04/2016
ls Berlin-Brandenburgerin nach einem Kommentar zur Rede unseres Bischofs M. Dröge vor der Bayrischen Synode am 19. April gefragt, möchte ich dies hiermit tun.
Ja, es gab und gibt seit den 90er Jahren im Osten Deutschlands, wo wir Christen in der absoluten Minderheit sind, sehr viele beeindruckende Ideen und Projekte in den Kirchengemeinden. Viele Kirchfördervereine wurden gegründet, in denen sich auch Nichtchristen für den Erhalt der Kirchengebäude und die Fortführung der kirchlichen Arbeit engagieren, für die Kirchenmusik und Konzerte, für Ausstellungen, die Jugendarbeit, den Kindergarten und vieles mehr. Sie halfen, Förderanträge zu stellen und so trotz der knappen kirchlichen Mittel, viel zu leisten und zu erhalten. „Dank“ der hohen Arbeitslosigkeit, gab es ABM- und später MAE-Stellen und dadurch MitarbeiterInnen, an die man sonst nicht hätte denken können. Diese Phase ist jetzt aber weitgehend vorbei. Mitarbeiter müssen jetzt bezahlt und wenigstens als Mini-Jober angestellt werden. Dazu muss aber der Kreiskirchenrat seine Genehmigung erteilen. Fördermittel sind heute viel schwieriger zu erhalten.
Stattdessen machen uns seit 2007 und dem Papier „Salz der Erde“ verstärkt die Denkanregungen und Zukunftsvorstellungen von „oben“ zu schaffen. Sie bauen Druck auf, der sich mit der zur Zeit erfolgenden Einführung der „Erweiterten Kameralistik“ und den dann erfolgenden Abschreibungen, dem Verfassen von Zielen und deren Abrechnung weiter erhöhen wird. Die Stärkung der mittleren Ebene hat jetzt schon zu einer Entmündigung der Gemeinden geführt. Die KVÄ’s sind nicht mehr nur Dienstleister, sondern Aufsichtsorgan. Das im Frühjahr 2014 beschlossene Gesetz gibt viel her, was zwar noch nicht überall umgesetzt ist, aber uns in Zukunft noch mehr zu schaffen machen wird.
Von welchem „wir“ spricht unser Bischof M. Dröge? Es ist doch wohl das „wir“ der Kirchenleitung, die mit Hilfe von professioneller Unternehmensberatung den gegenwärtigen „Reformkurs“ auf Fahrt gebracht hat, diesen Kurs, der Eigenständigkeit und Kreativität eindämmt, viel Frust erzeugt und manches zu zerschlagen droht oder dem Verfall preisgibt, was an der Basis gewachsen ist. Das geschieht auch einfach deshalb, weil das, was in den Gemeinden geschieht, weder ausreichend zur Kenntnis genommen, noch gewürdigt und in neue Konzepte mit einbezogen wird. Stattdessen werden neue Stellen geschaffen, die nun für die von den „wir“ geplanten Aktionen und Events tätig werden sollen, befristete Stellen für Menschen, die sich erst einmal einen Interessenten- und Mitarbeiterkreis mühsam aufbauen müssen.
Der Werktag auf dem Hangar II des Tempelhofer Felds 2014 war für die Teilnehmer ein beeindruckendes Event. Zum Schluss wurden sie mit Rikschas zur S-Bahn gefahren. 1000 Ehren- und Hauptamtliche diskutierten und hatten einen schönen Tag. Bei solchen Massenereignissen muss ich an sozialistische Zeiten denken. Mit Demokratie hat das wenig zu tun, dafür um so mehr mit ausreichenden finanziellen Mitteln zur „Motivation“ und Lenkung der Aktiven im weiten Land.
Das vom Bischof gelobte Gesetz zur Schaffung von Gesamtkirchengemeinden ist bisher bei keiner einzigen Zusammenlegung von Gemeinden, außerhalb des Modellkirchkreises Wittstock-Ruppin genutzt worden. Entweder werden Sprengel gebildet oder fusioniert. Bei der Erprobung des Gesetzes im genannten Kirchenkreis ist so viel „Geschirr zerschlagen“ worden, Verbitterung entstanden, so oft das Kirchengericht bemüht worden u.v.m., dass es eigentlich Zeit wäre, sein Scheitern einzuräumen, statt es anderen Landeskirchen als Modell anzupreisen.
Vor allem aber fehlt mir im Vortrag des Bischofs der Blick auf die Lage der Menschen auf dem Land und die gerade zurzeit äußerst brisante Stimmung im Land. Abwanderung und der Mangel an Kindern, Jugend und jungen Familien haben nicht ihren Grund darin, dass es woanders landschaftlich schöner wäre und es die Brandenburger in Massen von sich aus in die weite Welt lockt. Warum gibt es z:B. Proteste gegen Massentierhaltung selbst auf Dörfern, in denen sich die Menschen bisher alles gefallen ließen?
Es tut mir leid, aber die Rede unseres Bischofs erinnert mich an offizielle Reden aus DDR-Zeiten , in denen auch bis kurz vor Schluss noch alles schöngeredet wurde.
Dr. Katharina Dang