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Synodenthema NKF, Doppik

EKHN: „Herkulesaufgaben bei der Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik.“

09/2016, Jahresbericht der EKHN 2015/2016, Teil I, von Friedhelm Schneider

Der Jahresbericht der EKHN 2015/2016 ist gerade erschienen. Grund genug, sich in einigen Ausgaben der Wort-Meldungen damit zu beschäftigen. Wir fangen mit einem der Themen an, die mittlerweile nicht nur lästig, sondern zur Belastung zu werden drohen – der Umstellung auf die Doppik. Dazu im Jahresbericht:

„Die Haushalte und Geschäftstätigkeiten der kirchlichen Körperschaften „umzubuchen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die neue Planungs- und Abrechnungslogik sowie auf die neuen Buchungsabläufe umzuschulen, sind beides Herkulesaufgaben… So ist der Jahresabschluss für das zurückliegende Jahr 2015, den wir eigentlich gerne darstellen würden, noch nicht fertig.“

Das Problem liegt tiefer: bis heute kann das Jahresergebnis 2015 noch immer nicht dargestellt werden… Aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit ist das eigentlich so peinlich, dass man sich fragt, warum man einen solchen Text durchgehen lässt. Welchen Schaden kann der anrichten? Aber das Problem ist ja nicht allein eines der Öffentlichkeitsarbeit. Wichtiger ist die Finanzsteuerung der EKHN selbst: die Basis, auf der die Finanzabteilung ihre Planungen aufbaut, fehlt aktuell. Blindflug. Man wird Herrn Striegler also derzeit um seinen Job nicht beneiden. Er hatte sicher schon angenehmere Tage am Paulusplatz in Darmstadt verbracht. Das Programm MACH, das schon in der EKiR zu erheblichen Störungen führte, und danach (!) dann von der EKHN erworben wurde, dürfte der Hauptgrund sein. Dabei war namentlich Herr Striegler, in Personalunion auch noch Leiter der Kirchenverwaltung der EKHN, von dieser Lösung absolut eingenommen: „Wichtig sind uns deshalb sorgfältige Organisation, professionelles Projektmanagement und nicht zuletzt starke Partner. Die MACH AG hat uns mit einer modernen Lösung und einschlägigen praktischen Erfahrungen überzeugt. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und freuen uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit“. So Herr Striegler –  vor drei Jahren.

Schon von Anfang an wurde deutlich, dass der Zeitplan der Implementierung der Doppik auch in der EKHN in Verzug ist. Schon bald war klar, dass die flächendeckende Einführung von 2016 auf 2017 verschoben werden muss.

Heute wäre man froh, wenn dies Vorhaben 2018 gelingen würde. Insider sagen aber darüber hinausgehende Verzögerungen voraus. mehr dazu, vgl. S. 82

Bei diesem Aufwand der Bewältigung der Herkulesaufgabe stellt sich natürlich auch die Frage. der Kosten. Auf der Landessynode 2014 wurden folgende Angaben gemacht:

Ursprünglich waren für das Projekt Doppik 9 Mio. € angesetzt.  Mehr dazu.  Zwischenzeitlich hat die Synode schon einen ersten Nachtrag in Höhe von 4 Mio. € gewährt. Und ein weiterer Nachschlag in Höhe von 8 Mio. soll auf der nächsten Synode im Herbst 2016 beschlossen werden. Dabei sind nicht die Vollkosten erfasst, sondern nur die Ausgaben,  bei denen die Mittel nach außen, an andere Firmen, fließen. Etwa für die Software, die erforderlichen Beratungen bei der Implementierung etc. Es müssten aber auch die Leistungen kostenmäßig in einer Vollkostenrechnung erfasst werden, die im eigenen Haus, bzw. den Verwaltungsämtern vom vorhandenen Personal erbracht werden. Auch die „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die neue Planungs- und Abrechnungslogik sowie auf die neuen Buchungsabläufe umzuschulen“ (s.o.), wird ja ebenfalls als eine Herkulesaufgabe betrachtet. Wo wird sie kostenmäßig erfasst? Bisher nirgends. Man wird also nicht falsch liegen, wenn selbst Insider davon ausgeht, dass die tatsächlichen Kosten doppelt so hoch liegen, wie die von der Synode bewilligten Beträge. Der Stand läge dann aktuell bei 25 Mio. € Vollkosten. Mit dem nächsten Synodenbeschluss letztlich bei 40 Mio. Und am Ende der Umsetzung im Jahr… 2019?, 2020? – wird die EKHN für die Doppik aufgewandt haben…  Da komme am Ende niemand auf die Idee, Kosten und Nutzen des Projektes für die EKHN einmal gegenüberzustellen…

 

Studien zur Doppik/NKF: „nicht unerhebliche Reformkosten, hoher interner Umstellungsaufwand und laufender Mehraufwand“

Abhandlungen dms – der moderne staat – Zeitschrift für Public Policy, Recht und Management, 6. Jg., Heft 1/2013, S. 231-251

Die Transformation der kommunalen Verwaltung unter dem Einfluss des Neuen Steuerungsmodells. Von Jens Weiß

S. 13:
Trotz nicht unerheblicher Reformkosten, z.B. für externe Beratung und Software-Lösungen, eines hohen internen Umstellungsaufwands und laufenden Mehraufwands (vgl. Rechnungshof Rheinland-Pfalz 2011, S. 53f.) sowie erheblicher Kritik am Konzept selbst (vgl. z.B. Sarrazin 2008, Lutz/Treber 2009, Eschenauer 2010) hat bis heute eine Vielzahl von Kommunen auf die DOPPIK umgestellt (vgl. KGSt 2010, Frischmuth/Hellebrand 2011a). Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Jahren das doppische Rechnungswesen bundesweit zum dominanten Rechnungsstil in den Kommunen werden wird…

S. 14:

Die deutlichere Darstellung der „tatsächlichen“ Finanzsituation von Kommunen, die im Wesentlichen zu einer Erhöhung des Schuldenstands geführt hat, ist von kommunalpolitischen Akteuren relativ wenig antizipiert worden. Diese Entwicklung verstärkt den Konsolidierungsdruck und schränkt damit die Handlungsmöglichkeiten der Politik ein. Umgekehrt ist es aber gerade in den ersten Jahren der DOPPIK-Einführung manchen Kommunen gelungen, ihre Finanzsituationen zu „schönen“ (Bogumil/Ebinger/Holtkamp 2011, S.177). Vermutlich ist diese Möglichkeit nur von wenigen kommunalpolitischen Akteuren im Voraus erkannt worden.

vgl. dazu unsere Beiträge:

S. 16:

Insgesamt lässt sich für eine systematische Steuerung des Outputs über die Planung von strategischen Zielen, Produktzielen und Kennzahlen nur ein äußerst geringer Umsetzungsgrad konstatieren (vgl. Buchholz/Lasar 2010, S. 297ff.; Bogumil/Ebinger/Holtkamp 2011, S. 174ff.; Hellenbrand/Frischmuth 2011, S 140ff.; Deutscher Städtetag/PWC 2011, S.48ff.)…

Fazit, S. 17:

Die Einführung eines neuen Rechnungswesens bringt aber nicht notwendig eine Out-put- oder Wirkungssteuerung und erzwingt auch keine sparsamere Haushaltsführung. Steuerung über formale Normen hat Grenzen. Wesentliche Teile des Prozesses der gesteuerten Verwaltungstransformation seit 2004/2005 versuchen Instrumente und Verfahren, die sich in Unternehmen unter Wettbewerbsdruck entwickelt haben, in bürokratischen Organisationen zu implementieren, die einem solchen Wettbewerb nicht ausgesetzt sind. Implizit wird bisweilen unterstellt, dass bereits der Vollzug dieser Verfahren und der Einsatz dieser Instrumente zu Effizienzverbesserungen oder allgemeiner: einer Optimierung von Organisation und Prozessen führt. Hier liegt der Schwachpunkt der gesteuerten kommunalen Verwaltungsmodernisierung der zweiten Phase. Je stärker wirkungsorientiert ein Managementinstrument ist, desto schwieriger scheint es, seine Anwendung formal zu beschreiben. Formal lässt sich die Einführung eines Rechnungssystems, aber nicht eine managementorientierte Einstellung in der Anwendung dieses Systems verordnen. Solange es keine entsprechenden Anreize gibt, werden Akteure in der Verwaltung sich nicht wie Manager verhalten, egal wie viele formale Instrumente ihnen zur Verfügung stehen.

Zur Abhandlung über die Auswertung der Studien zur Doppik von Jens Weiß.

Lesen Sie ergänzend zum Themenbereich Doppik/ NKF:

 

Prof. Fredmund Malik: Die doppelte Buchhaltung (in bestimmten Punkten) auf gefährliche Weise irreführend

In den Wort-Meldungen hatten wir bereits über potentielle Probleme der betriebswirtschaftliche Fehlsteuerung wegen der Doppik berichtet. Prof. Fredmund Malik, der ‚Management-Guru‘ (DIE ZEIT), zeigt entsprechende Probleme in volkswirtschaftlicher Sicht dar.  Zurückhaltung in Sachen Doppik hätte der Kirche also gut angestanden, so lange sie immer wieder Kritik an der volkswirtschaftlichen Entwicklung übt.

Wir entnehmen den Beitrag einem Kapitel, das uns der Autor Prof. Malik freundlicher Weise zur Verfügung gestellt hat. Und das schon einmal in anderem Zusammenhang Basis einer Wort-Meldung war.

„Der Markt ist somit nicht nur der Ort des Aufeinandertreffens von Angebot und Nachfrage, sondern er ist auch – und vor allem – der Ort, wo verschuldete Produzenten die erforderlichen Schuldendeckungsmittel, nämlich Geld, aufzutreiben versuchen. In allen Fällen, in denen die Illusionen eines infalliblen Finanzsystems zusammenbrachen, konnte man das gut beobachten. Das Problem sind nicht die übertriebenen Konsumansprüche der Menschen. Diese Ansprüche insbesondere für das tägliche Leben können die Menschen weit heruntersetzen, und sie tun es auch, sobald sie dazu gezwungen sind. Was sie nicht beseitigen können, sind die vorher gemachten Schulden, die aufgrund von Zins und Zinseszins ihr autonomes Wachstum haben, das sich nicht danach richtet, wie es den Leuten wirtschaftlich geht…

Die unmittelbaren Kosten für die Produktion fließen als Betriebsausgaben wieder zurück in den Markt. Die Produktion schafft sich somit scheinbar die eigene Kaufkraft und Nachfrage. Das ist deshalb nur scheinbar so, weil jede Produktion und ganz allgemein alles Wirtschaften, wie gesagt, vorfinanziert werden müssen. Das Geld (oder Kapital) für die Vorfinanzierung kann gesamtwirtschaftlich gesehen im Wirtschaftskreislauf aber niemals schon vorhanden sein. Die Wirtschaft ist gesamthaft also immer verschuldet. Die doppelte Buchhaltung, also die betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise, die gelegentlich zur Erklärung ökonomischer Vorgänge herangezogen wird, ist in diesem Punkt auf gefährliche Weise irreführend. Die Kosten der Vorfinanzierung, das Risiko und der Gewinn werden zwar kalkuliert und verbucht, aber diese Komponenten sind im Nachfragekreislauf nicht vorhanden. Sie existieren nur scheinbar als wirtschaftliche Realitäten, sind aber in Wahrheit Fiktionen des Rechnungswesens. Diese Kosten können immer und ausschließlich nur durch Vorverschuldung aufgebracht werden. Die Produktion kann also – und konnte – niemals ihre
eigene Nachfrage schaffen, wie die Theorien behaupten. Die freiwillig und unfreiwillig entstehenden Schuldverhältnisse und die mit ihnen verbundenen Zinsverpflichtungen stellen, wie erwähnt, den entscheidenden Dynamik- oder Druckfaktor dar.“

Lesen Sie zum Thema insbesondere die Seiten 130ff dieses Kapitels aus dem Werk Malik_Management-Das-A-und-O-des-Handwerks_Kapitel-8 (1).

EKiR Lösung der Doppik auch für die EKHN

In der letzten Ausgabe berichteten die Wort-Meldungen über die Probleme der Implementierung der Doppik in der EKiR. Finanzdezernent Bauks hatte sie im Bericht zur jüngsten Synode recht schonungslos beschrieben.  Dabei wurden nicht allein die Kosten, sondern auch die Problematik von Funktionalitäten der in der EKiR verwendeten Software MACH benannt. Die Kosten der EKiR waren ursprünglich mit 2 Mio. beziffert und beschlossen. Sie sind längst aus dem Ruder gelaufen und werden mittlerweile (aktueller Stand der halbfertigen Lösung) mit 60 Mio. € taxiert.

Auch die EKHN hatte sich in der Frühjahrssynode 2013 für die Einführung der Doppik entschieden. Der von der Verwaltung angesetzte und der Synode auf der Frühjahrstagung beschlossene Betrag: 9 Mio. €.

Auch die EKHN hat sich mittlerweile, wie die homepage der Software MACH berichtet, wie die EKiR für die MACH- Lösung entschieden:

„Wir haben sehr hohe und sehr vielseitige Erwartungen an die Doppik-Einführung“, so Heinz Thomas Striegler, Leiter der Kirchenverwaltung und Finanzdezernent der EKHN. „Wichtig sind uns deshalb sorgfältige Organisation, professionelles Projektmanagement und nicht zuletzt starke Partner. Die MACH AG hat uns mit einer modernen Lösung und einschlägigen praktischen Erfahrungen überzeugt. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und freuen uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit“, so Striegler weiter.  Mehr dazu.

Ob der Finanzdezernent die Rede seines rheinischen Kollegen kannte als er dies zu Protokoll gab? Wie die EKHN die Kosten mittlerweile einschätzt? Für welchen Preis der Finanzdezernent die Leistung bei MACH eingekauft hat? Welche Funktionalitäten die umfasst? Wer von den Synodalen kennt die Antworten? F.S.

Ein systemisches, Gemeinden und andere Rechtsträger unterstützendes Ressourcenverbrauchskonzept jenseits der Doppik

von Friedhelm Schneider, Pfarrer + Immobilienfachwirt

Über die Problematik der Doppik haben wir im Zusammenhang der www.wort-meldungen.de schon des öfteren informiert, u.a. durch das Thema des Monats Mai 2013.

Manfred Alberti berichtet nun in seinem Rundbrief (s.o.) von einer speziellen Variante der Doppik der EkiR. Die in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich ist. Zunächst zum Sachverhalt, den ein Superintendent aus dem Saarland gegenüber der spezifisch ‚rheinischen‘ Abschreibung der EkiR auf der Sondersynode in Hilden vorbrachte:

Ein saarländischer Superintendent hinterfragte – und stützte sich dabei auf ein Votum von über einhundert zustimmenden Unterschriften, ob bei NKF die „Abschreibung“ von Gebäuden und die gleichzeitige Erhebung einer „Substanzerhaltungspauschale“ nicht eine Doppelung ergebe, die überflüssig sei und im Endeffekt zu einem Haushaltsdefizit führe, das ohne diese Doppelung so nicht entstanden wäre? Auch aus anderen Voten von Synodalen war deutlich die Befürchtung herauszuhören, dass hier durch NKF ein Haushalt künstlich defizitär gerechnet würde. Weder die Kommunen noch die Wirtschaft würden eine solche Doppelung kennen. Zwar müssen Unterhaltungskosten eingeplant werden: aber dann kann es nur entweder Abschreibung oder Substanzerhaltungspauschale geben. Niemals beides zusammen. Hier sei NKF falsch angelegt.“

Der Einwand des ungenannten Superintendenten ist aus immobilienwirtschaftlicher Sicht ohne jegliche Reflexion sofort nachvollziehbar. Und er ist in der Form auch für Laien ohne weiteres plausibel: Rücklagen für Baumaßnahmen muss man selbstredend nur einmal bilden. Das Argument war ja immer, die Sicherstellung der Rücklagenbildung für ggf. erforderliche Baumaßnahmen (sog. Ressourcenverbrauchskonzept). Eine solche Sicherung benötigt man nur einmal. Die doppelte Sicherung wäre quasi vergleichbar einem Menschen, der Gürtel und Hosenträger immer gleichzeitig trägt, um den Verlust der Hose in allen erdenklichen Fällen zu vermeiden. Eine Person, die etwas Tragikkomisches hätte. So verhält es sich auch mit der doppelten Doppik: sie hat etwas Tragikkomisches.

Jenseits dieser Tragikkomik leistet allein schon die ’normale‘ Doppik der Verschärfung der Lage der Gemeinden durch Entzug von Mittel Vorschub. Warum? Man vergegenwärtige sich noch einmal das Ziel: es sollte einst um die Bildung von Rücklagen für die Instandhaltung der Gebäude gehen. Das war ja einst immer das zentrale Argument pro Doppik, das Ressourcenverbrauchskonzept. Dazu braucht man aber die Doppik gar nicht. Die Landeskirchen leisten seit eh und je Rückstellungen für spätere Pensionen – auch ohne Doppik! Man kann also Ressourcenverbrauchskonzepte auch ohne Doppik realisieren. Man muss es nur wollen. Sonderfälle, in denen es Störungen bei der Rücklagenbildung für Pensionen gibt (siehe EKiR), widersprechen hier nicht.

Bei allem, was man tut, sollte man das Ziel nicht aus den Augen verlieren, auch bei der Rücklagenbildung für Instandhaltung. Dazu braucht es Finanzmittel, die früher in Kirchengemeinden nicht systematisch geplant wurden. Genauer: es gab dabei große Unterschiede, gerade in den ziemlich autonomen Gemeinden der EkiR. Rechtzeitige Rücklagenbildung sollten aber alle Gemeinden betreiben – und zwar entsprechend der Höhe des konkreten Finanzbedarfs für Instandhaltung. Dieses Ziel der präzisen Planung leistet die Doppik aber gerade nicht. Dafür ist sie auch nicht gemacht. In der Doppik erfolgt die Rücklagenbildung nur in pauschaler Weise kennziffernorientiert. Bei einem heterogenen Baubestand wie dem der Kirche führt die Anwendung der Doppik in der Regel zu einer aufgebauschten, überhöhten Rücklagenbildung in eigentlich nicht erforderlichem Umfang. Diese Erkenntnis war Ergebnis eines Projektes zur Unterstützung der Gemeinden bei der Immobiliensteuerung, das von K.IM. (www.k-im.net; www.k-im.org) im jahr 2005 in der EKiR – im Kirchenkreis Ottweiler – durchgeführt wurde. Das von K.IM. Kirchliches Immobilienmanagement zur Ermittlung von Rückstellungen angewandte Verfahren war kein pauschalisierendes, kennzifferngestütztes, sondern ein an den Realdaten orientiertes Verfahren. Das Ergebnis war – orientiert am jeweiligen Gebäudezustand – bei allen Gemeinden unterschiedlich. Im Durchschnitt aller Ergebnisse lagen die Werte aber bei ca. 2/3 der bei Abschreibungswerten der Doppik einzusetzenden Ergebnisse. Die Gemeinden hätten also bei Anwendung dieses Verfahrens nicht nur eine um ca. 1/3 geringere rechnerische, sondern auch tatsächliche Finanzbelastung als durch die Doppik. Und das bei deutlich besser Information über die konkreten baulichen Erfordernisse in zeitlicher Vorausschau. Die Gewinne also: deutlich geringerer Finanzmittelentzug bei gleichzeitig signifikant höherer Transparenz.

Just diese Erkenntnis zeigte das erste Projekt einer flächendeckenden Informationserhebung von Gebäudedaten in der EkiR – und zwar im Kirchenkreis Ottweiler – im Jahr 2005. Durchgeführt wurde es von K.IM. Kirchliches Immobilienmanagement. Eine durchschlagende Erkenntnis. (In der EkiR wurden später aufgrund eines Synodenbeschlusses Datenerhebungsprojekte, genannt GSA, durchgeführt, die leider diese grundlegenden Erkenntnisse nicht berücksichtigten).

Was ist heute zu tun? Eigentlich gehörte die Doppik wieder abgeschafft. Ob dazu seitens der Verantwortlichen der Mut vorhanden ist, darf bezweifelt werden. Aber Kirche braucht die Doppik nicht. Kirche, jedenfalls Gemeinden und Einrichtungen/Dienste, bräuchten eine an einigen Stellen um KLR und andere Kennziffern erweiterte Kameralistik. Mehr nicht. Es bräuchte aber im Bereich der Gebäude ein differenziertes strategisches und immobilienwirtschaftliches Informationssystem. Die Kosten für diese Alternative liegen bei 25% der Kosten der Einführung der Doppik. Kosten die – offiziellen Zahlen zufolge – mit ca. 60 Mio. € beziffert werden (doppelt so teuer wie die Tebartz’sche Residenz). 60 Mio. – das dürfte aber kaum ausreichen. Vor allem sind dabei die dauerhaften Folgekosten der im Vergleich zur Kameralistik doppelt so aufwändigen Buchhaltung nicht berücksichtigt.

Einige Landeskirchen, u.a. die EkiR, haben die Doppik schon teilweise implementiert. Die EKiR leistet sich sogar die „doppelte“ Doppik. Dazu ist hier schon genug gesagt. Aber auch die einfache Doppik hat einen strangulierenden Effekt. Abhilfe kann die realdatenbasierte Immobiliensteuerung schaffen, die man im Zweifelsfall zusätzlich verwenden muss. Und daran ist dann die Rücklagenbildung zu orientieren. Das würde Strangulierungseffekte bei den Gemeinden zwar noch nicht beenden, aber deutlich abmildern.

Den Landeskirchen, die die Doppik noch nicht eingeführt haben, sollte man empfehlen, noch einmal mit Verstand zu prüfen, ob Aufwand und Wirkung in einem auch nur halbwegs verantwortbaren Verhältnis stehen. Und ob die Doppik die Zielsetzung der Kirche unterstützt – oder nicht eher fremde Interessen bedient.

EKHN: Dekanatsfusion, Finanzzuweisung, Doppische Haushaltsführung – Kirchenvorstände fordern Beteiligung und offene Aussprache

Mit drei Beschlüssen haben sich die Evangelischen Kirchengemeinden Maulbach, Appenrod und Dannenrod zur aktuellen Kirchenpolitik in der EKHN zu Wort gemeldet. Sie pochen unter anderem auf ihre Beteiligungsrechte und fordern die Dekanatssynode auf, den wichtigen kirchenpolitischen Themen Raum zu geben. Mehr dazu.

Warum die Doppik in der Kirche obsolet ist – anhand Prof. Fredmund Malik erklärt

Der eigentliche Zweck der Doppik besteht in der Darstellung des Vermögens, des Wertes, eines Unternehmens.  Für wen aber ist dieser Wert in der Kirche überhaupt relevant? Für einen Kirchenvorstand? Für ein anderes Leitungsgremium? Für wen und in welchen Fällen also ist der Wert bedeutsam? Hierauf gibt Prof. Fredmund Malik, St. Gallen, in seiner Management-Lehre folgende allgemeine Antwort:

„Der Wert des Unternehmens ist nur bedeutsam für Leute, die das Unternehmen als solches oder Teile davon kaufen bzw. verkaufen wollen. Für die unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens selbst, für das eigentliche Wirtschaften also, stellt sich die Frage nach dem Unternehmenswert überhaupt nicht, sondern es stellt sich jeden Tag neu die Frage nach der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit.“

Fredmund Malik, Management. Das A und O des Handwerks, Frankfurt/New York 2008, S. 62

Übertragen auf die Kirche kann man bei den ergriffenen Maßnahmen der zurückliegenden Jahre von einem Teilverkauf des Immobiliensektors reden. Das ist ein eigenes Thema. Vergleichen Sie dazu den früheren Beitrag der wort-meldungen. Wir interessieren uns mehr für den zweiten Satz: „Für die unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens selbst,… stellt sich die Frage nach dem Unternehmenswert überhaupt nicht, sondern es stellt sich jeden Tag neu die Frage nach der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit. Ein Satz mit Sprengkraft. Man muss nur die Worte leicht modifizieren und damit den Inhalt aus der Unternehmenswelt auf den der Kirche übertragen. Der Satz lautet dann: Für die Tätigkeit(en) der Kirche selbst stellt sich die Frage nach dem Unternehmenswert überhaupt nicht, sondern es stellt sich jeden Tag neu die Frage nach der Leistungsfähigkeit in Hinblick auf alle gewünschten und notwendigen Tätigkeiten der Kirche, bestehend in der inhaltlichen Arbeit an den Menschen in Gemeinde und Funktion und den erforderlichen unterstützenden (administrativen und organisatorisch-partizipativen) Tätigkeiten. Für diese Zwecke benötigt man die Doppik in er Tat nicht. Die Doppik ist in diesem Sinne für die Kirche völlig nutzlos und obsolet.
Das heißt aber nicht, dass es keine Information(en) bräuchte! Stehen etwa in Teilbereichen, (einer Gemeinde, einer Einrichtung etc.) Veränderungen an, wie z.B. der Verkauf eines einzelnen (!) Immobilien-Objektes, wird selbstverständlich ein individueller und präziser Wert als Grundlage und zum speziellen Zweck des Verkaufs benötigt. Diesen präzisen Wert liefert aber die Doppik dann gerade nicht, denn der Wert der Doppik ist für solche Zwecke nicht gedacht und viel zu ungenau. Dazu bedarf es hier z.B. eines Gutachtens. Analog gilt das für die Planung der Instandhaltung der Gebäude, also der Bildung von Rücklagen. Auch dafür ist die Doppik zu ungenau und liefert namentlich bei einem Bestand wie dem der Kirche notorisch zu hohe Werte. Folglich müssen dann viel höhere Rücklagen gebildet werden, als erforderlich. Erforderlich wäre eine nicht an pauschalen Kennziffern, sondern an Realdaten orientierte Instandhaltungsplanung. In Fällen der konkreten Arbeitsabläufe kirchlicher Administration ist also die Doppik zu ungenau. Denn sie verfolgt ja, siehe oben – ein anderes Ziel.

Wem soll also die Doppik nutzen? Dazu eine fatalistische Anmerkung: die Doppik hat natürlich Nutznießer. Denn ihre Einführung ist teuer. Offiziell ist in größeren Landeskirchen von 40-50 Mio. € die Rede. Die wahren werte dürften aber – wie bei den Darstellungen von Bundesländern auch – deutlich darüber liegen. Man wird für die Umstellung auf die Doppik in den Landeskirchen sicher mit 1 Mrd. € zu rechnen haben. Die ev. Kirchen bauen also keine teuren Bischofspaläste, sie bauen Doppik-Schlösser. Um nur ein Beispiel zu nennen.
Fazit: ein wirklicher Nutzen der von der Doppik gelieferten Steuerungsziffern für die Kirche ist nicht vorhanden. Vielleicht sollte die EKD- Synode in Düsseldorf mal über dieses Problem diskutieren… Bevor sie die in der Kirche mit Engagement Arbeitenden weiterhin mit unnötiger und damit frustrierenden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen belästigt und belastet. Und bevor sie weiter das Geld der Kirchensteuerzahler aus dem Fenster wirft.

Friedhelm Schneider

Was George Sandel mit der Doppik/NKF in der Kirche zu tun hat

George Sandel: Was man für Geld nicht kaufen kann, Berlin 2012

Als Papst Benedikt die USA besuchte, las er Messen in Stadien in New York und Washington. Für die kostenlos ausgegebenen Karten entwickelte sich ein Schwarzmarkt, bei dem bis zu 200 Dollar für eine Karte geboten wurde. Die Kirche protestierte: „Die Feier eines Sakraments sei mit Geld nicht aufzuwiegen“. – Dies ist nur eines vieler Beispiele, wie Markt- und ökonomistisches Denken in alle Bereiche des Lebens eingedrungen sind: in die Politik, die Medizin, die Bildung, Sport – und auch in Kirche und Religion.

Für Den Autor und Harvard- Professor Sandel stellt sich anhand etlicher Beispiele aus der Lebenswirklichkeit die Frage: wollen wir eine (zu begrüßende) Marktwirtschaft oder eine die Gesellschaft im Kern bedrohende Marktgesellschaft? Bisher verhinderte ein prekärer Diskurs die Dominanz von Argumenten über das gute Leben in die Politik – und ließ banales, marktkonformes, gegenüber Werten neutrales Denken triumphieren. Was es daher heute braucht ist eine Debatte darüber, in welchen Bereichen Märkte dem Gemeinwohl dienen und wo sie eben nichts zu suchen haben. Denn: Märkte und Kommerz verhalten sich gegenüber dem Charakter der von ihnen erfassten Güter eben nicht neutral, sondern verändern ihn. Im eingangs genannten Beispiel der Papstmesse wird das offensichtlich. Die Reaktion zeigte, dass man erkannt hat, dass Güter beschädigt oder entwertet werden, wenn man sie kommerzialisiert, im Beispiel also die Eucharistie käuflich zu erwerben ist. Das wird in dem besonderen Fall zwar besonders eindrücklich, trifft aber generell zu: Der Charakter der Güter verändert sich unter Marktbedingungen. Diese Erkenntnis führt zwangsläufig zu der Frage, wie weit denn der Markt reichen dürfe. Und wo dem Markt Grenzen gezogen werden müssen, damit die Gesellschaft selbst keinen Schaden nimmt. Denn Marktdenken führt anders als herrschende (und für Crashs verantwortliche) Ökonomen gerne behaupten, in anderen Sektoren als der Ökonomie selbst eben gerade nicht zu höherer, sondern zu geringerer Wirksamkeit. Sandel belegt das bspw. mit Studien zur intrinsischen Motivation aus der Schweiz. Sie haben gegenüber der marktkonformen extrinsischen Motivation eine geringere Wirkung. Damit sind wir mitten in einer in der kirchlichen Reformdebatte heiß diskutierten Frage. Weil die kirchlichen Reformen ja gerade die intrinsische Motivation zerstört wie etwa Prof. Michael Welcker oder Prof. Isolde Karle u.a. nicht müde werden zu betonen. Und folglich die von den Reformern intendierte Wirksamkeit kirchlicher Arbeit gerade schwächen.

Ein weiteres zentrales kirchliches Reformthema ist durch die Darstellung von Sandel ebenfalls berührt, wenngleich dort selbst nicht erwähnt: die Frage des Rechnungswesens. Denn Märkte und Kommerz verändern den Charakter der von ihnen erfassten Güter – so Sandel. Das gilt in der Kirche analog für das Rechnungswesen. Eine Umstellung von der (erweiterten!) Kameralistik auf die Doppik ist wie wir in Beiträgen im Monatsthema Mai 2013 darlegen konnten, organisatorisch eine Herausforderung, ein „Jahrhundertprojekt“. Und es verursacht hohe Kosten bei einem nicht feststellbaren Nutzen (vgl. den Beitrag von Prof. Bogumil, Bochum, im Dt. Pfarrerblatt). Allein diese Fakten wiegen überaus schwer. Viel schwerer wiegt aber die Tatsache, dass mit der Doppik ein Marktdenken in die Kirche eindringt, das dem Charakter der Kirche diametral entgegenläuft. Und das sich dem Gegenstand gegenüber nicht neutral verhält, sondern seinen Charakter verändert. „Die Feier eines Sakraments sei mit Geld nicht aufzuwiegen“, stellten die Kirchen in den USA anlässlich des Schwarzmarktes für die Karten zur Papstmesse fest. Analog gilt noch viel mehr: „Der Wert der/einer Landeskirche lässt sich monetär nicht bewerten!“. Genau das geschieht aber in der Bilanz. Die Bilanz bewertet die Summe dessen, was Kirche ausmacht und zu kirchlichem Handeln gehört, monetär. Aus theologischer Sicht geht das aber gar nicht! Spätestens dann, wenn eine ernsthafte theologische Debatte um die Doppik einsetzt, spätestens dann wird die Doppik nicht nur als (im Vergleich zu einer erweiterten Kameralistik) nutzlos und teuer, sondern als im Kern schädlich erkannt werden.  Denn Doppik/NKF ist kein Beleg einer sich auch in der Administration endlich modernisierenden, auch wirtschaftlich handelnden Organisation, sondern Symbol einer angepassten Marktkirche – und damit eine Parallele zu der von Sandel beschriebenen gesellschaftsschädigenden Marktgesellschaft. 

Pfr. Friedhelm Schneider

Neue Steuerungsmodelle befördern Mainstream-Forschung

Die Auswirkungen aktueller Reformen auf die Forschungsvorhaben und -projekte untersuchen die „Beiträge zur Hochschulforschung“.

Mit der Umsetzung neuer Steuerungsmodelle scheinen sich nicht nur die finanziellen Möglichkeiten zu verringern, ergebnisoffene Forschungsprojekte verfolgen zu können, auch Forschungslinien werden stärker von Außen beeinflusst.“ Zu diesem Schluss kommen die Wissenschaftler Regina von Görtz, Richard Heidler und Dorothea Jansen in einer aktuellen Ausgabe der „Beiträge zur Hochschulforschung“.

Baden-Württemberg: Stopp der Einführung der NSM gefordert

Die SPD-Landtagsfraktion fordert die Landesregierung mit Nachdruck auf, die Einführung der „Neuen Steuerungsinstrumente“ (NSI) in der Landesverwaltung zu stoppen und damit eine Phase der Neubewertung und Neuausrichtung zu ermöglichen. Die bisherigen Erfahrungen mit der Einführung neuer Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung von Baden-Württemberg zeigen nach Auffassung von Fraktionschef Wolfgang Drexler, dass der flächendeckende, generelle und schnelle Einsatz der Kosten- und Leistungsrechnung nicht sachgerecht ist. Dieser Weg führe nach allen bisherigen Erfahrungen nicht zu den erhofften Effizienzgewinnen. Im Gegenteil: die Gefahr sei groß, dass durch NSI sogar dauerhafte Mehrbelastungen an Personal und Finanzen entstehen und dass die Einführungskosten von rd. 330 Mio. € bei weitem nicht ausreichen, argumentiert Drexler. Der Rechnungshof habe die Kosten des Projekts einschließlich der so genannten Beistellkosten der Ministerien, d. h. der nicht direkt auf NSI gebuchten Kosten der Einführung der neuen Steuerung, sogar auf mindestens 550 Mio. € geschätzt.

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Inzwischen wurde für Kommunen das Wahlrecht infolge hoher Kosten beschlossen. Dazu mehr.