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Berufsbild im Wandel

Zu Weihnachten sind die Kirchen voll – zur Abwechslung. Und die Predigten langweilig – wie leider so oft. Der Autor des SZ- Magazins, Marc Baumann, fordert: Die Pfarrer müssen mal richtig den Mund aufmachen.

01/2016, SZ-Magazin, HEFT 52/2015 RELIGION

Himmelherrgottnochmal
VON MARC BAUMANN

Zu Weihnachten sind die Kirchen voll – zur Abwechslung. Und die Predigten langweilig – wie leider so oft. Unser Autor fordert: Die Pfarrer müssen mal richtig den Mund aufmachen.
…Als die Finanzkrise 2008 völlig außer Kontrolle zu geraten schien, kritisierte Bischof Wolfgang Huber in der Weihnachtspredigt, das von der Deutschen Bank vorgegebene Renditeziel von 25 Prozent sei »eine Form von Götzendienst« und »das Geld zum Gott geworden«. Schon im Januar 2009 entschuldigte er sich für seine Kritik bei Josef Ackermann. Da fällt einem die Bibelstelle ein, in der Jesus die Geldwechsler und Händler mit der Peitsche aus dem Tempel vertreibt (Matthäus 21,12ff). Ohne spätere Entschuldigung. Wenn schon ein Bischof seine klaren und endlich mal aneckenden Worte zurücknimmt, traut sich dann ein Pfarrer, seiner sowieso immer kleiner werdenden Gemeinde unbequeme Worte zu sagen? Da wird die Angst vor der Zumutung selbst zur Zumutung: einer mutlosen Predigt. …

So sollte eine gute Weihnachtspredigt sein: unerwartet. Irritierend. Herausfordernd. Früher hat der Dorfpfarrer seinen Schäfchen donnernd die Leviten gelesen. Heutige Pfarrer wirken selbst wie Schäfchen. Man möchte ihnen zurufen wie der Engel einst den Schafhirten in jener Nacht vor 2000 Jahren: »Fürchtet euch nicht!«  Zum Artikel.

Landessynode Württemberg: Ausweitung der Prädikantenaufgaben vom Theologischen Ausschuss der Synode abgelehnt.

Die Abwertung des Pfarrdienstes und die Aufwertung des Prädikantendienstes, wie in einigen Landeskirchen praktiziert, wird von Pfarrvertretern kritisch gesehen. Der Theol. Ausschuss der Synode der ELK Wüürttemberg stellt sich hinter die PfarrerInnen.

12/2015

„…Eine generelle Übernahme von Kasualdiensten wie Bestattungen und Trauungen durch Prädikantinnen und Prädikanten komme für den Theologischen Ausschuss nicht in Frage, erklärte dessen Vorsitzender Dr. Karl Hardecker. Damit wurde der Antrag zur Änderung der Prädikantenordnung abgelehnt….  Zur Quelle vgl. S. 9.

„Zentralistisches, obrigkeitliches Kirchenbild, das Gemeinden nur als Objekte der Betreuung und Versorgung sehen kann“: Aufbruch Gemeinde contra OKR Nitsche in Sachen Pfarrerbild.

08/2015

Der sechste Aktionstag der Reformgruppe „Aufbruch Gemeinde“ und des Gemeindebunds Bayern am Samstag, den 25. Juli 2015 in Nürnberg führte zu einer intensiven Auseinandersetzung mit OKR Dr. Nitsche über den Prozess zum Pfarrer/innenbild in der bayerischen Landeskirche.

In diesem Verfahren dokumentiert sich ein zentralistisches, obrigkeitliches Kirchenbild, das Gemeinden nur als Objekte der Betreuung und Versorgung sehen kann. Dieses Bild widerspricht dem evangelischen Verständnis des „Priestertums aller Gläubigen“, auf das sich selbst die Kirchenleitung gerne beruft ohne daraus Konsequenzen für das Leitungsverständnis und die Organisationsgestalt von Kirche zu ziehen. Solange Kirche von den Grundvollzügen Verkündigung, Taufe und Abendmahl lebt, ist Kirche voll und ganz in Gemeinden präsent. Darum kann deren Entscheidungsgremium nicht von oben her übergangen werden. Vielmehr sind aus den Grundprinzipien auch Gestaltungsprinzipien abzuleiten, nämlich: Freiheit (aus der Verkündigung der freien Gnade), Gleichheit (aus der Taufe), Solidarität und Partizipation (aus dem Abendmahl). Nach diesen Gestaltungsprinzipien muss der Kirchenvorstand bei einer Dienstordnung für seine Pfarrerin oder Pfarrer zwingend beteiligt werden…. Zur Pressemeldung.

Zur Situation der Pfarrerschaft. In Memoriam Friedrich Weber.

05/2015 Vortrag vor dem Gesamtkonvent am 21. August 2002 in Wolfenbüttel, vom verstorbenen Landesbischof Dr. Friedrich Weber


2. Überlastung

Am Ende ist so mancher atemlos und ausgebrannt. Es gibt viele verschiedene Strategien, um mit der Überlastung umzugehen: Rückzug oder verstärkter Aktivismus, das Stöhnen über das Zuviel an Verwaltung, oder die Konzentration auf weniges, was eher dem persönlichem Hobby als der Breite der pfarramtlichen Tätigkeit gerecht wird, oder gar Frustration und Zynismus.

Die Frage ist nicht, ob das alles richtig oder falsch ist, entscheidend bleibt als Ausgangspunkt, dass Überlastung von einer breiten Mehrheit subjektiv empfunden wird. …

3. Verunsicherung über die Rolle des Pfarrers und der Pfarrerin

Zu den inneren wie äußeren Umbrüchen in Kirche und Gesellschaft kommt eine tiefe Verunsicherung von Pfarren und Pfarrerinnen über ihre Rolle und Aufgabe in Kirche und Gesellschaft. Folgende Faktoren, die ich nur summarisch aufliste, haben zu dieser Verunsicherung beigetragen:
– historisch: der Wandel des Pfarrerbildes durch die Frauenordination,
– die Spannung zwischen Profession und Beruf, zwischen Theologie und Verwaltung,
– die Qual der Rollenunklarheit: Priester oder Prophet,
– die Stellenteilung von Pfarrehepaaren und die eingeschränkten Dienstaufträge (50%, 75 %, 80 %),
– das Verhältnis von Ordinierten und Laien (Sakramentsverwaltung),
– das Verhältnis von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen,
– Fleiß und Frust im parochialen Alltag,
– Fragen der Residenzpflicht und der Einkommensentwicklung.

4. Eine Theologie des Amtes

Ganz elementar formuliert brauchen wir Pfarrerinnen und Pfarrer, die von ihren Voraussetzungen her in der Lage sind, und es zugleich als Aufgabe begreifen, suchende, ratlose, leidende, sterbende, aber auch fröhliche und erfolgreiche Menschen auf ihrem Weg mit Gott zu begleiten, deren Lebensweg vom Evangelium her zu deuten. Dass wir gerade in dieser Begleitung von Menschen selbst beschenkt werden, oft reichlicher empfangen als wir gegeben haben, ist hoffentlich eine Erfahrung, die auch sie immer wieder in Ihrem pastoralen Alltag machen dürfen.

Vor diesen kurz skizzierten Aufgaben, muss eine neu zu entwerfende Theologie des Amtes nicht alles neu erfinden. Sie darf sich in den Eckpunkten der Tradition bewegen, die als Aufgabe des Pfarrers und der Pfarrerin die Kommunikation des Evangeliums beschreibt, und die zugleich festhält, dass die Botschaft des Evangeliums auch für den Amtsträger gilt: Simul iustus et peccator. ”Die kirchliche Tradition stellt die Ordinierten unter den besonderen Anspruch Gottes…

5. Schlaglichter pastoraler Arbeitsfelder

Insbesondere die Aus- und Fortbildung der kirchlichen Amtsträger hat sich daran zu orientieren, ihnen geistliche und seelsorgerliche Kompetenz in der Verantwortung der eigenen Lebensführung zu ermöglichen. Ich frage mich manchmal, ob wir als Pfarrer und Pfarrerinnen neu beten lernen müssen?

Dazu kommt die Förderung der hermeneutischen Kompetenz zur Vermittlung von Glaubensfragen und zum Verhältnis von Glaube und Institution Kirche. In der Kompetenz der Amtsträger liegt zugleich die Möglichkeit sich von einer verwaltenden zu einer missionarischen Kirche zu entwickeln…
6. Zur Residenzpflicht

Ohne damit eine neue Lösung zu präsentieren, möchte ich zuerst fragen: Was ist zu tun, damit Pfarrerinnen und Pfarrer das Wohnen im Pfarrhaus wieder leichter fällt? Das ist für mich die eigentlich entscheidende Frage in der gesamten Problematik der Residenzpflicht.

Ich will an dieser Stelle auch erwähnen, dass das gesamte Kollegium die finanziellen Einbußen der Pfarrerschaft in den letzten Jahren deutlich zur Kenntnis genommen hat. Die Schönheitsreparaturenpauschale u.a.m. seien hier erwähnt. (Rundschreiben OLKR Dr. Fischer hat die Problematik angezeigt) Andererseits kann ich der gelegentlich kolportierten Berechnung nicht zustimmen, dass durch das Wohnen im Pfarrhaus ein Betrag in Höhe von mehreren hunderttausend Euro den Pfarrerinnen und Pfarrern verloren geht.

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Landesbischof Dr. Friedrich Weber: Zur Situation der Pfarrerschaft S. 27

48- Stunden-Woche und Dienstordnung für Pfarrer in Bayern

Mit jeder Pfarrerin und jedem Pfarrer in der ELKB soll in den nächsten Jahren eine Dienstordnung vereinbart werden. Vor dem Entwurf einer Dienstordnung wird der Arbeitsumfang auf der Grundlage eines Arbeitszeitmodells berechnet und gegebenenfalls verändert. Die fertige Dienstordnung beschreibt die verschiedenen – eventuell reduzierten – Aufgaben einer Pfarrerin, ohne jedoch Arbeitszeiten zu nennen.

Aus der Tabelle Zeitbedarf
Tabelle 2: Zeitbedarf für gemeindliche Aufgaben

Aufgabe                            Zeitbedarf

Gottesdienst                     8,5 Std.

Kasualie                             5 Std.

etc.

Die Texte zum Thema.

Kein Job wie jeder andere: Attraktivität und Krise des Pfarrberufs. Von Prof. Ulrike Wagner-Rau,

Vortrag von Prof. Ulrike Wagner-Rau, Dt. Pfarrerblatt 02/2015

1. Zur Einführung

Der Pfarrberuf mit seiner Freiheit und in seiner Vielfalt der Tätigkeiten und Begegnungen ist attraktiv. Das kann ich aus persönlicher Erfahrung und Überzeugung unterstreichen. Das zeigen aber auch die quantitativen empirischen Studien zum Pfarrberuf, die in den letzten Jahren einhellig ein hohes Maß an Zufriedenheit der Pfarrerinnen und Pfarrer mit ihrem Beruf dokumentiert haben. Rund drei Viertel der Befragten z.B. in der Untersuchung »Pastorin und Pastor im Norden«, die im Frühjahr 2010 durchgeführt wurde, gaben an, mit ihrem Beruf zufrieden oder sogar sehr zufrieden zu sein. Diese Aussage erstaunt umso mehr, als zu diesem Zeitpunkt die drei norddeutschen Kirchen – Nordelbien, Mecklenburg und Pommern – mitten in dem konfliktreichen Prozess der Fusion steckten, die Nordelbische Kirche zudem bereits seit den 90er Jahren tiefgreifende Strukturreformen hinter sich hatte. Freilich differenziert sich das Bild, wenn unterschiedliche Aspekte der Einstellung zum Beruf in den Blick genommen werden. So ist z.B. die Zufriedenheit hoch im Blick auf das Arbeitsklima und die Zusammenarbeit im kollegialen Umfeld, extrem niedrig aber im Blick auf die kirchlichen Strukturveränderungen und die Möglichkeiten einer Laufbahnplanung.3

Der positive Blick auf den eigenen Beruf ist in der Pfarrerschaft also vorhanden, aber – das ist nicht überraschend – es gibt auch deutliche Schattenseiten. Insofern ist es nötig, die Ambivalenzen in den Blick zu nehmen: Ich werde zunächst einige Aspekte der Attraktivität des Berufs mit ihren Schattenseiten konfrontieren. Im zweiten Teil werde ich diesen ambivalenten Befund auf unterschiedliche Krisen des Berufes zurückführen – Krisen auch hier in ihrer doppelten Funktion gesehen eals Gefährdungen auf der einen, als Veränderungsimpulse auf der anderen Seite. Drittens werde ich die Überlegungen auf wesentliche Aspekte im Wandel des Berufsbildes hin zuspitzen, um schließlich einige Anregungen für das Handeln der mittleren Ebene in der Kirche zu formulieren. Zum Vortrag.

Neu: Nordkirche verleiht Pfarrerin an ev.-methodistische Gemeinde.

01/2015

Regina Waack ist in der Nordkirche die erste Pastorin, die an eine evangelisch-methodistische Gemeinde abgeordnet wurde. Früher wurde die Gemeinde in Flensburg von dem Pastor aus Kiel mitversorgt, der zwei methodistische Gemeinden betreute und sonntags zwei Gottesdienste gestalten musste. Die Gemeindemitglieder in Flensburg fühlten sich nicht gut betreut, weil der Pastor beim anschließend üblichen Kirchencafé mit Sprechzeit immer fehlte. Einen Pastor in Vollzeit kann sie sich nicht leisten. Die Gemeinde schrumpfte.

So entstand die Idee, dass ein Pastor in Flensburg jeweils eine methodistische und eine lutherische halbe Pfarrstelle betreut. Sonntags kann er Gottesdienst mit der methodistischen Gemeinde feiern und wochentags Tätigkeiten in der lutherischen Kirche wahrnehmen. Waack kümmert sich neben der Gemeindearbeit noch um die lutherischen Prädikanten im Kirchenkreis….  Zum Artikel.

Abgewiesen, ausgegrenzt, eingeschränkt – heute unverzichtbar: 80 Jahre berufliche Erfahrungen evangelischer Theologinnen in Württemberg

01/2015 Deutsches Pfarrerblatt

Von: Christel Hildebrand

Die erste württembergische Theologin, Lydia Schmid (1897-1946), konnte 1921 ihr Studium nur mit einem Dr. theol. abschließen, und sah sich wegen fehlender beruflicher Perspektive in der Kirche genötigt, ihn 1922 mit einem Dr. phil. zu ergänzen. Erst seit 1927 wurden kirchliche Examen in der evangelischen Kirche in Württemberg möglich. Elisabeth Mack hatte erfolgreich darum gekämpft. Bis 1929 hatten drei Theologinnen dieses Examen abgelegt. Diesen vier Frauen wurde das Erteilen von Religionsunterricht erlaubt, sie führten den Titel: »Höher geprüfte kirchliche Religionshilfslehrerin.«  Zum Artikel.

Neue Lust auf Leitung in der EKD II: Peter Barrentstein, Führungsakademie der EKD, sieht keinen Reformstress und fordert Bezahlung der Pfarrer nach Leistung.

13.11.14, Gespräch mit Peter Barrentstein, Führungsakademie der EKD, Berlin/ McKinsey
mit Wolfgang Thielmann, Christ & Welt

Leider steht der Text nicht im Netz. daher hier wenige, sprechende Zitate. Die Personalführung der EKD hat einen Namen: Peter Barrenstein/FAKD. Das erklärt das Gewicht der folgenden Aussagen:

…C & W: Sollte ein erfolgreicher Pfarrer mehr Gehalt bekommen?

Barrenstein: Ja, selbstverständlich. Oder eine reizvolle Aufgabe. Die Wirtschaft
achtet darauf, gute Leute zu fördern und Leistungsbereitschaft zu belohnen…

C & W: Die Theologieprofessorin Isolde Karle sieht die evangelische Kirche im
Reformstress. Sie hat ein Buch gegen den Erneuerungsprozess geschrieben…Barrenstein: Ich sehe keinen Reformstress…

C & W: Wie kann die Kirche Pfarrer unter Handlungsdruck setzen?

Barrenstein: Sie muss Pfarrer stärker nach Leistung bezahlen…Der typische Pfarrer bekommt ja gar nicht mit, wie gut oder schlecht seine Predigt ist…

C & W: Gehen Sie regelmäßig zum Gottesdienst?
Barrenstein: Ich gehe selten in Gottesdienste…

„Pfarrernachwuchs braucht Rückhalt von der Kirchenleitung“

Für das Arbeiten in Kirchengemeinden auf dem Land wünschen sich Nachwuchstheologen mehr Unterstützung der Kirchenleitungen. Was erwartet die Nachwuchstheologen in der Evangelischen Kirche nach ihrem Studium? Wer nicht in einer Stadtgemeinde landet, muss mit langen Wegen, großem Verwaltungsaufwand, vielen Kirchen und wenig Mitgliedern zurechtkommen. Max Melzer, Leiter des Internetportals theologiestudierende.de, wünscht sich deshalb im Interview die Unterstützung der Kirchenleitungen und mehr Transparenz beim Zukunftsdenken…

Ich habe ein interessantes Referat gelesen von Werner Krusche, von 1975 mit dem Titel „Die große Aufgabe der kleiner werdenden Gemeinde: Konsequenzen für die Ausbildung kirchlicher Mitarbeiter“. Er hat vor fast 40 Jahren geschrieben: …“ Zum Interview.