Archiv für den Monat: September 2014

Lebensfeindliche Männlichkeitsbilder

Immer wieder lassen sich Männer für Kriege begeistern. Sie ziehen freiwillig als „Befreier“ nach Neurussland und als Dschihadisten nach Syrien. Auch bei uns ist ein lebensfeindliches Bild von Männlichkeit weit verbreitet. So lange Männlichkeit mit Wehrhaftigkeit und Heldentum gleichgesetzt wird, erziehen wir ungewollt zur Brutalität. Es wird Zeit für neue Vorbilder.

Die Bundeswehr als Sponsor von Fußballvereinen

Auf der Suche nach RekrutInnen ist die Bundeswehr auf Werbung angewiesen. Im Fernsehen und Internet wirbt sie mit jugendaffinen Spots. Es ist im hohem Maße problematisch, da man auf junge Rekrutinnen angewiesen ist. Jugendliche und junge Erwachsene werden gebraucht und müssen auf der anderen Seite mit ihrer noch nicht gefestigten Persönlichkeit geschützt werden. Das Werben der Bundeswehr ist daher genau zu überprüfen. Werden potentielle RekrutInnen über Chancen, Pflichten und Risiken ihrer Arbeit informiert oder mit martialischen Maschinen, Abenteuerurlauben und selektiver Wahrheit geblendet.

Die Taz berichtet, dass die Bundeswehr nun auch verstärkt im Amateurfußball wirbt. Schließlich finden sich hier Jugendliche, die sich für „Teamgeist, Kameradschaft und Einsatz“ begeistern lassen.

Kirchen prägen die sozialstaatliche Entwicklung in Europa

Innerhalb Europas haben sich die sozialen Sicherungssysteme unterschiedlich entwickelt. Neben politischen Faktoren, wie Arbeitskämpfen und Parteien ist auch die Religion ein wichtiger Faktor bei der Ausprägung der sozialstaatlichen Leistungen. Die Sozialethiker Hans-Richard Reuter und Karl Gabriel haben die Zusammenhänge von Staat und Kirchen bei der Ausgestaltung der Sozialstaaten untersucht. Ihr Ergebnis: Konflikte und Kooperation prägen das soziale Gefüge von Staaten. Auch die Entwicklung der Soziallehre durch die Kirche hat einen großen Einfluss auf das Ausmaß der gegenwärtigen staatlichen Unterstützung.

Jeremy Rifkin und der Niedergang des Kapitalismus. Ein Kommentar zum neunen Werk des Autors von Albrecht Müller.

Jeremy Rifkin ist wieder einmal auf der Bühne – mit einem neuen Buch, ein bewundernswerter Scharlatan
Ich bekenne freimütig, dass ich schon einmal ein Buch dieses Autors zu lesen versucht habe: „Das Ende der Arbeit“. Jetzt ist „Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft: Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus“ auf dem Markt.

Mit dem „Ende der Arbeit“ habe ich mir vor einigen Jahren einen Nachmittag meines Urlaubs verdorben, weil der Versuch des Autors, seine steile These mithilfe einer Abfolge von Assoziationen zu begründen auf den Nerv ging.

Kaum ist bestätigt, dass die Arbeit entgegen seiner Prognose nicht ausgegangen ist und Deutschland zum Beispiel seinen industriellen Kern behalten hat, da kommt der Autor Rifkin mit einem neuen Roman und mit einer grandiosen, bewundernswerten Öffentlichkeitsarbeit. So zum Beispiel eine ganze Seite in der FAZ:

Der Ökonom Jeremy Rifkin liebt große Thesen, jetzt verkündet er den Niedergang des Kapitalismus und … Lesen Sie den vollständigen Kommentar und Punkt 5.

Gegenwart und Zukunft des Pfarrhauses. Vortrag von Landesbischof Dr. Christoph Meyns.

Vortrag auf dem Sommerfest der Evangelischen Akademie „Abt Jerusalem“
am 9. Juli 2014

„Wenn ich heute über die Gegenwart und Zukunft des Pfarrhauses rede, dann tue ich das auf dreierlei Weise. Erstens als Betroffener und Zeitzeuge, zweitens als wissenschaftlicher Theologe und drittens, in einer für mich noch ungewohnten Rolle, in kirchenleitender Perspektive.“
daraus folgender Auszug: Kirche hat in den letzten 25 Jahren den Selbstinszenierern und Schaumschlägern ein bisschen zu viel Raum gegeben:

„In ähnlicher Weise spricht Jan Hermelink von der Kirche als „Organisation zur öffentlichen Inszenierung des Glaubens“. Ich halte das Sprachspiel der Theaterwelt in des für wenig geeignet, Licht auf gesellschaftliche Zusammenhänge im Allgemeinen und das Pfarrhaus im Besonderen zu werfen. So interessant mögliche Parallelen sind, darf man die Unterschiede doch nicht vergessen, oder um es mit Søren Kierkegaard zu sagen: „Die Garantie für den Unterschied zwischen Theater und Kirche ist die Nachfolge“. Pfarrer wie Albert Schweitzer und Dietrich Bonhoeffer haben gerade deshalb noch Bedeutung für uns, weil es Ihnen nicht darum ging, sich zu inszenieren, sondern mit dem Zuspruch auch dem Anspruch des
Evangeliums auf das ganze Leben gerecht zu werden. Wir haben in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren für meinen Geschmack in der Kirche den Selbstinszenierern und Schaumschlägern ein bisschen zu viel Raum gegeben. Es wird Zeit, sich von einer Reduzierung der Verkündigung auf Marketing und Event-Management zu verabschieden.“

Der Vortrag.

Demokartie in der Kirche I: Theorie und Praxis im Kontrast

von Friedhelm Schneider

„Das Schattenregiment der EKHN: Der erweiterte Solidarpakt stellt die Synode ins Abseits“ so teitelte in der letzten Woche ein Beitrag in den www.wort-meldungen.de . Schon im Titel wird die dann anhand der historischen Fakten belegte These entfaltet, dass die Synode bei ganz zentralen Fragen ihre Entscheidungskompetenz nicht ausüben konnte, ja, über zentrale Fragen nicht einmal in Fachausschüssen informiert war. Die Aussage bezog ich auf die vom erweiterten Solidarpakt der EKD Kirchenkonferenz betroffenen Bereiche von Finanz- und Personalpolitik. Gewiss: der Beitrag führte nur einen Indizienbeweis. Allerdings einen sehr plausiblen. Das Ergebnis kontrastiert dem Selbstverständnis der Kirchen, wie es gerade heute in etlichen Verlautbarungen fast gebetsmühlenhaft mit Hinweis auf die formale Organisationsstruktur der ev. Kirchen wiederholt wird: die Kirche sei von unten nach oben aufgebaut. So auch jetzt wieder im Jahresbericht 2013/2014 der EKHN auf den Seiten 12 bis 16. .

 

Demokratie in der Kirche II: Aus schmerzlichen Erfahrungen nichts gelernt?

von Friedhelm Schneider

Demokratie in der Kirche. Spannend ist nicht nur der Kontrast zwischen formaler Struktur und der Praxis (s.o.), bei dem man sich an parallele Phänomene in der Politik erinnert fühlt. Spannend ist ein zweites, wichtiges Thema. Es kommt zum Ausdruck im selben Beitrag des Synodenpräses der EKHN (Jahresbericht der EKHN 2013/2014, S. 12-16) „Wie demokratisch kann Kirche sein?“ – Wie demokratisch kann also Kirche sein? Der Synodenpräsident sieht und zieht Grenzen:

„Sie sehen also auch Grenzen. Welche?
OELSCHLÄGER: »Als Kirche sind wir eine Glaubensgemein­schaft, das entspricht nicht eins zu eins dem Staat. Deshalb unterscheiden wir uns als Synode von einem Parlament. Drei Unterschiede will ich benennen. Erstens haben wir bewusst kein klares Gegenüber von Regierung und Parlament. Beide sind bei uns miteinander verschränkt. Bei uns ist das Parlament – also die Synode – mit zwei Personen in der Regierung – also der Kirchenleitung – vertreten…“

Das folgt damit etwa in einer Rede vom damaligen Präses der EKiR  Nikolaus Schneider vertretenen Legislative und Exekutive zu vermengen. Gerade solche in der EKiR traditionelle Gemeindelage führte aber dazu dass, die Kontrollfunktion des Parlament/ der Synode sträflich vernachlässigt wurde. Die Folge: der bbz-Skandal, der es bundesweit in die Gazetten schaffte. Die daraufhin eingesetzte Kommission, der der frühere Ministerpräsident Höppner vorstand, forderte daher in ihrem Prüfbericht, „diese Landeskirche möge sich eine neue Kirchenverfassung geben, in welcher der innerkirchlichen Gewaltenteilung künftig mehr Gewicht zukommen solle“. Vgl. daui auch den damaligen Kommentar von Pfr. Hans-Jürgen Volk.

Das Problem ist an der Stelle allerdings nicht nur ein EKiR- Problem, sondern ein generelles. Wer Strukturen schafft, die nicht auf Balance und Kontrolle, sondern auf vermeintlich Harmonie setzt, der also Legislative und Exekutive (und vielleicht auch noch die Jurisdiktion)  vermengt, der riskiert Skandale. Siehe bbz, siehe Finanzskandal München, oder auf katholischer Seite mit dem Skandal um den Bischofspalast in Limburg.  Man hätte hoffen sollen, die Kirche habe aus Prüfberichten wie dem der Höppner-Kommission, den Kritiken der kathol. Pfarrer- Initiative Limburg oder schlicht den schmerzlichen Erfahrungen gelernt. Offensichtlich nicht. Wer Skandale riskiert, schadet der Kirche. Insofern ist das auf vordergründig auf Harmonie zielende Verhalten von Synodalpräsident Ölschläger in der Kirche nicht unbekannt, es ist aber hoch problematisch. Denn es ist mit der Grund dafür, dass die Kirche sich gerade in dem Zustand befindet, in dem sie nun mal ist. Auch die EKHN.

 

Landessuperintendent Hans-Christian Brandy über wachsende Bürokratie

Ein leitender Mitarbeiter stöhnt am Telefon, er kämpfe in Nachtarbeit mit der Abrechnung für ein längst abgeschlossenes, von der EU (dankenswerterweise!) gefördertes Projekt. Immer neue Bescheinigungen werden nachgefordert, Abrechnungs-
modalitäten haben sich stillschweigend geändert. Trotz größter Sorgfalt sei ein Weg aus dem Verfahrensdschungel noch nicht in Sicht.

Am selben Tag eine Mail: Für ein Arbeitsfeld werden jetzt Bundesmittel freigegeben. Die Projekte dürfen noch nicht begonnen haben. Anträge werden an enge Vorgaben geknüpft und sind nur durch mehrere Einrichtungen gemeinsam möglich – erfordern also intensive Absprachen. Die Mittel müssen aber noch 2014 ausgegeben werden. Und diese Nachricht kommt im September. Wie soll das gehen? Eine gut gemeinte Absicht mutiert zu einem bürokratischen Schildbürgerstreich. Und kein Verantwortlicher verhindert das… Zum Kommentar.

Anm: Und wie steht es um das selbstproduzierte Wachstums des Bürokratiemonsters innerhalb der Kirchen? man vgl. z.B nur den folgenden Beitrag: