Archiv für den Monat: Juni 2016

EKHN-Synode 1/2016. Herborner Theologieprofessor Peter Scherle: Kirchensynode hat keine Kontrollfunktion gegenüber Exekutive und Synodale haben sind keine Interessensvertreter (ihrer Dekanate/ Gemeinden)

06/2016, EKHN
„…Zuvor hatte Scherle auf die besondere Bedeutung des Zusammenspiels der verschiedenen Leitungsorgane in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hingewiesen. Obwohl die Synode vergleichbar mit einem demokratischen Parlament eine Gesetzgebungs- und eine Wahlfunktion sowie das Budgetrecht habe, übe sie keine „Kontrollfunktion gegenüber einer Exekutive“ aus. Es gehe aus evangelischer Sicht vielmehr um das „Zusammenwirken der Leitungsorgane“ wie der Kirchensynode, Kirchenleitung und der Kirchenverwaltung. Es gehe aus evangelischer Sicht vielmehr um das „Zusammenwirken der Leitungsorgane“ wie der Kirchensynode, Kirchenleitung und der Kirchenverwaltung. Im ursprünglichen Sinne bedeute das Wort Synode zudem eine „gottesdienstliche Versammlung derer, die miteinander auf dem Weg des Glaubens sind.“ Demnach sind die Synodalen nach Scherle auch keine Interessensvertreter. Vielmehr seien sie „allein Christus verpflichtet, nicht aber bestimmten Interessen, wie zum Beispiel denen einer Region oder bestimmter Handlungsfelder“. Als Synodale repräsentierten sie „die ganze Kirche, die sich wiederum als Zeugin Jesu Christi versteht“, so Scherle… Zum EKHN-Bericht.

Kommentar von Friedhelm Schneider:

Die Amtsperiode der neuen EKHN-Synode beginnt, Wahlen standen auf der aktuellen Tagung im Juni 2016 im Vordergrund. Aber doch mit pikanter Beilage: die Synodalen mussten offensichtlich nicht nur gewählt, sondern auch justiert werden. Von Prof. Peter Scherle wurden sie zu Beginn der Arbeit über das Wesen des Systems EKHN, die Aufgaben und Funktion der Synode belehrt. Nach manchen – im Falle schwacher Kirchenleitungsvorlagen – korrigierenden Entscheidungen früherer Synoden wurde eine solche Belehrung offensichtlich als notwendig erachtet. Schwache Kirchenleitungsvolagen?… wie etwa zu Pfarrstellenbemessung (2011, Wiedervorlage 2019) oder auch gravierenden Umsetzungsproblemen mit prinzipiell umstrittenen Entscheidungen, etwa bei der Doppik. Im letzeren Fall musste jüngst die Kirchenleitung den (Achtung Consultingdeutsch:) „roll out“ erneut um ein Jahr auf 2018 verschieben. Flopps sind also – leider – keine Einzelfälle. Und so erscheint zur Gewährleistung eines reibungslosen Durchgangs zukünftiger Vorlagen eine solche Belehrung, eine Justierung des Organs der Synode mittlerweile offensichtlich als notwendig.

Doch: sind Synoden, sind die Synodalen denn per se widerspenstig? Die Erfahrung lehrt das Gegenteil: die Synodalen erscheinen in der Regel als sehr auf Harmonie bedachte Geschöpfe aufzutreten. Was ist also los? Hat sich die nach Harmonie strebende Synode gewisse Funktionen wie die der Kontrolle etwa am Ende gar nicht selbst ausgesucht? Vielleicht wurde sie ihr geradezu aufgezwungen – aus der Verantwortung nicht nur für die entsendende Region, sondern für das große Ganze der Kirche (Scherle: Christus). Und sie folgt gerade im Widerspruch – gut protestantisch – ihrem Gewissen. Und damit – so viel lässt sich ja empirisch schon nachweisen – dem Besten der Kirche. Denn mittlerweile wurden solche Positionen des Widerspruchs der Synode(n) nur zu oft durch die nachfolgende Realität mehr als bestätigt: Pfarrerschelte und massiver Pfarrstellenabbau – wer von den Führungskräften wagte es, dafür heute noch einzustehen? Strukturreformen? wer schämte sich nicht, diese als eine zentrale Problemlösungsmittel für die Kirche propagiert zu haben? Last not least: Kirche der Freiheit, das Impulspapier der Kirchenreform? Völlig demontiert durch die 5. KMU, die letzte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Alles Irrwege in einer Phase neoliberalen institutionellen Wandels auch der Kirchen, die vielleicht früher hätten gestoppt werden können, wenn in der Kirche eine Kultur des offenen Diskurses, ja des Widerspruchs bei wenig überzeugenden Vorlagen bestanden hätte. Wenn die Synode aktiv mit der Kontrollfunktion betraut worden wäre, für die die Rechnungsämter aufgrund von Amtsabhängigkeiten in Zeiten starken Veränderungsdrucks ganz offensichtlich vielfach überfordert waren. Und nun Professor Scherle, die Synode habe keine Kontrollfunktion! Um solche Aussagen zu treffen, muss man jegliche empirische Forschung konsequent ausblenden und tief in die Klamottenkiste eines platten Begriffsplatonismus greifen, wie Scherle es tut: „im ursprünglichen Sinn bedeutet das Wort Synode…“. Sorry, Herr Professor. Da war theologische und kirchliche Wissenschaft schon einmal weiter, viel weiter… Auf diesem Weg – so viel ist klar – werden die (teilweise selbstgeschaffenen und so zu benennenden) Probleme der EKHN (und der anderen Landeskirchen) nicht zu lösen sein.

 

Die Konfessionslosen im Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung.

06/2016, eine Studie der EKD

Interessen:

Auf welche „Selbst- und Weltdeutungen“ greifen die Konfessionslosen im
Untersuchungsgebiet zurück, wenn es um Fragen der konkreten Lebensbewältigung geht?
Handlungspraktisch:
kirchliche Anknüpfungspunkte zu Konfessionslosen finden bzw. nutzen

Inhalt
1. Lebensgefühl
2. Religionsbezogene Orientierungen
 Subjektive Religiosität und Bezug zur Religion
 Soziodemografische Differenzierung
3. Bezug zur Kirche
 Bisherige Berührungen und Eindruck
 Kenntnis der Kirchengemeinde im eigenen Stadtteil
 Interesse an Angeboten
4. Lebensbewältigung
 Weltsichtenansatz
 Operationalisierung
 Ergebnisse
5. Religionsbezogene Orientierungen und Lebenszufriedenheit

Zur Studie – download.

Strukturreformen überdenken: Kardinal Marx, München, will Modelle entwickeln lassen, um den Priestermangel aufzufangen.

31. Mai 2016, Von Jakob Wetzel

Die katholische Kirche ruft ihre Gläubigen zum Experimentieren auf – und lockert dafür umstrittene Vorgaben ihrer Strukturreform…..vorbehalten sein soll, gehört zu den zentralen Kritikpunkten an der 2010 verabschiedeten Strukturreform in der Erzdiözese; denn weil die Zahl der Priester langfristig sinkt…

Die Kirche hat auf die Probleme mittlerweile reagiert: Bereits Ende 2014 kündigte sie an, sie wolle die Strukturreform überdenken, nicht nur wegen des Mangels an Priestern, sondern auch, damit sich haupt- und ehrenamtliche Laien besser einbringen könnten, wie es damals hieß. Weitere Zusammenlegungen von Pfarreien zu Verbänden solle es nicht mehr geben. Wenig später stellte das Erzbistum Verwaltungsleiter ein, um die Pfarrer von Management-Aufgaben zu entlasten und ihnen mehr Zeit für die Seelsorge zu verschaffen. Und erst im März kündigte die Kirche an, Forscher der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen in Paderborn sollten in einer groß angelegten Umfrage die bisherigen Ergebnisse der Strukturreform im Erzbistum auf den Prüfstand stellen. Mehr dazu.

Wieviel Pfarrerinnen und Pfarrer werden bis Ende 2020 im Dekanat pensioniert ? Das Geo-Informationssystem der EKHN gibt auch aufschlussreiche Auskünfte, aber leider nur Insidern.

06/2016

GEO-Informationssysteme mag man geteilt beurteilen, wegen der Art der Informationsvermittlung, manchmal auch wegen (schlichten) Inhalten. Das GEO- Informationssystem der EKHN wartet immerhin auf S. 6 mit einer besonders interessanten Information auf: mit der zukünftigen Zahl der besetzten Pfarrstellen nach den anstehenden Ruhestandsversetzungen:

Z.B. Frage an das EKHN‐GEO‐SYSTEM: …Wieviel Pfarrerinnen und Pfarrer werden bis Ende 2020 im Dekanat pensioniert ? (Stand 2013, aktuelle Daten der Pfarrerstatistik werden zurzeit erhoben und verknüpft) • Ein Blick auf Dekanate kann die Altersverteilung von jetzt eingesetzten Pfarrerinnen und Pfarrer in Gemeinden und den Zeitpunkt ihrer Pensionierung oder auch die räumliche Verteilung von regionalen Stellen zeigen.

Diese Information ist eigentlich viel zu interessant, um sie nur den Intranetnutzern der EKHN zugänglich zu machen, den normalen Gemeindegliedern aber vorzuenthalten.  vgl. S. 6

Quest – ein Studiengang für den vereinfachten Quereinstieg in das reformierte Pfarramt in der Schweiz.

06/2016

Der erste Durchgang ist im Herbstsemester 2015 gestartet. Zurzeit finden Gespräche über eine weitere Auflage von Quest statt. Frühester Starttermin für einen zweiten Durchgang ist das Herbstsemester 2017. Schreiben Sie uns an quest@theologiestudium.ch, wenn wir Sie über den Fortgang der Planung auf dem Laufenden halten sollen.  Mehr dazu.

Ernesto Cardenal – Kämpfer für die Liebe. Ein Interview in Christ & Welt.

06/2016

»Wir sind der Spiegel Gottes, geschaffen, damit Gott in uns einkehren kann.« Ernesto Cardenal, gefeierter Dichter und linker Priester, spricht über Befreiungstheologie, den Zölibat, Frauenordination und seinen Zwist mit dem Vatikan….

Tipp: schnell lesen oder screenshot erstellen! Der Text ist nur eine begrenzte Zeit sichtbar. Hier klicken.

Nachruf auf den Soziologen Thomas Luckmann (1927-2016).

06/2016

Die Universität Konstanz trauert um ihr langjähriges Mitglied, Prof. em. Dr. Thomas Luckmann, der am 10. Mai 2016 im Alter von 88 Jahren verstarb. Thomas Luckmann (geboren am 14. Oktober 1927 im heutigen Jesenice/Slowenien) studierte Philosophie, Germanistik, romanistische Sprachwissenschaft und Literatur, vergleichende Linguistik und Psychologie an den Universitäten Wien und Innsbruck sowie seit 1949 an der New School for Social Research in New York, wo er den Soziologen Alfred Schütz kennen lernte. Nach seiner dortigen Promotion in Soziologie im Jahr 1956 lehrte er von 1960–65 an der Soziologischen Fakultät der New School. 1965 kehrte er aufgrund eines Rufs an die Universität Frankfurt nach Europa zurück, wechselte aber bereits 1970 an die noch junge Universität Konstanz, an der er bis zu seiner Emeritierung 1994 als Professor für Soziologie wirkte. Hier war er unter anderem treibende Kraft bei der Gründung des Sozialwissenschaftlichen Archivs Konstanz. Zur Quelle.

Lutherische Kirche in Lettland schafft Frauenordination ab.

04.06.2016
In der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands dürfen Frauen künftig nicht mehr Pfarrerinnen werden.

Trotz internationaler Proteste schaffte die Synode der Kirche die Frauenordination am Freitag in Riga ab. Das bestätigte Klaus Schäfer, Direktor des Zentrums für Mission und Ökumene der Nordkirche, dem epd in Hamburg. Die Beschränkung der Ordination allein auf Männer war mit einer Verfassungsänderung verbunden, für die eine Dreiviertel-Mehrheit nötig war…. Mehr dazu.

„Zwar gibt es heute wohl niemand mehr, der nicht von Bewahrung der Schöpfung spricht. Sobald es aber konkret wird, scheut man die Konsequenzen.“ Dr. Anton Rotzetter, Institut für Theologische Zoologie

06/2016

In den letzten Jahrzehnten ist die Schöpfung immer mehr dem Absolutheitsanspruch der Ökonomie anheim gefallen. Alles wird zur Sache, die man beliebig gebraucht, zum Objekt, das man ausbeutet. Zwar gibt es heute wohl niemand mehr, der nicht von Bewahrung der Schöpfung spricht. Sobald es aber konkret wird, scheut man die Konsequenzen. Ich bin der Überzeugung, dass neben der Vergötterung der Mobilität die Ehrfurchtslosigkeit eine besondere Rolle spielt. Die Einstellung zum Auto und zum Tier ist eine Art Schnittstelle, an der der heutige Lebensstil, der weitgehend auf dem Prinzip der Ausbeutung und der Rücksichtslosigkeit aufbaut, eine revolutionäre Wende erfahren könnte – zu Gunsten von Lebensqualität, weltweiter Gerechtigkeit und umfassender Solidarität.

Mehr dazu.

Gierschutz statt Tierschutz. Urteil: Männliche Küken dürfen weiter getötet werden.

20. May 2016, SZ

Urteil: Männliche Küken dürfen weiter getötet werden

Münster (dpa) – Das Töten männlicher Küken direkt nach dem Schlüpfen verstößt nicht gegen das Tierschutzgesetz. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden und damit mehrere Urteile von Verwaltungsgerichten in NRW gegen einen Erlass der rot-grünen Landesregierung bestätigt.

Das Tierschutzgesetz erlaube das Töten von Tieren, wenn dafür ein vernünftiger Grund vorliege, hieß es in der Urteilsbegründung. Die Aufzucht der ausgebrüteten männlichen Küken sei für die Brütereien mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand verbunden und deshalb keine Alternative. Revision ließ das OVG nicht zu…. Zum Artikel.

Dazu die Leserbriefe der SZ am -31. Mai 2016 veröffentlicht:
„… Ein ganz schwarzer Tag für die Moral in diesem Lande: Das Oberverwaltungsgericht Münster erachtet nach seinem jüngsten Urteil das Schreddern von Hähnchen als mit dem Tierschutzgesetz vereinbar. Demnach stelle das wirtschaftliche Interesse der Brütereien einen „vernünftigen Grund“ im Sinne von Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes dar, die Tiere derart zu entsorgen. Diese Bestimmung stellt das Töten von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund unter Strafe. Das Gericht meint zudem, sein Urteil treffe keine Aussage über die Akzeptanz dieser Vorgehensweise in der Bevölkerung. Dieses Fehlurteil ist an Zynismus kaum zu überbieten…. Alle Leserbriefe.