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Atheismus im Mittleren Osten. Eine postislamistische Generation?

17.12.2014,, Mona Sarkis, NZZ 

Die arabischen Aufstände scheinen gescheitert – und die radikalen Islamisten die Gewinner. Tatsächlich aber haben die Revolten von 2011 eine Bewegung freigesetzt, die vielfach unbemerkt blieb: die Hinwendung zum Atheismus. Dessen Anhänger sind dem «Islamischen Staat» zahlenmässig sogar weit überlegen.
2014 befragte die Al-Azhar-Universität, Ägyptens wichtigste religiöse Institution, 6000 Bürger und kam zum Ergebnis: 12,3 Prozent von ihnen sind Atheisten. 2012 befragte das renommierte Marktforschungsinstitut Win/Gallup International 502 Saudiaraber und kam zum Ergebnis: 19 Prozent von ihnen sind «nicht religiös», weitere fünf Prozent gar überzeugte Atheisten. Vorausgesetzt, dass diese Zahlen repräsentativ sind, hiesse das: Fast ein Viertel der rund 29 Millionen Saudis ist latent oder akut religionsmüde. Und das ausgerechnet in dem Land, das die heiligsten Stätten des Islam hütet und dessen Herrscherhaus seit 1744 seine gesamte Raison d’être auf einem fundamentalistischen Religionsverständnis aufbaut…

Artikuliert werden solche Fragen und Ideen vor allem in den sozialen Netzwerken. Über 70 arabisch- und englischsprachige Facebook-Seiten mit atheistischen Inhalten verzeichnet der Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker von der Universität Wien 2013 in einem Überblick…

Dazu sehr klug in den Nachdenkseiten:

Anmerkung Orlando Pascheit: Wenn die junge Ägypterin fragt: “Es ist also aus religiöser Sicht gut, eine Frau wegen Ehebruchs zu steinigen – aber einen 70-Jährigen, der eine 10-Jährige heiratet, soll man beglückwünschen?!”, da fühlt sich der liberale wie auch der konservative Westler bestätigt und möchte am liebsten wie weiland Professor Higgins mehr sich selbst bejubelnd singen: I think she’s got it/ Ich glaub jetzt hat sie’s. Schwieriger wird es dann für unsere Fundis inklusive kirchlichen Spitzenpersonals, wenn Aynur fragt: “Gott gab den Homosexuellen Instinkte – verbietet ihnen aber, diese auszuleben. Wozu gab er sie ihnen dann? Um sie zu quälen?” Und schwierig wird es nicht nur für der politischen Islam, sondern auch geistliche Vertreter des ganz normalen Islam um die Ecke, wenn die junge Frau fragt: “Wenn Gott und Mensch zwei voneinander getrennte Entitäten sind, muss Gott doch räumlich begrenzt sein? Sonst könnte er ja in den Menschen einfliessen – womit Gott und Mensch eins wären” Da tut sich natürlich auch unser Geistlicher vor Ort schwer.
Es tut sich mehr im Nahen Osten als der so intensiv wahrgenommene Feldzug des IS. Mona Sarkis stellt in ihrem lesenswerten Artikel das Versagen des politischen Islam als Auslöser einer Bewegung in das Zentrum, von der der Soziologe Asef Bayat einen “Postislamismus” erhofft, als einem System, in dem radikale religiöse Lesarten schrittweise zugunsten einer Fusion mit zivilen Freiheiten aufgegeben werden. – Natürlich ist es interessant und erfreulich, wenn der saudische Scharia-Gelehrte und ehemalige Salafist Abdullah al-Maliki 2011 den Schlachtruf ‘Der Islam ist die Lösung’ in ‘Die Souveränität der Umma ist die Lösung’ abwandelte und damit laut Sarkis die Herrschaft der Individuen, Sippen oder Einzelparteien ablehnt und das Volk Referenzpunkt der Legislative ansieht. Sein Buch sei damit ein Plädoyer für ein demokratisches Modell. – Bemerkenswerter fand ich persönlich die Aussage des bekennenden Atheisten Syrers Fadi, es sei fatal, die Religion aus lauter Frustration über ihren Missbrauch durch Machtmenschen über Bord zu werfen. Ihn jetzt unreflektiert abschütteln zu wollen, hieße, ein Vakuum zu schaffen, das nicht die Souveränität der Völker, sondern den nächsten Absturz bringe. Das ist kritische Klugheit, die sich nicht mehr in einem einfachen “Dagegen” erschöpft.

vgl. Pos. 10, Anm. Orlando Paschelt

Der Toleranzgedanke im Islam. Von Pfr. Dr. Rainer Oechslen, Islambeauftragter der Bayerischen Landeskirche

1. Der Islam versteht sich als die Vollendung der Offenbarungsgeschichte Gottes, die von Abraham über Mose und Jesus zu Muhammad hinführt. Ohne Zweifel hat Gott nicht nur zu Muhammad, sondern auch zu Mose und Jesus gesprochen – und überhaupt zu allen Propheten. Durch die „Herabsendung“ des Korans sind die früheren Worte Gottes aber überholt; zumindest müssen sie nun im Licht der endgültigen Offenbarung Gottes gelesen und verstanden werden.

2. Daraus ergibt sich, dass das Judentum und das Christentum im Herrschaftsbereich des Islams eine Sonderstellung einnehmen: Juden und Christen sind „Leute der Schrift“, die nicht verfolgt werden und deren Religionsausübung von den Regierungen garantiert werden muss, die aber – zumindest in der klassischen Zeit – nicht über Muslime herrschen dürfen. Wenn man Juden und Christen „kuffār“ (Plur. von kāfir) – „Ungläubige“ nennt, dann meint diese Bezeichnung einfach Nichtmuslime, ähnlich wie das Jüdische „Goi“ oder „Goim“.

3. Völlig anders steht es mit Polytheisten im Herrschaftsbereich des Islams. Der Islam in seinem radikalen Monotheismus kann die Existenz von „Götzenanbetern“ in seinem Herrschaftsbereich nicht hinnehmen. Diese müssen entweder den „Islam annehmen“ oder auswandern, wenn sie der Todesstrafe entgehen wollen. Ähnlich steht es mit dem modernen Atheismus. In einem konsequent islamischen Denken ist für explizite Gottlosigkeit kein Platz – wobei häufig ein Mensch, der sich um Gerechtigkeit bemüht, als „anonymer Muslim“ interpretiert wird. Zitat: „Weil Gerechtigkeit eine Eigenschaft Gottes ist, kann ein Mensch, der sich um Gerechtigkeit bemüht, nicht fern von Gott sein.“

4. Faktisch hat sich der Islam in der Begegnung mit anderen Religionen als erstaunlich flexibel erwiesen. Bei der Eroberung (Nord-) Indiens war der Islam mit Religionen (der Ausdruck „Hinduismus“ ist ein Sammelbegriff für sehr verschiedene Religionen) konfrontiert, die teilweise zumindest äußerlich einem krassen Polytheismus huldigten. Dennoch hat sich unter den muslimischen Gelehrten die Meinung durchgesetzt, die Inder hätten auch heilige Schriften und seien also Anhänger einer Buchreligion und als solche zu respektieren.
Bei der Staatsgründung Indonesiens im Jahr 1945 entschied man sich dafür, keinen islamischen Staat zu gründen (obwohl 90 % der Bürger Muslime waren und sind). Man einigte sich auf die so genannte „Pancasila“, also auf fünf grundlegende Prinzipien. Eines davon ist die Anerkennung eines einzigen göttlichen Wesens. (Eine atheistische Weltanschauung ist also auch in Indonesien „verfassungswidrig“.) Dieser Regel entsprachen zunächst nur Islam und Christentum. Seither haben aber auch der Buddhismus, der Hinduismus (vor allem auf Bali) und sogar der Konfuzianismus nachweisen können, dass sie ein einziges göttliches Wesen anerkennen und deshalb zu den staatlich anerkannten Religionen gehören. Die indigenen Religionen hat man zum Teil als Sekten des Christentums und des Hinduismus interpretiert und damit ihren Anhängern auf einem Umweg Religionsfreiheit verschafft.

5. Nochmals zum Thema Umgang des Islams mit Juden und Christen: Als die Muslime im Jahr 636 Syrien eroberten, wurden sie von den meisten Christen begeistert begrüßt, denn die vorherrschende (ost-)syrische Kirche war wegen ihres nestorianischen Bekenntnisses unter erheblichem Druck der chalcedonensischen Reichskirche und damit des Staates gestanden. Ebenso begrüßten die Juden die Eroberung Jerusalems, denn sie waren einige Jahre zuvor von den Byzantinern aus der Stadt verwiesen worden. Der Status von Juden und Christen unter muslimischer Herrschaft war der von Bürgern zweiter Klasse (Dhimmis = Schutzbürger). Sie bezahlten eine Kopfsteuer und mussten dafür keinen Militärdienst leisten, eine Regelung, die man zeitweise sehr angenehm fand. Der Staat war an den – prinzipiell erwünschten – Übertritten zum Islam lange Zeit wenig interessiert, weil ihm an den Steuereinnahmen gelegen war. So blieb z.B. bis ins 13. Jahrhundert hinein die Mehrheit der Ägypter christlich. Lange Zeit waren die Leibärzte der Kalifen Christen und die Finanzverwaltung lag in der Regel in christlicher Hand – in Ägypten bis ins 18. Jahrhundert.
Mag der Status der Dhimmis häufig schwierig gewesen sein – etwa wegen der Rechtsunsicherheit, die es z.B. schwierig oder unmöglich machte, Übergriffe von Muslimen gegen Christen strafrechtlich zu verfolgen – es ging nach Überzeugung der allermeisten Historiker den christlichen Dhimmis unter der Herrschaft von Muslimen deutlich besser als es den Juden in Europa unter der Herrschaft von Christen ging.

6. Eine äußerst folgenreiche Veränderung ergab sich im 18. Jahrhundert abseits der Weltpolitik im Inneren Arabiens. Der Prediger Abd al-Wahhāb verband sich mit dem Fürstenhaus Ibn Saūd und konnte so seine Ideen durchsetzen. Die Grundidee war, die eigene Auffassung des Islams zur allein gültigen zu erklären.
Vorher galt die Regel, dass einem Muslim, der das Bekenntnis, die Shahāda, gesprochen hat, der Glaube von niemandem abgesprochen werden darf. Weil der Islam zwar Gelehrte kennt, aber keinen Klerus im christlichen Sinn und vor allem keine Hierarchie, musste die Meinung jedes Gelehrten als seine Auffassung des Islams akzeptiert werden. Nun „erfand“ Abd al-Wahhāb den „takfīr“, also die Möglichkeit, einen Muslim zum „kāfir“, zum Ungläubigen, zu erklären. Dies hatte dann, wenn der „neugebackene“ kāfir auch noch zum Feind des Islams erklärt wurde, unter Umständen tödliche Folgen. Verboten waren und sind im Wahhabismus alle Bräuche islamischer Volksfrömmigkeit, wie z.B. die Verehrung von Heiligengräbern.
Wenn auch noch erklärt wurde, dass allein der Islam der ersten Generationen der „reine Islam“ sei, alles was danach kam als „Neuerungen“ abzulehnen, dann wird aus dem Wahhabismus der Salafismus (as-salaf = die „Altvorderen“ = die ersten Generationen der Muslime).

7. Wahhabismus und Salafismus sind zunächst einmal intolerant gegen andere Auffassungen innerhalb des Islams. Neben die Möglichkeit, die reine Lehre mit Gewalt durchzusetzen, tritt im 20. Jahrhundert immer mehr die Förderung des „richtigen“ Islams durch finanzielle Zuwendungen. So waren die Wahhabiten die ersten, die nach dem Bürgerkrieg in Bosnien neue Moscheen bauten. Einen in Südosteuropa inkulturierten bzw. kontextuellen Islam durfte es nicht geben. Rechtgläubigkeit kam vor humanitärer Hilfe.
Aber auch die Korane, die im vergangenen Jahr in Deutschland von Salafisten verteilt wurden, waren in Saudi-Arabien gedruckt. Zurzeit ist Saudi-Arabien das einzige Land der Erde, in dem kein christlicher Gottesdienst stattfinden darf. Dass wir genau diesem Land Panzer verkaufen ist unverständlich, vor allem wenn man bedenkt, dass der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU im Bundestag erst jüngst ein Buch veröffentlicht hat, das die „Christenverfolgung“ in aller Welt anprangert.

8. Was man feststellen muss, ist dies: Zurzeit ringen im Islam – wie in den anderen Religionen – tolerante und intolerante Kräfte miteinander. Und es ist noch nicht entschieden, wie dieser Kampf ausgehen wird.

Rainer Oechslen

Sami Yusuf – der größte muslimische Popsänger unserer Zeit

Veröffentlicht am 13. Oktober 2014, von Jonathan Fischer

Der Brite Sami Yusuf ist der größte muslimische Popsänger unserer Zeit. Auch in Deutschland verkauft sich seine Musik millionenfach – doch westliche Medien interessieren sich nicht für ihn. Begegnung mit einem unbekannten Star.

Der traditionelle Islam teile den Kern der Schönheit und Wahrheit mit allen Religionen: “Ich möchte diesen Teil des islamischen Erbes predigen”, verkündet er, “statt mich auf den Müll zu konzentrieren, den die Medien über uns verbreiten”. Es folgt sein Song “Corazon Send Me Home”: Wer die Schätze draußen in der Welt suche, müsse scheitern, denn sie seien nur inwendig zu finden. Spontaner Applaus. Das Publikum versteht Yusufs Spitze gegen islamische Kalifatsphantasien…

Ob der Musiker etwas dagegen habe, etwa mit Robbie Williams – Yusuf hat längst viel mehr Facebook-Likes als Williams – die Bühne zu teilen? Mmmh. Irritiertes Lächeln. Es sind Fragen, die den belesenen, Nietzsche bis Rumi zitierenden Star ein wenig aus der Fassung bringen. Nun gut, eine MTV-Einladung würde er nicht ausschlagen. Schon weil es ihm eine Plattform böte, noch mehr Spenden als bisher für die Welthungerhilfe der UNO zu sammeln. Andererseits: laute Partys, Ausschweifungen, das öffentliche Zelebrieren von Sex? Nein, das sei, inschallah, noch nie seine Welt gewesen. “Mich interessiert die Zuneigung von Groupies nicht. Ihr Gekreische ist mir peinlich. Für mich ist jedes Liebeslied eine Reflexion der göttlichen Liebe.”…

BBC-Interview am Tag vor seinem Konzert, in dem es weniger um Musik ging als um die Enthauptung eines Briten durch britische IS-Kämpfer in Syrien: “Natürlich ist es dämonisch, was die IS-Jünger anrichten. Aber was haben diese sexuell frustrierten, politisch verwirrten Menschen mit dem traditionellen Islam gemein? Warum wird von uns Muslimen erwartet, dass wir uns für sie entschuldigen? Genauso gut könnte ich von Ihnen eine Entschuldigung für die Verbrechen fundamentalistischer Christen in Amerika erwarten!”

Zum Artikel. Hinweis: Scrollen Sie die anderen Beiträge durch bis zum Artikel vom 13.10.2014 (auch über das Archiv, rechte Spalte, im Monat Oktober erreichbar)

 

 

 

Neuer König, neue Gesetze. Gehört der Islam zu katholischen Schützenvereinen?

Kommentar von Brigitte Vordermayer, Bayerisches Sonntagsblatt

…Doch der Reihe nach. Der türkischstämmige Muslim wirkt wie das Vorzeigebeispiel von Integration: In Deutschland geboren, ist er im örtlichen Schützenverein und bei der Feuerwehr und hat mit seiner katholischen Frau vier katholische Kinder. Der 33-Jährige wählte sogar katholische Religion als Abiturfach und weiß damit mehr über das Christentum als mancher seiner Kollegen im katholischen Schützenverein.

Beim diesjährigen Sommerfest zielt Gedik dann besser als seine Mitstreiter und schießt sich zum Schützenkönig. Die Vereinsfreunde jubeln, beim Festgottesdienst spricht der Pfarrer von »gelebter Integration und christlichen Werten«.

Doch dann wird der katholische Dachverband, der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), auf den muslimischen König aufmerksam.

Ein islamischer Doppelgänger des Opus Dei. Von Martin Schuck.

Im Katholizismus formte sich Ende des 19. Jahrhunderts ein modernitätskritisches Programm, das als Integralismus bekannt geworden ist. Dieser Integralismus teilt mit dem wenig später entstandenen Fundamentalismus die Gemeinsamkeit, dass er sich selbst als auf dem Boden der Moderne stehend begreift, diese Moderne mit ihren wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften grundsätzlich akzeptiert, aber ihre weltanschaulichen Implikationen ablehnt. Klassische Beispiele einer fundamentalistischen Haltung sind US-amerikanische Kreationisten, die sämtliche Ergebnisse moderner Evolutionstheorien kategorisch ablehnen, aber zur Verbreitung ihrer Botschaften selbstverständlich neueste Kommunikationstechniken benutzen; ebenso lehnen islamistische Dschihadisten die moderne Vorstellung einer Trennung von Religion und Politik ab, benutzen aber in ihrem Kampf für den islamischen Gottesstaat die neuesten Errungenschaften waffentechnischer Art. Zum Artikel.

BMBF: Islamische Theologie wird mittlerweile an vier Universitäten gelehrt

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung schreibt auf seiner Internetseite:

In Deutschland leben etwa vier Millionen Muslime. Sie bilden die nach evangelischen und katholischen Christen drittgrößte religiöse Gruppe in Deutschland. Die Einrichtung von Studiengängen für Islamische Theologie an deutschen Hochschulen ist Teil einer zeitgemäßen Integrationspolitik. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert deshalb über fünf Jahre mit rund 20 Millionen Zentren für Islamische Theologie an den vier Standorten Münster/Osnabrück, Tübingen, Frankfurt/Gießen und Nürnberg-Erlangen…

Im Herbst 2010 hat die vom BMBF einberufene Gutachterrunde Tübingen und Münster/Osnabrück als Zentren für Islamische Theologie zur Förderung empfohlen, im Frühjahr 2011 folgten Frankfurt/Gießen und Erlangen-Nürnberg. Nachdem die Universität Tübingen im Oktober 2011 den Lehrbetrieb aufnahm, wurde am 16. Januar 2012  das Zentrum offiziell eröffnet. In Münster/Osnabrück und Frankfurt/Gießen hat die vom BMBF geförderte Arbeit der Zentren ebenfalls im Wintersemester 2011/12 begonnen, die Universität Erlangen-Nürnberg folgte zum Oktober 2012. An allen vier Zentren werden islamisch-theologische Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, in der Sozialarbeit tätige Personen, Religionslehrerinnen und Religionslehrer sowie Religionsgelehrte unter anderem für Moscheen ausgebildet.

Die Sancaklar-Moschee: So viel Understatement wie Emre Arolat hat noch kein Architekt eines modernen Sakralbaus in Istanbul gewagt.

6. Mai 2014, von Christiane Schlötzer, SZ

Keine bunten Kacheln, kein bunter Teppichboden – so viel Understatement traut sich in Istanbul keiner: Jetzt hat der Architekt Emre Arolat eine Moschee gebaut, die fast komplett unter der Erde liegt. Der Bau ist nicht nur ein Gegenbeispiel zur üblichen Prunkarchitektur. Er ist auch ein Wagnis. Zum Artikel.

Islamische Phobien

Martin Schuck

Der islamische Theologe Mouhanad Khorchide hat ein ernstes Problem. Wie die Rheinpfalz am 19. November berichtete, werfen ihm muslimische Verbände vor, Irrlehren zu verbreiten. Normalerweise kann man über einen solchen Vorwurf lachen oder sich gemäß dem Motto „Viel Feind, viel Ehr“ geehrt fühlen; das Problem des Mouhanad Khorchide besteht aber darin, dass er an der Universität Münster am Zentrum für Islamische Theologie angehende Lehrer für das Schulfach Islamische Religionslehre ausbilden soll. Damit gerät er direkt in die Schlingen des deutschen Staatskirchenrechts, und an seinem Fall wird exemplarisch klar, dass es sich eben um ein Staatskirchenrecht handelt und nicht, wie sich manche wünschen, um ein Religionsverfassungsrecht, das gleiche gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten für alle Religionen anstrebt.

Betrachtet man die Debatte um die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts, wie sie seit fast zwei Jahrzehnten geführt wird, fallen drei unterschiedliche Interessenlagen auf. Zum ersten, aus der Sicht der muslimischen Verbände, geht es um die Teilhabe an einem Privileg, das direkt aus dem Körperschaftsstatus der christlichen Kirchen folgt und durch diesen begründet wird. Zum zweiten, aus der Sicht der Kirchen, geht es um die Hoffnung, dass die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts wie eine Lebensversicherung für den eigenen konfessionellen Religionsunterricht wirkt. Zum dritten, aus der Sicht des politischen Systems, geht es um die befriedende Wirkung für das Gemeinwesen, die einem islamischen Religionsunterricht zugeschrieben wird; in einem Unterricht, gehalten in deutscher Sprache von einer an einer deutschen Universität ausgebildeten Lehrkraft, wird ein anderer Islam gelehrt als in einer fundamentalismusanfälligen Moschee, so das Hauptargument. Zum Artikel.

Die Kinder Abrahams und der neue Kampf um alte Tabus – Religion und Sexualität

Judentum, Christentum und Islam haben in ihrer Geschichte ein Verhältnis zu Körperlichkeit und Sexualität gezeigt, das oft von Schweigen und Strafen geprägt war. In allen drei Religionen wurde die Sexualität der Frauen problematisiert und Homosexualität verfolgt und unterdrückt. Die Regulierung des Begehrens ist noch immer eine große Quelle der Macht über die Gläubigen. Eine Diskussion mit Michael Goldberger (Rabbiner und Rektor), Thomas Römer (Professor für das Alte Testament), Hilal Sezgin (Schriftstellerin, Publizistin und Journalistin), moderiert von Carolin Emcke.

Zum Video der Diskussion.

Islamische Ahmadiyya-Vereinigung erstmals Körperschaft öffentlichen Rechts

Der Islam gehört zu Hessen: Als erstes Bundesland hat die Landesregierung in Wiesbaden eine muslimische Gemeinschaft rechtlich auf eine Stufe mit den Kirchen gestellt. Damit könnte die Ahmadiyya-Gemeinde künftig eigene Steuern erheben. zum Artikel im Spiegel.

 

Schon im Jahr 2012 hatten den Körperschaftsstatus erhalten:

Bahaí erstreiten in Hessen Körperschaftsstatus

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass das hessische Kultusministerium der Bahá‘í-Gemeinde in Hessen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewähren muss (BVerwG 6 C 8.12, Urteil vom 28. November 2012). Das Urteil ist insofern beachtenswert, weil es mit der bisherigen Auslegungstradition der Weimarer Reichsverfassung bricht, der zufolge ein Promille der Bevölkerung des jeweiligen Bundeslandes zu der betreffenden Religionsgemeinschaft gehören müssen. Unter Verweis auf die Zahlenverhältnisse (ca. 950 Mitglieder in Hessen statt der benötigten 6089) hatte das Kultusministerium den Antrag zunächst abgelehnt.

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Verwaltungsgericht Mainz: Körperschaftsstatus für Zeugen Jehovas in Rheinland-Pfalz

Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz (RP) hatte versucht, unter Verweis auf das Schicksal ehemaliger Mitglieder und das mangelnde Engagement der Zeugen Jehovas für das Gemeinwohl die Verleihung des Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verhindern. Doch diese Argumente ließ das Verwaltungsgericht (VG) in Mainz nicht gelten und verurteilte am 26. 1. 2012 die Landesregierung dazu, den Zeugen Jehovas in Rheinland Pfalz den Körperschaftsstatus zu gewähren (AZ: 1 K 144/11.MZ). Die Landesregierung wollte erreichen, dass das Gericht sich mit den Aussagen ehemaliger Mitglieder befasst. Das war während des gesamten über zehnjährigen Prozesses nicht geschehen. Das Gericht hielt aber eine weitere Beweiserhebung nicht für erforderlich. Es argumentierte, dass die vorliegenden Unterlagen belegen würden, dass die Zeugen Jehovas fundamentale Verfassungsprinzipien beachten und einhalten.

Das für Religionsangelegenheiten zuständige Bildungs- und Kulturministerium prüft noch, ob es einen Antrag auf Zulassung der Berufung einlegen wird. Mehr.