Archiv der Kategorie:
Wertewandel

Verkaufsoffene Sonntage

Wir berichteten über einen für die Sonntagskultur positiven Gerichtsentscheid in Hessen. Die unterlegenen Gegner formieren sich und wollen weiter kämpfen:

9. Juli 2013. „Wir brauchen Rechtssicherheit; dafür regen wir eine Gesetzesinitiative zur Streichung des Anlassbezuges im Hessischen Ladenöffnungsgesetz an“ – Citymarketing e.V. zieht Konsequenz aus Verwaltungsgerichtsurteil: In 2013 wird es nur noch einen verkaufsoffenen Sonntag und zwei weitere Late-Night-Shoppings gebe. Mehr dazu.

Die grosse Volksverarsche

Hannes Jaenicke blickt in seinem Buch „Die große Volksverarsche“

(zur Leseprobe (flash)/ PDF)

hinter die Kulissen von Industrie und Medien und deckt die Tricks und Lügen auf, mit denen wir um jeden Preis zum Kaufen und Konsumieren animiert werden sollen. Sein Konsumenten-Navi bietet reichhaltiges Material für den kritischen Verbraucher: spannend, unterhaltsam und sehr provokant.

Besprechung im NDR

Wirbel um den Aachener Friedenspreis an die Hulda-Pankok-Gesamtschule

Am 1. September, dem Antikriegstag, sollte der Aachener Friedenspreis an drei deutsche Schulen verliehen werde, die beschlossen haben, keine Werbeauftritte der Bundeswehr in ihrer Schule zuzulassen. Eine der Preisträgerinnen ist die Hulda-Pankok-Gesamtschule in Düsseldorf, benannt nach der Frau des bekannten Malers Otto Pankok, selbst engagierte Friedenskämpferin. Die Schulkonferenz hatte im Oktober 2010 einstimmig einen entsprechenden Beschluss gefasst. Die Schulleiterin Alexandra Haußmann teilte nun dem Friedenspreiskomitee mit, sie lehne den Preis ab.

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Wandel oder Transformation? – Liebesgrüße aus Gütersloh

„Liebesgrüße aus Gütersloh “ von Prof. Matthias Burchardt, Universität Ludwigsburg.

„Spätestens seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts können auffällige Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft beobachtet werden: Politik, Kultur, Medien, Gesundheitswesen, Sozialsysteme, Landwirtschaft, Wirtschaft, Strafvollzug, Polizei, Kirchen, Familien und natürlich das Bildungswesen zeigen in Strukturen, Prozessen, Sprachspielen, Deutungen und Bewertungen ein gänzlich anderes Gesicht. Der vollzogene Wandel wurde in der politischen Rhetorik durch Begriffe wie Reform oder „Modernisierung“ ausgewiesen. Als Legitimation wurde – postlyotard – die große Erzählung der „Globalisierung“ bemüht, Vokabeln wie „Zukunftsfähigkeit“ erzeugten Anpassungsdruck und Thatcher’s TINA-Doktrin (There is no alternative!) gewann unausgesprochen Allgemeingültigkeit. Wie wenig diese Modernisierungsprozesse tatsächlich zur Ermöglichung von Zukunft beigetragen haben, zeigt sich an den diversen Krisen, die einerseits Folge der genannten Maßnahmen sind und gleichzeitig als Argumente für weitere „alternativlose“ Reformen herangezogen werden: ökologische Krise, Klimakrise, Überschuldungskrise, Energiekrise, Wasserkrise, Krise der Sozialsystem, Bildungskrise, Finanzkrise, Euro-Krise, Demokratiekrise, Kulturinfarkt usf.“

Hinter all diesen Prozessen steckt nicht allein die Bertelsmann-Stiftung. Aber ihr Einfluss darauf ist enorm. Welche Mittel, Methoden, Instrumente und – Personen mitwirken, beschreibt Prof. Burchardt in seinem Artikel „Liebesgrüße aus Gütersloh“ auf sehr anschauliche, bisweilen unterhaltsame Weise. Zur Lektüre wärmstens empfohlen!

Matthias Burchardt „Liebesgrüße aus Gütersloh“. Der Artikel ist erschienen in: In: Demokratie setzt aus. Gegen die sanfte Liquidation einer politischen Lebensform. Hrsg. von Ursula Frost und Markus Rieger-Ladich. Sonderheft der Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik. Paderborn 2012. S. 65-77.

Scheitern, ein Problem das unsere Gesellschaft nich mehr lösen kann.

„Scheitern ist das große Tabu unserer Zeit.“, schreibt Inge Kloepfer in der FAZ. Dabei ist scheitern nur „die dunkle Seite des Erfolgs“.

Inge Kloepfer zeigt in ihrem Artikel die Probleme unsere Gesellschaft mit dem Scheitern. Dabei zeigt sie deutlich, wie eine Welt ohne Gottes Zuspruch aussieht: „Noch nicht einmal Lach- und Zornesfalten, Doppelkinn oder Brustumfang werden als gott- oder naturgegeben hingenommen, geschweige denn eigener Lebenserfolg. Diese Lebenshaltung gibt dem Scheitern seine verschärfte Dramatik.“

Der Artikel lässt Psychologen und Philosophen zu Wort kommen. Doch niemand kann das Scheitern jenseits einer Mystifizierung als Vorstufe des Wiederaufstiegs integrieren. Doch gerade deshalb ist der Artikel auch lesenswert.

 

Lesen sie hier den ganzen Artikel auf FAZ-online.

Was George Sandel mit der Doppik/NKF in der Kirche zu tun hat

George Sandel: Was man für Geld nicht kaufen kann, Berlin 2012

Als Papst Benedikt die USA besuchte, las er Messen in Stadien in New York und Washington. Für die kostenlos ausgegebenen Karten entwickelte sich ein Schwarzmarkt, bei dem bis zu 200 Dollar für eine Karte geboten wurde. Die Kirche protestierte: „Die Feier eines Sakraments sei mit Geld nicht aufzuwiegen“. – Dies ist nur eines vieler Beispiele, wie Markt- und ökonomistisches Denken in alle Bereiche des Lebens eingedrungen sind: in die Politik, die Medizin, die Bildung, Sport – und auch in Kirche und Religion.

Für Den Autor und Harvard- Professor Sandel stellt sich anhand etlicher Beispiele aus der Lebenswirklichkeit die Frage: wollen wir eine (zu begrüßende) Marktwirtschaft oder eine die Gesellschaft im Kern bedrohende Marktgesellschaft? Bisher verhinderte ein prekärer Diskurs die Dominanz von Argumenten über das gute Leben in die Politik – und ließ banales, marktkonformes, gegenüber Werten neutrales Denken triumphieren. Was es daher heute braucht ist eine Debatte darüber, in welchen Bereichen Märkte dem Gemeinwohl dienen und wo sie eben nichts zu suchen haben. Denn: Märkte und Kommerz verhalten sich gegenüber dem Charakter der von ihnen erfassten Güter eben nicht neutral, sondern verändern ihn. Im eingangs genannten Beispiel der Papstmesse wird das offensichtlich. Die Reaktion zeigte, dass man erkannt hat, dass Güter beschädigt oder entwertet werden, wenn man sie kommerzialisiert, im Beispiel also die Eucharistie käuflich zu erwerben ist. Das wird in dem besonderen Fall zwar besonders eindrücklich, trifft aber generell zu: Der Charakter der Güter verändert sich unter Marktbedingungen. Diese Erkenntnis führt zwangsläufig zu der Frage, wie weit denn der Markt reichen dürfe. Und wo dem Markt Grenzen gezogen werden müssen, damit die Gesellschaft selbst keinen Schaden nimmt. Denn Marktdenken führt anders als herrschende (und für Crashs verantwortliche) Ökonomen gerne behaupten, in anderen Sektoren als der Ökonomie selbst eben gerade nicht zu höherer, sondern zu geringerer Wirksamkeit. Sandel belegt das bspw. mit Studien zur intrinsischen Motivation aus der Schweiz. Sie haben gegenüber der marktkonformen extrinsischen Motivation eine geringere Wirkung. Damit sind wir mitten in einer in der kirchlichen Reformdebatte heiß diskutierten Frage. Weil die kirchlichen Reformen ja gerade die intrinsische Motivation zerstört wie etwa Prof. Michael Welcker oder Prof. Isolde Karle u.a. nicht müde werden zu betonen. Und folglich die von den Reformern intendierte Wirksamkeit kirchlicher Arbeit gerade schwächen.

Ein weiteres zentrales kirchliches Reformthema ist durch die Darstellung von Sandel ebenfalls berührt, wenngleich dort selbst nicht erwähnt: die Frage des Rechnungswesens. Denn Märkte und Kommerz verändern den Charakter der von ihnen erfassten Güter – so Sandel. Das gilt in der Kirche analog für das Rechnungswesen. Eine Umstellung von der (erweiterten!) Kameralistik auf die Doppik ist wie wir in Beiträgen im Monatsthema Mai 2013 darlegen konnten, organisatorisch eine Herausforderung, ein „Jahrhundertprojekt“. Und es verursacht hohe Kosten bei einem nicht feststellbaren Nutzen (vgl. den Beitrag von Prof. Bogumil, Bochum, im Dt. Pfarrerblatt). Allein diese Fakten wiegen überaus schwer. Viel schwerer wiegt aber die Tatsache, dass mit der Doppik ein Marktdenken in die Kirche eindringt, das dem Charakter der Kirche diametral entgegenläuft. Und das sich dem Gegenstand gegenüber nicht neutral verhält, sondern seinen Charakter verändert. „Die Feier eines Sakraments sei mit Geld nicht aufzuwiegen“, stellten die Kirchen in den USA anlässlich des Schwarzmarktes für die Karten zur Papstmesse fest. Analog gilt noch viel mehr: „Der Wert der/einer Landeskirche lässt sich monetär nicht bewerten!“. Genau das geschieht aber in der Bilanz. Die Bilanz bewertet die Summe dessen, was Kirche ausmacht und zu kirchlichem Handeln gehört, monetär. Aus theologischer Sicht geht das aber gar nicht! Spätestens dann, wenn eine ernsthafte theologische Debatte um die Doppik einsetzt, spätestens dann wird die Doppik nicht nur als (im Vergleich zu einer erweiterten Kameralistik) nutzlos und teuer, sondern als im Kern schädlich erkannt werden.  Denn Doppik/NKF ist kein Beleg einer sich auch in der Administration endlich modernisierenden, auch wirtschaftlich handelnden Organisation, sondern Symbol einer angepassten Marktkirche – und damit eine Parallele zu der von Sandel beschriebenen gesellschaftsschädigenden Marktgesellschaft. 

Pfr. Friedhelm Schneider

Peter Sloterdijk: Zorn und Zeit – eine Rezension.

 In seinem fulminanten Werk, das voll gepackt ist mit Geschichtskenntnis seit der Antike, Erzählungen aus Mythenschätzen fast der ganzen Welt und prägnanten gesellschaftlichen Analysen sowie politischen Visionen verdeutlicht der Philosoph Sloterdijk eindringlich, dass Zorn ein unabdingbarer `Motor´ von Lebensveränderung (in Gesellschaft, Kirche, Welt) ist.

Lesen Sie die Rezension von ZornundZeit.

Der Abschied ist bitter notwendig

In unserer Übergangszeit, am Anfang des 21. Jahrhunderts, fällt auf, dass wir die Lösbarkeit der meisten Probleme, die wir in der Politik, Wirtschaft und Kultur haben, in erster Linie von den finanziellen Mitteln abhängig machen – Schriftsteller Artur Becker über die schwere Geburt einer neuen Epoche.

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Grundlegende europäische Werte und das Internet

acatech schließt interdisziplinäres Internet Privacy Projekt mit konkreten Handlungsempfehlungen ab.

acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften setzt sich für die Entwicklung einer Kultur der Privatheit im Internet ein. Die Akademie empfiehlt in ihrer neu veröffentlichten POSITION „Privatheit im Internet“ das Zusammenspiel von Bildung, Recht, Wirtschaft und Technik so zu gestalten, dass sich die grundlegenden europäischen Werte – freie Selbstbestimmung, politische Teilhabe und wirtschaftliches Wohlergehen der Bürger – optimal entwickeln können. Dazu legte acatech am 15. Mai 2013 in Berlin zahlreiche Empfehlungen vor und präsentierte den Software-Prototypen eines Privatheits-Agenten, der die Bürger beim Schutz ihrer Privatsphäre wirkungsvoll unterstützen kann. Lesen Sie den Artikel.

Vertrauen im Internet – Wie kann das Internet auch wieder vergessen? Sehen Sie den Video-Vortrag von Prof. Buchmann des BR

in der Bayerischen Akademie der Wissenschaft

„Das Netz vergisst nichts!“ mahnen aufgeklärte Internetnutzer. Denn die Informationen, die wir im Netz hinterlassen, bleiben dort und können sich mit atemberaubender Geschwindigkeit verbreiten, oft zum Nachteil der Nutzer. Mit welchen Methoden kann das Internet dazu gebracht werden zu vergessen – und wer kann das tun?

Das Internet vergisst nicht

Immer wenn du Daten, Bilder oder Videos von dir oder deinen Freunden ins Netz stellst, solltest du daran denken, dass das Internet nicht vergisst: Denn auch wenn du deine Beiträge längst gelöscht hast, sind sie im Netz noch dauerhaft verfügbar. Lesen Sie den Artikel.

 

Der Fall Hoeness – persönliche Tragik mit staatlicher Beihilfe?

Die Anwältin Sylvia Schenk, einst Sportlerin, kämpft heute bei Transparency International gegen Korruption. Ihr Urteil ist nun rund um die Uhr gefragt. „Es ist eigentlich tragisch“, sagt sie nachdenklich. Die frühere Leichtathletin hat den Mann über Jahre als eine Art moralische Instanz wahrgenommen: „Dahin zurückzukehren wird für ihn ganz schwer.“ Die 60-Jährige glaubt, dass Hoeneß’ Leistungen „als Sportler und als Manager bleiben werden“. Aber als Mensch besitze er nur dann eine Chance, wenn er „Reue“ und „Demut“ zeige, „tätige Wiedergutmachung“ leiste. „Er war ja schon immer sozial eingestellt“.

Die Motive sind durch individuelles Fehlverhalten bestenfalls teilweise erklärbar. So wird nach weiteren Gründen gesucht:

Wir wissen bis heute nicht, wer die Parteispender sind, denen Helmut Kohl sein Ehrenwort gab, sie nicht zu verraten. Das ist die Welt, in der Uli Hoeneß groß, sehr groß wurde. Lesen Sie den Artikel.

In ähnliche Richtung argumentiert der Spiegel: Musterstaat Bayern? In Sachen Steuerfahndung kann davon nicht die Rede sein. Der Fall Hoeneß wirft ein Schlaglicht auf Defizite in der Finanzverwaltung des Freistaats, der Rechnungshof bemängelt sie seit Jahren. Nun rächt sich für CSU-Chef Seehofer die lasche Kontrolle von Steuerpflichtigen.