Archiv für den Monat: März 2016

Zentralproblem von Großorganisationen. Oder: Was sind Betafehler?

03(/2016, aus: Brandeins Ausgabe 11/2015
Interview mit Oliver Weyergraf

Was sind Betafehler?
Die entstehen, wenn sich Prozesse in großen Organisationen verselbstständigen und Widersprüche erzeugen, die keiner mehr eingefangen bekommt. Wenn viele Menschen zusammenarbeiten, muss ein Regelwerk einen formellen Rahmen abstecken und Prozesse vorgeben. Das geht nicht anders. Die Kehrseite kennt die Organisationslehre seit Langem: je mehr Regeln, desto größer das bürokratische Eigenleben. Dadurch kommt es regelmäßig zum Konflikt. Eigentlich wissen alle, dass es richtig wäre, ein Problem so und so zu lösen. Da es aber dem in der Organisation vorgegebenen Weg widerspricht und keiner das Risiko eingehen möchte, gegen die Regeln zu improvisieren, handeln die Beteiligten gegen den gesunden Menschenverstand. Sie tun es wissentlich und leiden darunter. Mehr dazu.

KVI Kongress 2016 – der Kongress hinter dem Umbauprozess der Kirchen.

03/2016, darüber und daraus:

Wer oder was ist KVI? Was verbirgt sich hinter dem Kürzel, das in der Kirche, unter der Pfarrerschaft, kaum jemand kennen dürfte? Dabei wird unter diesem Zeichen seit 11 Jahren der offizielle Umbauprozess der Kirchen in ökumenischer Harmonie vorangetrieben. Mit oft ähnlichen „Reform“modellen – und Reformfolgen nach der Implementierung. Ich schrieb an anderer Stelle:

„Ab 2007 wurden kirchliche Tagungen zur Reform für Verwaltungs- und Führungskräfte nicht nur zentralisiert, sondern in ökumenischer Harmonie unter dem Bistum Mainz vereinigt. Bei diesen sog. »KVI«-Kongressen handelte es sich mehr um eine Art Promotion-Veranstaltung für Anbieter und bei dem zugehörigen Fachmagazin »Im Dialog« um einem nach dem Geschäftsmodell der Apotheken-Rundschau18 konzipierten Periodikum.“

Dem steht die KVI Eigensicht selbstverständlich entgegen:

Kongress 2015, Agustinerkloster Erfurt:

„Kirche und Verwaltung – das ist aus meiner Sicht ein spannungsvolles Verhältnis. Immer wieder wird gefragt: Wieviel Verwaltung muss sein und wieviel darf sein? Gilt hier der bekannte Satz: Soviel Verwaltung wie nötig und so wenig wie möglich? Dies klingt sehr griffig, aber stimmt es auch?“, so Diethard Kamm in seiner Ansprache. Lobend erwähnte er, dass auf dem jährlichen KVI Kongress erfahrene Praktiker neue Ideen präsentieren, Hilfestellungen anbieten und Anregungen geben zur Optimierung und Gestaltung von Abläufen, für mehr Benutzerfreundlichkeit und schonenden Ressourceneinsatz…. ZUr Quelle.

Produktanbieter und Dienstleister

Hier finden Sie Mitgliedsunternehmen der KVI Initiative, die hochwertige Produkte und Dienstleistungen für den Sektor Kirche, Caritas und Diakonie anbieten. Bei Bedarf können Sie Kontaktanfragen aufgeben, so dass sich der für Sie zuständige Ansprechspartner mit Ihnen in Verbindung setzen wird. Zur Seite.

Einige wenige kaum zufällige Auffälligkeiten:

Die mitwirkenden Unternehmen des 10. KVI Kongresses 2015 waren:

Gold Sponsor: KRZ Stiftung Kirchliches Rechenzentrum Südwestdeutschland

Amtierender Vorsitzender des KVI Beirats ist Wolfgang Glasstetter, Leiter Rechenzentrum, KRZ Stiftung Kirchliches Rechenzentrum Südwestdeutschland.

 

 

Hierarchisierung in der Praxis der ELK Hannover.

03/2016, kirchenbunt

Im November 2015 hatte die Synodaltagung der Hannoverschen Landeskirche – trotz Einwände des Finanzausschusses – eine Zulage für Superintendenten beschlossen, die einer Gehaltsherhöhung auf A16 entspricht. Im Vorfeld wurde diese Anpassung vor dem Hintergrund diskuiert, dass Superintendenten nicht weniger verdienen dürften als die Amtsleiter, deren Stelle inzwischen mit A15 dotiert sind (wir berichteten)….  Zum Beitrag.

Christen in der AfD

03/2016, theologiestudierende.de

Es gibt eine Korrelation zwischen dem Politikangebot der „Christen in der AfD“ und den Themenfeldern, die in der Vergangenheit und Gegenwart für Evangelikale überhaupt politisch relevant waren und sind: Abtreibungsgegnerschaft, Christenverfolgung, traditionelle Familie. Liest man die Grundsatzerklärung der Christen in der AfD aufmerksam, wird man bemerken, dass sich ihre Politik in der Tat auf diese drei Themen beschränkt. Als ob es keine anderen Themen gäbe, die man aus christlicher Sicht beackern könnte.

Ob diese Korrelation davon kommt, dass es Evangelikale sind, die in der AfD Politik machen oder ob die AfD Politik macht, die sich ganz bewusst an die Evangelikalen richten will?…

Zum Artikel.

In Sachsen ist auch die Kirche gespalten

Zeit Online 3.3.2016

Die evangelische Kirche in Sachsen ist genauso gespalten, wie ihr Land. Bibeltreue und liberale Christen befinden sich in einem Konflikt. Evangelikale gehen hier so offen, wie an wenigen Orten mit ihren konservativen Einsichten in die Offensive. Hier sind sie besonders Stark und jede Liberalisierung führt zu einer Belastung für die Gemeinschaft.

Lesen Sie hier den Artikel.

Junge evangelische Christen orientieren sich neu

Zeit Online 20.3.2016

Der bibeltreue Flügel der evangelischen Christen befindet sich im Umbruch. Während in den letzten Jahren der Fokus der Anhänger auf der Sexualmoral lag, orientieren sich junge Protestanten neu. Für sie ist die Nächstenliebe das wichtigere Thema.

Lesen Sie hier den Artikel.

Asylbewerber und Christentum. »Ich fühle mich wie neugeboren«.

03/2016, Ev. Sonntagszeitung

Andrea Enderlein/epd

Pfarrer Ernst Ludwig Fellechner tauft in Mainz einen 31-jährigen Zentralafrikaner. Von Dezember bis Februar hatten sich die beiden dreimal die Woche getroffen und über den christlichen Glauben gesprochen.
Einige wollen nur wissen, was es mit dem Christentum auf sich hat, andere wollen sich taufen lassen. In immer mehr Gemeinden gibt es Glaubenskurse für Flüchtlinge.

Für seine Taufe hat er sich festlich gekleidet, er wirkt ernst. Erst als die Gemeinde versichert, den Täufling aufnehmen zu wollen, lächelt er. »Ich fühle mich wie neugeboren«, sagt der Asylbewerber aus der Zentralafrikanischen Republik nach der Taufe in der Mainzer Auferstehungsgemeinde. Mit Ruhestandspfarrer Ernst Ludwig Fellechner hat er sich von Dezember bis Februar dreimal pro Woche getroffen, um sich für die Aufnahme in die christliche Gemeinde vorzubereiten.. Zum Artikel.

 

Zeugnis des Flüchtlings Aweis Ahmed aus Somalia, der jetzt in Italien ist. Aufgezeichnet von Marta Bernardini, Mitarbeiterin beim Projekt „Mediterranean Hope“ in Lampedusa, Italien.

03/2016, aus der Ev. method. Kirche

…Denen, die fragen: „Wäre es nicht besser gewesen zuhause zu bleiben als im Meer zu sterben?“, antworte ich: „Wir sind weder dumm noch verrückt. Wir sind verzweifelt und wir werden verfolgt. Zu bleiben, würde den sicheren Tod bedeuten, zu gehen, bedeutet den wahrscheinlichen Tod. Was würdet ihr wählen? Oder besser gefragt: Was würdest ihr für eure Kinder wählen?“ Denen, die sagen: “Was hofft ihr in Europa zu finden? Wenn es hier noch nicht einmal für uns Arbeit gibt, kann es dann für andere Arbeit geben?“, antworte ich: „Wir suchen Sicherheit, eine Zukunft. Wir versuchen zu überleben. Wir sind nicht schuld daran, dass wir am falschen Ort zur Welt kamen. Und es ist nicht euer Verdienst, dass ihr am richten Ort geboren wurdet.“ …  Mehr dazu.

Der Bildungsputsch.

14. März 2016, Jens Wernicke sprach hierzu mit Matthias Burchardt, einem der Autoren der Publikation.

… Die Probleme mit G8 sind ja seit Langem bekannt und die Landesregierungen haben die Reform bereits mannigfach nachjustiert: Lehrpläne entschlackt, den gestiegenen Druck wieder reduziert etc. Wogegen richtet sich da noch Ihre Kritik?

Das war im Grunde alles nur Kosmetik. Der Kern blieb unberührt: Die Errichtung eines zeitpolitischen Regimes über die Kindheit, das in hohem Maße zerstörerisch wirkt. Man könnte fast von symbolischem Kannibalismus sprechen: Das Auffressen kindlichen Mensch-Seins durch maximal intensive und extensive Bewirtschaftung von Lebenszeit: G8 komprimiert die Schulzeit und verdichtet dadurch Leistungsdruck, frisst sich aber zugleich auch immer mehr in die Nachmittage.

Dadurch entsteht eine besinnungslose Hetze in der Schule, die einem taylorisierten Arbeitsprozess – Stichwort Fließband – angepasst wird. Auf der anderen Seite fallen außerschulische Bildungsgelegenheiten weg: Freunde, Vereine, Brauchtum, politisches und soziales Engagement. Als Surrogat bietet sich den Kindern die Orwellsche Welt der sozialen Netzwerke, die sie aber wiederum nur stresst und vereinzelt.

Fatal ist ja, dass G8 die Kinder wie beschrieben einerseits quantitativ überfordert, andererseits qualitativ unterfordert, weil im Zuge der Kompetenzorientierungen fachliche Bewährungsmöglichkeiten abgebaut wurden.

Verständnisfrage: Sie meinen also, es geht womöglich im Kern darum, Kinder bewusst zu überfordern, damit Sie nicht mehr zu Reflexionen und kritischem Hinterfragen in der Lage sind? Sie ihrer sozialen Bindungen etc. zu berauben, damit Sie zu, ja, sagen wir, später besser verwertbarem Humankapital zu machen sind?

Der Eindruck entsteht tatsächlich, zumindest ist es ein Effekt in der Summe der Reformmaßnahmen: Vieles, was einmal zur Bildung gehörte und zur Humanisierung der Gesellschaft beitragen sollte, verkümmert heute: fundierte Sachkenntnisse, ein Können im Sinne des Sich-auf-etwas-Verstehens, Urteilskraft, Selbsterkenntnis, Gemeinschaftssinn…

All das bedarf einer anderen Grundsituation. Unser Wort „Schule“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet dort „Muße“, also befreit von Zwängen sich einer Sache zuzuwenden – nicht um untätig zu bleiben, sondern um zu einer besonnenen und verantwortungsbewusst handelnden Person werden zu können…. Zum Interview.

Geld und Charakter. Von Alexander Kluge

Stand: 11.3.2016, SWR2 Essay
Geld und Charakter, Von Alexander Kluge

Wie man in den Evangelien von Wundern spricht, erzählt man sich Geschichten von großen Reichtümern. Diesen Erzählungen liegt das Wissen um die Kapitalwirtschaft und das Bild von historisch geprägten Charaktertypen zugrunde. Entweder hockt der Krösus geizig auf seinem Reichtum, oder er gibt sich als Spieler, der bereit ist, alles zu verzocken, oder ihn treibt die Gier wie einen hormongesteuerten Investmentbanker.
Wie prägen und verändern sich Einstellungen zum Geld? Welchen Charaktertyp braucht die Kapitalwirtschaft heute? Und welche Rolle spielt Korruption? Der vielfach ausgezeichnete Filmemacher und Schriftsteller Alexander Kluge befragt den Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Joseph Vogl, den Soziologen Prof. Dr. Dirk Baecker und den investigativen Journalisten Hans Leyendecker. Mehr dazu.