06/2015
Aus dem Bericht von Corinna Hektor, Pfarrvereinsvorsitzende in der ELKBayern
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Es stimmt traurig, was zu diesem Thema und der immer noch laufenden Umstellung auf der Synode von Karl Mehltretter für die Synodale Begleitgruppe vorgetragen wurde. Er konstatiert, dass wesentliche Punkte seit langem angemahnt, aber immer noch nicht angegangen wurden. Fast noch schlimmer ist, dass sein Fazit sehr resignativ ausfällt. Kurz gefasst: Nachdem man nicht auf uns hört, können wir genauso gut aufhören. Dabei bräuchten wir hier, wo es um IT geht, tatsächlich die Kompetenz der Ehrenamtlichen, die in diesem Bereich Profis sind bzw. wichtige Vorerfahrung mit solchen Umstellungen haben. Stattdessen haben wir ein langwieriges Projekt ohne klares Lastenheft, mit noch offenen Problemen und wachsenden Kosten (allein 9 Mio für die erste Phase). Das Ergebnis bekam ich im Landeskirchenamt mit „search and pray“ übersetzt. Schade eigentlich – auch wenn es manches erklärt…“
(vgl. S. 6 bzw. print S. 90)
Anm. F.S.: Kirche und IT sowie Kirche und Doppik. Jedes ist ein Kapitel für sich. Ein Drittes ist die Qualität, die Professionalität der Arbeit der Verwaltungen. Sie zeigt sich sowohl in der IT-, als auch in der Doppikfrage. Als Gradmessser kann man z.B die Implementierung von IT-Maßnahmen betrachten. An dieser vergleichsweise einfachen Aufgabenstellung zeigt sich, ob wenigstens die „handwerkliche“ Seite funktioniert. Und gerade hier waren die Probleme an verschiedenen Stellen, in unterschiedlichen Landeskirchen, nicht zu verheimlichen. Jüngst kam es wieder zu Problemen in der EKHN. In der ELK Bayern erhält man noch tiefere Einblicke in die Arbeitsweise der Administration: sie treibt große Projekte voran, hat aber kein klares Lastenheft! In der EKiR gab der neue Finanzdezernent Bernd Bauks gar zu – dass man ein IT-Produkt bestellt habe, das die erwarteten features gar nicht enthält. Am Ende explodieren die Kosten – für ein Produkt, das man in der bestellten Version gar nicht gebrauchen kann. Und was passiert? Nichts. Die Synoden? Lassen sich vielfach treiben. Die Rechnungsprüfungsämter? Sind an die Leine gelegt. Die Pfarrvereine? Können sich, dort wo sie die Interessen der Pfarrer vertreten, nicht durchsetzen. Nichts in dieser für die Kirche eigentlich wichtigen Frage einer zuverlässigen, schlanken, dienstleistungsorientierten Frage passiert übrigens nicht erst seit jüngster Zeit. Das Problem ist lange bekannt. So redete etwa Konsistorialpräsident Harder 1996 vom „schwerfälligen Apparat einer herkömmlichen kirchlichen Verwaltung“, die wenig den Eindruck einer „wendigen und schalgkräftigen“ Leistungserstellung mache. Wieder wörtlich: „Hier sind Veränderungen hin zu einer professionellen… Verwaltung erforderlich.“ (Nachzulesen in: „Denkmal Kirche?“, Hrsg. Rainer Volp, S.49). Ganz offensichtlich hat sich – betrachtet man die bei den Implementierungsprozessen sichtbaren Professionalisierungsgrad – hier in den letzten 20 Jahren nichts geändert. Reformen, hier hätten sie ansetzen müssen! Reformen – hier erfolgreich umgesetzt – hätten die Schlüsselprofesssion deutlich unterstützen und entlasten können. Die Reformverweigerung fand um die Jahrtausendwende in erster Linie hier – in der Administration – statt. Schließlich konnten sich auch die Verwaltungen gegen einzelne Maßnahmen des dann neoliberal gebürsteten Umbaukonzepts, wie etwa die Einführung der Doppik, nicht mehr wehren. In der Praxis von „Search and Pray“ zeigt sich: das eigentliche Grundproblem ist nicht behoben. Es gibt nur ein neues tool. Und das wird das Problem nicht entschärfen, sondern steigern. Denn seit der Diskussion um die Doppik, spätestens seit empirische Studien vorliegen, steht die Frage nach deren Sinnhaftigkeit im Raum.
Nun – solche mangelbehaftete Praxis mag in der Kirche weit verbreitet sein. Aber es gibt Ausnahmen. Es gibt das Kirchenamt der EKD!!! Dort, im Olymp intrinsisch gespeister Administrationsprofessionalität strotzen die Mitarbeiter vor Tatendrang und „vor Freude an ganz großen Herausforderungen“. Das wissen wir von OKR Dr. Brinkmann. Wir wissen aber noch mehr: Solcher Tatendrang kann „in der kirchlichen Dienstgemeinschaft auf rein menschliches Maß“ treffen… Richtig, Herr Dr. Brinkmann. Und zwar an ganz vielen Orten! Begeben Sie sich doch einfach aus der Kirchenburg an der Herrenhäuser Straße in Hannover heraus in die Niederungen der Landeskirchenämter (es muss nicht nur Düsseldorf sein), der landeskirchlichen Kirchenverwaltungen und Konsistorien.