Schlagwort-Archive: Volkskirche

ELK Bayern: Gemeinden sind Verlierer. Rückgang der Schlüsselzuweisungen von 38% auf 24% der Kirchensteuereinnahmen.

20.11.2016, Bayerisches Sonntagsblatt

Wie der Gemeindebund Bayern die volkskirchlichen Strukturen erhalten will.

Der Gemeindebund Bayern will im kirchenpolitischen Gerangel um Personalstellen und Kirchensteuerzuweisungen die Interessen der Ortsgemeinden vertreten. Wir sprachen mit dem 1. Vorsitzenden, dem Pegnitzer Dekan Gerhard Schoenauer, und dem 2. Vorsitzenden, Pfarrer Karl-Friedrich Wackerbarth aus Prien am Chiemsee….

…Schoenauer: Die Gemeinden sind momentan die Verlierer. Die sogenannten Schlüsselzuweisungen, von denen sie alles bezahlen müssen, gingen von circa 38 Prozent der Kirchensteuereinnahmen auf 24 Prozent zurück.Mehr dazu.

„Die Amtskirche beseitigt die Volkskirche“. Der Geograf Prof. Gerhard Henkel kritisiert den Rückzug der Kirche aus der Fläche.

17. November 2016 von kirchenbunt
In einem Interview mit der Welt äußert der Humangeograf Gerhard Henkel seine Besorgnis über den kommunale und kirchlichen Rückzug vom Land. „Viele Bistümer und Kirchenkreise machen es wie der Staat: Sie zerstören mit der Auflösung von Pfarreien bewährte Strukturen und stoßen damit ihre Mitgliederbasis vor den Kopf.“

Mehr dazu.

„Das Grundvertrauen in die Institution Kirche ist in ein Grundmisstrauen umgeschlagen.“ – Epochenwechsel in der römisch-katholischen Kirche? Von Christian Weisner, Wir sind Kirche

28. Jg.1 2015, Frühjahrs-Heft „Kirchen in Bewegung“ des FORSCHUNGSJOURNAL SOZIALE BEWEGUNGEN
Sind wir ZeugInnen eines fundamentalen Paradigmenwechsels in der mit 2000 Jahren wohl ältesten Organisation Europas? Folgt die römisch-katholische Kirche mit Papst Franziskus jetzt endlich dem Kurs des Reformkonzils, dessen 50-jähriges Jubiläum in diesem Jahren begangen wird? Welche Auswirkungen weit über den binnenkirchlichen Raum hinaus sind zu erwarten und zu erhoffen? Es folgt der Versuch einer Einschätzung des Umbau des 2000-jährigen Kirchenschiffes – mitten im Sturm auf hoher See, mit einem Wechsel des Kapitäns und Aufnahme eines neuen Zielkurses – aus der Sicht der katholischen Reformbewegung Wir sind Kirche.

von Christian Weisner

Im Artikel die Themen:

6.1. Limburg hat Systemfragen auf die Tagesordnung gebracht:
„Das Grundvertrauen in die Institution Kirche ist in ein Grundmisstrauen umgeschlagen.“

6.2. Subsidiaritätsprinzip auch innerhalb der Kirche
Immer mehr Menschen entfernen sich in Deutschland von den großen Kirchen. Der demografische Wandel, Priestermangel vor allem in der katholischen Kirche und Skandale verstärken diesen Prozess. Die Kirchen reagieren darauf mit Strukturreformen. Viele Bistümer und Landeskirchen sehen ihr Heil darin, den bestehenden Kirchengemeinden Pfarrei- und Gemeindefusionen aufzudrängen oder gar aufzuzwingen. Einwendungen und Proteste werden ignoriert oder kalt abgewiesen. Die Auswirkungen sind dramatisch: Durch die Beseitigung gerade der dörflichen Kirchengemeinden wird das Vertrauen der Menschen in die Kirche weiter erschüttert. Die Fusionen beschleunigen die Flucht selbst der Treuen aus der Kirche. Es droht die Auflösung der Volkskirche in der Fläche. „Amtskirche beseitigt Volkskirche“, so bringt es der Humangeograph Gerhard Henkel auf den Punkt (Süddeutsche Zeitung 27.9.2014)

Zum Artikel.
Das Frühjahrs-Heft „Kirchen in Bewegung“ des „Forschungsjournals Soziale Bewegungen“ enthält auf über 200 Seiten Beiträge u.a. von Prof‘in Sabine Demel, Prof. Karl Gabriel, Karin Kortmann (ZdK), Prof. Thomas Meyer, Dr. Thomas Mittmann, Dr. Peter Neher (Caritas), Prof. Thomas Schüller, Dr. Thomas Wagner und Christian Weisner (Wir sind Kirche“).

Forschungsjournal Soziale Bewegungen, Heft 1/2015: „Kirchen in Bewegung“
www.forschungsjournal.de

Die Print-Ausgabe kann bei Wir sind Kirche Deutschland bestellt werden:
Sonderpreis: 15 Euro/Heft plus Versand
info@wir-sind-kirche.de

Schweiz: Volkskirche – ein Abschied in Raten von einem Erfolgsmodell?

05/2015

Der Kanton Bern will sein Verhältnis zur Landeskirche lockern. Eine Bagatelle? Mitnichten – eine bedeutende Weichenstellung…

Starkes Signal. Was wie eine kleine, folgerichtige Flurbereinigung aussieht, ist in Wahrheit jedoch ein Schritt von grosser Signalwirkung. Und Symptom einer landesweiten Entwicklung, die schrittweise in Gang kommt und letztlich über die Zukunft des Modells «Volks­kirche» entscheidet.

Vielleicht macht es tatsächlich wenig Sinn, die alte Bastion des Berner Staatskirchentums gegen jeden gesellschaftlichen Trend verteidigen zu wollen. Und doch: Gerade das über 200-jährige Berner Modell wäre eigentlich zukunftsweisend. Denn die enge Anbindung an den neutralen Staat bürgt für eine demokratische, pluralistische, ökumenische und interreligiöse Grundstimmung in der Kirche. Der Staat ist «ein Bollwerk gegen gefährlich werdende Religionen», wie die Berner Juristin und Politikerin Gret Haller vor wenigen Jahren in einem «reformiert.»-Interview festhielt, und der Staat sorgt für ein staatsbürgerliches Bewusstsein auch in den Kirchen. –

Starker Partner. Im Kanton Bern, wo reformierte, römisch-katholische, christkatholische und jüdische Geistliche (noch) vom Staat besoldet, administriert und beaufsichtigt werden, konnte sich ein Klima des gegenseitigen Verständnisses herausbilden, in dem der ökumenische Gedanke besonders gut gedeiht. Und ein Staat, der in mittlerer Zukunft vielleicht auch Imame und Hindupriester zu seinem Personal zählt, behält ein Stück Religionspolitik in der Hand – und damit die Hoheit über den Religions­frieden.  Zum Artikel.

Saarland Spitzenreiter vor Rheinland- Pfalz und Bayern: Ausprägung der Volkskirchlichkeit in Deutschland nach Bundesländern.

04/2015, Volkskirchlichkeit in Deutschland nach Bundesländern in der Reihenfolge nach Ausprägungsstärke. (Datenquelle: Kirchenamt der EKD, Referat Statistik; Grafik: Wort-Meldungen)

 

Bildschirmfoto vom 2015-04-19 12:06:29

Entscheidend ist der Pfarrer vor Ort. Von Prof. Enno Bünz

Prof. Dr. Enno Bünz, Leipzig. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Leserbrief in der SZ vom 06.10.14, S.15 zum Thema „Pfarrreifusionen – Schwere Last für die Kirchen“

„Dieses vehemente Plädoyer, die Kirche im Dorf zu lassen, habe ich mit großer Zustimmung gelesen. Das Gotteshaus vor Ort ist weit über die rein kirchliche Funktion hinaus ein identitätsstiftender Faktor, und dazu gehört ein Blick in die Geschichte, der bei Henkel zu kurz kommt. Theodor Fontane hat einmal treffend geschrieben, nur die Dorfkirchen „stellen sich uns vielfach als die Träger unserer ganzen Geschichte von Pfarreien dar“. Nicht nur in der Mark Brandenburg umspannen die alten Kirchengebäude mit ihrer historischen Ausstattung vielfach die gesamte Ortsgeschichte von der Dorfgründung bis zur Gegenwart. Bei den vielen dörflichen Kirchengründungen seit dem Mittelalter ging es keineswegs nur darum, ein Kirchengebäude zu errichten, sondern ebenso wichtig war es, den Pfarrgeistlichen dauerhaft zu finanzieren. Dafür musste mit Landbesitz und Einkünften eine Pfründe ausgestattet werden. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts ist das Pfründenwesen abgeschafft worden, und die Pfarrer (katholische wie evangelische) wurden zu Gehaltsempfängern der Bistümer oder Landeskirchen. Die Einführung der Kirchensteuer schuf dafür Grundlagen und ermöglichte übrigens, dass die Pfarrer nun einheitlich besoldet wurden, während sie vorher als Pfründenbezieher von Ort zu Ort recht unterschiedliche Einkommenssituationen vorfanden. Dieses System der Kirchenfinanzierung hatte sicherlich seine Nachteile und Schattenseiten (arme und reiche Pfarrer), sorgte aber dafür, dass die Gemeinden ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten hatten als heute, wo über den Weg der (staatlich eingezogenen) Kirchensteuer ein Großteil der finanziellen Ressourcen nicht mehr vor Ort verbleibt. Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung des Verfassers, „Amtskirche beseitigt Volkskirche“, besonders schmerzlich, denn die Amtskirche hat eine Verantwortung für die Kirche vor Ort.

Zur schonungslosen Analyse der heutigen kirchlichen Lage gehört allerdings auch der Befund, dass die Zahl der Priesterweihen in der katholischen Kirche seit über einem halben Jahrhundert massiv zurückgegangen ist und dass dieser Trend mittlerweile auch in der evangelischen Kirche wirkt. Zunehmend haben die Amtskirchen massive Probleme, alle Pfarrstellen zu besetzen. Dass die Kirchenbindung spürbar nachlässt, schlägt sich nicht nur in einer schwindenden Zahl von Berufungen nieder, sondern in einer immer geringeren Teilnahme der Gläubigen am kirchlichen Leben, auch auf dem Dorf, und in einer wachsenden Zahl von Kirchenaustritten in beiden Großkirchen. Darauf geht Herr Henkel in seinem pointierten Artikel nicht weiter ein.
Es geht aber nicht nur um das Gotteshaus auf dem Dorf, dem sich die Gemeinde verbunden fühlt, und es kommt auch nicht nur auf die lokalen kirchlichen Gremien an, in denen sich die Gemeindemitglieder engagieren können. Entscheidend ist der Pfarrer vor Ort, der das Wort Gottes verkündet und die Gläubigen anspricht. Das schafft Kirchenbindung. Wenn es darauf nicht mehr ankommt, reichen Fördervereine für die Erhaltung der Dorfkirchen.“