Schlagwort-Archive: Naher Osten

Seltsame apokalyptische Vorstellungen bei einem beträchtlichen Segments des amerikanischen Protestantismus. Norman Birnbaum.

13. August 2015


Das ist nicht zuletzt den apokalyptischen Vorstellungen jenes beträchtlichen Segments des amerikanischen Protestantismus (vielleicht 20% der Gesamtbevölkerung) geschuldet, das glaubt, dass die Errichtung des Jüdischen Staates der Beweis für die unmittelbar bevorstehende Rückkehr von Jesus sei. Viele glauben, dass zwar Millionen von Juden in Israel in den letzten Tagen zugrunde gehen, eine bestimmte Zahl aber konvertieren und in ein glückliches zukünftiges Leben herübergerettet werden. Die amerikanischen jüdischen Organisationen, die Israel unterstützen, ziehen es vor, sich nicht in diesen ziemlich zweischneidigen Vorstellungen zu ergehen. Sie sind dankbar für die Stimmen der gewählten Vertreter in Kongress und Senat, die wie sie davon überzeugt sind, dass Obama ein Agent einer fremden Macht ist und der Klimawandel eine Phantasiegeschichte, die sich Wissenschaftler ausgedacht haben. Deren Unterstützung wird von den pro-israelischen jüdischen Organisationen umso mehr begrüßt, denn große und einflussreiche Gruppen des amerikanischen Christentums (inklusive der Katholiken) kritisieren immer offener und zunehmend strenger die Besetzung Palästinas.


Eine wahrscheinliche Langzeitfolge der Attacke der israelischen Regierung und ihrer amerikanischen Unterstützer auf den Präsidenten ist wohl unbeabsichtigt: Die Debatte innerhalb der amerikanischen Juden über Art und Ausmaß ihrer Verpflichtungen gegenüber Israel gewinnt an Intensität. Angesichts wachsender Zweifel in der amerikanischen Elite und den reflektierteren Segmenten der Öffentlichkeit an der militärischen und politischen Allianz mit Israel muss Netanjahu vielleicht erkennen, dass er seinen Einfluss massiv überschätzt hat. Sicher, die Voraussetzung für eine neue amerikanische Politik im Nahen Osten ist deutlich mehr Unparteilichkeit Israel und den Palästinensern gegenüber….

aus: Das Iran-Abkommen in der amerikanischen Politik
von Norman Birnbaum, Washington, 13. August 2015

Erklärung zum Nahen Osten. Vom Exekutivausschuss der Weltgemeinschaft reformierter Kirchen (WGRK).

am 15. Mai 2015 beschlossen

Wir, der Exekutivausschuss der Weltgemeinschaft reformierter Kirchen (WGRK), die wir uns im Libanon im Dhour Choueir Evangelical Conference Center zum Thema „Gott des Lebens, führe uns auf Deinem Weg der Gerechtigkeit, des Friedens und der Versöhnung“ versammelt haben, streben danach, mit den Worten des Propheten Jesaja als solche bezeichnet zu werden, „die Lücken zumauern und Straßen ausbessern, dass man da wohnen könne“ (Jesaja 58,12) und können uns daher keinen geeigneteren Ort für unsere Tagung vor stellen, als diesen, hier im Nahen Osten.

In der Vergangenheit haben Christen und Muslime häufig ganz friedlich als Nachbarn zusammengelebt, einen Dialog des Lebens genossen und gemeinsame Werte zum Wohl der Gesellschaft miteinander geteilt. Wir beklagen die Verschlechterung der Beziehungen, die durch radikale religiöse Bewegungen verursacht wurde und wir bedauern die Art und Weise, wie Religion für politische Zwecke missbraucht wird… Zum vollständigen Text der Erklärung.

Der Vatikan erkennt Palästina als Staat an. Papst empfing Abbas: „Seien Sie ein Engel des Friedens“.

16. Mai 2015, VATIKANSTADT. Der Papst hat am Samstag im Vatikan den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas getroffen.

Das 20 Minuten lange Treffen erfolgte vor dem Hintergrund der Anerkennung Palästinas als Staat durch den Vatikan in einem neuen bilateralen Abkommen in dieser Woche. Abbas zeigte dem Papst gegenüber seine „große Zufriedenheit“ mit der Anerkennung Palästinas durch den Vatikan, wie der Vatikan mitteilte…  Zum Artikel.

Die Vorgänge in Israel-Palästina in der deutschsprachigen Presse.

bearbeitet von Heinz Sigmund.

Religionskrieg in und um Jerusalem?

Der brutale Anschlag auf Beter in einer West-Jerusalemer Synagoge, die gewalttätigen Auseinandersetzungen auf und um den Tempelberg haben eine neue Diskussion über die religiöse Dimension des Nahost-Konflikts ausgelöst.
Der Schriftsteller Yali Sobol schildert in der NZZ eindrücklich wie sich die neue Gewaltwelle auf das Lebensgefühl auch regierungskritischer Israelis auswirkt.

Der bekannte Historiker Tom Segev („Es war einmal ein Palästina“, „Elvis in Jerusalem“ u. v.a.) kommentiert in einem Interview mit dem „Deutschlandfunk“ die Pläne der Noch-Regierung Netanjahus, den jüdischen Charakter Israels mit Beschränkung der Rechte der arabischen Minderheit fortzuschreiben.

In einem weiteren Interview mit Avi Primor, dem ehemaligen israelischen Botschafter in Deutschland, das auf DEUTSCHLANDRADIO zu lesen ist, äußert sich Primor ausführlich zur Frage nach der Bedeutung der Religion in den jüngsten Konflikten.

Die Meinungsbildung hierzulande über die Vorgänge in Israel, Westjordanland und Gaza sind häufig ideologiebelastet. Authentische Berichte gibt es freilich, sind aber in der Flut der Informationen nicht so leicht zu finden. Eine interessante ausführliche Reportage findet sich jetzt in „Cicero“ anlässlich einer Pressereise für eine international besetzte Journalistengruppe.

Ein kleines, aber wichtiges Hoffnungszeichen auch für die verfahrene Situation im Nahen Osten setzt die Aktion „Ferien vom Krieg“, die seit Jahren vom Komitee für Menschenrechte und Grundrechte organisiert wird. Micha Brumlik würdigt in der TAZ mit weihnachtlichen Gedanken diese beispielhafte Initiative.

 

Notschrei

von Gotthard Fuchs (Dr. phil., ist Priester und Publizist)

Was ist los Sonntag für Sonntag, Alltag für Alltag? Die täglichen Nachrichten strotzen vor erschreckendster Gewalt – doch alles läuft so weiter, als wäre nichts geschehen. Die wohl brutalste Christenverfolgung dieses Jahrhunderts ist im Gang, aber im kirchlichen Raum geht alles seinen gewohnten Gang „von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Es gibt sonntags Fürbitten, es gibt Spenden, es gibt Hilfsaktionen, sogar die Aufnahme von Flüchtlingen wie beispielhaft im bisherigen Kloster Weingarten. Aber kann man sagen, dass die fürchterliche Gewaltexplosion und das menschliche Elend im Vorderen Orient, zumal unserer Geschwister im Glauben, das Normalbewusstsein der Gemeinden und das eigene bewegten? Alles ist weit weg. Die Ferienstimmung tut das Übrige. Es ist gespenstisch: Ein Gefühl der Ohnmacht macht sich breit, und jede und jeder ist damit allein… Zum Beitrag in „Christ in der Gegenwart“.

Jerusalem mehr Frieden durch Rückkehr zu den Grenzen von 1967

Eine Bewohnerin bezeichnete ihre Heimatstadt Jerusalem mir gegenüber als eine „Stadt der Bekloppten“. Tatsächlich, da gerade Pessach und beide Ostern in dieser Stadt gefeiert wurden, konnte ich kaum zu einem anderem Schluss kommen. Auf der anderen Seite passte ich wahrscheinlich auch gut zu den ganzen Bekloppten. Aber es half mir zu verstehen, warum Kleinigkeiten in dieser Stadt große Auswirkungen haben können.

Daher kommt es in der heiligen Stadt immer wieder zu Zusammenstößen und erbitterten Kämpfen. Ein internationales Team aus Schweitzer und Israelischen WissenschaftlerInnen haben eine Karte mit den Gewaltakten erstellt. Ihr Ziel war es damit zu berechnen, welche Maßnahmen Konflikte in der Stadt reduzieren könnten.

Das Ergebnis: Fast jede Form des Eingriffs wäre besser als die Situation so zu belassen, wie sie ist. Am meisten erhoffen sich die ForscherInnen von einer Rückkehr zu den Grenzen von 1967.

Lesen Sie dazu den Artikel in der Aargauer Zeitung.