Transformation des keynesianischen politisch-ökonomischen Institutionensystems der Gründungsphase des Nachkriegskapitalismus in ein neohayekianisches Wirtschaftsregime“.

Diese Analyse führt Streeck zu der These, „dass wir anders als in den 1970er Jahren jetzt womöglich tatsächlich in der Spätzeit der politisch-ökonomischen Formation der Nachkriegsperiode leben“; aber es sei eben nicht, wie von den damaligen Krisentheoretikern postuliert, die Spätzeit des Kapitalismus, sondern die Spätzeit der Demokratie – insofern, „als die Demokratie, wie wir sie kennen, auf dem Weg ist, als redistributive Massendemokratie sterilisiert und auf eine Kombination von Rechtsstaat und öffentlicher Unterhaltung reduziert zu werden“.

Genau genommen macht Streeck in seinen Ausführungen nichts anderes, als diesen Prozess „der Entdemokratisierung des Kapitalismus vermittels Entökonomisierung der Demokratie“, den er seit der Krise von 2008 weit vorangekommen sieht, in seiner vier Jahrzehnte andauernden Vorgeschichte zu beschreiben und auf seine gegenwarts- und vor allem zukunftsrelevanten Folgen hin zu untersuchen. Und diese Folgen sind gravierend: Im Kern geht es um die an verschiedenen Stellen zu beobachtende Tendenz, den demokratisch agierenden Institutionen die Kompetenz für ökonomische Entscheidungen systematisch zu entziehen. Streeck betrachtet den Neoliberalismus als mit dem demokratischen Staat unvereinbar, „sofern unter Demokratie ein Regime verstanden wird, das im Namen seiner Bürger mit öffentlicher Gewalt in die sich aus dem Marktgeschehen ergebende Verteilung wirtschaftlicher Güter eingreift“.

Das Ziel des Neoliberalismus besteht demnach in einer Immunisierung des Marktes gegen demokratische Korrekturen. Wie aber kann eine solche Immunisierung praktisch erfolgen? Streeck nennt zwei mögliche Strategien: entweder „durch neoliberale Umerziehung der Bürger oder durch Abschaffung der Demokratie nach dem chilenischen Vorbild der 1970er Jahre“, als die neoliberalen Hayekschüler um Milton Friedman vom Pinochet-Regime Chile als wirtschaftspolitisches Experimentierfeld überlassen bekamen. Angesichts dieser Alternativen erkennt Streeck, dass das eine „in Form öffentlicher Dauerindoktrination durch die standardökonomische Theorie laufend versucht“ werde, und das andere „zur Zeit nicht zur Verfügung“ stehe. Deshalb müssten die „Auflösung der Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie sowie die Etablierung eines dauerhaften Primats des Marktes über die Politik […] in erster Linie durch inkrementelle ‚Reformen‘ der politisch-ökonomischen Institutionen betrieben werden: durch den Übergang zu einer regelgebundenen Wirtschaftspolitik, zu unabhängigen Zentralbanken und einer gegen Wahlergebnisse immunisierten Fiskalpolitik; durch Verlagerung von wirtschaftspolitischen Entscheidungen in Regulierungsbehörden und Gremien sogenannter ‚Experten‘; sowie durch verfassungsmäßig installierte Schuldenbremsen, mit denen Staaten sich und ihre Politik über Jahrzehnte, wenn nicht für immer, rechtlich binden sollen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Staaten so umgebaut werden, „dass sie das Vertrauen der Kapitaleigner und Kapitalbeweger dauerhaft verdienen, indem sie durch in ihnen institutionell fest verdrahtete Politikprogramme glaubhaft garantieren, dass sie nicht in ‚die Wirtschaft‘ intervenieren werden – oder wenn doch, dann nur zur Durchsetzung und Verteidigung von Marktgerechtigkeit in Gestalt einer angemessenen Rendite auf Kapitalinvestitionen“. Als Voraussetzung dafür müsse die Demokratie, „verstanden im Sinne der sozialen Demokratie des demokratischen Kapitalismus der Nachkriegszeit, neutralisiert und die Liberalisierung als hayekianische Liberalisierung, das heißt als Immunisierung des Kapitalismus gegen massendemokratische Interventionen, betrieben und vollendet werden“.

Diese realistische, an den tatsächlichen Vorgängen orientierte Analyse kontrastiert Streeck mit einer, wie er es nennt, „standardökonomischen Theorie“, der zufolge die Krise der Staatsfinanzen „Ergebnis ungeklärter Eigentums- und damit Verantwortungsverhältnisse“ sei. Diese wiederum, so die Annahme dieser Theorie, seien einem „Versagen der Demokratie zuzurechnen, genauer: der Erstreckung demokratischer Beschlussrechte auf Probleme, auf die sie nicht passen“. Deshalb, so weiter, erfordere die Behebung der Fiskalkrise „eine Abschirmung der öffentlichen Finanzen gegen demokratisch generierte Forderungen und letztlich eine Verkleinerung der durch Besteuerung eingerichteten gesellschaftlichen Allmende“.

„Allmende“ erscheint bei Streeck als Schlüsselbegriff der standardökonischen Theorie, der zufolge die Krise der Staatsfinanzen durch das Versagen der Demokratie entsteht. Dazu wird auf eine alte Denkfigur aus dem 19. Jahrhundert zurückgegriffen: Im Mittelalter gab es die Allmende, ein jedem Bewohner zugängliches und von jedem genutztes Gemeindeland. Diese Allmende wurde überbeansprucht, indem jeder sich des Landes bediente, aber niemand sich für die Pflege verantwortlich sah. Diese Theorie, so Streeck, wurde erfunden „zur Verteidigung der in der Regel gewaltsamen Privatisierung von mittelalterlichem Gemeineigentum im Zuge des Übergangs zum modernen Kapitalismus, von Marx als ‚ursprüngliche Akkumulation‘ beschrieben“. Diese Legende vom Verschwinden der Allmende wird nun auf die öffentlichen Finanzen übertragen, woraus die Sicht entsteht, dass rational handelnde Akteure sich dieser Finanzen bedienen ohne dafür Sorge zu tragen, dass sie sich immer wieder regenerieren können. Diese rational handelnden Akteure sind in den Augen der Ökonomen Politiker, die den Pool der öffentlichen Finanzen benutzen, um ihren Wählern Wohltaten zukommen zu lassen, die zwar ihnen selbst bei der Wiederwahl behilflich sein sollen, aber den common pool langsam austrocknen. Um Geld für weitere Wohltaten für die Wähler zur Verfügung zu haben, muss der common pool, also der Staatsetat, mit geborgtem Geld aufgefüllt werden, was zu einer Schuldenanhäufung führt. Schuldenmachen ist demnach in der standardökonomischen Theorie das logische Ergebnis rational – also egoistisch – handelnder Akteure: sowohl der um ihre Wiederwahl besorgten Politiker als auch der nach ihrem größtmöglichen Vorteil ausschauenden Wähler.

Dieser standardökonomische Blick auf die Ursachen der Fiskalkrise basiert jedoch auf einer Umkehrung der Kausalitäten, denn „verfolgt man die Entwicklung der Fiskalkrise von der Gegenwart aus zurück, so hat der dramatischste Verschuldungssprung seit dem Zweiten Weltkrieg, der von 2008 und danach, offenkundig überhaupt nichts mit einer demokratisch ermächtigten Anspruchsinflation bei den Wahlbürgern zu tun. Wenn gestiegene Ansprüche im Spiel waren, dann kamen sie von den in Schieflage geratenen Großbanken […].“ Diesen sei es gelungen, sich als „systemrelevant“ und deshalb politisch rettungswürdig darzustellen. Ausgenutzt hätten sie dabei „die Angst der Bürger und Regierungen vor einem Absturz der Realwirtschaft, die einem kostspieligen Rettungskeynesianismus den Weg bereitete, bei dem es statt um frivole Selbstbereicherung von Wählermassen aus herrenlosem Eigentum um die Verhinderung kollektiver Verarmung ging“.

Wolfgang Streecks grandiose Analyse der krisenhaften Entwicklung des demokratischen Kapitalismus zu einem immer weiteren Auseinanderdriften zwischen Kapitalismus und Demokratie endet mit einem eher resignativen Grundton: Er regt einen Rückbau der europäischen Währungsunion an, um die „Abwertung als Institution in einem internationalen Wirtschaftssystem“ als Möglichkeit für ökonomisch schwächere Staaten zurückzugewinnen. Die Währungsunion sieht er als politischen Fehler, „weil sie trotz der enormen Heterogenität der Länder der Eurozone die Abwertung eliminiert hat, ohne zugleich mit ihr auch die Nationalstaaten und die Demokratie auf nationaler Ebene abzuschaffen. Anstatt den Fehler durch eine Flucht nach vorn zu vergrößern und die Währungsunion durch eine ‚politische Union‘ zu vervollständigen, die nichts anderes sein könnte als die endgültige Inthronisation des Konsolidierungsstaates, kann man versuchen, solange die Krise den Ausgang noch offen hält, ihn durch Rückkehr zu einem geordneten System flexibler Wechselkurse in Europa ungeschehen zu machen.“

In der Debatte um Streecks Buch hat sich jüngst auch Jürgen Habermas zu Wort gemeldet. In einer kritischen Besprechung in der Zeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“ stimmt er Streecks Analyse des Krisenverlaufs zwar weitgehend zu, zieht daraus aber andere Schlussfolgerungen: Statt einer Aufkündigung der Währungsunion plädiert er für eine Reform der EU-Institutionen hin zu einer „supranationalen Demokratie“. Vor allem das Parlament möchte er gegen die Kommission stark machen, denn nur „in dem nach Fraktionen gegliederten Europäischen Parlament kann eine nationale Grenzen durchkreuzende Interessenverallgemeinerung stattfinden. Nur in parlamentarischen Verfahren kann sich eine europaweit generalisierte Wir-Perspektive der EU-Bürger zur institutionalisierten Macht verfestigen.“

Allerdings ist zu fragen, ob Habermas an dieser Stelle nicht einer zu optimistischen Sicht verfällt. Tatsächlich fördern die gegenwärtigen Strukturen der EU eher den Abbau der Demokratie und werden von ihren Befürwortern gerade deshalb als „alternativlos“ dargestellt. In Wolfgang Streecks Argumentationslogik ließe sich sogar behaupten, dass die Struktur der EU selbst bereits Ergebnis des neoliberalen Umbaus der europäischen Gesellschaften ist. Die wesentlichen Verträge wie der Mastricht- und der Lissabon-Vertrag wurden schließlich in derjenigen Phase des europäischen Projekts geschlossen, als die Weichen für eine Wirtschaftsunion gestellt waren, die notfalls auch ohne politische Union realisiert werden sollte. Habermas selbst schätzt die von ihm erhoffte politische Union, die einzig ein Auseinanderdriften von Demokratie und Kapitalismus verhindern könnte, als schwer realisierbar ein, gibt ihr aber dennoch eine realistische Perspektive. In der Bundesrepublik bestärke zwar „eine unsäglich merkelfromme Medienlandschaft alle Beteiligten darin, das heiße Eisen der Europapolitik im Wahlkampf nicht anzufassen und Merkels clever-böses Spiel der Dethematisierung mitzuspielen“. Daher, so Habermas, sei „der ‚Alternative für Deutschland‘ Erfolg zu wünschen“. Er hoffe, „dass es ihr gelingt, die anderen Parteien zu nötigen, ihre europapolitischen Tarnkappen abzustreifen.“

Sollte dies nicht geschehen, drohen in einigen Ländern Südeuropas autoritäre Wirtschaftsregime nach dem Muster Griechenlands und der Monti-Regierung in Italien und in Deutschland degeneriert die Demokratie zu einer „Kombination von Rechtsstaat und öffentlicher Unterhaltung“, wie es Wolfgang Streeck in seinem Buch mit aller wünschenswerten Klarheit analysiert.

Martin Schuck

Institutioneller Wandel und Generalmodell neoliberaler Organisationsreformen (Monatsthema)

 

Der Präsident des Fraunhofer Institut für Gesellschaftsforschung Wolfgang Streeck analysiert, dass die „Auflösung der Spannung zwischen Kapitalismus und Demokratie sowie die Etablierung eines dauerhaften Primats des Marktes über die Politik“ in erster Linie durch inkrementelle ‚Reformen‘ der politisch-ökonomischen Institutionen betrieben werden“. Diese Prozesse werden allseits als Bedrohung wahrgenommen. So kommentiert Andrian Kreye die aktuelle Lage in der Süddeutschen: „2013 geht es darum, die Vergangenheit zu bewahren…In Europa und Amerika ist das ein Kampf um die Errungenschaften des 20. Jahrhunderts.“ (SZ, 10.06., S.4).

Im Visier solcher die demokratischen Errungenschaften zerstörenden Prozesse ist zum einen der kulturelle Sektor (vgl. den Beitrag zum Handelsabkommen Tafta in dieser Ausgabe). Zum anderen und weitgehend im Verborgenen der Bereich, der bislang einen öffentlichen Auftrag des Gemeinwesens, die Garantie des Rechtswesens, der Gesundheit, der Bildung und der Religion zu erfüllen hatte. In dem genau diese jeweilige Aufgabenerfüllung im Vordergrund stand und ökonomische Fragen sekundär bleiben. In dem die professionelle Erfüllung der Aufgabenstellung dem Interesse des Gemeinwesens somit eng verbunden ist. In dem also die Identität der Professionen wenigstens mittelbar verbunden ist mit der demokratischen Grundordnung.

Mit den Institutionen sind also auch deren Protagonisten, die Professionen, im Visier der Reformer. Und mit dem Transformationsprozess geht ein Wertewandel einher, der das Berufsbildes der traditionellen Profession selbst erschüttert. Es trifft das Berufsethos des durch sein/ihr Wirken für die gedeihliche Entwicklung der Gesellschaft tätigen und sich in seinem je sehr unterschiedlich gearteten Zuständigkeitsbereich verantwortlich und professionell Tätigen. Es trifft das Berufsethos einer Personengruppe, die bislang gegenüber den weit vorgedrungenen Spielarten offener oder verdeckter Korruption vergleichsweise unanfällig waren und die gerade dadurch volkswirtschaftlich und gesellschaftlich einen kaum zu unterschätzenden Nutzen erzeugt.

Nicht allein deshalb wächst der Unmut der Professionen gegenüber dem Wandel des Berufsfeldes durch ‚Reformen‘. Und es ist weniger die gesellschaftliche Anerkennung, die den Professionen versagt wird. Zwar beklagen sich alle Professionen, dass sie bzw. ihre Arbeit von der Seite der jeweiligen Leitung her diskreditiert wird, so unisono Richter, die Ärzte, Lehrer und Pfarrer. Unbeschadet dessen bleibt die gesellschaftliche Anerkennung etwa von Ärzten und Pfarrern (wir differenzieren an dieser Stelle mangels Information nicht nach evangelisch und katholisch) oder etwa der Justiz als Institution ungebrochen. Das Ergebnis der Arbeit der Professionen genießt also hohe Anerkennung. Jedes Wirtschaftsunternehmen würde mit solchen Pfunden seiner Mitarbeiter wuchern. Nicht aber die politischen und kirchlichen Leitungsorgane. Kann man sich deren Schelte erklären? Ist etwas schief gegangen in der Kommunikation?

Hochschulfreiheitsgesetz, Selbständige Schule (Hessen), Selbstverwaltete Justiz, ‚Kirche der Freiheit‘, Reformen – klingt das nicht alles gut? Zu schön, um wahr zu sein? Fühlt man sich in die 90iger Jahre versetzt, wo dem Volk unter dem Versprechen verbesserten Services die Post privatisiert wurde – und man anschließend in langen Warteschlangen auf seine „Abfertigung“ warten musste und heute mehr denn je warten muss. Worum geht es bei den hochtrabenden Versprechen? Wolfgang Huber, der frühere Ratsvorsitzende der EKD, benennt als Grund der Wahl des „Begriffs Kirche der Freiheit“  für den kirchlichen Reformprozess auf einer internen Tagung:

„Unter den drei Leitbegriffen der neuzeitlichen Revolutionen – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – ist vor allem die Freiheit zu einem Schlüsselwort für das Selbstverständnis des modernen Menschen geworden. Seine Berufung zum aufrechten Gang, die ihm anvertraute Fähigkeit, Subjekt des eigenen Handelns, ja der eigenen Lebensgeschichte zu sein, der ihm zugetraute Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, die Erfahrung mit sich selbst in der Erschließung der Welt: all das gibt dem Begriff der Freiheit einen unvergleichlichen Klang. Er ist voller Verheißungen…“.

Der unvergleichliche Klang… Verheißungsvolle Worte. In der Kirche – und anderswo. So beim Hochschulfreiheitsgesetz: „Der Begriff „Freiheit“ nimmt eine zentrale Rolle bei der Umwälzung des Hochschulwesens ein. Das Pathos der Freiheit ist geradezu das wichtigste Lockmittel für die Betroffenen.“, so Wolfgang Lieb, Staatssekretär a.D. . Verheißungsvolle Worte dienen also als Etiketten, hinter denen sich alles Mögliche verbergen kann. Und zu oft fühlt sich der Zeitgenosse und mehr noch der Professionelle von solchen Etiketten getäuscht und verschaukelt. Man hatte den Worten vertraut… oder vertrauen noch immer…

Doch es entstand Unmut, nicht allein wegen der durch Versprechungen geweckte Erwartungen. Sondern mehr noch durch das, was an konkreten Reformmaßnahmen folgte.

Bei den an Institutionen gebundenen Professionen wollen wir im Folgenden den Themenkreisen

1. unternehmerisches Organisationsmodell und seine Risiken

2. Fachkontrolle und

3. Entmachtung der Profession

unser Augenmerk richten. (Die Themen 2 und 3 werden in der kommenden Ausgabe behandelt.)

 

Wir beginnen in dieser Ausgabe mit dem Thema Unternehmerisches Organisationsmodell und seine Risiken am Beispiel der Universitätsstruktur gemäß dem „Hochschulfreiheitsgesetz“ (sic!) in NRW und dem Reformvorhaben „Selbstverwaltete Justiz“.

Unternehmerisches Organisationsmodell: Die Darstellung in der Grafik ist bewusst sehr abstrakt gehalten. Wer die Grafik ‚Generalmodell in seiner Grundstruktur‚ transparent liest und versteht, entdeckt darin das Grundmodell nicht nur bei Reformprozessen in der Hochschule, sondern auch der Kirche (hier: neues Steuerungsmodell der sog. Mittleren Ebene Dekanat, Kirchenkreis; vgl. Hess. Pfarrblatt 03/2013) und mit gewissen Modifikationen auch in neuen Reformvorhaben einer sog. selbstverwalteten Justiz und der unter dem Stichwort „Kommunaler Schullandschaften“ betriebener organisatorischer Veränderungsprozesse des Bildungswesens. Kurz: es gibt ein Generalmodell zur Organisationsreform der Institutionen  der Verselbständigung der Einrichtungen/Rechtsträger nach dem klassischen Muster und Instrumentarien des Wirtschaftsbetriebs. Immerhin mit geringfügigen Anpassungen an die individuelle Besonderheit der Institutionen. So wird für die Justiz eine Besetzung des Aufsichtsrates durch Laien nicht erwogen. Unberücksichtigt bleibt aber bspw., dass sich die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts aus freiwilligen Kirchensteuerbeiträgen finanziert. Sie kann also anders als der Staat in dem Bereich der staatlichen Institutionen nicht auf die Zwangsmitgliedschaft und gesetzliche Zwangsverpflichtung setzen. Kirche braucht also den Konsens mit und die Rückbindung zu den Mitgliedern. Zu solchen weitergehenden, aber essentiellen Modelldifferenzierungen sind die Reformer aber offensichtlich nicht in der Lage. Das alles nährt den Verdacht, dass aufgrund der Verschiedenartigkeit der Institutionen dieser Generalansatz schwerlich die spezifischen Problem- und Aufgabenstellungen aller unterschiedlichen Institutionen berücksichtigen kann. Und schürt den Verdacht, dass solche korrekturbedürftigen Ausgangsprobleme der Institutionen mit solchen Generalmodellen eher noch verstärkt werden könnten. In der Kirche jedenfalls hat die Einführung teilweise heftige Konflikte ausgelöst. Wir verweisen hier nur auf die Beiträge von Pfr. Alberti aus der EkiR und RA Hoffmann aus der EKBO im Dt. Pfarrerblatt. Unsere Vermutung könnte dadurch bestätigt sein.

Konstruktionsfehler des Modells. Die bis dato demokratisch bottom-up aufgebauten Organisationsstrukturen werden in den Reformen durch eine top-down-Struktur ersetzt. Die Spitze bildet ein Hochschulrat ausgestattet mit den entsprechenden Aufsichtsratsfunktionen. Dieser ist zur Hälfte aus Laien besetzt. Und der Vorsitzende muss zwingend Laie sein:

„An Stelle des Ministeriums oder des Parlaments als rahmensetzende Organe wurde der „unternehmerischen“ Hochschule, wie bei einem in Form einer Aktiengesellschaft konstituierten Wirtschaftsunternehmen, eine Art Aufsichtsrat dem Management der Hochschule als (so wörtlich) „Fachaufsicht“ vorgesetzt…

Die Hochschulratsmitglieder entscheiden über das Geld der Steuerzahler nach ihren ganz persönlichen oder ihren politischen oder ökonomischen Interessen. Vgl. den auch im folgenden zitierten Artikel von Staatssekretär a. D. Wolfgang Lieb.

Die Geschäftsführung liegt beim Vorstand/Präsidium. In der Regel ein Mitglied des Lehrkörpers. Der Staat möchte sich aus der unternehmerischen Hochschule weitgehend zurückziehen. Für die Kirche als Körperschaft gilt dies analog. Seine Aufgabe sieht der Staat in der Bereitstellung von Steuermitteln – zusätzlich zu zu aquirierenden Fremdmitteln aus der Wirtschaft. Die bisherige Gesamtverantwortung für die Rahmenbedingungen guter Arbeit der Institution wird vollständig bzw. weitgehend auf die Einrichtung (Universität/Mittlere Ebene) delegiert. 

In der Reformrhetorik werden als  Ziele der Reformen bekanntlich die Steigerung von Wirksamkeit, Professionalität etc.  benannt. Wie dürfte es damit bei einer derartigen Struktur bestellt sein? Mit welcher Kompetenz sollen bspw. Laien eine Hochschule leiten? Die Investitionen planen? Generell strategische Planungen entwickeln? Eine selbstkritische Stimme, der ehemalige Staatsekretär Lieb NRW, fragt:

„Der Hochschulrat hat die „Fachaufsicht“ über die Hochschule! Laut § 21 HFG konzentrieren sich die wichtigsten Machtkompetenzen einer Hochschule im Hochschulrat:

Ich bin selbst Mitglied in einem Hochschulrat einer Hochschule und habe so seit 6 Jahren Erfahrungen mit einem solchen „Aufsichtsrat“ sammeln können:

Mit vielen anderen Hochschulratsmitgliedern, mit denen ich gesprochen habe, bin ich zur festen Überzeugung gelangt: Ein ehrenamtlicher Hochschulrat ist mit den ihm per Gesetz übertragenen Kompetenzen schlicht überfordert.
Die jeweiligen Entscheidungen leiten sich allenfalls aus dem jeweils persönlichen Vorurteil oder Interessensbezug ab oder: man folgt lieber gleich dem Vorschlag des Präsidenten.“ 
Artikel von W. Lieb

Es bestehen – so auch das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das niedersächsische Modell einer Stiftungshochschule – „durchgreifende Zweifel“, ob diese Aufsichtsräte die ihnen vom Gesetz übertragenen Kompetenzen fachlich und sachlich ausfüllen können. Lesen Sie mehr.

Ähnlich wird die Problematik von Laien mit Aufsichtsratsfunktion auch in der Kirche beurteilt. Denn dort soll die mittlere Ebene zu einer entsprechenden unternehmerischen Organisationseinheit werden. So schreibt Pfarrer Alberti, Wuppertal, in einem Artikel im Deutschen Pfarrerblatt:

„Wer den ehrenamtlichen Presbyterien und Mitarbeitern in den Gemeinden Kompetenzen wegnehmen will (wie u.a. bei der Übertragung von Personalplanung und Personalverantwortung auf den Kirchenkreis), überträgt auf die dort tätigen ehrenamtlichen (und hauptamtlichen) Mitglieder der Kreissynodalvorstände weitaus mehr Entscheidungen, als sie selbst überblicken und angemessen entscheiden können. Superintendenten, Assessoren und die ehrenamtlichen Kreissynodalmitglieder müssen mit dieser Entscheidungsfülle völlig überfordert sein. Folglich sind sie weitgehend auf die Vorarbeiten und Vorlagen der Verwaltung angewiesen. Wenn Verwaltung aber für den Kreissynodalvorstand und die Superintendenten alles bearbeitet und vorbereitet, wird Verwaltung zum letztlich entscheidenden Gremium.“

Auch die versicherungsrechtliche Frage ist ungeklärt. Denn bei einer solchen laiendominierten Zusammensetzung sind ja – vorsichtig gesprochen – Fehlentscheidungen nicht ausgeschlossen. Wer haftet in diesem Falle? Es wird zugegeben, dass die Haftung der Mitglieder ungeklärt ist. „Die Ehrenamtlichkeit konfligiere mit den zumeist weitreichenden Kompetenzen der Hochschulräte, deshalb sollten diese für einen „individuellen Versicherungsschutz“, etwa einer „Directors and Officers Versicherung“, wie das für das Management von Unternehmen üblich ist, Sorge tragen und die Hochschulen sollen die entsprechenden Versicherungsbeiträge übernehmen“.

Aus dem o.g. Artikel von W. Lieb.

Neben grundsätzlicher rechtlicher Bedenken muss ergänzend die Frage erlaubt sein, inwieweit die hauptamtlichen durch die Ehrenamtlichen in ihrer Tätigkeit entlastet werden. Denn solche Unterstützung ist ja das traditionelle Argument für Ehrenamtlichkeit. Bei realistischer Betrachtung muss aber feststellen, dass Ehrenamtlichkeit immer Kräfte und Ressourcen der Hauptamtlichen bindet. Und damit also nach außen gerichtete Leistung bei Hauptamtlichen wieder verloren geht. Im ungünstigen Fall ist die addierte gesamte „Wirkungsbilanz“ dann sogar negativ. Folglich wird in einem professionell arbeitenden System immer die Frage zu stellen sein, an welchen Stellen Ehrenamtliche so eingesetzt werden können, dass sie die Gesamtwirksamkeit des „Betriebs“ wirklich steigern. Beispiele in der Wirtschaft für den Einsatz von Ehrenamtlichen, sprich Praktikanten,  im Aufsichtsrat wie im Hochschulfreiheitsgesetz sind bislang nicht bekannt… Man darf vermuten: aus gutem Grund! Ein lesenswertes Beispiel einer negativen Wirkungsbilanz schildert ein betroffener, ein ehemaliger Richter aus Frankfurt, bezüglich der Ehrenamtlichkeit im Gericht – dem Einsatz von Schöffen.

Zur Frage der Verfassungskonformität des unternehmerischen Institutionenmodells

Schon beim Hochschulfreiheitsgesetz entzündet sich die Frage der Verfassungskonformität. In einer Dissertation kommt der Verfasser Thomas Horst zum „Ergebnis, dass nach Art. 5 Abs. 3 GG der Gesetzgeber in allen wissenschaftsrelevanten Angelegenheiten verpflichtet ist, einen hinreichenden Einfluss der Träger der Wissenschaftsfreiheit zu garantieren und dass die im Hochschulgesetz NRW eingeräumte Möglichkeit der Überstimmung des Senats durch den Hochschulrat als verfassungswidrig zu beurteilen ist.“, so W. Lieb in seiner Darstellung.

Auch seitens des Richterbundes wird in einer Stellungnahme zum Reformvorstoß der Gerichte die Verfassungskonformität der Vorlage bestritten. Der Richterbund legt dar:

„Die Aufnahme der Selbstverwaltung ins Grundgesetz ist grundsätzlich zu begrüßen. Jedoch muss auch eine selbstverwaltete Justiz das Rechtsstaatsgebot und das Demokratieprinzip beachten. Eine von parlamentarischem Einfluss freie Justizverwaltung widerspricht dem Kerngehalt des Demokratieprinzips des Grundgesetzes und kann deshalb auch durch Verfassungsänderung nicht vorgesehen werden. Dem wird eine Lösung nicht gerecht, die eine Justizverwaltung ausschließlich durch Richter und Staatsanwälte vorsieht. Die richterliche Unabhängigkeit erstreckt sich nicht auf Aufgaben der Justizverwaltung.

Vorgeschlagen wird eine Justizverwaltung ausschließlich durch Richter und Staatsanwälte (Art. 92 Abs. 2 Satz 1 a.E. GG-E). Eine solche autarke Justizverwaltung widerspricht der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Demokratieprinzip, weil sie keine ausreichende Rückkopplung von Verwaltungsentscheidungen an das Volk als Träger der Staatsgewalt vorsieht….

Auch für die Justizverwaltung gilt, dass nach Art. 20 GG alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und die Ausübung von Staatsgewalt, wozu auch die Justizverwaltung selbst zählt, der demokratischen Legitimation bedarf. Mit dieser Anforderung ist eine autarke, und damit sich aus sich selbst heraus legitimierende Justiz unvereinbar.“ So der Deutsche Richterbund in seiner Stellungnahme. 

Fazit: die klassischen Institutionen befinden sich in einem Prozess der Umformung. Zentraler Bestandteil ist eine rechtlich weitgehend selbstsändige, nach unternehmenstrukturen transformierte Institution. Die Verheißung der Freiheit hat sich nicht erfüllt: „Die überwiegende Mehrheit der Forschenden und Lehrenden an den Hochschulen und schon gar die Studierenden sind mit der „neuen“ Freiheit verglichen mit ihren früheren Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten wesentlich „unfreier“ geworden als unter der früheren – allerdings durchaus nicht optimalen – akademischen Selbstverwaltung.“ (W. Lieb.) Das Modell ist zudem volkswirtschaftlich und für das demokratische Gemeinwesen schädlich.

Dieses selbe Grundmodell soll in den klassischen Institutionen in leicht angepassten Varianten umgesetzt werden. Dies Modell öffnet die Tore für die Einflussnahme, teilweise auch der Dominanz der Ökonomie durch den Einfluss der Laien in den Aufsichtsräten. Insofern ist die Organisationsmodell anfällig für offene oder versteckte Korruption, jedenfalls aber für eine Deprofessionalisierung. Eine Verbesserung der Leistungen der Institution im Sinne der Zielsetzung  des demokratischen Gemeinwesens, also der Verbesserung der Bildung, der Rechtssicherheit, des Gesundheitswesens oder aber der Arbeit der Kirchen, scheint nach alle dem höchst unwahrscheinlich. Zudem ist die Frage der Verfassungskonformität offen.

Friedhelm Schneider