Archiv der Kategorie:
Träger von Reformalternativen

Dienstwohnungspflicht Pfarrhaus: Der Mietwertstreit mit den Finanzämtern ist immer noch nicht geklärt und Wohnen im Pfarrhaus wird teurer. Aus dem Vorstandsbericht des Pfarrvereins der EKKW.

06/2015

Hess. Pfarrrerblatt 3/2015, S. 13ff

Franz Illgen

Dienstwohnungspflicht Pfarrhaus

„Der Mietwertstreit mit den Finanzämtern ist immer noch nicht – weder zufriedenstellend noch überhaupt – geklärt. Zum Teil stehen Nachzahlungen von mehreren Tausend Euro im Raum.
Es steht zu befürchten, dass die in anderen Landeskirchen schon vor Jahren getroffenen Regelungen – in der Regel Entlastungen für die Dienstwohnungsnehmer/innen – in unserer Landeskirche nicht mehr möglich sind. Freilich betrifft dies ohnehin staatliches (Steuer-)Recht, auf das die Kirche, wenn überhaupt, nur mittelbar Einfluss hat, den sie aber offenbar bisher leider nicht zum Wohl der Dienstwohnungsnehmer/innen geltend machen konnte. (Die Pfarrvertretung hat jahrelang in dieser Sache eine Regelung angemahnt.) Darüber hinaus bestehen aber verschiedentliche Möglichkeiten, bei denen die Kirche rechtlich frei ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Um eine Maximalforderung in den Raum zu stellen, die nicht ganz aus der Luft gegriffen ist: Wenn ein Unternehmen wünscht, dass Mitarbeitende aus repräsentativen oder auch aus Kostengründen einen Dienstwagen fahren, dann wird der oft auch noch zur privaten Nutzung gestellt. Der Neupreis wird monatlich mit 1 % versteuert. Das war es dann in der Regel. Überträgt man dies auf die Dienstwohnungen, wäre eine Versteuerung des Mietwertes hinreichend, geschieht doch das Wohnen in einer Dienstwohnung als Teil des Dienstauftrages. Dass seit Jahresanfang 2015 auch der Familienzuschlag neben dem früheren sog. Ortszuschlag für das Wohnen in einer Dienstwohnung einbehalten wird, liegt im freien Ermessen des Dienstgebers. So sind auch andere Regelungen üblich, wie beispielsweise in Hannover. Dort werden meist Beträge unter 500 e neben der Schönheitsreparaturen-Pauschale gezahlt, ohne sonstigen Einbehalt! Dieser Einbehalt scheint in der EKD ein kurhessisches Spezifikum zu sein (lediglich die Pfalz hat eine ähnliche Regelung). In vielen anderen Landeskirchen gelten den Hannoveranern vergleichbare Regelungen, m. a. W.: der zu zahlende (einbehaltene) Betrag und der zu versteuernde Betrag sind je für sich und in der Summe schlicht zu hoch. Hinzu kommt die Variable „Heizkosten“, die aufgrund der baulichen Zustände vieler Pfarrhäuser ebenfalls zu hoch liegt. (s.17)

So kann es aus unserer Sicht doch wesentlich darum gehen, die Attraktivität des Pfarrberufs zu erhalten, wenn nicht sogar noch zu steigern, um den wenigen Bewerber/innen interessantere Bedingungen als anderswo zu bieten. Privatisierung der Kosten des Wohnens (ohne in der Regel wirklich frei entscheiden zu können, wo man wohnt), aber auch formale Hürden wie das sog. 3. Examen, dürften dem gegenläufig sein.“ ( vgl. S.17)

War der Beratungsausschuss nicht mal erfunden worden, um aus der erwarteten Theologenschwemme die geeignetsten herauszufischen? Ist das angesichts heutiger Bewerbungslage noch zeitgemäß (attraktiv), wirklich alle dieses Gremium durchlaufen zu lassen, wohlgemerkt, neben den üblichen Examina und Anstellungsverfahren? Anders gesagt: Wir hoffen und wünschen, dass es der Kirche gelingt, sich für zukünftige Generationen attraktiv aufzustellen. (S.17)

PAPST FRANZISKUS, SIE BRAUCHEN LEBENDIGE GEMEINDEN UND DIE GEMEINDEN BRAUCHEN SIE! Offener Brief an Papst Franziskus von der Pfarrer-Initiative Deutschland.

Mai 2015, Pfarrer-Initiative Deutschland

Papst Franziskus, Ihre Vision von Kirche bewegt uns: eine Kirche in der Spur und im Geist Jesu nahe bei den Menschen, ihnen in Respekt und Offenheit verbunden, auf Augenhöhe, als echte Weggefährtin – zugewandt gerade jenen, die am Rand stehen und besonderer Solidarität bedürfen. Statt Gräben zu vertiefen, führen Sie zusammen. Statt zu urteilen, suchen Sie zu verstehen. Statt Türen zu schließen, öffnen Sie Herzen. Hier wird die Urform von Kirche, wie Jesus sie uns vorgelebt hat, endlich wieder spürbar. Unsere Bischöfe begegnen dem Priestermangel überall auf der Welt immer öfter mit der Zusammenlegung aktiver und lebendiger Pfarrgemeinden zu anonymen und unüberschaubaren Großstrukturen. Fusionieren scheint das Rezept der Stunde. Doch in den neuen Pfarr-Großverbänden geht der persönliche Kontakt zu den Menschen verloren. Die Sakramente und der Priester entfernen sich immer weiter vom Alltag der KirchenbürgerInnen.  Der vollständige Brief.

13 Kommentare zur Antwort des Ratsvorsitzenden auf das Wormser Wort

05/2015, bisher eingestellte Kommentare von UnterzeichnerInnen des Wormser Wortes zur Antwort des Ratsvorsitzenden bzw. seines Mitarbeiters Dr. Goldenstein:

1. Die Antwort des Sekretärs seiner Majestät Bedford Strohm ist schlicht dreist. Sie besagt, kurz gefasst:

a. Ihr wollt in der Kirche für alle Zeit alles beim Alten lassen. Das geht aber nicht. Die Zeiten ändern sich. Ergo: Herr Goldenstein hat gar nichts begriffen, nämlich dass es um die Richtung der Veränderung geht, nicht um die Behauptung eines unveränderlichen Zustandes.

b. Wir reagieren doch nur auf demographische und finanzielle Herausforderungen. Das ist alternativlos. Ergo: Herr Goldenstein hat wiederum nicht begriffen, dass Programme wie “Kirche der Freiheit” nicht nur reagieren, sondern agieren, d.h. Entwicklungen massiv beeinflussen (nämlich z.B. und vor allem in Richtung Erosion der evangelischen Gemeindebasis). (Prof. Eberhard Mechels)

2. Die “Antwort” des Ratsvorsitzenden zeigt leider das übliche Vorgehensmuster. Zuerst eine vermeintliche Anerkennung der Bemühungen. Dann die Betonung, wie wichtig das Anliegen genommen wird. Es folgt ein mehr als oberflächliches eingehen auf die Kritik. Dann die Abwiegelung der Kritik. Dass in Frage stellen der Kompetenz der Kritiker. Nicht zu vergessen, die allzeit beliebte Methode, gar nicht verstehen zu können, weshalb überhaupt Kritik erfolgt. Zusammenfassung: Diese ganze “Antwort” hat nur ein Ziel: Es soll Ruhe einkehren und die Kritik keine weiteren Kreise ziehen. In harmloser Abwandlung eines bekannten Facebook-Slogans: “Kann man so machen, kommt aber schlecht an!”
Ich bitte die Initiatorinnen und Initiatoren der Petition “Wormser Wort”, die Petition um die aktuelle Entwicklung (Übergabe der Unterschriften, sowie die bisherige, als dürftig zu bezeichnende Reaktion) zu ergänzen und fortzuführen. Es ist wohl offensichtlich, dass die Meinung von über 1.000 unterzeichnenden Christen die EKD nicht veranlasst, sich ernsthaft mit der vorgebrachten Kritik auseinanderzusetzen. Vielleicht wird das bei 10.000 Unterschriften der Fall sein. Oder bei 100.000 Unterschriften. Wer weiß. Früher oder später wird man zur Kenntnis nehmen müssen, dass weder Kritiker/Innen, noch Kritik, auf Dauer ignoriert werden können. Der öffentliche Druck scheint zurzeit schlicht und ergreifend dafür noch nicht groß genug zu sein. Also heißt es am Ball zu bleiben und dies zu ändern.(Carmen Splitt)

3. Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können! Bitte, führen sie die Petition in der oben beschriebenen, erweiterten Form fort! Die Antwort des persönlichen Referenten des Ratsvorsitzenden hat mich tief enttäuscht. (Ulrike Polster)

4. Ihren Ausführungen kann ich mich nur anschließen. Zu Ihrer Post auf der FB-Seite des Ratsvorsitzenden kann ich nur sagen: “Gefällt mir”! (Johannes Taig)

5. Schade, da hätte der Ratsvorsitzende doch lieber selber antworten sollen. Die Antwort des Referenten bleibt unbefriedigend. Da perlt einfach alles ab 🙁 (Klaus Völkl)

6. Liebe Carmen Splitt, vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Es ist ja leider alles sooo richtig. Ich habe mich genau so gärgert aber – ganz ehrlich – ich war zu bequem, mir diese Arbeit zu machen. Und ja, das ist falsch.
Aber: Für jede Zuschrift wird sich mit viel bla bla bedankt. Und dann wird jedes Argument zerpflückt. Da in der Kirche keine Fehler gemacht werden (siehe NKF; das wird auf Deibel komm raus durchgezogen koste es was es wolle) braucht man auch keine Fehler zuzugeben. (Gerhard Niemeyer)

7. Wer ist dieser Herr Goldenstein? Hat er seine eigene Meinung kundgetan oder seine Aussagen von Herrn Bedford-Strohm diktiert bekommen, damit sich der Ratsvorsitzende unauffälliger hinter dem wohlklingenden Namen Goldenstein verstecken kann? Jedenfalls scheint Herr Goldenstein die platten Platitüden des Papiers “Kirche der Freiheit” bestens internalisiert zu haben.
Seine Antwort ist weder differenziert noch hilfreich für einen weiteren inhaltlichen Diskurs. Anscheinend hat er oder auch sein Chef die Ergebnisse der neuesten Mitgliederstudie missverstanden oder er muss in seinem Job als Referent unwillkürlich darüberhinwegreden. Ich finde die Antwort enttäuschend! Das übliche Blabla von “oben herab”. Unzweifelhaft EKD-stromlinienförmig angepasste Worthülsenklauberei! Dazu ernüchternd, denn ich dachte, die neue Mitgliederstudie würde manchem EKD-Funktionär die Augen öffnen, wie sich “das Volk” seine Volkskirche zukünftig vorstellt. Die von Herrn Goldenstein „wohl“formulierten Phrasen zeigen, dass sich die EKD-Führungsebene nach wie vor immer weiter von den Realitäten in den Gemeinden entfernt und im Elfenbeinturm von Hannover einfach nicht wahrhaben möchte, dass die Reformen von „Kirche der Freiheit“, die bisher umgesetzt wurden, mehr Schaden als Nutzen gebracht haben und vielerorts absehbar in einem Desaster enden. Im Grunde peinlich, was in diesen Goldenstein’schen Zeilen evident wird. (Axel Weber)

8. Lieber Herr Bischof,

Ihr Referent hat Ihnen einen Bärendienst erwiesen. In der Tat: Sie hätten besser selbst geantwortet.

Zu 1: Kein(e) Unterzeichner(in) bestreitet die Notwendigkeit von Anpassungs- und Veränderungsprozessen. Niemand will, dass alles so bleibt wie ist.

Zu 2/4: Der Satz: “Gerade die in der jüngsten KMU bestätigten Entwicklungen setzen eine Bündelung von Kräften voraus” ist so platt wie er falsch ist. Der Ausdruck “Bündelung von Kräfte” hat in ökonomischen oder militärischen Zusammenhängen seinen Sein. Sie sitzt in der Tat “zentralistische Institutionen” voraus. Es geht nicht darum, Kräfte zu bündeln, sondern sie freizusetzen.

zu 3: Dasselbe gilt für die Feststellung, “dass ein kontinuierlicher und langfristig stabiler Verkündigungsdienst eine verlässliche materielle Basis benötigt.” Im Gegensatz müsste man folgerichtig behaupten dass ohne Verwaltungsstruktur oder NKF oder dergleichen die Verkündigung des Wortes Gottes ernsthaft gefährdet ist. Sie trauen ihm nichts mehr zu und verfallen in blanke Gesetzlichkeit, wenn Sie meinen, es müsse “durch beständige Reorganisation sicher gestellt werden”! (Stephan Sticherling)

9. Beton, zartviolett angestrichen! Aber eigentlich war das zu erwarten. Wir dürfen uns nicht entmutigen lassen. Eine richtige Auffassung wird nicht falsch, indem sie in den falschen Kontext gestellt wird! Machen wir weiter! Es gibt keinen Grund, die Fehler der EKD und der EKiR nicht auch weiterhin aufzuzeigen. (Ulrich Schmitz)

10. Ich glaube nicht, dass der Herr Ratsvorsitzende hier reinguckt. Vielleicht sollte man all die treffenden Kommentare gesammelt in seine FaceBook-Seite posten – da soll er sich nämlich öfter aufhalten.

https://www.facebook.com/landesbischof (Andreas Reinhold)

11. Ein guter Hinweis, Andreas Reinhold. Wer auf Facebook unterwegs ist, sollte dies unbedingt tun. Ich war so frei, machte den Anfang und habe dort soeben folgendes gepostet:

Sehr geehrter Herr Bedford-Strohm,

als Mitunterzeichnende der Petition „Wormser Wort“ bringe ich hiermit zum Ausdruck, wie empörend der Umgang mit Kritik und Kritikerinnen/Kritikern innerhalb der EKD ist. Es ist extrem enttäuschend, dass selbst Sie nicht bereit sind, sich ernsthaft mit den vorgebrachten Punkten auseinanderzusetzen. Erste Reaktionen auf die von Ihrem Sprecher überbrachte „Antwort“ können Sie unter anderem unter http://wort-meldungen.de/?p=11277#comments nachlesen. (Carmen Splitt)

12. “Bei der Erwiderung des Ratsvorsitzenden bzw. seines Referenten ist wieder einmal auffallend, dass jede Grundsatzfrage vermieden wird und nur von Sachzwängen die Rede ist. Vergleicht man übrigens die heutigen Gemeindegliederzahlen mit denen etwa von 1860, kann von einem Rückgang in absoluten Zahlen nicht die Rede sein. Nur ist man früher mit viel bescheideneren Verhältnissen ausgekommen, hatte geringere Gehälter, keine Gemeindehäuser, keine kreiskirchlichen Verwaltungsämter, viel kleinere Konsistorien, keine Landesbischöfe, keine Landeskirchen in der heutigen Form, keine EKD, noch von der Kirche unabhängige diakonische Werke und Missionsgesellschaften usw.

Der öffentlich-rechtliche Status ist heute die Richtschnur, die Angst, zu kleine Gemeinden oder gar die Landeskirchen könnten ihren Status verlieren, wenn sie nicht wie staatliche Körperschaften organisiert sind. Außerdem geht es natürlich um das gesellschaftliche Ansehen; ein Superintendent soll einem Landrat, ein Generalsuperintendent einem Regierungspräsidenten und ein Bischof einem Ministerpräsidenten gleich sein. Wenn dann ein Pfarrer auf einen Bürgermeister käme, wäre alles im Lot.

Das Ehrenamt kommt eigentlich gar nicht mehr vor. Und dabei unterscheidet dieses Kirche von modernen staatlichen Einrichtungen, bei denen alles professionalisiert ist. Noch deutlicher unterscheidet dieses Kirche von Wirtschaftsunternehmen. Aber soll auch in der Kirche alles professionalisiert sein? Braucht man Professionalisierung zur Hierarchisierung? Offenbar ja. Die Rechtfertigung kommt über das Qualitätsmanagement.” (Georg Hoffmann)

13. entscheidend der Einwurf: “Das Ehrenamt kommt eigentlich gar nicht mehr vor.
Ehrenamt: die Frontsoldaten.
Innendienst-Hauptberufliche: die Etappe.
Die Schlacht wird immer von der Front gewonnen.
Aber kaum einer will dahin.
Die “Innendienstchristen” erhalten die Kirche?
Im Ernst: wer glaubt daran?
Wer ist nicht bereit, seinen Glauben zu leben ohne d i e s e Kirche?
Evangelisch leben kann ich auch anderswo. (Dr. Kurt Schröder)

 

Wormser Wort: Die Antwort des Ratsvorsitzenden der EKD. Eine Entgegnung und etliche Kommentare von UnterzeichnerInnen.

05/2015, die Petition „Wormser Wort“ wurde mittlerweile von 1100 Personen unterzeichnet. Auf die Zusendung des Inhalts und des Ergebnisses reagiert nun der Ratsvorsitzende. Wir veröffentlichen zunächst den Wortlaut. im Anschluss veröffentlichen wir eine erste Stellungnahme. Wer von den Lesern die Antwort des Ratsvorsitzenden ebenfalls kommentieren möchte, ist eingeladen, dazu die Kommentarfunktion zu nutzen. 

Es schreibt der persönliche Referent des Ratsvorsitzenden:

„Der Ratsvorsitzende hat Ihr Schreiben persönlich zur Kenntnis genommen und mich gebeten, Ihnen zu antworten:

In der Petition „Wormser Wort“ wird engagiert gerungen um die Frage nach zukünftigen Ausrichtungen und Gestaltungen der evangelischen Kirche. Mitglieder unserer Kirche haben Zeit und Kraft investiert, um das gemeinsame Nachdenken mit einem neuen Impuls zu versehen. Dieses Engagement begrüßen wir und sehen uns mit den Unterstützerinnen und Unterstützern der Petition verbunden in der gemeinsamen Aufgabe, kirchliches Leben in der Gegenwart und für die Zukunft zu gestalten. Gerade in einer Kirche, die wie die reformatorisch geprägten Kirchen aus einem Reformimpuls heraus entstanden ist, stellt das Nachdenken über angemessene Strukturen und auftragsgemäßes Handeln eine bleibende, zentrale Aufgabe dar. In der Petition werden die aus den Diskussionen um das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ hervorgegangenen Überlegungen in einer Weise dargestellt, die der Richtigstellung bedarf:

1. An keiner Stelle wird im Kontext des Reformprozesses die Fusion von Gemeinden und die Reorganisation von Strukturen anders verstanden denn als Reaktion auf abnehmende Zahlen von Gemeindegliedern oder finanzierbaren Personalstellen. Nicht die Reorganisation kommt zuerst und dann die rückläufigen Zahlen – als ob der Reformprozess den Umbau verursachte oder dieser ohne ihn unnötig sei.

2. Die Forderungen der Petition scheinen von einer Kirche auszugehen, die sich den gesellschaftlichen Veränderungsprozessen entziehen könnte. Es ist u.E. jedoch eine Illusion, dass unsere Kirche durch die gravierenden Veränderungen ihres Umfelds unverändert bleiben könnte. Gerade die in der jüngsten KMU bestätigten Entwicklungen setzen eine Bündelung von Kräften voraus, um elementare Aufgaben weiterhin wahrnehmen zu können. Über die Richtung der Reorganisation kann man natürlich streiten, aber alles möglichst unverändert zu lassen, entspricht nicht der Dramatik der Herausforderungen.

3. Die Petition arbeitet verschiedentlich mit der Gegenüberstellung von Reorganisationsprozessen und dem „eigentlichen Auftrag“, nämlich der Kommunikation des Evangeliums. Diese Gegenüberstellung verkennt, dass ein kontinuierlicher und langfristig stabiler Verkündigungsdienst eine verlässliche materielle Basis benötigt. M.a.W.: Die Sorge um die Erfüllung des Kernauftrags der Kirche hat immer auch eine materielle und rechtliche Komponente, die durch beständige Reorganisation sicher gestellt werden muss.

4. In der Petition wird der Eindruck erweckt, als wäre hier eine zentralistische Institution am Werk, die analog zu einem großen Unternehmen die evangelische Kirche in Deutschland von oben neu aufstellen wolle. Das wird den Reformbemühungen in keiner Weise gerecht. In den Landeskirchen werden vielfältige Diskussionen um die notwendigen Veränderungen geführt. Dass darin die von der EKD angestoßenen Überlegungen einfließen und weiterentwickelt werden, entspricht dem guten Zusammenwirken innerhalb unserer Kirche.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Goldenstein“

 

Stellungnahme:

Scheinwelten
Es wichtig festzuhalten, dass sich die demografische Entwicklung und andere wichtige Rahmenbedingungen unsere Kirche verändern und also auch Auswirkungen auf die Organisation und den kirchlichen Alltag haben werden. Es gehört zu den Schwierigkeiten der innerkirchlichen Diskussion, dass die „Reformer“ gerne in Abrede stellen, dass Kritiker der Reform die Voraussetzungen der Reform überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen. Das ist falsch. Es geht um unterschiedliche Antworten auf die Herausforderungen der Zeit.

Dazu einige Beispiele:
1.Vor 15 Jahren erklärte beispielsweise die Kirchenleitung der EKHN, dass ein Dekanat mindestens 20.000 Mitglieder brauche um „lebensfähig“ zu sein. Bis dahin gab es viele Dekanate, die deutlich kleiner waren, insbesondere im ländlichen Bereich. Entsprechend wurden Dekanate zusammen gelegt. Einige Jahre später erklärte die gleiche Kirchenleitung, dass ein Dekanat 40.000 Gemeindeglieder brauche, um „lebensfähig“ zu sein. Inzwischen ist diese Größe auf 70.000 Mitglieder hoch gesetzt. Die damit verbunden Reorganisationen sind zeitaufwändig, teuer und haben für die Präsenz der Kirche vor Ort und die alltägliche Arbeit wenig feststellbare Verbesserungen, aber sehr viele Nachteile gebracht. Die Festlegung der Gemeindegliederzahl eines Dekanats lässt sich nicht einfach aus „abnehmenden Zahlen und finanzierbaren Personalstellen“ ableiten. Die Zahlen haben jedenfalls mit demographischen Herausforderungen nichts zu tun.

2. Ähnliches gilt für die Größe von Gemeinden und die damit in Beziehung gesetzte Feier des Gottesdienstes. Jahrzehntelang wurde in Diasporadörfern ein sonntäglicher Gottesdienst gehalten, zu dem 10-15 Gemeindeglieder erschienen. Inzwischen hat man die Gemeinden und Pfarrer überzeugt, dass solche Gottesdienste getrost ausfallen können. Die Menschen werden aufgefordert in Nachbardörfer zum Gottesdienst zu gehen. Aus unserer Sicht ist das ein großer Verlust für unsere Kirche. Die jüngste KMU scheint die Auswirkungen dieser Reduktion kirchlicher Arbeit aufzuzeigen. Professor Pollack, einer der wissenschaftlichen Begleiter der Studie, weist auf diesen Zusammenhang eindrücklich hin: „Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Annahme ist der Glaube jedoch kein von der Institution Kirche isolierter rein individueller Akt. Er bedarf vielmehr der institutionellen Unterstützung, und er verkümmert, wenn ihm die kommunikative Unterstützung durch Interaktionen im Raum der Kirche, durch Kontakte zum Pfarrer, durch den Gottesdienst fehlt. Das haben unsere Analysen, die repräsentativ sind und höchsten sozialwissenschaftlichen Standards genügen, immer wieder gezeigt: Intensive kirchliche Praxis und das Bekenntnis zum Glauben an Gott korrelieren hoch.“

3. Es ist ein Merkmal der Reformprozesse, dass sie sich vielfältig selbst überholen. Eine Reform löst die nächste aus. Bei der ersten Dekanatsfusion gab es lange Diskussionen und vielfältige Anfragen aus den Gemeinden. Dann wurde in Synoden von Seiten der Kirchenleitung vorgetragen, man solle doch diesen Reformschritt tun, um endlich wieder zur „eigentlichen Arbeit“ zu kommen. Doch schon wenige Jahre später wurden neue Reformen angestrebt, die die eigentliche Arbeit wiederum behindert haben. So ist zum Beispiel das religionspädagogische Amt der EKHN inzwischen zweimal Mal umgezogen. Die angekündigten Kosteneinsparungen sind nie eingetreten, dafür sind aber deutlich höhere Kosten für Umbau und Neubaumaßnahmen entstanden. Die beschlossenen Evaluationen wurden in der Regel nicht durchgeführt, bzw. waren schon durch weitere Reformen obsolet.

4. Inzwischen hat sich der rheinische Präses Rekowski bei den Pfarrern für Versäumnisse in der Personalpolitik erstmals öffentlich entschuldigt. Wenn Sie schreiben, dass die Kirche ihre Kräfte bündeln müsse, um elementare Aufgaben weiterhin wahrnehmen zu können, dann muss man leider feststellen, dass in der Zeit der Reorganisation von Seiten der Kirchenleitung und den ev. Landeskirchen bewusst auf die Werbung des pastoralen Nachwuchses verzichtet worden ist. Es stellt sich in der Tat die Frage, ob nicht eine Diskussion notwendig ist, welches die „elementaren Aufgaben“ der Kirche sind. Der Gottesdienst und die Verkündigung jedenfalls gehören dazu. Die Reorganisation unserer Kirche weist an dieser Stelle Defizite auf, die dringend behoben werden müssen.

5. Dass bei den Reformprozessen in vielfältiger Weise eine Zentralisierung der Arbeit vorgenommen wurde, ist eine Kritik, die vielfältig erhoben worden ist. Es ist Teil des Problems, dass die leitenden Stellen dies bestreiten. Deshalb findet man auch keine Verantwortlichen für die vielen Mängel der Reformen. Niemand ist verantwortlich für den fehlenden Pfarrnachwuchs, obwohl die Probleme frühzeitig benannt wurden. Niemand ist für die Probleme der Doppik verantwortlich, obwohl dringend Handlungsbedarf besteht. Damit freilich kommt ein besonderes Problem der Reformprozesse in den Blick: Die Qualität der Kirchenleitungen. Da sie sich gegen Kritik von außen weitgehend immun gemacht haben, wie auch der Brief von Herrn Goldenstein zeigt, fehlt an der entscheidenden Stelle die Reformfähigkeit.

(BB) (Name des Autors ist der Redaktion bekannt)

 

 

Pfarrverein Baden zur Praxis bei der Erhebung der Kapitalertragssteuer.

05/2015

Die Konsequenz daraus sollte sein, dass die Kirchen sich dafür einsetzen

– dass das neue Verfahren zur Erhebung von Kirchensteuern auf Kapitalerträge vorläufig ausgesetzt wird 

– dass die pauschalisierte Quellensteuer abgeschafft wird und

– dass Kapitalerträge zukünftig wie alle anderen Einnahmequellen behandelt werden und nach dem individuellen Steuersatz zu versteuern sind.

Zur Stellungnahme.

Kathol. Kirche: Online-Abstimmung zu den Themen der Familien-Synode. „Die Kluft zwischen Lebenswirklichkeit und kirchlicher Lehre muss reduziert werden!“

04/2015, von ©Gemeindeinitiative.org 2015
http://www.gemeindeinitiative.org

‚Umfrage der Reformgruppen zur Familiensynode 2015‘
Erhebungszeitraum 01.03.2015 – 31.03.2105

Etliche Fragen. Die erste: 

1) Das Partnerschafts- und Familienverständnis hat sich in unseren Gesellschaften sehr verändert. Viele Menschen fühlen sich von der offiziellen kirchlichen Familiendefinition nicht mehr angesprochen. Wir brauchen dringend ein kirchliches Partnerschafts- und Familienverständnis, das die heutigen Lebensverhältnisse und unterschiedlichen Kulturzusammenhänge als Grundlage nimmt und dabei die verschiedenen Formen wertschätzt und unterstützt.

Ergebnis:

 

Bildschirmfoto vom 2015-04-22 15:27:56

EKKW Pfarverein: Befragung „Gesundheitsressourcen und Belastungspotenziale im Pfarrberuf“

04/2015, vgl. wort-meldungen

daraus:
2. Die Arbeitsbelastung von Pfarrerinnen und Pfarrern

Ausgehend von dem hier zugrundeliegenden theoretischen Ansatz des Salutogenese­‐Modells von Aaron Antonovsky lässt sich die folgende Arbeitshypothese formulieren: Berufliche Belastungen, Beanspruchungen und beruflicher Stress wirken nicht per se gesundheitsschädigend.

Als Stressfaktoren wirken:

Bildschirmfoto vom 2015-04-12 21:04:59

Zur Befragung und Seite des Pfarrvereins der EKKW.

Rechte in der Kirche oder: Hat die Kirche immer Recht?

März 2015, Pfarrer-Initiative Deutschland

Das Kirchenrecht bietet den Bischöfen mehr Möglichkeiten als sie in vielen strittigen Punkten einräumen. und für den Einzelnen ist es kaum möglich, sein Recht in der Katholischen Kirche einzuklagen. Zu diesen Ergebnissen kamen die Teilnehmer der Tagung „Rechte in der Kirche oder hat die Kirche immer Recht?“.
Frau Prof. Dr. Sabine Demel ging in ihrem Vortrag darauf ein, dass das kirchliche Gesetzbuch sowohl den Klerikern wie auch den Laien Rechte und Pflichten einräumt, und ein viel größerer Spiel- und Entscheidungsraum vorhanden ist als von der Kirchenleitung in Rom, Bischöfen und deren Diözesanleitungen in strittigen Punkten oft behauptet wird. … Mehr dazu.

Veränderte Herausforderungen für Pfarrerinnen und Mitarbeiter im Verkündigungsdienst

Der Vortrag wurde vom Vorsitzenden des Thüringer Pfarrvereins Pfarrer Martin Michaelis auf Einladung des Generalbischofs der Evangelischen Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in der Slowakei Miloš Klátik während der jährlich stattfindenden Studientagung der Dreikirchenpartnerschaft am 10. Oktober 2014 in Belušské Slatiny, Slowakei gehalten. Die Studientagung stand unter dem Thema: „Veränderte Herausforderungen für Pfarrerinnen und Mitarbeiter im Verkündigungsdienst“.

Der Vortrag wird auf Wunsch der Teilnehmer der gastgebenden Kirche in slowakischer Sprache auch im Informationsheft des slowakischen Pfarrvereins „Melanchthon“ erscheinen.

1. Erscheinungsbilder unserer Zeit
Was ist das: unsere Zeit? Die Zeit in der ich bisher gelebt habe. Die Zukunft kenne ich noch nicht. Aufgewachsen und ausgebildet in der DDR mit anschließender Dienstzeit im Pfarramt in den 25 Jahren nach der Wende, versuche ich mir zu erklären, was da geschehen ist und geschieht.
Die Zeit im Sozialismus haben wir zu überdauern, manche auch zu überstehen gesucht, eben angepasst oder standhaft. Es war ein Weg zwischen Protest und Anpassung, sich in die Gegebenheiten fügen oder doch etwas anderes wenigstens versuchen, oder beides, eigentlich immer in dem Gefühl, dass ein solches System nicht von Dauer sein kann, wenngleich den Ideologen ein Nach-dem-Sozialismus/Kommunismus undenkbar war. Den langen Atem der Kirchengeschichte empfand ich damals als das Durchtragende, Verlässliche, auch Hoffnung Gebende.
Die Kirchen gehörten mehr und mehr in gesellschaftliche Nischen. Manche wollten dort nicht sein, andere zog es genau dahin. Es gab einen dem politischen Druck geschuldeten nie dagewesenen Mitgliederschwund in den Gemeinden. Geradezu trotzig haben wir an Glauben und Kirche festgehalten. Kirchen nutzbar und Pfarrhäuser bewohnbar gehalten, soweit das irgend ging. Kaum eine Pfarrstelle wurde aufgegeben, allenfalls gab es sogenannte Dauervakanzen. Wir wollten alles für die Zeit danach erhalten, irgendwie. Sich in geringe Entlohnung fügend gab es fast genug Nachwuchs, darunter so manchen etwas ausgefallenen Pfarrer.
Dann kam die Wende mit ihren ungeahnten und überwältigenden Möglichkeiten, mit Kirchensteuern und endlich höheren Gehältern, der Konzentration auf die Sanierung der Gebäude. Zwischen Größenwahn und Zukunftsangst wurden Projekte begonnen.
Bald darauf machte der Begriff von der Spaßgesellschaft die Runde. Nur wer witzig ist, sollte andere animieren können und damit ein Recht zum Überleben haben. Die FDP schrieb sich als Wahlziel die 18% auf die Schuhsohlen, verzehrte sich in zahllosen Gags, um zuletzt mit dem Wahlslogan „Wir sind dann mal weg, wie die Zensuren.“ auch dem letzten Wähler klar zu machen, wo man kein Kreuz mehr zu machen braucht. Sich selbst erfüllende Prophezeiungen nennt man das wohl.
Nun macht die Rede vom „demographischen Wandel“ die Runde. Kein Politiker und keine Kirchenleitung kommen um diese Worte herum.

Alles wird in Geld umgerechnet. Die im Umlauf befindliche Geldmenge übertrifft bei weitem das Bruttosozialprodukt, also das, was tatsächlich geleistet werden kann. Das Geld- und Anlagesystem, auf das wir uns bisher verlassen haben, steht kurz vor dem Kollaps, vielleicht. Genau weiß man das immer erst hinterher.

Alten- und Pflegeheime schießen wie Pilze aus dem Boden. Krankenhäuser werden zu Konzernen. Alles muss sich rechnen. Wir teilen die Gesellschaft in Gesunde, Kranke, Behinderte und Sterbende. Hier hat jeder seinen Platz, da lassen wir uns nichts nachsagen. Der Gesunde am Arbeitsplatz, der Kranke im Krankenhaus, der Behinderte in der Einrichtung, die Alten im Altersheim und die Sterbenden im Hospiz. Jeder hat seinen Platz. Da gehört er dann auch hin. Woanders möchten wir sie nicht sehen.

2. Die Reaktionen der evangelischen Kirche
Der Freude über die Grenzöffnung und dem Aufbruch folgte bald der Finanzdruck, der damit verbundene Zwang, den vermeintlich versäumten Pfarrstellenabbau nachzuholen, das Berechnen von Pfarrstellen, von Arbeitszeiten und Gemeindegliederzahlen, Dinge, die uns zuvor kaum interessiert hatten. Dem Bevölkerungsschwund und der veränderten Altersstruktur muss Rechnung getragen werden. Wir berechnen die Zukunft mit ihren finanziellen Möglichkeiten und noch wichtiger, dem, was nicht mehr möglich sein wird. Das wichtigste Hilfsmittel ist das Lineal, das nicht etwa an die tatsächlichen Einnahmen, sondern an die vorausberechnete Tendenz für die letzten Jahre angelegt und in die nächsten Jahrzehnte verlängert wird. Wer mit dem Geld und der Zukunft argumentiert, hat die Definitionshoheit. In nie dagewesenem Ausmaß werden Pfarrstellen gestrichen und Pfarrhäuser verkauft. Es scheint dazu keine Alternative zu geben. Wir begeben uns in eine Kürzungs- und Fusionshysterie, die weder vor Landeskirchen, noch vor Gemeinden und kirchlichen Werken halt macht.

der vollständige Text, vgl. S. 5ff

Lutherischer Konvent in der EKiR stimmt Wormser Wort zu.

Der Lutherische Konvent im Rheinland ist eine Gemeinschaft evangelisch-lutherischer Christen im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland. Der Konvent wurde während des Kirchenkampfes am 29. Dezember 1936 gegründet. Er ist Mitglied in der Lutherischen Arbeitsgemeinschaft in Deutschland.

Wie Idea (Idea Spektrum 05.03.2015, S. 40) berichtet, stimmt der Konvent dem Wormser Wort zu. Dort heißt es: „Der Lutherische Konvent im Rheinland hat sich auf seiner Frühjahrstagung in BOnn dem kirchenkritischen Wormser Wort angeschlossen. Wie ihr Vorsitzender Pfr. Winfried Krause sagte, hält der Konvent die Abbau- und Umbauprozesse in der EKD und in der rheinischen Kirche für bedenklich…“

Nach Publik Forum berichtete damit auch Idea über die Erklärung. Anzumerken ist, dass bei der Berichterstattung bei Idea der Satz „Kommunikation des Evangeliums“ der 1. These des Wormser Wortes (vgl. dazu etwa Prof. Christian Grethlein „Praktische Theologie“) ersetzt wird durch „Verkündigung des Evangeliums“. Das ist ein deutlicher Unterschied, der bei einer professionellen Berichterstattung nicht passieren sollte. F.S.