Archiv für den Monat: Juni 2016

Vortag Prof. Hartmut Rosa: Was brauchen Menschen?

Mitteilungsblatt des Thüringer Pfarrvereins, Ausgabe April-Juni 2016
„…Unsere moderne Gesellschaft… braucht genau dies: Sie bedarf einer schrankenlosen Steigerungsorientierung der Subjekte, sie schafft sich Subjekte, die dieser Steigerungslogik folgen, sie richtet uns auf Mehrhabenwollen ab, weil dieser Modus der Weltbeziehung … das kulturelle Korrelat ist zur strukturellen, institutionellen, ökonomischen Verfassung einer modernen Gesellschaft…
Aber: brauchen das auch die Subjekte? Tut das uns Menschen gut?

… wird das Spiel, je länger es dauert, auch von….Angst angetrieben: wer nicht auf Steigerung und Optimierung bedacht ist, fällt im Vergleich zu anderen zurück, verliert Ressourcen, Optionen, Anschlusschancen…

Wettbewerb und Beschleunigung sind konstitutive Resonanzkiller, weil sie systematisch Angst erzeugen. Angst davor, abgehängt zu werden…

Schlussfolgerungen:
zunächst scheint es offensichtlich, dass der Modus der Weltbeziehung, der durch das instiutionelle, kapitalistische Regime der Moderne… gestiftet wird, seiner Natur nach weit eher resonanzfeindlich als resonanzförderlich ist…

Entfremdung wurde so zu einem Schlüsselbegriff moderner Sozialphilosophie und -psychologie.

Dass wir mit der Welt und einer Macht hinter ihr einen tragenden, sogar liebenden raum- und zeitübergreifenden Resonanzverbindung stehen, das ist das Versprechen der Religion.

Der vollständige Text, vgl. S. 5-19

Die Soziologin Saskia Sassen über Desintegration: „Teilhabe war gestern“

06/2016, TAZ- Interview
Für die Soziologin Saskia Sassen erleben wir gerade eine beispiellose Desintegration. Immer mehr Menschen werden „ausgewiesen“.
Sie schreiben, in der Vergangenheit habe es „kleinere Verluste“ gegeben, jetzt komme es zur „massiven Ausweisung“. Romantisieren Sie nicht den Keynesianismus?
Es gab im Keynesianismus Ausbeutung, Rassismus und sozialen Ausschluss, aber in der Tendenz wuchs die Zahl der Integrierten: Die wohlhabende Arbeiterklasse und die wohlhabende Mittelklasse wurden größer. Das geschah nicht, weil das System nett war, sondern weil die Wachstumsdynamik nach immer mehr von allem verlangt hat. Das Ergebnis: Es gab zunehmend Menschen mit Haus, Bildung, Pensionen, mit Teilhabe. Heute ist die Tendenz andersherum… Mehr dazu.

Die Ohnmacht der Ausgegrenzten, Von Anne-Kathrin Weber, Deutschlandfunk
Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung, Armut und Vertreibung sind laut der Soziologin Saskia Sassen Formen eines Phänomens, das sie als Ausgrenzung bezeichnet. In ihrem gleichnamigen Buch äußert sie deutliche Kritik an der Ursache dieser Ausgrenzungen.

05.06.2016
Saskia Sassen formuliert eine fundamentale Kritik am modernen Kapitalismus, der ihrer Ansicht nach nicht Wohlstand bringt, sondern Armut, zumindest für weite Teile der Weltbevölkerung.

Missstände aufgrund von Ausgrenzungen
Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Hunger, erhöhte Selbstmordraten, Umweltzerstörung in allen Teilen der Welt – viele dieser Missstände sind Sassen zufolge der Ausgrenzung geschuldet. Die Soziologin macht Ausgrenzung dabei auf wirtschaftlicher, ökologischer, gesellschaftlicher und geografischer Ebene aus.

Sassen macht mit ihren Beispielen deutlich, dass Krisen systemimmanent und erwünscht sind; dass sozialer Wohlstand für die Mehrheit hingegen auf der Strecke bleibt.
„Für diejenigen, die sich in der Gesellschaft ganz unten oder in der armen Mitte befinden, bedeutet das Ausgrenzung aus einem Lebensraum; für die an der Spitze bedeutet es offenbar, dass sie sich durch Rückzug, extreme Konzentration des in einer Gesellschaft verfügbaren Reichtums und die fehlende Neigung, diesen Reichtum neu zu verteilen, aus der Verantwortung einer Mitgliedschaft in dieser Gesellschaft verabschieden.“… Mehr dazu.

 

Expertise zum Thema „Kindergrundsicherung“ vom Forschungszentrum Familienbewußte Personalpolitik

Münster, Januar 2016
Prof. Dr. Irene Gerlach | Henning Heddendorp M.A.

1 Einleitung
Die Maßnahmen, Leistungen und Angebote für Familien sind vielfältig und wurden in den
letzten Jahren immer wieder kontrovers diskutiert. Welche Förderung brauchen Familien?
Wovon profitieren Kinder am meisten? Diese Fragen sind nicht so leicht zu beantworten, wie
es auf dem ersten Blick scheinen mag. Im Jahre 2009 wurde vom Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und vom Bundesministerium der Finanzen
(BMF) eine Gesamtevaluation in Auftrag gegeben, die erstmals umfassend untersucht hat,
welche Wirkungen die verschiedenen ehe- und familienbezogenen Leistungen im Hinblick
auf bestimmte familienpolitische Ziele haben (Bonin et al. 2013). Ein zentrales Resultat ist,
dass neben der Weiterentwicklung des Elterngeldes im Sinne einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung vor allem die öffentliche Finanzierung der Kindertagesbetreuung stärker ausgebaut werden muss.  Das Kindergeld übt hingegen einen relativ schwachen Effekt auf die untersuchten Zielbereiche aus, dies allerdings über einen langen Zeitraum. Die moderate Erhöhung des Kindergeldes sowie der Kinderfreibeträge und das am 21.07.15 vom Bundesverfassungsgericht gefällte Urteil zum Betreuungsgeld (BVerfG 2015, 1 BvF 2/13) haben die Diskussionen um eine angemessene Förderung von Familien weiter angetriebenReformvorschläge im Bereich der monetären familienbezogenen Leistungen können grundsätzlich danach unterschieden werden, ob sie sich innerhalb des bestehenden Systems familienbezogener Leistungen bewegen oder ob sie eine umfangreiche Neugestaltung beinhalten, wie in der nachfolgenden Abbildung beispielhaft dargestellt. Zur Studie.

Lobbyismus an Schulen. Amazon verstößt gegen Schulgesetz

06/2016

Amazon verstößt mit seinem Schulwettbewerb in Hessen gegen das Schulgesetz. Das steht in einer Bewertung des Hessischen Bildungsministeriums von Anfang April, die LobbyConrol vorliegt. Demnach ist der Wettbewerb „nicht mit den schulrechtlichen Vorschriften vereinbar.“ Bereits im letzten November hatten wir im Rahmen unserer Aktionswoche gegen Lobbyismus an Schulen aufgedeckt, wie Amazon die Kreativität der Kinder für seine Geschäftsinteressen instrumentalisiert. Unsere Einschätzung von damals wird damit bestätigt: Dem Unternehmen geht es vor allem um Imageförderung und Kontaktpflege zur Lokalpolitik…. Mehr dazu.

ARD-Magazin Monitor: „Die Geschichte von 9/11 muss neu geschrieben werden”. Die Saudi-Connection ist nicht alles.

06/2016

Auch die Veröffentlichung von 28 geschwärzten Seiten des US-Kongressberichts zu 9/11 wird die Verbrechen nicht aufklären. Der Puzzlestein macht aber einmal mehr deutlich, dass von Grund auf neu ermittelt werden muss, argumentiert RT-Gastautor Mathias Bröckers.
„Die Geschichte von 9/11 muss neu geschrieben werden” titelte in der vergangenen Woche das ARD-Magazin „Monitor“ mit einem Zitat des US-Senators Bob Graham, der „erstmals im deutschen Fernsehen“ ein Interview gab. Das Thema waren 28 geschwärzte Seiten in dem Abschlussbericht, den der Untersuchungsausschuss des US-Kongresses bereits im Jahr 2002 herausgegeben hatte. Schon damals, noch bevor die offizielle 9/11-Untersuchungskommission ihre Arbeit aufnahm, hatten diese aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ zurückgehaltenen Informationen für gehörige Aufregung gesorgt. Mehr dazu.

Verurteilung Habrés schreibt Rechtsgeschichte.

Von Dr. Julia Duchrow am 30.05.2016

Heute ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Urteil im Senegal gegen Hissène Habré ergangen: Mit dem Verfahren gegen den ehemaligen Diktator des Tschad, der für schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen in den Jahren 1982 bis 1990 verantwortlich ist, hat das Gericht Rechtsgeschichte geschrieben. Habré wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Eine späte Wiedergutmachung für die Opfer wurde dadurch ermöglicht und ein Meilenstein für die universelle Jurisdiktion geschaffen. Mehr dazu.

Anwaltskanzleien in Brüssel boykottieren Lobbyregister. Studie zeigt: Ohne Transparenzpflicht geht es nicht

31. Mai 2016 von Nina Katzemich
Zahlreiche Anwaltskanzleien in Brüssel betreiben Lobbyarbeit, glänzen aber durch Abwesenheit im EU-Transparenzregister. Dabei geht es nicht um ein paar kleine Kanzleien mit wenigen Kunden, die vom Lobbyregister nichts mitbekommen haben. In einer neuen Studie zeigen wir neun große, international agierende Anwaltskanzleien, die das (freiwillige) Lobbyregister schlicht boykottieren. Die Mehrheit hat einen Eintrag im verpflichtenden US-Lobbyregister.

Mehr dazu.

Sklaverei ist modern.

31. Mai 2016, SZ

Moderne Sklaven wie sie gibt es dem Global Slavery Index 2016 zufolge weltweit 45,8 Millionen. Egal ob ausgebeutete Hilfsarbeiter wie die Myanmaren, vom IS entführte jesidische Frauen oder Prostituierte in westeuropäischen Metropolen, eines haben diese modernen Sklaven gemeinsam: Sie können nicht weg. Man hat ihnen ihre Pässe weggenommen, sie oder ihre Familien bedroht, sie in Abhängigkeit gezwungen. „Wir fassen das unter dem Begriff ‚moderne Sklaverei‘ zusammen, weil all diese Menschen letztlich behandelt werden wie Tiere auf einer Farm“, sagt Andrew Forrest. Der australische Milliardär, der sein Vermögen ausgerechnet mit Bergbau machte, gründete 2012 gemeinsam mit seiner Frau Nicola Forrest und Tochter Grace die Walk Free Foundation. … Mehr dazu.

Das EM Lied für besorgte Bürger

Für einige BürgerInnen wird es schwer ihre Fahnen fröhlich zu schwenken, wenn sie neben einigen Nationalspielern nicht wohnen wollen.

Der Entertainer Christian Ehring hat mit der Band Revolverheld einen Song für besorgte Bürger geschrieben. Sein Tipp, wer ein Problem mit der Deutschen Realität hat, soll lieber MauMau spielen.

 

5. KMU – Vernetzte Vielfalt. Kirche angesichts von Individualisierung und Säkularisierung. Hrsg. Heinrich Bedford-Strohm, Volker Jung.

06/2016

Aus dem vollständig im Netz verfügbaren Auswertungsband hier nur ein kurzer Ausschnitt des Vorwortes:

„…In der Praxis kirchenleitenden Entscheidens und Handelns wird es in Zukunft mehr denn je
um eine profilierte Vernetzung von Profilierungs- und Diversifizierungsmaßnahmen gehen. Das
Grundziel der stärkeren Erkennbarkeit ist dabei zu beziehen auf die volkskirchliche Notwendigkeit, eine Vielzahl von unterschiedlichen Profilen aufrechtzuerhalten und miteinander zu vernetzen… Eine in ihren Angeboten, Sprachformen und Frömmigkeitsstilen vielgestaltige Kirche hat das Potenzial vielfältiger Bindungskräfte…“

vgl. Vorwort, S. 14

Ein entgegengesetztes, engführendes Konzept kirchenleitenden Handelns wurde hingegen im Impulspapier „Kirche der Freiheit“ vertreten:

„a. Geistliche Profilierung statt undeutlicher Aktivität. Wo evangelisch draufsteht, muss Evangelium erfahrbar sein. In diesem Motiv scheint das biblische Bild vom Licht der Welt auf, von dem Licht, das nicht unter den Scheffel gestellt werden soll (vgl. Lukas 11, 33).
b. Schwerpunktsetzung statt Vollständigkeit. Kirchliches Wirken muss nicht überall vorhanden sein, wohl aber überall sichtbar. Hier ist an die vielfältige Bedeutung des zeichenhaften Handelns Jesu zu denken (vgl. insbesondere die Heilungs- und Wundergeschichten)…