Kommentar zum neuen Sparpaket der EKiR
Von Hans-Jürgen Volk
Wohin steuert die Ev. Kirche im Rheinland? In seinem Blog benennt der Präses der Ev. Kirche im Rheinland aus seiner Sicht die Herausforderung: „Diefünfte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD zeigt allzu deutlich, dass bei evangelischen Kirchenmitgliedern in der Gesamtheit die Verbundenheit mit der Kirche und die religiöse Sprachfähigkeit kontinuierlich abnehmen. Ein zentraler Grund hierfür liegt in der abnehmenden Breitenwirkung der religiösen Sozialisation, je jünger die Befragten sind, umso seltener geben sie an, religiös erzogen worden zu sein, so die Untersuchung.“ Dieser Analyse müsste eigentlich die Ankündigung folgen, die kirchliche Bildungsarbeit zu verstärken. Schaut man sich die von der Kirchenleitung vorgelegte Streichliste an, so ist genau das Gegenteil der Fall: Allein bei den Schulen in kirchlicher Trägerschaft sollen 4,5 Mio. € eingespart werden. Sogar die Kirchliche Hochschule in Wuppertal steht auf dem Prüfstand. Hier will man 1 Mio. € einsparen. Sollte dies in den Verhandlungen mit den anderen Trägern, der westfälischen und der lippischen Landeskirche nicht gelingen, will man sich aus der Trägerschaft zurückziehen. Dies dürfte dann wohl das Aus für die Kirchliche Hochschule bedeuten. Das „Haus der Begegnung“ in Bonn soll aufgegeben werden, womit man eine weitere Mio. einsparen will. Dies betrifft die Arbeit der Akademie und des PTI. Von den 12,3 Mio. € die eingespart werden sollen, entfallen mit 6,5 Mio. € mehr als die Hälfte auf die kirchliche Bildungsarbeit im engeren Sinne. Philipp Melanchthon dürfte in seinem Grabe rotieren.
Sparen ohne Kompass
Es ist nicht erkennbar, welche theologischen Einsichten oder gar reformatorischen Visionen bei diesem erneuten Umbau- und Sparprogramm handlungsleitend sind. Tatsächlich geht es um’s Geld. Genauer: Man setzt alles daran, die durch den „erweiterten Solidarpakt“ der EKD vorgegebenen Standards im Blick auf die Kapitaldeckung zukünftiger Versorgungsansprüche und die Rücklagenbildung möglichst rasch zu erfüllen. Ob diese EKD-Standards und -Vorgaben sinnvoll sind, ist übrigens bisher von keiner Landessynode wahrgenommen und diskutiert worden.
Der Begriff „Haushaltskonsolidierung“, den die rheinische Kirchenleitung auch in ihrer Vorlage verwendet, ist angesichts dieses Tatbestands irreführend. Es bedarf keiner Frage, dass auch ein Haushalt der Landeskirche am Ende ausgeglichen sein muss. Von einem „strukturellen Defizit“ ist dann zu reden, wenn dieser Ausgleich über mehrere Jahre hinweg nur durch Rücklagenentnahme gewährleistet ist. In der Vergangenheit war dies zweifellos der Fall. Aus diesem Grund wurden die Predigerseminare der EKiR in Bad Kreuznach und Essen ebenso wie das Pastoralkolleg in Rengsdorf geschlossen oder die Immobilie der Ev. Akademie in Mülheim aufgegeben, um nur einige Beispiele zu nennen. Gespart wurde in der Vergangenheit bereits kräftig und schmerzlich. Wie ausgeprägt das angebliche „strukturelle Defizit“ nun tatsächlich ist und ob es angesichts der positiven Entwicklung bei den Kirchensteuereinnahmen überhaupt noch existiert, kann niemand präzise sagen, da auf Grund der NKF-Umstellung seit 2012 keine Haushaltsabschlüsse vorliegen. Zahlen legte die Kirchenleitung 2013 vor, diese basierten aber auf der viel zu niedrig angesetzten Planung mit einem Verteilbetrag von 575,5 Mio. €. Am Ende waren es etwa 620 Mio. €. Trotzdem blieb das von der Sondersynode in Hilden beschlossene Sparvolumen auf willkürliche Weise konstant. Dies legt den Schluss nahe, dass man für die Zukunft Haushalte anstrebt, die erhebliche Überschüsse mit sich bringen. Hiermit will man den Kapitalstock der Versorgungskasse verstärken und die eigene Rücklagensituation verbessern. Durch solch eine Entwicklung würde die landeskirchliche Umlage in Teilen zu einer verdeckten Versorgungssicherungsumlage.
Fragt man nach einem „Leitbild“, dass hinter den erneuten Spar- und Umbauprozessen steht, so wird eine bedrückende Analogie zu shareholder-value-orientierten Konzernen sichtbar, die trotz guter Ertragslage Kosten reduzieren und Arbeitsplätze abbauen. So wird in der KL-Vorlage ein in theologischer Hinsicht entsprechend dünner Kaffee angeboten: „Die Aufgabe der Haushaltskonsolidierung ist auch eine inhaltliche Gestaltungsaufgabe. Bei den (mit den jeweiligen Entscheidungen vorgenommenen) inhaltlichen Positionierungen soll das Wissen leiten, dass die Kirchenbilder vielfältig und die Rolle dieser (pluralen) Kirche in einer (religions-)pluralen und säkularisierten Gesellschaft immer wieder neu zu interpretieren sind. Das theologische Thema der Landessynode 2013 mit dem Motto „Inklusion – Gemeinsam verschieden sein“ beschreibt eine wichtige theologische Grundposition unserer Kirche.“ (S. 5 und 6) Derartige Sätze sind eine noch nicht mal sonderlich liebevoll gestaltete Verpackung um das „Sparpaket“. Sie geben in ihrer Allgemeinheit an Orientierung allerdings gar nichts her. Entsprechend unverbindlich wird die Aufgabe umrissen, die dem ständigen theologischen Ausschuss zukommt: „Um die Verbindung von Auftrag und Handeln nicht aus dem Blick zu verlieren, hat die Landessynode den Ständigen Theologischen Ausschuss beauftragt, den Haushaltskonsolidierungsprozess in besonderer Weise aus theologischer und ekklesiologischer Perspektive zu begleiten.“ (Seite 6) – Diese Sätze sind entlarvend: Theologie darf begleiten und kommentieren, gibt aber keinesfalls die Richtung vor.
Der eigentliche Skandal: wofür das Geld mit vollen Händen ausgegeben wird
Angesichts des Kahlschlags in der kirchlichen Bildungsarbeit, des lieblosen und fachlich unqualifizierten Umgangs mit Einrichtungen wie „dem Haus der Stille“ oder der Behindertenseelsorge, bei der das schöne Ziel der Inklusion missbraucht wird für Einsparungen, ist es unerträglich, wofür in der EKiR das Geld mit vollen Händen ausgegeben wird. Nach den Eckdaten für die Haushaltsplanung 2015 fließen demnächst gut 27% des Nettokirchsteueraufkommens in die Kapitalbildung zur Absicherung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche. Dies ist der wichtigste Grund für die schleichende finanzielle Auszehrung von Kirchenkreisen und Gemeinden trotz guter Einnahmesituation.
Hinzu kommen zwei weitere Faktoren:
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NKF – hier gibt es anscheinende keine Grenze nach oben. Die Frage ist nur, on die Gesamtkosten für die Umstellung der Finanzverwaltung am Ende bei 60 oder gar bei über 100 Mio. € liegen werden.
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Die Verwaltungsstrukturreform – hier gibt es noch keine Schätzungen, wie teuer das Ganze werden wird. Fakt ist, dass Kirchenkreise im Moment reihenweise neue Stellen in der Verwaltung schaffen, was unter dem Strich dazu führt, Stellen in der Jugendarbeit, der Kirchenmusik oder der Diakonie zu reduzieren.
Zusammengefasst: Die rheinische Kirche kürzt dort, wo es um die Arbeit mit Menschen geht, dagegen fließt immer mehr Geld in die Stärkung von kirchlicher Organisation und Verwaltung. Über 1/4 der Einnahmen aus Kirchensteuermitteln gehen in Zukunft in Finanzanlagen, was vor allem die Finanzindustrie freuen wird.