Archiv für den Monat: Februar 2014

Tiefe Kluft zwischen der kirchlichen Lehre und dem Leben. Zur Auswertung der Umfrage der kathol. Kirche zum Thema Familie.

Hier zunächst die vollständige Auswertung des vatikanischen Fragebogens in der
Fassung der Reformbewegungen „Laieninitiative“ und Plattform „Wir-sind-Kirche“.

Stellungnahmen und Auswertungen von Bistümern:

Bistum Mainz: „Die Umfrage öffnet uns nochmals die Augen“

Mainz, 18.12.2013

Eine tiefe Kluft zwischen der kirchlichen Lehre und dem Leben bzw. den Ansichten einer großen Anzahl von Kirchenmitgliedern hat die Auswertung der weltweiten, vatikanischen Umfrage zum Thema Familie im Bistum Mainz ergeben.

„Die Ergebnisse der Umfrage erzeugen und verstärken, auch wenn sie nicht repräsentativ sind, den Eindruck einer fatalen Situation. Eigentlich wissen wir schon lange darum..“, schreibt der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, am 16. Dezember, in einer ersten Reaktion auf die Ergebnisse…

Aus dem Bistum Mainz hatte es über 900 Rückmeldungen auf den Fragebogen gegeben. Die meisten Einsendungen kamen von Einzelpersonen und Ehepaaren, rund zehn Prozent der Einsendungen gaben die Meinung von diözesanen und pfarrlichen Räten, Gremien, Pastoralteams und Verbänden wieder.  Mehr dazu.

Auszüge aus den Ergebnissen der Umfrage aus dem Bistum Augsburg:

4- Zur Pastoral für Gläubige in schwierigen Ehesituationen

a) Ist das Zusammenleben „ad experimentum“ in der Ortskirche eine relevante pastorale
Wirklichkeit? Welchen Prozentsatz macht es schätzungsweise aus?
Es ist eine heutzutage nicht mehr wegzudenkende Realität. Eheanwärter erproben so, ob das tägliche Zusammenleben auf Dauer gelingt, bevor sie in Ernsthaftigkeit eine Entscheidung für ihr Leben treffen. Die Liebe entwickelt sich und ist als Prozess zu sehen. Mit dem JA-Wort vor Gott ist dann das öffentliche Bekenntnis und eine endgültige Zusage an den Partner gemeint. Schätzung bezüglich des Zusammenlebens „ad experimentum“ sind 90%. In den Kirchen vor Ort sieht man diese Art des Zusammenlebens wenig, da sich diese Paare bereits von der Kirche entfernt haben. Die Jugendlichen kümmern sich dahingehend nicht mehr um die Empfehlungen und Vorgaben der Kirche…

b) Gibt es faktische Lebensgemeinschaften ohne religiöse oder zivile Anerkennung? Gibt es
dazu verlässliche statistische Daten?
Die gibt es natürlich. Darunter finden sich auch viele homosexuelle Paare, die sehr katholisch leben und unter der „Verurteilung“ ihrer Lebenssituation leiden. So finden homo- und heterosexuelle Lebensgemeinschaften auf ihrem Weg zu einem gelingenden Leben mit Gott bisher in der Kirche keine Erwähnung. Betroffene fühlen sich auf ein triebgesteuertes Wesen reduziert, obwohl sie die gleichen Probleme haben und erleben müssen wie verheiratete Paare.

d) All diese Fälle betreffend: Wie leben die Getauften ihre irreguläre Situation? Sind sie sich
dessen bewusst? Zeigen sie sich gleichgültig? Fühlen sie sich ausgegrenzt und leiden an
der Unmöglichkeit, die Sakramente zu empfangen? Die Menschen sind nicht gleichgültig, sondern fühlen sich vielfach als Versager und Sünder behandelt. Viele leiden darunter, andere kehren der Kirche den Rücken. Gleichgültigkeit ist nur bei denen zu sehen, die sich bereits von der Kirche verabschiedet haben… Einige Teilnehmer der Umfrage sehen in diesem Thema eine Doppelmoral der Kirche, da Paaren, die eine Beziehung ohne zu heiraten leben, keine Konsequenzen spüren, sobald man die Beziehung aber offiziell macht, man ausgeschlossen ist. Ganz schmerzhaft erleben das Paare, die in der zweiten Beziehung bereits 40 Jahre zusammenleben, das Ideal von Ehe und Familie über diese lange Zeit leben und immer noch ausgeschlossen sind.

6- Zur Erziehung der Kinder in irregulären Ehesituationen
a) Wie hoch ist der geschätzte Prozentsatz der Kinder und Heranwachsenden im Vergleich
zu den in regulären Familien geborenen und aufgewachsenen Kindern? Diese Frage muss an das statistische Bundesamt gerichtet werden. Die Wahrnehmung ist, dass
die Zahl der Kinder aus Teilfamilien, Patchworkfamilien und unverheiratet
zusammenlebenden Paaren, auch auf dem Land, erschreckend zunimmt. Wobei die Befragten anmerken, dass die Bezeichnung „irregulär“ zu überdenken ist, da die
Zahl dieser Kinder höher ist, als die aus regulären Verhältnissen und damit bereits eine
Mehrheit darstellen.

9- Weitere Herausforderungen und Vorschläge
Gibt es andere Herausforderungen und Vorschläge hinsichtlich der in diesem Fragebogen
behandelten Themen, die nach Meinung der Befragten dringlich oder nützlich sein mögen?
Eine große Herausforderung wird darin gesehen, dass Kirche neue Wege gehen muss,
Laienmitarbeiter mehr fördern muss, sich Gedanken über das Zölibat machen und auch das
Priestertum der Frau in Betracht ziehen muss. Die Amtskirche muss wieder mehr Vertrauen
zu den Menschen an der Basis zeigen. Menschen, die schwierige Situationen in ihrem
Glauben gemeistert haben, dürfen nicht ausgegrenzt werden, sondern müssen als
Hoffnungsträger gesehen werden. Priester sollen Familie haben, um mit den Situationen der heutigen Eltern konfrontiert zu sein und die Nöte der Familien besser verstehen zu können. Außerdem sollte die Ausbildung der Pfarrer überdacht werden. Sie brauchen eine größere Befähigung in psychologischen oder auch sozialpädagogischen Fragen. Die Kirche muss einfach annehmen, dass die Herausforderungen durch die Globalisierung in unserer Gesellschaft nicht mehr umkehrbar sind und so akzeptieren, dass ihre Mitglieder mündige Gläubige sind, die ein Mitspracherecht in Glaubensfragen wollen. Die vollständige Auswertung.

Die Menschen vertrauen dem ADAC mehr als der Kirche – trotz Skandal ?! (Thema des Monats)

Die Unterschiede der emotionalen Verbundenheit zw. ADAC und kathol. Kirche sind frappierend. Kann sein, dass die Ergebnisse nach dem Skandal beim ADAC doch etwas anders darstellen werden, anders als der Autor des Focus-Artikels vermutet. Der offentischtlich auch noch nichts vom Protestantismus gehört hat, da für ihn
Kirche und kath. Kirche identisch sind. Bei allen Schwächen des Artikels ist in entscheidenden Bereichen der Wahrheitsanteil dennoch nicht zu leugnen und – erschreckend:

Dienstag, 21.01.2014, von FOCUS-Online-Gastautor Roman Becker
„Manipulierte Zahlen: ADAC verspricht restlose Aufklärung
Thomson Reuters Manipulierte Zahlen: ADAC verspricht restlose Aufklärung
Der ADAC wird die Krise ohne größeren Schaden überstehen. Sie berührt nicht seine Kernkompetenz. Damit unterscheidet er sich von der katholischen Kirche.

Die Kirche hat fast keine Fans
Das lässt sich mit eindrucksvollen Zahlen belegen: Vier von fünf ADAC-Mitgliedern (82 Prozent) zählen zur Gruppe der Fans oder Sympathisanten, die sich durch eine hohe Zufriedenheit und eine starke emotionale Verbundenheit zu „ihrem“ Verband auszeichnen. Damit lässt der Automobilclub alle anderen Mitgliederorganisationen in Deutschland um Längen hinter sich. Zum Vergleich: Die katholische Kirche kommt gerade einmal auf acht Prozent Sympathisanten – und echte Fans sucht man dort vergeblich. Sehr groß ist dagegen die Gruppe der Gefangenen (hohe Bindung/geringe Zufriedenheit und der Verlorenen (geringer Zufriedenheit/geringe Bindung).“ Zum Artikel.

EKD: Nun doch einiges gut in Afghanistan

Mit der Äußerung der ehemaligen Kirchenpräsidentin „Nichts ist gut in Afghanistan.“ wurde eine Diskussion in der Kirche und der Gesellschaft über den militärischen Einsatz am Hindukusch ausgelöst.

Die EKD entschloss sich dieser kurzen Analyse mit einem Papier zu ergänzen. Heraus kam ein Konzept des gerechten Frieden, der nun den gerechten Krieg ergänzen sollte.

Jetzt, wo sich der Einsatz seinem Ende nähert nutzt die EKD nochmals die Chance den Krieg zu analysieren. Wie schwer es sein muss die verschiedenen Positionen zu vereinen, zeigt sich daran, das die Kammer selten einer Meinung bei der Bewertung der Situation ist.

Einigkeit besteht fast nur in der Forderung, Militäreinsätze zur Stabilisierung stärker zivil zu begleiten.

Das Papier ist von starkem Pragmatismus geprägt. Die EKD gibt sich staatstragend, so als ob sie eine Verantwortung für die Soldaten vor Ort darin besteht irgendwie den Einsatz zu rechtfertigen. Sie erkennt zwar, dass es massive Probleme unter den Soldaten gibt, da vor Ort massive Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Krieges bestehen. Eine Analyse wie Margot Käßmann sie getroffen hat steht nun nicht im Interesse der Verantwortung zur Militärseelsorge.

Damit erklärt sich auch warum sich das Papier sechzig Seiten zwischen der Würdigung guter Intentionen und der katastrophalen Lage in Afghanistan windet.

Ein pazifistischer Ansatz hat es nicht in die Beurteilung des Krieges geschafft. Gibt es also keine Pazifisten mehr in der Kirche? Oder hat die EKD Angst, sie verliere Rückhalt in der Truppe und der Politik, wenn sie sich nicht zu einen jein mit mehreren wenn und aber durchringt. Doch dann stellt sich bei beiden die Frage, ob ihnen mit einer ehrlichen Diskussion nicht mehr gedient ist.

 

Folgendes vermisse ich daher in dem Papier:

– Die Praxis mutmaßliche Kombattanten mit Drohnen zu töten wird generell kritisiert. Jedoch gleichzeitig der deutsche Anteil daran nicht betrachtet. Die gezielte Tötung mit Drohnen wird als eine rein amerikanische Angelegenheit dargestellt. Ich erachte es in einem gemeinsamen Krieg jedoch als eine blauäugige Ansicht, die Taten von Verbündeten hätten keinen Einfluss auf das eigene Engagement. Bei einer Bewertung des Afghanistaneinsatz muss auch klar erkennbar seine welche gemeinsamen Regeln für einen Einsatz unabdingbar sind. Daher müssen auch Drohnennangriffe, Folter und das rechtsfreie Status von Guantanamo Teil der Betrachtung eines gemeinsamen Krieges sein.

– Die schuldhafte Verstrickung der westlichen Wirtschaftsmächte in die Vorstufen des Konfliktes wird nicht betrachtet. Das Unrecht und Gewalt zu weiterem Unrecht und Gewalt führen ist ein bekanntes Phänomen. Die angebliche Notwendigkeit militärischer Einsätze liegt oftmals in Versäumnissen oder Fehlern der Vergangenheit begründet. Konsequenzen für die Außen-, Entwicklungs- und Wirtschaftspolitik müssen an dem Leitbild eines gerechten Friedens gezogen werden. Der Verzicht auf militärische Möglichkeiten führt eventuell auch zu einem Umdenken der Politik im Vorfeld.

– Bei der Militärseelsorge vor Ort ist es sicherlich wichtig die positiven Intentionen des Einsatz zu bedenken. Bei der ethischen Beurteilung hat dieser militärseelsorgerische Duktus aber nichts zu suchen. Ich behaupte den Soldaten und Soldatinnen ist mehr damit geholfen, wenn sich die Bereitschaft der Politik sie in solche Einsätze zu schicken verändert, als wenn man die Lage schön redet. Die Kirche wird in diesem Papier nur einer ihrer Verantwortungen gerecht.

– Bei der Begründung des Afghanistankrieges folgt die Kammer in weitem Teilen der offiziellen Argumentation der Politik, wonach es sich erst um einen Verteidigungsfall handelte, danach der Aufbau einer funktionierenden Verwaltung Ziel sei und später humanitäre Absichten hinzugekommen seien.

Schon an der Begründung des Krieges lassen sich massive Zweifel ziehen. Das Al Kaida ihre Operationsbasis verlagern würde war schon vor beginn des Krieges absehbar. Daher stellt sich die Frage, ober der Krieg nicht eine Racheaktion einer zu tiefst getroffenen Nation/Wertegemeinschaft ist, die sich ihrer Verletzlichkeit bewusst wurde.

– Die Kosten des Krieges werden nicht in eine Relation zu ihrem Nutzen gesehen. Der Krieg kostet unsummen an Geld. Daher sollte man sich auch Gedanken machen, welche positive Dinge man mit dem Geld statt Leichenberge bewirken können.

– Eine kritische Betrachtung der humanitären Kriege findet nicht statt. Interessant wäre zu beobachten, warum sich innerhalb von nicht einmal zehn Jahren eine Nation für die ein Außeneinsatz ihrer Armee kaum denkbar war sich in mehrere militärische Abenteuer stürzt. Die neue Vermarktung des Krieges muss daher kritisch beurteilt werden.

 

Wenn der Pazifismus in der Kirche verloren geht, befürchte ich wird der Vorwurf von Erich Kästner wieder zutreffen können:

Vier Jahre Mord und ein paar Kränze heute.

Verlasst euch nie auf Gott und seine Leute!“

(Stimmen aus dem Massengrab)

Caritas Arbeitgeber wollen untere Lohngruppen geringer vergüten – neun Euro die Stunde für einfache Jobs

Caritas-Arbeitgeber wollen in den Bistümern Limburg, Mainz, Fulda, Speyer und Trier
künftig in den Bereichen stationäre und ambulante Altenhilfe, Hauswirtschaft, Küche
und Reinigung die Löhne für neu eingestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
absenken. Dazu haben die Arbeitgeber jetzt einen Antrag gestellt.
Mainz. Bis zu 18 Prozent weniger Lohn soll künftig eine Altenpflegehelferin und bis zu 15
Prozent weniger Lohn soll künftig eine Reinigungskraft, eine Küchen,- oder eine
Hauswirtschaftshilfe in der Region Mitte bei der Caritas verdienen. Zur Pressemitteilung.

Neun Euro die Stunde für einfache Jobs

23.01.14  Ver.di kritisiert Niedriglöhne in der Kirche
Doch nun haben die Arbeitgeber vor den Tarifgesprächen 2014 eine neue Niedriglohngruppe ins Gespräch gebracht. Für einfache Jobs soll es künftig nur noch neun Euro die Stunde geben. Die Mitarbeiter befürchten, dass sich nun auch die Caritas von der Orientierung am Öffentlichen Dienst verabschiedet. Zum Artikel in der Welt.

Glosse zur Synode der EKiR: Nachtgedanken eines Verwalters

von Manfred Alberti

„Noch eine Synode, ein Tagesordnungspunkt, dann ist der Durchbruch geschafft: Die Verwaltung ist Leitungsorgan unserer Kirche. Endlich! War auch ein ganz hartes Stück Arbeit: aber glücklicherweise kümmert sich ja kaum einer um die Verwaltung, erst Recht nicht um die Gesetze, die uns betreffen, wer liest die schon? Und so ging das letztlich doch noch ziemlich einfach:
Glücklicherweise interessierte die Menschen ja damals die Personalplanungsvorlage viel mehr. Da konnte jeder mitreden und mitdiskutieren. Da haben sich die Presbyterien drum gekümmert. Nun ja, die Aufregung um die gefährdete Pfarrerwahl durch die Gemeinden hat unsere Vorlage vergessen lassen. War ganz gut so, wenn sich niemand drum kümmert.
Ja und bei den Regionalkonferenzen ist unsere Vorlage trotz der Vorgaben der Kirchenleitung einfach nicht so rechtzeitig fertig geworden, dass sich die Presbyterien damit hätten auseinandersetzen können. Spät fertig, noch später veröffentlicht: die ersten Regionalkonferenzen waren schon fast vorbei, die Sommerferien begannen und kein Schwein dachte mehr an unsere Vorlagen.
Und dann: Eigentlich hatte ich ja mit einem Aufstand der Synode gerechnet, wenn ein solch wichtiges Gesetz auf der Landessynode Freitag nachts um halb zwölf in erster Lesung eingebracht wird, um am nächsten Morgen in zweiter Lesung endgültig beschlossen zu werden. Aber die Synode hat brav mitgemacht… Lesen Sie die Glosse.

Deutscher Pfarrerinnen- und Pfarrertag 2014 in Worms

Der Verband Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland lädt herzlich ein zum
Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertag! Von Montag, 22., bis Mittwoch, 24. September 2014
findet dieses große Treffen von Theologinnen und Theologen aus allen Landeskirchen
Deutschlands, das alle zwei Jahre veranstaltet wird, in Worms statt. Gemeinsam mit dem
Pfarrerinnen- und Pfarrerverein in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau stellt der
Verband derzeit ein interessantes und abwechslungsreiches Programm aus Gottesdiensten,
theologischen Themen, festlichen Abenden und touristischen Ereignissen zusammen.
Worms als Veranstaltungsort auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau bietet sich an, denn hier befindet sich das größte Denkmal der Reformation in Deutschland mit Martin Luther, der in dieser Stadt vor Kaiser und Reich trat, im Zentrum.
Die Bedeutung der Stadt für die Kirchen der Reformation ist auch wegweisend für das Thema des Pfarrerinnen- und Pfarrertages. Es nimmt ein Wort Martin Luthers auf, das der
Reformator bei seiner Anhörung in Worms 1521 zumindest inhaltlich so gesagt haben soll:
„Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen!“
Das Treffen der Theologinnen und Theologen soll jedoch keine Rückschau auf die Geschichte der Reformation sein, sondern den Blick auf die berufliche, also die theologische und persönliche Existenz der Teilnehmenden richten. Daher lautet das Thema der Tagung: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders! – Manchmal musst du nein sagen!“ In der Erinnerung an die Weigerung Martin Luthers, seine theologischen Erkenntnisse zu widerrufen, soll überlegt werden, an welchen Stellen Pfarrerinnen und Pfarrer heute sich weigern müssen, hinter theologisch fundierte Erkenntnisse zurückzutreten, und stattdessen diese Erkenntnisse in ihrer Verkündigung und ihrer persönlichen Lebensführung zu bewähren.
Als Referenten konnte der Pfarrverband einen renommierten Mann gewinnen, der in seinem
Denken, Reden und Handeln sich nicht nur einmal manchen Missständen in Politik, Kirche
und Gesellschaft widersetzt hat: Den CDU-Sozialpolitiker und Kapitalismuskritiker Heiner
Geißler. Nach seinem erwartungsgemäß bewegenden und nachdenklich stimmenden Referat und einer Aussprache dazu soll Gelegenheit sein, in Arbeitsgruppen die Herausforderungen kirchlicher Realität und beruflicher Existenz, vor die Pfarrerinnen und Pfarrer sich gestellt sehen, zu besprechen. Dabei wird es unter anderem um den andauernden Reformstress in den Kirchen gehen, um die Frage nach einem vom christlichen Menschenbild geprägten Umgang miteinander in Kirchen und Gemeinden und nach der Umsetzung ökologischer Erkenntnisse sowie um Lebensstil und globale Verantwortung.Mehr dazu.

“Sapere aude! Warum wir eine neue Aufklärung brauchen” – Rezension eines Buchs von Heiner Geißler

Heiner Geißler, Sapere aude„Wage zu denken“ war der Leitspruch des deutschen Philosophen Immanuel Kant, mit dem er 1784 für die Aufklärung warb. Aufbrechen sollten die Menschen aus ihrer Unmündigkeit und Hörigkeit gegenüber den Obrigkeiten des Absolutismus.

Heute, so Heiner Geißler in seinem neuen Buch Sapere aude (auch erhältlich in der Print-Ausgabe), leiden die Menschen unter einem neuen Absolutismus, dem der Ökonomie und dem religiösen Fundamentalismus des Islam und der katholischen Kirche. Und sie verhalten sich ähnlich unmündig diesen Tendenzen gegenüber… Mehr dazu.

Fehlentscheidung Fusion

Der Fehler Fusion ist beliebt – und führt selten zu Lernfortschritten, nicht nur in der Kirche:
…Die größte und auch umstrittenste Akquisition war der teure Einstieg in den US-Mobilfunk-Markt. Noch unter Ron Sommer als Chef vollendete die DT im Jahr 1. Juni 2001 die Übernahme der Wireless-Netzbetreiber Voicestream und Powertel zu einem Gesamtvolumen von insgesamt 59 Milliarden (!) US-Dollar.
Auch wenn in den USA inzwischen ein beachtlicher Teil des Umsatzes der DT generiert wird (16,1 Milliarden Euro, 2010), kann das Engagement schon jetzt als ein Reinfall gelten. Ähnlich wie der Automobilhersteller Daimler hat sich ein deutsches Vorzeigeunternehmen bei den mit einem Einstieg in den riesigen US-Markt verbundenen Synergie-Effekten und Wachstumschancen offenbar verschätzt. Zum Artikel.

Debakel bei Schulreformen: Erst in Niedersachsen und nun auch im Süden: Bayern rückt von G 8 ab

14.2. Süddeutsche: „Eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Bayern wird immer wahrscheinlicher. Weil die Staatsregierung das entsprechende Volksbegehren nicht mehr stoppen kann, überlegt man, wie sich das Turbo-Abi wieder abschaffen lässt…..

Was das G 8 angeht, scheinen Seehofer und Spaenle mit ihrem Latein am Ende zu sein. Trotz aller Energie, die sie in das Projekt stecken, werden die Klagen nicht leiser und die Zahl der G-9-Befürworter nimmt ständig zu…“

Mehr dazu bei: G9 jetzt! :

G9 für alle Gymnasiasten!

So bald wie möglich sollen Schülerinnen und Schüler in Hamburger Gymnasien ihre weitere Schulzeit wieder im G9 absolvieren können. Nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein, Hessen und Baden Württemberg sollen auch unsere Hamburger Gymnasien Wahlfreiheit zwischen dem G8 und dem G9 bekommen.

TTIP: Internationale Megakonzerne verhindern die soziale und ökologische Gestaltung der Globalisierung

von Prof. Hickel mit Anmerkung von Jens Berger. 13.02.14

Die geplante „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ zwischen den USA und der EU ist heftig umstritten. Das Kürzel TTIP (Transatlantic Trade- and Investmentpartnership) taucht bereits auf den Plakaten nicht nur der Globalisierungskritiker auf. Zwei Positionen stehen sich ziemlich unversöhnlich gegenüber. Die Befürworter eines entgrenzten Freihandels betonen die Wohlfahrtsgewinne für alle durch sinkende Preise, mehr an Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze. Die Kritiker dieser Globalisierung mit abgeschmolzenen arbeits- und verbraucherbezogenen, sozialen sowie ökologischen Mindeststandards befürchten den Machtgewinn internationaler Konzerne gegenüber dem Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Beschäftigten. Die modellhaft skizzierbaren Vorteile einer grenzüberschreitenden Liberalisierung der Märkte durch den Abbau protektionistischer Hürden und damit sinkender Preise werden durchaus gesehen. In der Realität der international monopolistischen Konkurenz dominieren jedoch die einzelwirtschaftlichen Gewinninteressen zu Lasten breiter Wohlstandsgewinne. Von Rudolf Hickel[*], mit einer Anmerkung von Jens Berger.

Kurze Fassung erschien in der TAZ am 11. 2. 2014

Anmerkung Jens Berger: Rudolf Hickel nennt – vollkommen zu Recht – zahlreiche Beispiele, bei denen US-Konzerne vom Freihandelsabkommen profitieren würden. Das ist jedoch gleich aus zweierlei Hinsicht nur die halbe Wahrheit und kann schnell in der Art und Weise falsch verstanden werden, dass das geplante Freihandelsabkommen einseitig die US-Konzerne begünstigt.

Was für US-Konzerne auf dem EU-Markt gilt, gilt spiegelbildlich auch für EU-Konzerne auf dem US-Markt. Nehmen wir da nur die Arzneimittelzulassung, die in den USA wesentlich schärfer und somit verbraucherfreundlicher reguliert ist als in der EU – eine Harmonisierung wäre hier ein Milliardengeschenk für die europäischen Pharmariesen GlaxoSmithKline (GB), Sanofi-Aventis (F) und AstraZeneca (GB) und Merck (D). Ein besonderes Geschenk für die deutschen Exporteure wäre auch eine Harmonisierung der Produkthaftungsgesetze. Unternehmen wie der Maschinenbauer Stihl kalkulieren hier eine Rücklage in Höhe von 15% vom US-Umsatz für Produkthaftungsklagen ein – sollte ein Freihandelsabkommen die US-Produkthaftung auf das EU-Niveau absenken, wäre dies ein Milliardengeschenk an EU-Unternehmen, vor allem an deutsche Exporteure. Es ist also nicht so, dass nur US-Konzerne profitieren würden. Alleine die beiden genannten Beispiele sind vom Volumen her um einiges bedeutsamer als die vielzitierten Chlorhühnchen. Warum tauchen sie in keinem TTIP-kritischen Artikel auf?
Die Absenkung des Verbraucherschutzes – und darum geht ja letztendlich – nutzt freilich nicht nur den Konzernen aus dem anderen Wirtschaftsraum, sondern auch und vor allem den Konzernen aus dem eigenen Wirtschaftsraum. Oder glauben Sie, dass Wiesenhof keine Chlorhühnchen anbieten würde, wenn die Kennzeichnungspflicht wegfällt? Ob die US-Konzerne sich dann überhaupt mit ihren Chlorhühnchen gegen die der niedersächsischen Hühnerbarone durchsetzen können, ist eine weitere Frage. Und auch dies gilt spiegelbildlich. Von einer Absenkung der US-Produkthaftung und einer Verwässerung der Arzneimittelzulassungskriterien würden auch und vor allem US-Konzerne auf ihrem Heimatmarkt profitieren.
Bei TTIP geht es nicht um die Frage, ob US- oder EU-Konzerne profitieren. Unter dem Strich profitieren beide. Die Konfliktlinie ist nicht USA gegen EU, sondern Unternehmen gegen Verbraucher. Und hier sitzt Erika Mustermann mit John Doe in einem Boot. Lässt man alle Details heraus, geht es also um die Frage, ob eine Absenkung des Verbraucherschutzes im Sinne der Verbraucher ist, da dadurch die Preise sinken. Und hier ist zu Recht Zweifel angebracht, zumal – was Rudolf Hickel vollkommen korrekt erwähnt – es bei dem schon jetzt vorhandenen Angebotsoligopol mehr als fraglich ist, ob die sinkenden Kosten überhaupt an den Verbraucher weitergegeben werden oder nicht doch nur als Renditesteigerung verbucht werden. Zum Beitrag.