Archiv für den Monat: März 2016

Den Weg der Reorganisation positiv gestalten. Eröffnung der 2. Fachtagung der Land-Kirchen-Konferenz. Von Thies Gundlach

33/2016 wort-meldungen, Vortrag von 2015

a) Einmal der rein organisatorische Umbau. Ihm zugrunde liegt das Ziel, die Finanzen besser aufzustellen, die Organisationsabläufe effektiver zu gestalten, die vielen Hierachieebenen und teuren Overheadkosten abzubauen. So wichtig und unerlässlich diese Umbauten auch weiterhin sind, wir müssen uns eingestehen, dass die Verheißungen des Umbauens in aller Regel nicht so erreicht werden wie gedacht. Denn zum einen kostet das Umbauen viel Kraft, und zum anderen sind die Einsparergebnisse durchaus überschaubar und jedenfalls nicht geeignet, Plausibilität gerade für die Skeptiker der Fusion zu schaffen. Darüber hinaus verbindet sich damit oft eine Arbeitsverdichtung…

Allerdings wird man auch hier nüchtern bleiben müssen: Denn die Erfolge missionarischer Arbeit sind – ich spreche vorsichtig – recht überschaubar. Trotz aller Bemühungen erreichen wir letztlich nur wenige neue Mitglieder. Das hat sicher damit zu tun, dass wir nun einmal in einer schwierigen Phase der Gottesvergessenheit und Glaubenserschöpfung leben. Das in »Kirche der Freiheit« festgestellte religiöse Interesse hat nicht – wie damals erhofft – zu einer Wiederkehr der Religion geführt. Das Wachsen gegen den Trend ist ausgeblieben. … Zum Vortrag von Thies Gundlach, vgl. S. 57,58.

EKD- Finanzdezernent Diplom- Betriebsökonom Thomas Begrich tritt ab. Ratsvorsitzender und Kirchenamtspräsident würdigen „Ära Begrich“.

17. März 2016, EKD
„…

In dem Gottesdienst wurde zugleich der bisherige Amtsinhaber Thomas Begrich verabschiedet, der Mitte des Jahres in den Ruhestand tritt. Der Diplom-Betriebsökonom Begrich hatte die Finanzabteilung der EKD seit September 2003 geleitet. In seiner Zeit bei der EKD hat er maßgeblich am Reformprozess der EKD mitgewirkt und war u. a. für die Einführung eines neuen Finanzmanagements verantwortlich, das sich stärker an der kirchlichen Arbeit ausrichtet…“  Mehr dazu.

Neue Fehlsteuerung, teurer Sparkurs, gefloppte Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Ein Kommentar zur Ruhestandsversetzung des EKD- Finanzdezernenten Thomas Begrich von Friedhelm Schneider.

03/2016
Schon 2013 verließ Oberkirchenrat Thorsten Latzel , Leiter des Projektbüros Reformprozess im Kirchenamt der EKD seinen Posten und übernahm die Stelle des Akademiedirektors der Ev. Akademie Frankfurt.  Bald gab es in der EKD innerhäusig kritische Bemerkungen. Diese wurde immer deutlicher und klarer. Im letzten Jahr etwa ließ Thies Gundlach zum Reformprozess wissen: „Denn zum einen kostet das Umbauen viel Kraft,  und zum anderen sind die Einsparergebnisse durchaus überschaubar und jedenfalls nicht geeignet, Plausibilität gerade für
die Skeptiker der Fusion zu schaffen.  Darüber hinaus verbindet sich damit oft eine Arbeitsverdichtung“.  Kurz die Reformen führen zu innerkirchlichem Kräfteverschleiß und Mehrbelastung des Personals ohne nennenswerte Einsparergebnisse. Damit schließt sich Thies Gundlach inhaltlich der  im Wormser Wort geäußerten Kritik an den sog. Kirchenreformen an.

Auf diesem Hintergrund liest sich die Pressemeldung zur Ruhestandsversetzung von Thomas Begrich als zwar verklausulierte, aber letztlich doch unverhohlene Kritik: „In seiner Zeit bei der EKD hat er maßgeblich am Reformprozess der EKD mitgewirkt“. Wenn dann noch diese ganze Reformphase vom Ratsvorsitzenden als Ära Begrich betitelt wird,  dann wird schon etwas vom Einfluss eines Mannes in der EKD- Zentrale sichtbar, den viele noch nicht einmal mit Namen kennen. Doch soll wohl weniger eine einzige Person für die wenig schmeichelhaften Resulate dieser eineinhalb Jahrzehnte stark ideologisch gefärbter EKD- Kirchenleitung verantwortlich gemacht werden, als vielmehr ein Schlusspunkt gesetzt werden. Eine neue, eine Postreformepoche kann und soll mit dem  Ausscheiden von Thomas Begrich beginnen. Der in der DDR sozialisierte und gelernte Diplom-Betriebsökonom bekleidete den Posten des EKD Finanzdzernenten von 2003-2016. Bis 2003 war er Finanzdezernent der Kirchenprovinz Sachsen und zu DDR-Zeiten Finanzchef eines Krankenhauses in Sachsen-Anhalt.

Was assoziiert man mit der „Ära Begrich“ und warum muss sie so schnell wie möglich beendet werden? Man assoziiert: 1. die Ersetzung von richtigem Management durch Langfristprognosen als argumentative Basis der Notwendigkeit eines tiefgreifenden Umbauprozesses der Kirche, 2. die Einführung der kaufmännischen Buchführung in der Kirche, 3. die Sparpolitik und 4. der jüngste Flopp mit der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Der Reihe nach:

1. Ich erinnere mich lebhaft an den Vortrag von Thomas Begrich auf einer Tagung der Ev. Akademie Bad Boll im  Jahr 2008. Das zentrale Chart zeigte die Entwicklung der kirchlichen Finanzen im Jahr 2030. Unterstellt war die Fortsetzung der kirchlichen Arbeit im damals vorhandenen Umfang unter Berücksichtigung einer Verschlechterung der Einnahmesituation (Kirchensteuerrückgang). Das Ergebnis: zu diesem zukünftigen Zeitpunkt hätten die Mittel gerade noch für die Pfarrgehälter gereicht. Also: keine Mittel mehr für Verwaltung, für… Fazit: undenkbar! Da musste gegengesteuert werden, und zwar heute! Das Auditorium, ca. 200 Personen mit Positionen in den kirchlichen Finanzabteilungen lauschten andächtig. Ein Vortrag, den nicht nur diesen Auditorium zu hören bekam. Ich selbst sah die Präsentation nahezu unverändert im Jahr 2011 noch einmal auf einer Tagung des Reformzirkels „Netzwerk Kirchenreform“ in Wiesbaden. Der Inhalt war leicht eingängig. Und viele, viele, beteten die Botschaft bei allen möglichen oder unmöglichen Gelegenheiten nach.  Das also war die Welt und Botschaft des Thomas Begrich, die man in der EKiR ganz ernsthaft, aber treffend „einfache Formel“ taufte.  Sinn  und Zweck liegen auf der Hand: der so erzeugte Krisenalarm war Legitimation und argumentative Grundlage eines bis dato einzigartigen innerkirchlich angestoßenen Abbau- und Umbauprozesses.

2. Beschluss zur Einführung der kaufmännischen Buchführung (Doppik/NKF) 2005. Wo die Implementierung der Doppik schon stattgefunden hat, absorbierte dies alle vorhandenen Kräfte der Verwaltungen, und zwar über Jahre. So wurde die Doppik zum Musterbeispel für kirchliche Selbstbeschäftigung. Ehrenamtliche verweigerten die Mitarbeit oder schieden aus.  Gesteigert wurde die Schwierigkeit der Aufgabe, als damit auch die Umstellung der – in der Regel zuvor nicht für den eigenen Bedarf getestete – IT verbunden war. Anstelle einer EKD- weiten Harmonisierung, kochte jede Landeskirche auch noch ihr eigenes Süppchen. In Bayern bspw. wurde die gekoppelte Doppik und SAP- Einführung daher von einem Synodalen als Jahrhundertprojekt bezeichnet, von Mitarbeitern im LKA hingegen stand SAP für „Search And Pray“.  Die EKiR hatte über Jahre keine Jahresabschlüsse, war also letztlich durch einen finanziellen Blindflug gelähmt.

Was kann die Doppik für die Steuerung der Kirche leisten?  Die für das Management entscheidenden Indikatoren wie etwa die Mitgliederbindung werden damit jedenfalls ebenso wenig erfasst wie etwa die Motivation der Mitarbeiter, namentlich der Pfarrerschaft. Was hingegen neu dargestellt wird, ist das finanzielle Vermögen der Kirche. Freilich ist das eine Information, die einen großen Bewertungsspielraum lässt und von daher für die präzise Steuerung kaum tauglich ist.  Zum anderen handelt es sich um Angaben,  mit deren Darstellung die Kirche eigentlich nur verlieren kann. Denn die kirchennahen Mitglieder werden durch diese Angabe, die monetäre Bewertung primär geistlicher Größen (!), irritiert.  Und unter den Distanzierten wird die Kirche den einen zu reich, den anderen aber zu arm sein ( bzw. besser: sich darstellen ). Ergebnis also: man schafft Angriffsflächen. Und das völlig ohne Not. Obwohl es ja schon genug andere Angriffsflächen gibt. Und das Lieblingsargument der Befürworter, die Darstellung des Ressourcenverbrauchs, ist so richtig wie falsch zugleich. Denn selbstverständlich war der Administration das Thema auch vorher schon bekannt. Man war sogar so intelligent, dass man richtige Lösungen nicht nur entwickelte, sondern – weil nur administratives, dienendes Handeln –  daraus noch nicht einmal großes Aufhebens machte. Bsp: Pensionen, Bsp. EKHN. Dort  hatte man das Problem (mit Kameralistik) für die damalige Zeit, im letzten Viertel es letzten Jahrhunderts, nachgerade genial gelöst. Etwa mit der Finanzierung erheblicher Anteile über die BfA, also beitrags- und nicht kapitalorientiert. Warum werden also nicht solche Mitarbeiter geehrt, die aus Managementsicht für die damalige Zeit wirklich glanzvollen Leistungen erbracht und so der geistlichen Leitung der Rücken frei gehalten haben? Man muss nach ihnen keine Ära benennen, aber ihnen die Ehre für ihre Leistung zollen. Die betroffenen Personen, hier der ehemalige OKR Tempel, eine Person frei von jeglichem Narzissmus, würde man auf diese Weise zurecht nach völlig absurder Verunglimpfung durch die „Reformer“ rehablitieren. Das lief in den meisten Landeskirchen gut.  Anders verhielt es sich bei den Bauämtern. Dort war das Management durchaus und durch die Bank verbesserungsbedürftig: Man stattete sie in guten Zeiten einfach so satt mit Finanzmitteln aus, dass nichts anbrennen konnte. Auf Dauer war das nicht zu halten, weswegen es einer präzisen Kostensteuerung bedurft hätte, eines Kirchlichen Immobilienmanagements. Gerade Letzters, eine präzise Kostensteuerung und präzise Ressourcenverbrauchswerte lieferte die Doppik mit pauschalen Abschreibungswerten nun aber gerade nicht.
Dass diese Abschreibungen auf Gebäudewerte zu guter letzt noch dazu verwendet wurden, um Gemeinden oftmals unbegründet arm zu rechnen und damit zu Fusionen zu zwingen, das war denn die letzte Volte in einem zuvor schon unsäglichen Spiel. Den Umbau-Protagonisten hat all das an der Basis wenig Freunde gemacht.

Man wird bei alledem fragen müssen, ob Thomas Begrich die äußerst spärlichen Resultate der Doppik für die Steuerung der Kirchen, den Aufwand der Maßnahme der Implementierung, die Kompetenzen in den landeskirchlichen Verwaltungen und – last not least – die Kosten (!) überschaut und berücksichtigt hat. Und diese in ein Verhältnis zum tatsächlichen Nutzen der Organisation gesetzt hat. Ich denke: bei einer solcherart ganzheitlichen Sicht wäre das Projekt Doppik  in der Kirche schon in der Brainstorming-Phase erledigt gewesen.

3. Die Leitfigur des Finanzdezernenten war indes die Schwäbische Hausfrau.  In seine Zeit fallen umfassende Sparmaßnahmen der Landeskirchen, die größere Abbauprozesse wie Personalabbau, Gemeindeabbau etc. zur Folge hatte.  Die Frage, ob dabei das vorgegebene und verfolgte Ziel höherer Wirtschaftlichkeit etwa im Falle von Fusionen überhaupt erreicht wurde oder je zu erreichen sein wird. Selbst von der EKD- Zentrale wird dies heute offen bezweifelt (s.o.). Evaluationen zu solchen Sparprogrammen gibt es nicht. Und das hat seinen Grund.

Nun wird Thomas Begrich einwenden, das Sparprogramm habe ja dazu gedient, die Rücklagen für die Pensionen aufzustocken. Und in fernen Zeiten würden  es die Ruheständler schon merken, dass er mit seiner Schwäbischen-Hausfrauen-Finanzpolitik recht gehabt hätte. Auf eine solche Argumentation muss man aber nicht hereinfallen. Andersrum wird nämlich ein Schuh draus: Die Versäumnisse an der jungen Generation, die dort den Entfremdungsprozess von der Kirche fortsetzten, wird den zukünftigen Finanzdezerneten durch fehlende Kirchensteuereinnahmen auf die Füße fallen. Gerade die Jugend wurde der Kirche stark entfremdet, u.a. weil man die Angebote hier besonders rigoros gestrichen hat. Man  brauchte das Geld ja angeblich für die Verwaltung, die Doppik, die IT oder eben die Rücklagen.  Und man muss kein Profet sein, um zu sehen, dass diese selbstverschuldeten Einnahmeausfälle höher sein werden als die Zinsen der mit vergleichbaren Mitteln gespeisten Rücklagenfonds für die Pensionen. Dies gilt selbst für den Fall, dass das Zinsniveau wieder steigt und es den Anlagemanagern gelingt, größere oder Totalverluste bei Crashs zu vermeiden, die deutsche Fonds oder Institute (wie fast sämtliche Landesbanken) doch regelmäßig zu treffen scheinen (wallstreet- Wort: „stupid german money“). Damit soll das Problem des Verlusts der Bindungskraft nicht auf die fiskalische Seite beschränkt werden, auch wenn es hier um den Finanzdezernenten und seinen Sektor geht. Management beinhaltet eben eine ganzheitliche Sicht. und die hat auch hier gefehlt.

4. Zur Verlustreichen Sparpolitik kam dann noch der verlustreiche Versuch der Steigerung der Einnahmen, der Flopp mit der Kirchensteuer auf Kapitalerträge. Thomas Begrich agierte hier als sei er Wolfgang Schäuble. Ist er aber nicht, wie auch er jetzt weiß. Das zu lernen brauchte es lange. Denn Thomas Begrich war doch immer  sehr von seinen eigenen Meinungen und last not least seiner eigenen Person überzeugt, dass es ihm oft genug gelang, damit – auch entgegen Erwägungen etwa des gesunden Menschenverstandes, entsthafter Managementeinsichten oder auch theologischer Positionen – auch andere zu überzeugen. Wer so in seinem eigenen Kosmos kreist, verliert den Kontakt zur Wirklichkeit. Wenig andere Beispiele wie die Sache mit der Kapitalertragssteuer belegen so deutlich, wie weit manche Akteure in der EKD- Burg in der Herrenhäuser Straße Hannovers von den evangelischen Kirchenchristen schon entfernt sind. Hier aber haben sie mit einer bis dato nicht gekannten Schärfe durch die Welle der Kirchenaustritte auf solche wirklichkeitsvergessene Kirchenpolitik reagiert. Was war mit den Mehreinnahmen? Mathias Drobinski resümiert in der SZ: „So gesehen hätten die Kirchen besser auf das Geld verzichtet, das ihnen die neue Einzugsform  zusätzlich bringt. Zudem weiß niemand, ob die Verluste durch die Austritte nicht die Mehreinnahmen übertreffen.“

Ich schließe mit zwei Fragen. 1. was wäre richtiges Management, hier: richtiges Finanzmanagement der EKD gewesen? Und 2. Inwieweit herrschte in der Grundausrichtung der neoliberalen Reformagenda  für die Kirche Entscheidungsfreiheit?

1. Was fehlte zum Management beim Diplom-Betriebsökonomen Thomas Begrich ? Es fehlte die ganzheitliche Sicht eines systemischen Managements; es fehlte Ziel und Umsetzung, die Organisation Kirche wieder näher zu den Menschen und ihrer Wirklichkeit zu bringen; es fehlte die Einsicht, dass dazu alle positiven Potenziale der Kirche zu nutzen und zu entwickeln war.   Sein Part als Finanzdezernent dabei: eine entsprechend unterstützende Finanzpolitik.

Richtige Investition: Um näher zu den Menschen zu kommen wäre es vor allem nötig gewesen, in die Kommunikation des Evangeliums  zu investieren um neue Kontaktmöglichkeiten zu schaffen. Demgegenüber wurde in die Strukturen der Organisation investiert. Die danach nicht besser arbeiteten als zuvor – allerdings  infolge Zentralisierung nun allein schon geografisch weiter weg von den Menschen waren als zuvor.

Richtige Kostenreduktion: sehr wohl mussten Kosten reduziert werden, namentlich bei Verwaltung und bei Gebäuden (vgl. den entsprechenden Ansatz des Kirchlichen Immobilienmanagements – s.o.).

Umgang mit den Menschen (Potenzialen): Menschen ernst nehmen und einbeziehen. Und sie nicht durch Expertensysteme einschüchtern und gefügig machen. Kurz: mehr demokratische, mehr synodale Teilhabe auch in Finanzfragen wäre also nötig gewesen. Das wäre möglich gewesen, aber der Weg dahin wäre eben ein ganz anderer gewesen als der des Thomas Begrich.

2. Man wird freilich auch bei einem von sich und seiner Rede überaus überzeugten Menschen fragen sollen, inwieweit Thomas Begrich bei diesen Entscheidungen nur Treiber oder auch Getriebener war. Denn in dieser Zeit Anfang des Jahrhunderts wurde ein gesellschaftlicher Umbauprozess ins Werk gesetzt, der alle Lebensbereiche umfasste: Die Agenda 2010 tat das auf dem Gebiet der Sozialleistungen.  Betroffen waren aber auch alle Institutionen der Daseinsvorsorge. Teile der Institutionen wurden privatisiert oder in die Privatwirtschaft verlagert. Die Leistungen für die Bürger, Schüler, Studenten, Patienten etc. wurden auch dadurch deutlich reduziert oder verteuert. Analog dazu wurde zeitlich leicht verzögert auch der Umbau der Kirchen betrieben. Bei dieser Umgestaltung der Institutionen spielte die Finanzsteuerung eine zentrale Rolle.  Und ja, die Frage stellt sich, ob Thomas Begrich und die EKD diese staatliche Reformagenda teilten oder sich dem von dort ausgehenden Druck auf die doch noch staatsanaloge evangelische Kirche nicht widersetzen konnte? Wir müssen diese Frage hier nicht entscheiden. Das überlassen wir der Forschern der jüngsten Kirchengeschichte.  Und: wir müssen auch Thomas Begrich nicht entlasten. Eine wenig erfolgreiche Ära trägt jetzt seinen Namen. Aber diese Ära ist abgeschlossen. Letzteres wird die EKD auch der Pfarrerschaft, der Mitarbeiterschaft und dem Kirchenvolk offen mitteilen müssen, nicht nur verklausuliert. Sonst könnten Beispiele wie die in Angeln Schule machen.

KMU-Schock für alle Gemeinde-Verächter. Sogar die befragte „Großstadt-Kirche“ bleibt gemeinde- und pastoren-orientiert! Eine Untersuchung von Herbert Dieckmann, Hannover.

03/2016, Hannover’scher Pfarrverein

Ende der Geheimniskrämerei
Zwei Jahre lang hielt die EKD ihre Befragungsergebnisse der fünften Kirchenmitgliedschaft-Untersuchung von 2012 unter Verschluss. Lediglich ekd-interne Interpreten durften im März 2014 Teilergebnisse vorlegen, die sie so weit wie irgend möglich anti-parochial und anti-pastoral deuteten. Freilich durchschaute schon der erste kritische Blick diese Umdeutung und erkannte die klare Gemeinde- und PastorInnen-Orientierung der befragten Evangelischen sowie ihre völlige Ignorierung jener „Kirchenkreis-Kirche“, die doch in den letzten zwanzig „Reformjahren“ mit so großem finanziellen, medialen und nicht zuletzt emotionalen Aufwand unter weitgehender Enteignung der Ortsgemeinden als angeblicher Wunschtraum der Kirchenglieder propagiert worden war…

Dennoch tappte jede externe KMU-Deutung wegen des fehlenden Zugangs zu allen Daten bis Ende 2015 nahezu im Dunkeln. Erst am 7. 12. 2015 beendete die EKD ihre unseriöse Geheimhaltung! Unter dem Titel: „Die fünfte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft: Vernetzte Vielfalt – Kirche angesichts von Individualisierung und Säkularisierung“ sind nach einer erweiterten KMU-V-Auswertung (S. 16-456) auch alle Fragebögen und ihre Beantwortungen sowie vor allem die Sozialstatistik endlich erschienen. Und nun zeigt sich das ganze Recht der Kritik an einer Stelle, an der es bisher niemand vermutet hatte… Zum Text der Studie.

Nordkirche: Kirchensteueranteil von Ortsgemeinden teilweise noch bei 32,5%. Massiver Pfarrstellenabbau führt zu Unterschriftensammlung.

03/2016
Errechnet am Beispiel des Anteils der Ortsgemeinden im Kirchenkreis Schleswig -Flensburg an den Kirchensteuereinnahmen 2016. zum download: Kirchensteueranteil Ortsgemeinden 2016.pdf

Nordkirche: GEMEINDEN IN ANGELN GEGEN PASTOREN-ABBAU, Schleswiger Nachrichten
vom 3. März 2016

Stellvertretend für ihre Gemeindeglieder haben sich jetzt Martina Braatz und Heinrich Grimm (Toestrup), Erika Kotenbeutel und Wolfram Lufft (Arnis-Rabenkirchen), Heinrich Nissen und Ulla Simon (Ellenberg) und Detlev Schumacher (Satrup), allesamt Kirchenvorstandsmitglieder in ihren Gemeinden, in einer schriftlichen Stellungnahme ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht und Unterschriften gesammelt….

Derzeit liegt diese schriftliche Stellungnahme in zahlreichen Angelner Dörfern zur Einsichtnahme für die Bevölkerung aus. Parallel dazu bitten die Initiatoren um zustimmende Unterschriften auf beigefügten Listen. Der erste Erfolg ist schon da: Nach den Worten von Wolfram Lufft kamen bereits im ersten Anlauf über 600 Unterschriften zusammen. Diese Listen wurden kürzlich dem Kirchenkreisrat des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg (Sitz in Schleswig) zugeleitet. „Wir rechnen noch mit einigen hundert weiteren Unterschriften.“ Zum Artikel.

EKiR: Die Reform der Reform der Reform. Dargestellt anhand der Diskussion in etlichen Kirchenkreisen.

03/2016

z.B. Kirchenkreis Duisburg

„Einmütig wurde festgestellt, dass der Druck auf die Mitarbeitenden und die zu bewältigende Aufgabenfülle zunehmen, die Arbeitsunzufriedenheit der Mitarbeitenden in einem Besorgnis erregenden Ausmaß zunimmt, die Unzufriedenheit der Mandanten mit der Leistung des Verwaltungsamtes ebenfalls deutlich steigt und die Kosten gemessen an der Finanzkraft der Mandanten zu hoch sind. Eine Überprüfung der Arbeitsabläufe und eine möglicherweise daraus folgende Neuorganisation des Verwaltungsamtes wurden für unumgänglich gehalten…“ Weitere Voten aus etlichen Kirchenkreisen.

Scheidung der Geister. Das neue christliche Milieu gewinnt seine Identität inzwischen auch durch Abgrenzung gegenüber einem fremdenfeindlichen Pegida-Christentum. Was die Angriffe auf ausländische Priester über den Wandel in der Kirche aussagen. Ein Kommentar von Prof. em. Dr. Dr. Dr. h.c. Paul Gabriel.

Nach dem Rücktritt des Zornedinger Priesters nach Morddrohungen liegt das Thema ausländischer Priester in der katholischen Kirche in der Luft. Dazu:

25. März 2016,  Gastkommmentar von Karl Gabriel in der SZ
„…
Hinweise mag meine 2011 erschienene Studie „Zur Situation ausländischer Priester in Deutschland“ geben. In der Untersuchung hatten wir im Auftrag der Bischofskonferenz einen Fragebogen an alle aktiven ausländischen Priester in Deutschland verschickt. Dieser fragte explizit auch nach Erfahrungen mit Rassismus und Vorurteilen. Insgesamt 16 Prozent der Priester hatten deutliche oder starke Erfahrungen mit rassistischem Verhalten gemacht, für 66 Prozent der Priester spielte dagegen der Rassismus keinerlei Rolle….“

Zum Kommentar.

 

Aus der Einleitung der Studie „Zur Situation ausländischer Priester in Deutschland“:

… Mit 93 Priesterweihen sank im Jahr 2008 die zahl der Neupriester für alle deutschen Diözesen erstmals unter 100… Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass sich… wirksame Pull- und Pushfaktoren entwickelten, die ein Anwachsen der Zahl der ausländischen Priester in
deutschen Diözesen zur Folge hatten…. In vielen Diözesen ist in den letzten Jahren – vor diesem Hintergrund verständlich – der Einsatz ausländischer Priester in der Seelsorge zu einer unübersehbaren Realität geworden, ohne dass eine breitere Diskussion darüber stattfand… Wie viele ausländische Priester derzeit in deutschen Diözesen tätig sind,  darüber gibt es keine exakten Zahlen. Es hat den Anschein, als spreche man in der deutschen Kirche nicht gerne darüber…

Zum Text der Einleitung der Studie.

Reformgruppen fordern Synode für das Erzbistum München und für ganz Deutschland.

11. März 2016

Synodale Prozesse auf allen kirchlichen Ebenen, so wie sie Kardinal Reinhard Marx nach der Familiensynode im Oktober 2015 in Rom angekündigt hat, sind jetzt dringend im Münchner Erzbistum, in den anderen deutschen Bistümern und für ganz Deutschland notwendig. Das ist eines der Ergebnisse einer Klausurtagung verschiedener Reformgruppen des Erzbistums am 5. März 2016 in München… Mehr dazu.

Katholische Kirche: Der Reformstau schürt den Frust. Dezentralisierung und Stärkung des Synodalprinzips gefordert.

22. März 2016; Leserbrief von Axel Stark, Passau,  zu
„Der Fehler der Unfehlbarkeit“ von Hans Küng.

„…Der Reformstau verhindert auch, dass die Kirche als eine lebendige, vom Heiligen Geist geleitete und als eine glaubwürdige erfahren wird. Mehr oder weniger Distanz zur Kirche ist die Folge. Papst Franziskus versucht, die notwendigen Reformen anzustoßen. Er will die Kirche dezentralisieren und dem alten Synodalprinzip neues Leben einhauchen….“ Zum Leserbrief.

McKinsey zieht sich vom Lageso zurück.

18.03.16
Ende September hatten McKinsey-Berater mit der Arbeit am Lageso (Aufnahmelager Flüchtlinge, Berlin) begonnen. Das Unternehmen durfte für 238.000 Euro ein Integrationskonzept ausarbeiten – ein SPD-Mann soll davon profitiert haben. Nach Kritik an dem Deal hört McKinsey nun am Lageso auf. Der verantwortliche Chef der Senatskanzlei will offene Fragen beantworten….

Mehr dazu.

Anm. F.S.: und wann zieht sich McKinsey von den Kirchen zurück?