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Akteure, Führungskräfte, Berater

„Zu teuer, ineffizient und maßlos überschätzt“. Rezension des Fachbuchbestsellers (180.000 Ex.) „beraten & verkauft“ von Prof. Thomas Leif

12/2015, Das Buch erschien vor 10 Jahren, ist aber so lange aktuell, so lange McKinsey  noch in der Kirche mitmischt:

21. Mai 2010, Von Dorothea Heintze, Süddeutsche

… Allein der Branchenführer McKinsey erwirtschaftete in Deutschland 2004 mit einem Mitarbeiterstab von 1750 Leuten einen Jahresumsatz von 540 Millionen Euro.

Leif urteilt gnadenlos: Die Berater seien zu teuer, ineffizient und würden maßlos überschätzt. Keine andere Branche verstehe es derart perfekt, einen Nimbus um sich herum aufzubauen. Intransparenz sei das „Schmieröl der Wissens-Recycler“, die es dank eines aufgeblähten Vokabulars immer wieder verstünden, Eindruck zu schinden.

In einem Glossar listet Leif auf, wie dieser Sprach-Bluff funktioniert: „Information-Flow“ und „Benefits“ lauten die Begriffe; eine „komplexe Erklärungsvariable“ ist nichts anderes als eine „Ursache“,…   Mehr dazu.

„Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“. Gutachten der Staaatsanwaltschaft München in Sachen Wohnstift Augustinum und Pfr. Markus Rückert

Ein Gutachten der Staatsanwaltschaft sagt, dass der Chef des Sozialkonzerns, Markus Rückert, dubiosen Immobiliengeschäften blauäugig zustimmte und damit seine Einrichtung in die Krise stürzte.

Ihm wird darin „Blindes Vertrauen, grenzenlose Naivität, fehlende Kontrollen“ attestiert.

07.12.15 SZ, Von Klaus Ott

Die Ermittler glauben, dass der Kirchenmann und Konzernchef seine internen Aufsichtspflichten vernachlässigt habe und dass sich das Augustinum auch deshalb auf einen äußert nachteiligen Handel mit 14 der 23 Senioren-Stifte einließ. Einen Handel, der die gemeinnützige Unternehmensgruppe tief in die roten Zahlen führte. 32,8 Millionen Euro Verlust, so lautet die Bilanz für 2014. Das ist viel Geld für einen Sozialkonzern mit 338,5 Millionen Euro Gesamtumsatz….

Zum Artikel

Bevor der Karren noch tiefer in den Dreck fährt: Warum das Reformvorhaben »Kirche der Freiheit« zum Scheitern verurteilt ist. Von Anne Lungová .

11/2015, Deutsches Pfarrerblatt

Wer in den letzten Wochen die Zeitungen aufgeschlagen hat, traute seinen Augen nicht: ein Skandal jagte den anderen. Erst mussten die Vorstandsbosse der Deutschen Bank gehen, dann der Chef von VW und jetzt wackelt auch noch der Thron des deutschen Fußballkaisers. Doch für ein erleichterndes Aufatmen, dass zum Glück diesmal die Kirche von einem Skandal verschont blieb, ist es zu früh. Im Gegenteil: einige Verantwortliche in den Chefetagen der kirchlichen Verwaltung werden tief Luft geholt haben. Denn was sich auf den ersten Blick völlig unabhängig voneinander abspielt, hat einen gemeinsamen Nenner: McKinsey. Dass die amerikanische Beraterfirma McKinsey & Company maßgeblich am Reformprozess »Kirche der Freiheit« beteiligt ist, ist kein Geheimnis. Weitgehend unbeachtet hingegen verlief der Prozess der schrittweisen Anbindung an Machtzentren von Wirtschaft und Politik, die nun von Skandalen erschüttert werden.  Zum Artikel im Dt. Pfarrerblatt.

„Topmanager sitzen im Elfenbeinturm“. Ein Gespräch mit den Autoren des Buches „Mad Business“ über abgehobene Manager, erfolgreiche Führungsstile und den Reiz der Start-up-Szene

vom 12.04.2015, Manuel Schumann

Untersuchungen (http://www.hare.org/) zufolge sind Menschen mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeit etwa drei- bis viermal häufiger in Machtpositionen vertreten als im Bevölkerungsdurchschnitt – Ihre Meinung?

Oliver Weyergraf: Das ist ein schmaler Grat. Wo hört der Soziopath auf, wo fängt der Psychopath an? Klar ist: Diejenigen, die in Weltkonzernen Karriere machen, müssen mit harten Bandagen kämpfen, sie sind meist durchsetzungsstark, eitel und extrem fokussiert. Fehlende Empathie und wenig Selbstreflexion sind üblich….

…Der kurzfristigen Gewinnmaximierung wird nahezu alles untergeordnet. …Dieses Konzept hat einiges verändert.

Speziell die Unternehmenskultur?
Oliver Weyergraf: Klar. Den meisten Managern geht es in erster Linie um die Frage: Wie optimiere ich den Aktionskurs meines Unternehmens? Danach richten sich ja später die Boni. Der Blick auf die Mitarbeiter dagegen schwindet zunehmend. Ebenso der Teamgedanke. Da sind Zielkonflikte entstanden, die nicht mehr auf die Schnelle zu lösen sind…. Das vollständige Interview.

Was Peter Barrenstein/ McKinsey über die Kirche, die PfarrerInnen, die TheologieprofessorInnen und anderes weiß und zu sagen hat. Happen aus einem EPD-Gespräch.

22.09.2015

„…
Barrenstein: …In kirchlichen Einrichtungen agieren die Pfarrer zu häufig autark und allein ohne die tagtäglichen Beispiele guter Vorgesetzter….

Barrenstein: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind die einzige wesentliche weltliche Ressource, die wirklich relevant ist für unsere Kirche…
Barrenstein: Mein Gefühl ist, dass bei dem jetzigen Reformprozess viele theologische Professoren zu wenig eigene konstruktive Vorschläge oder konkrete Anregungen liefern….“

Das vollständige Gespräch.

Anm. F.S. Da gäbe es viel zu sagen…!

Von den Kirchenoberen fällt keiner tiefer als… ins dicht geknüpfte Netz der EKD.

06/2015 

Der Sturz des früheren Konsistorialpräsidenten der EKBO Ulrich Seelemann liegt noch nicht lange zurück: „Einen Paukenschlag bei der aktuellen Synode der EKBO konstatierten die Medien: die Verweigerung der Synode, die Amtszeit des Konsistorialpräsidenten um nur zwei Jahre und zwar bis zum Erreichen der Ruhestandsgrenze – zu verlängern. Was ist da passiert?…“  Mehr dazu,  auch hier.

Schon hat der nicht bestätigte eine neue Funktion – bei der EKD:

„Doppelspitze für die EKD-Geschäftsstelle in Wittenberg
epd-Logo Wittenberg (epd). Die Wittenberger Geschäftsstelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird ab dem 1. März von einer Doppelspitze geleitet. Juristischer Direktor wird Ulrich Seelemann, der bisherige Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz…

Seelemann und Campenhausen werden künftig auch als Geschäftsführer die Evangelische Wittenberg-Stiftung leiten. Diese Stiftung der EKD nimmt seit 2009 in der Lutherstadt „gesamtkirchliche Verantwortung“ wahr. Dazu gehört unter anderem Zentrum für evangelische Predigtkultur der EKD. Campenhausen sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), dass die EKD-Geschäftsstelle und die Stiftung auch über das Jubiläumsjahr 2017 hinaus in Wittenberg arbeiten werden. Vorgesehen ist unter anderem, dass 2016 die Verantwortung für die Wittenberger Schlosskirche auf die EKD übergeht…“ Zur EKD-Seite.

 

Change, Reform und Wandel: Was zurzeit in einigen der Evangelischen Landeskirchen geschieht, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Interview mit Dr. Matthias Burchardt, Akadem. Rat, Köln.

06/2015

Matthias Burchardt über das Alphabet der politischen Psychotechniken

Interviewer: Ich war vor einigen Jahren einmal auf einer wunderbaren Veranstaltung einer sehr fortschrittlichen Landeskirche. Da wurde seitens der Veranstalter beim Mittagessen sehr deutlich kommuniziert: „Unsere Kirche wird in den nächsten Jahren hunderttausende Mitglieder verlieren, wir müssen diesen Wandel begleiten und uns mit ‚Change Management‘ beschäftigen, sonst wird das für die Kirche übel ausgehen.“ …

Matthias Burchardt: Was zurzeit in einigen der Evangelischen Landeskirchen geschieht, ist an Zynismus kaum zu überbieten. Wenn es heute eine Rechtfertigung für die Existenz von Kirche geben kann, dann doch die, dass sie den Totalitarismen eine radikal andere Soziallogik und -praxis entgegensetzt.

Doch hinter der Feiertagsrhetorik ihrer Spitzenvertreter wird die Kirche im Moment durch Unternehmensberater und Stiftungen mit neoliberaler Agenda angespornt, sich intern in einen paratheologischen Dienstleistungskonzern umzubauen. Die Evangelische Kirche im Rheinland etwa wird von Steria Mummert Consultung beraten und lässt sich das Finanzsystem NKF aufschwatzen, das ein ideales System für jene Art von neoliberaler Steuerung ist, die in den Kommunen unter dem Begriff „Doppik“ firmiert. Und auch McKinsey ist ganz vorne mit dabei. Das ist schon wie in der Fabel von Hase und Igel, auch in dieser Ackerfurche sitzt ein Bertelsmann.

Das Muster, das auch Sie hier zu Recht identifizieren, wiederholt sich dabei in einem fort: Katastrophengerede als Motiv für einen Umbau ganz im Geiste des New Public Management, welches aktuell auch über unser Bildungssystem und andere Bereiche gegossen wird. Das Ergebnis hiervon ist übrigens vorhersehbar: Es wird viel Geld ausgegeben sowie dem engagierten Personal zusätzliche Arbeit aufgebürdet werden, der wesentliche Auftrag der Kirche wird bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und die versprochenen Ziele schließlich grandios verfehlt. Zurück bleibt verbrannte Erde.

Wer sich darüber wundert, dass die Kirchenoberen so etwas betreiben, der kann sich ja mal anschauen, wer sich so in den letzten Jahren im Präsidium des Evangelischen Kirchentags getummelt hat. Das erklärt einiges. Das vollständige Interview.

„Kirchenleitende Führungskräfte denken um“. Gedanken zum Artikel von Pfr. Dr. Kurt Paesler.

06/2015. Ein Kommentar zum Artikel „Kirchenleitende Führungskräfte denken um“ von Dr. Kurt Paesler, ehem. Pfarrer in Bad Harzburg, jetzt in Neuenkirchen in Oldenburg.

Im Prinzip ist es ja schön, dass ein Umdenken erfolgt – schade ist nur, dass es viel zu spät kommt… und schade ist, dass es überhaupt nötig wurde.

Eine ganze Generation von Pfarrerinnen und Pfarrern wurde einst der launischen Willkür der Kirchenleitenden ausgesetzt. Wozu denn Wertschätzung zeigen, wenn es doch sowieso “zu viele” Bewerber für viel “zu wenige” Pfarrstellen gab? Dann doch lieber die Gehälter kürzen, die Arbeitsbedingungen verschlechtern, Schönheitsreparaturen-Pauschalen erfinden… es gab ja genügend andere, die den Job bestimmt für noch weniger Geld machen würden. Was Jesus zu der großen Ernte und den demzufolge nötigen Arbeitern gesagt hatte, war offenbar vergessen worden, ebenso wie die Tatsache, dass das eigentliche Kapital der Kirche nicht ihr Geld ist, sondern die motivierten Menschen, die in ihr mitarbeiten. – Um die Jahrtausend-Wende ging jeder Leiter eines regionalen Call-Centers respektvoller mit seinen meist ungelernten Angestellten um als die Kirchenleitungen mit ihren Pfarrerinnen und Pfarrern: In der freien Wirtschaft war man sich der Tatsache bewusst, dass der Erfolg eines Unternehmens zu großen Teilen von der Motivation der Mitarbeiter auf den Schlüsselpositionen abhängig ist. Die Kirchen waren von dieser Einsicht damals offenbar noch weit entfernt, und dass uns die Kirchenleitenden auf den Konventen mit “Bruder” anredeten, war kein wirklicher Hinderungsgrund, mit uns stiefbrüderlich umzugehen.

Inzwischen hat sich das Blatt gewendet: Kaum ein junger Mensch will unter diesen Bedingungen noch Pfarrer werden, die Predigerseminare sind verwaist und zum großen Teil geschlossen, denn kaum jemand möchte für ein grenzwertig niedriges Gehalt immer größere und anonymere Gemeinde-Bezirke verwalten (mehr als das ist es ja nicht!) müssen und dabei auch noch in einem baufälligen Pfarrhaus wohnen. Anders als früher entscheidet sich heute kaum noch ein Pfarrers-Kind für ein Theologie-Studium, denn es kennt die Lebensbedingungen seiner Eltern ja aus eigener Anschauung: Die heute noch aktive Pfarrerschaft ist nach anderthalb Jahrzehnten der “Reformen” müde, krank und kaputtgespielt… – und nun, da inzwischen ganze Regionen pfarramtlich unterversorgt sind und die eigentlichen Pensionierungswellen erst noch vor der Tür stehen.. nun entdecken die Kirchenleitungen, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer eventuell doch etwas Wertschätzung verdient hätten, und in Bayern arbeitet man sogar an einer Dienstordnung, die es uns ermöglichen soll, “gut, gerne und wohlbehalten” unseren Dienst zu tun. – Für mich kommt dieser allgemeine Sinneswandel leider zu spät und unter zu eindeutigen Umständen, um noch glaubwürdig zu sein. Quelle.

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Amtszeiten begrenzen. Wahlen ohne Auswahl werden regelmäßig kritisch diskutiert – Zeit für Reformen?

23.04.2015
Nicht selten wird in der evangelischen Kirche bei Wahlen nur ein Kandidat angeboten. Das ist in der EKHN etwa der Fall, wenn die Kirchenleitung einen Dekan (m/w) oder einen Propst zur Wiederwahl vorschlägt, die Dekanats- bzw. Kirchensynode also die Amtszeit um sechs Jahre verlängern soll. In einem solchen Fall ist es rechtlich gar nicht möglich, sich als Interessent um die Stelle zu bewerben oder als Synode einen anderen Kandidaten ins Spiel zu bringen. Auch in anderen Situationen wird oft nur ein Kandidat angeboten, etwa wenn ein Benennungsausschuss oder ein sonstiges Gremium aus mehreren Bewerbern nur einen für geeignet hält und daher nur einen vorschlagen möchte.  Zum Kommentar.

„Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern klar signalisieren: Ich stehe hinter dir… agieren extrem gesundheitsförderlich.“ Interview mit der Biologin Carola Kleinschmitt in der FAZ.

05.01.2015, FAZ, Interview mit der Biologin Carola Kleinschmidt.

„…

Frau Kleinschmidt, Sie beschäftigen sich mit neuen Erkenntnissen aus der Stressmedizin. Was hat Sie am meisten überrascht?

Es ist erstaunlich, wie sehr Druck am Arbeitsplatz mit unserem Gefühlsleben zusammenhängt. Wenn ich beispielsweise unter Zeitdruck an einer anspruchsvollen Aufgabe sitze, macht mich jeder, der mich stört, ärgerlich oder sogar richtig wütend. Ich möchte auf keinen Fall scheitern. Da kommen deutlich mehr negative als positive Gefühle auf, übrigens auch bei tollen Projekten…

Also geht es wieder um das große Thema Wertschätzung im Beruf?
Vor allem darum, dass die Anerkennung letztlich ein Signal für die wichtigere Botschaft ist: Du gehörst dazu. Der Düsseldorfer Medizinsoziologe Johannes Siegrist (vgl. Die Ursache für Burnout liegt in der Arbeitswelt) hat das mit seinen Studien zur „Gratifikationskrise“ belegt, in die geraten Menschen, wenn erstens die Anerkennung durch die direkte Führungskraft ausbleibt, sie zweitens nicht den Eindruck haben, das Gehalt sei angemessen für ihren Einsatz, oder sie drittens zu wenig persönliche Entwicklungsmöglichkeiten sehen. Dazu gibt es beeindruckende Zahlen. Menschen mit einer Gratifikationskrise haben ein doppelt so hohes Risiko für einen Herzinfarkt oder eine Depression. Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern klar signalisieren: Ich stehe hinter dir, schätze deine Leistung und stärke dich, damit du deine Arbeit gut machen kannst, agieren extrem gesundheitsförderlich…“  Zum vollständigen Text.