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EK im Rheinland – EKiR

Fassungslosigkeit angesichts einer Gemeindedemonstration und Petitionsübergabe gegen die Verwaltungsstrukturreform in den heiligen Hallen des Landeskirchenamts Düsseldorf: „Wer Funktionierendes zerschlägt, sitzt auf dem Ast, an dem er sägt“ (Spruchbandaufschrift)

03.07.2015,  NGZ- online

Aufsehen war beabsichtigt: Dass die evangelische Kirchengemeinde gestern eine Petition im Landeskirchenamt abgeben wolle, hatte Pfarrer Thomas Spitzer dort angekündigt. Spitzer tat dies nicht allein, er wurde von mehr als 60 Gemeindemitgliedern unterstützt, was an der Hans-Böckler-Straße in Düsseldorf zunächst doch für kurze Fassungslosigkeit sorgte…

Die sich gegen die Verwaltungsstrukturreform der Evangelischen Kirche im Rheinland wendende Petition nahm deren Vizepräsident Johann Weusmann entgegen… Mehr dazu.

 

25.06.2015, Kirchenbunt

60 Vertreter aus der Ev. Kirchengemeinde Rommerskirchen übergaben im Landeskirchenamt in Düsseldorf am Vormittag des 25. Juni ihre Petition gegen die Zwangszentralisierung ihrer Verwaltung. Mit Transparenten („Kleine Gemeindeschiffe entern bringt die Flotte bald zu Kentern“) und Sprechchören („Das Erzwingen wird nichts bringen!“) brachten sie ihren Unmut über die Verwaltungsstrukturreform und ihre Folgen lautstark zum Ausdruck. Dr. Johan Weusmann nahm die 1200 Unterschriften für die Kirchenleitung entgegen… Mehr dazu.

SOS Pfarrdienst! Von Hans-Jürgen Volk.

05/2015

Ein Umsteuern ist dringend erforderlich.

Man muss Alarm schlagen. Vor allem in den strukturschwachen Peripherieregionen der evangelischen Kirche im Rheinland ist die Grundversorgung pastoraler Dienste nicht mehr gesichert. Immer häufiger treten Situationen auf, in denen Menschen händeringend nach einem Pfarrer oder einer Pfarrerin suchen, weil eine Beerdigung, ein Hochzeitsjubiläum oder eine Trauung ansteht. In den ländlichen Kirchenkreisen treten zum Teil erhebliche Lücken bei der Notfallseelsorge auf. Die Demographie schlägt hier voll zu. Pfarrerinnen und Pfarrer werden immer weniger und immer älter. Verbindet sich dieser Tatbestand mit einem repressiven, wenig einfühlsamen Leitungsstil auf Kirchenkreisebene, steigt der Krankenstand. Kolleginnen und Kollegen gehen aus Gesundheitsgründen vorzeitig in Pension, die Belastung für die verbliebenen wächst. Diese Situation ist für unsere Kirche brandgefährlich. Wenn Menschen in Krisensituationen nicht mehr zeitnah einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin finden, baut sich Frust auf, der den Mitgliederverlust beschleunigen dürfte.

Grundlage für die Pfarrstellenplanung in der Ev. Kirche im Rheinland sind immer noch die von der Kirchenleitung im Mai 2008 beschlossenen Pfarrstellenverteilungsrichtlinien. Hierbei handelt es sich um ein Instrument, dass eine organisierte Reduktion des Pfarrdienstes zum Ziel hat. Der Beschluss zur Pfarrstellenplanung (Beschluss Nr. 18) der Landessynode der EKiR vom Januar 2015 nimmt demgegenüber die Herausforderung in den Blick, vor dem die evangelische Kirche im Rheinland bereits jetzt schon in strukturschwachen Regionen steht und die in wenigen Jahren prägend für die Situation des Pfarrdienstes sein wird: es droht ein bedrückender Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrern. Ein weiteres wichtiges Dokument ist die Handreichung „Zeit für’s Wesentliche“, mit der der nicht mehr zu übersehenden Überforderung vieler Kolleginnen und Kollegen im Pfarrberuf u.a. durch das Instrument der Arbeitszeitvereinbarung entgegengewirkt werden soll.

Ein uneinheitliches Bild

Lange Zeit wurde der Pfarrdienst in erster Linie unter Kostengesichtspunkten wahrgenommen. Diese galt es deutlich zu reduzieren. So wurde ab dem Jahr 2006 eine ganze Theologengeneration in die Wüste geschickt. Fast noch bedrückender war der Umgang mit Kolleginnen und Kollegen im Sonderdienst, von denen viele seit Jahren im kirchlichen Dienst waren, sich im mittleren Alter befanden und in ihrer Mehrzahl Familie hatten. Der Sonderdienst wurde konsequent abgebaut, allzu viele fanden von da an keine Anstellung mehr in ihrer Kirche und bleiben auf der Strecke. Auch reguläre Pfarrstellen wurden massiv reduziert.
Erst seit kurzem wird auch auf Landessynoden die Problemanzeige gemacht, dass sich die Anzahl der Vakanzen vor allem in strukturschwachen Regionen häuft. Es wird immer schwerer, im Saarland, im Hunsrück, im nördlichen Ruhrgebiet oder im Westerwald frei werdende Pfarrstellen in einem angemessenen Zeitraum zu besetzen. Mit einem Beschluss zur Pfarrstellenplanung (Beschluss Nr. 18) der Landessynode der EKiR vom Januar 2015 liegt ein Versuch vor, dieser Situation gerecht zu werden. Kernpunkt ist die ehrgeizige Zielvorgabe von 1000 Pfarrstellen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, die im Jahr 2030 vorgehalten werden sollen. Dies bedeutet zwar immer noch eine deutliche Reduzierung der aktuell vorhandenen Pfarrstellen, ist aber angesichts der niedrigen Zahlen an Theologiestudenten nur unter großen Anstrengungen erreichbar.
Nun haben offenbar längst nicht alle Kirchenkreise der EKiR diesen deutlichen Perspektivwechsel der Landessynode nachvollzogen. Einige Superintendenten missverstehen anscheinend die von der Landessynode anvisierte Zielvorgabe als Aufforderung, den Pfarrstellenabbau im eigenen Kirchenkreis möglichst rasch voranzutreiben. Eine unheilvolle Eigendynamik haben die von der Kirchenleitung im Mai 2008 beschlossenen Pfarrstellenverteilungsrichtlinien entwickelt, nach denen im 5-Jahresrythmus ein Pfarrstellenrahmenkonzept neu justiert werden muss, wobei die Entwicklung der Gemeindegliederzahlen eine entscheidende Rolle spielt.
Die Kreissynoden müssten im Herbst 2015 Pfarrstellenrahmenkonzepte neu beschließen. Allerdings liegen noch keine Zahlen der Landeskirche vor, die die Grundlage hierfür bilden. Der Grund hierfür könnte die Spannung in der Zielsetzung sein zwischen den Pfarrstellenverteilungsrichtlinien und dem Beschluss zur Pfarrstellenplanung. Bei den Pfarrstellenverteilungsrichtlinien dominiert der Wahrnehmung des Pfarrdienstes als Kostenfaktor. Neben einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der Pfarrstellen steht das Ziel im Vordergrund, Pfarrstellen nach Vorgaben der Personalplanungskonferenz (Superintendentenkonferenz + Kollegium des LKA) zu reduzieren.
Die Pfarrstellverteilungsrichtlinien von 2008 stellen heute einen bürokratischen Anachronismus dar, der zudem durch die einseitige Orientierung an Gemeindegliederzahlen als vorrangigem Kriterium für die Pfarrstellenverteilung die Peripherieregionen und die strukturschwachen Gebiete der rheinischen Kirchen benachteiligt. Die Herausforderung der Zukunft wird sein, angesichts der niedrigen Zahlen beim theologischen Nachwuchs Pfarrdienst zu organisieren und freiwerdende Stellen besetzen zu können. Bereits in wenigen Jahren – etwa ab 2018 – gehen die ersten geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Zudem häufen sich die Fälle, in denen Kolleginnen und Kollegen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden, was die auf uns zukommende Mangelsituation noch einmal verschärfen dürfte. Der Beschluss zur Pfarrstellenplanung der Landessynode 2015 will dem entgegenwirken, in dem durch verschiedene Maßnahmen der Pfarrberuf wieder attraktiver gemacht werden, die Anzahl der durch Neuzugänge zu besetzenden Stellen auf 50 pro Jahr angehoben und verstärkt für Theologiestudium und Pfarramt geworben werden soll.

Realismus in Sicht

Ein Kollege aus der Ev. Kirche Hessen Nassau sagte mir vor einiger Zeit: „Ihr Pfarrer aus der EKiR geltet in den Augen anderer Landeskirchen ziemlich pauschal als geschädigt.“ Dieses Urteil ist gewiss ungerecht, dafür sind die Verhältnisse in der rheinischen Kirche zu vielgestaltig. Dennoch hat man an der EKiR den Pfarrdienst in der Vergangenheit mit einer Konsequenz unattraktiv gemacht, der gegenüber das bisher allzu zaghafte Gegensteuern noch keine wirksame Kompensation darstellt.
Ein realistisches Szenario wurde auf der Kreissynode des Kirchenkreises Krefeld-Viersen von Superintendent Burkhard Kamphausen vorgetragen: „In der Landeskirche gibt es zurzeit 1963 Pfarrstellen, von den rund 90 Prozent besetzt sind. Es werden künftig viele Pfarrer altersbedingt ausscheiden.“ Schlimmstenfalls könne es so aussehen, das es 2030 noch etwa 550 Stellen gebe. Dem soll entgegengesteuert werden. Kamphausen: „Wir wollen 1000 Stellen halten und besetzen. Dazu werden wir den Pfarrdienst sichern und stabilisieren.“ (Aus einem Artikel der WZ vom 26.04. 2015)
Wohltuender Realismus gepaart mit einigen interessanten und konstruktiven Akzenten wurde auch in einem Vortrag von Vizepräses Pistorius auf der selben Synode sichtbar – gut zusammengefasst in einem Pressebericht der EKiR. Pistorius grenzt sich hier ab gegenüber dem Programm des EKD-Impulspapieres „Kirche der Freiheit“. „Von einem in manchen kirchlichen Kreisen beliebten ‚Wachsen gegen den Trend‘ könne nur dann ernsthaft gesprochen werden, ‚wenn wir dabei allein auf die Kraft des heiligen Geistes hoffen und vertrauen‘.“ Weiter heißt es in dem Bericht: “ Unrealistische Zukunftsvisionen und Machbarkeitsvorstellungen dürften die Kirche und ihre Mitarbeitenden nicht in eine Erschöpfungsdepression führen. ‚Wäre es nicht ein angemessenes und geistlich begründetes Ziel, wenn die Evangelische Kirche unserer Gesellschaft Vorbild dafür wird, sich solide kleiner zu setzen, oder sich zumindest mit einem normalen jährlichen zyklischen Wachstum zufrieden zu geben?‘, fragte Pistorius selbstkritisch.“ Bezogen auf den Pfarrdienst und die Entwicklung der Gemeinden setzt er offenbar stärker auf Regionalität und dezentrale Entscheidungsfindungen: ‚Wenn wir nicht nur der Not gehorchen wollen, ist es unsere Aufgabe, über unsere Gemeinden und Pfarrbilder nachzudenken und sie auf einen guten Weg zu bringen‘, sagte Pistorius. Von den unterschiedlichen Formen von Kooperationen und anderer Formen der regionalen Zusammenarbeit über neuen Gemeindeformen bis hin zur Ausgestaltung des Pfarrdienstes gebe es zahlreiche Möglichkeiten, Kirche in der Zukunft zu formen. ‚Diese Arbeit wird im Wesentlichen in den Presbyterien und Kirchenkreisen mit den entsprechenden Ortskenntnissen zu leisten sein‘, so der Vizepräses weiter: ‚Das Landeskirchenamt und die Personalabteilung sehen ihre Aufgabe in der Beratung und Prüfung sowie der anschließenden rechtlichen Absicherung. Es geht darum, Spielräume zu eröffnen.’“
Was Pistorius hier formuliert, bedeutet eine bemerkenswerte Akzentverschiebung gegenüber dem oft autokratischen, die Basis bevormundenden Stil der alten Kirchenleitung unter Nikolaus Schneider. Dem bewährten Prinzip der Subsidiarität soll offenbar wieder stärkere Geltung verschafft werden. In der Tat brauchen wir starke Presbyterien, die auf Kirchenkreisebene und wenn nötig darüber hinaus angesichts der uns bevorstehenden Situation den örtlichen Gegebenheiten angepasste Kooperationsmodelle – nicht nur beim Pfarrdienst – entwickeln. Die Rechtsetzungen durch die KL und die Landessynode gingen in der Vergangenheit allerdings oft in eine andere Richtung. Die Pfarrstellenverteilungsrichtlinien verbauen Spielräume, ebenso dass nur teilweise außer Kraft gesetzte zentrale Auswahl- und Bewerbungsverfahren – von der in verschiedenen Regionen der Landeskirche kaum zu finanzierenden Verwaltungsstrukturreform, die Presbyterium zentrale Rechte entzieht, ganz zu schweigen. Noch fehlt eine umfassende rechtliche Absicherung im Blick auf die verbal durchaus vorgenommene Neubewertung der Situation des Pfarrdienstes in der EKiR.

Der Präses entschuldigt sich

Diese Neubewertung wird in einem bemerkenswerten Schreiben vom 13. April 2015 von Präses Manfred Rekowski an die Pastorinnen und Pastoren nach Artikel 62 KO deutlich – auch im Blick auf Vorgänge der Vergangenheit. Es handelt sich hierbei um ein Begleitschreiben zu einer Handreichung „Ergänzende pastorale Dienste“. Der Text ging an die gar nicht so kleine Gruppe von Menschen, die sich in ungesicherten bis prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden oder als „Pastorinnen und Pastoren im Ehrenamt“ Dienste übernehmen. Theologen sind darunter, die völlig durch’s Raster gefallen sind und von Hartz IV leben.
Rekowski spricht von einer „misslichen Geschichte der Personalpolitik für den Pfarrdienst“ und beklagt einen „teilweise wenig emphatischen administrativen Umgang“ mit seinen Adressaten. Er schreibt weiter: „In der Handreichung haben wir unser Bedauern über diese Entwicklungen ausgedrückt. In diesem Brief aber bitten wir Sie ausdrücklich um Entschuldigung.“
Man kann davon ausgehen, dass bei Rekowski sowohl das Bedauern wie die Bitte um Entschuldigung absolut ernst gemeint sind. Dennoch wird er es bei vielen der so Angesprochenen schwer haben, durchzudringen. Zu schwerwiegend und tief sind die Verletzungen der Vergangenheit. (Wie bedrückend sich Einzelschicksale darstellen können, habe ich in dem Beitrag “ … und die im Dunkel sieht man nicht“ angedeutet.)

Was dringend zu tun wäre

Der Realismus von Pistorius sowie die Geste von Rekowski sind zu begrüßen. Dennoch muss man die Frage stellen, ob die Kirchenleitung in vollem Umfang die jetzt schon prekäre Situation des Pfarrdienstes insbesondere in den strukturschwachen Regionen wahrnimmt. Hier geht es darum, dass die Basisversorgung an pastoralen Diensten – Seelsorge, Verkündigung und Katechese – nur noch unter größten Anstrengungen aufrecht erhalten werden kann. Zudem nehme ich einen bedrückenden Zusammenhang wahr: In Regionen, in denen überdurchschnittlich viele Pfarrstellen abgebaut wurden, scheinen sich Krankheitsfälle und ein sich daraus ergebendes vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst aus Gesundheitsgründen zu häufen. Folgendes wäre zu tun:
Die Pfarrstellenverteilungsrichtlinien von 2008 bedürfen dringend einer Korrektur. Sie sollten so ausgestaltet werden, dass nicht mehr die Reduktion des Pfarrdienstes im Vordergrund steht – die ergibt sich von selbst – , sondern die Herstellung einer möglichst optimalen Versorgung an pastoralen Diensten mit den vorhandenen Menschen.
Das „zentrale Auswahl- und Bewerbungsverfahren“ gehört auch für die Pastorinnen und Pastoren nach Artikel 62 KO abgeschafft. Auch deswegen wird es Rekowski schwer haben, mit seiner Bitte um Entschuldigung durchzudringen, weil es für diese Personengruppe noch in Kraft ist. Theologen sollten sich bei entsprechender Qualifikation ohne diese Hürde auf freie Pfarrstellen bewerben können. Anstelle des „zentralen Auswahl- und Bewerbungsverfahrens“ könnte eine intensivere Beratung der Anstellungsträger durch das Landeskirchenamt bzw. bei Gemeindepfarrstellen durch den KSV treten. Dies wäre ein wichtiger und entscheidender Schritt, um der kommenden und in Teilen schon vorhandenen Personalnot im Pfarrdienst zu begegnen.

EKvW/EKiR: Versorgungskasse der Pfarrer. Die Pensionen sind sicher.

Dieser Beitrag wurde am 10.2.2014 veröffentlicht
…Sind die Pensionen der Pfarrerinnen und Pfarrer sicher?

Ja. Die evangelischen Kirchen in Lippe, dem Rheinland und Westfalen sind rechtlich verpflichtet, ihre Pensionäre zu versorgen.

Die drei Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen sind seit 1971 dabei, gemeinsam einen solchen Kapitalstock aufzubauen. Alle Pensionen der lippischen, rheinischen und westfälischen Kirchen werden also aus einem Topf bezahlt. Die Kapitaldeckung liegt im Moment bei 50 Prozent. Eine Kapitaldeckung von 100 Prozent soll etwa um das Jahr 2040 erreicht werden; dafür fehlen noch rund 2,19 Milliarden Euro.

Die rheinische und die westfälische Kirche haben außerdem in den vergangenen Jahren einen Teil ihrer unerwartet hohen Kirchensteuer-Einnahmen zurückgelegt, um die Versorgungskasse noch schneller aufzufüllen. Diese zusätzlichen Rückstellungen liegen jedoch bisher auf Sonderkonten und sind noch nicht dem gemeinsamen Kapital zugeflossen.

Wie wird das Geld angelegt?

Das Kapital wird nach Auskunft der Versorgungskasse zu rund 25 Prozent in Aktien angelegt, zu rund 5 Prozent in Immobilien und zu 70 Prozent in fest verzinslichen Rentenpapieren. Davon entfällt den Angaben nach der über wiegende Teil auf Euro-Papiere mit hoher Sicherheit.

Beigemischt sind Anleihen in fremder Währung und ausgewählte Zinspapiere mit höheren Risiken und entsprechenden Zinsaufschlägen. Das Verzinsungsziel für alle Anlagen zusammen liegt bei 4,5 Prozent und wird im Durchschnitt übertroffen.  Zum Beitrag.

EKiR: Massiver Eingriff in die Finanzhoheit. Haushalte sind ab 2016 genehmigungspflichtig.

03/2015, von Hans-Jürgen Volk

Bei den Veränderungen der Verwaltungsordnung, die die Kirchenleitung Ende November 2014 beschlossen hat, handelt es sich um den wohl massivsten Eingriff in unsere Kirchenverfassung seit Jahren. Ab dem Haushaltsjahr 2016 muss jeder kirchliche Haushalt vom übergeordneten Leitungsgremium genehmigt werden. In Frage steht die Genehmigung wenn eine „Gefährdung des Haushaltsausgleichs“ vorliegt. Ein Indiz hierfür soll die geplante Rücklagenentnahme sein.
Nun hat die „Verordnung über das kirchliche Finanzwesen der Ev. Kirche im Rheinland“ (KF-VO) vom 26. November 2010 bereits 4 Veränderungen erfahren. Die 5. Modifikation vom November 2014 (veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt vom 17. Dezember 2014) hat erhebliche Folgen für das Verhältnis der unterschiedlichen Ebenen kirchlichen Lebens. Nach der bisherigen Fassung der KF-VO wurde ein Haushalt durch Beschluss des Leitungsgremiums rechtswirksam. Im Raum stand der Gedanke eines „Haushaltssicherungskonzepts“, dass erst dann von der nächst höheren Leitungsebene entwickelt werden sollte, wenn der Haushalt einer kirchlichen Körperschaft dauerhaft in eine Schieflage gerät und das eigene Leitungsorgan keine nachhaltigen Lösungen entwickelt. Auch dies war umstritten und wurde als Eingriff in die Kompetenzen eines Presbyteriums oder eines Kreissynodalvorstands vielfach abgelehnt, ist aber im Gegensatz zur jetzt von der Kirchenleitung beschlossenen Regelung vergleichsweise moderat. Nunmehr wird Haushaltssicherung durch aufsichtliche Intervention der nächst höheren Leitungsorgane verstetigt.

Top-Down – „Aufsicht“ wird großgeschrieben
Aufmerken lassen muss bereits der deutlich erweiterte § 11 der KF-VO zum Stichwort „Aufsicht“. Kam die alte Fassung mit 2 Abschnitten aus, sind es nunmehr 7. Am klarsten deutet der neue 4. Abschnitt den bevorstehenden Kulturwandel in der EKiR an: „Aufsicht ist die bewusste Wahrnehmung der Verantwortung gegenüber den der Aufsicht unterliegenden kirchlichen Körperschaften, mit dem Ziel, auf die Einhaltung von Recht und Gesetz sowie auf die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns zu achten. Sie wird präventiv durch Anzeige und Genehmigungsvorbehalte sowie die von den Leitungsorganen zu bestimmenden internen Kontrollsysteme ausgeübt. Nachträglich wird Aufsicht durch Beanstandungen, die Aufhebung von Beschlüssen sowie äußerstenfalls durch Ersatzvornahme wahrgenommen.“ Deutlich wird, dass die Autonomie der 1. Ebene – dort, wo Kirche in Gemeinden, Einrichtungen und Werken mit ihrer Arbeit in direktem Kontakt mit Menschen steht – drastisch reduziert und die Interventionsmöglichkeiten des übergeordneten Leitungsorgans deutlich erweitert werden. Aufsicht erhält nunmehr einen präventiven Charakter, was nicht nur die Interventionsmöglichkeiten der nächsthöheren Leitungsebene verstetigt und erweitert, sondern insgesamt die Gestaltungsräume der 1. Ebene einengt. Die Vorstellung einer klaren Hierarchie geht aus dem 5. Abschnitt von § 11 der KV-VO hervor: „Die Aufsichtsorgane sind berechtigt, sich über alle ihrer Aufsicht unterliegenden Angelegenheiten zu unterrichten, dazu Berichte und Unterlagen anzufordern, an Ort und Stelle zu prüfen und den ihrer Aufsicht unterliegenden Stellen Weisungen zur Erfüllung der ihnen gesetzlich obliegenden Aufgaben zu erteilen.“ Die früheren Beteuerungen, dass mit der Einführung des NKF ebenübergreifende Interventionen ausgeschlossenen seien, sind damit gegenstandslos. In Zukunft sind Kreissynodalvorstände berechtigt, Presbyterien Weisungen zu erteilen. Das Gleiche gilt im Blick auf Kirchenkreise, denen die landeskirchliche Ebene mit fürsorglicher Aufsicht in Zukunft in präventiver und damit permanenter Weise begegnen kann.

Die wichtigsten Änderungen im Haushaltsrecht
Die Änderungen der KF-VO markieren den endgültigen Bruch mit der Tradition einer basisorientierten, kollegialen und mitunter auch solidarischen Kirche, die die EKiR trotz aller Mängel in der Vergangenheit war. Gewählte Leitungsgremien mutieren konzernmäßig immer stärker zu „Aussichtsorganen“. Der zentrale Satz bezogen auf das Haushaltsrecht findet sich im § 78 der neuen KF-VO: Der Haushalt „ist vor Beginn des Haushaltsjahres dem jeweiligen Aufsichtsorgan zur Genehmigung vorzulegen“.
Im neugefassten § 77 werden die Kriterien benannt, die bei der Genehmigung von Haushalten zu beachten sind. Der entscheidende Punkt ist die „Gefährdung des Haushaltsausgleichs“. Diese liegt vor, wenn:
„1. die Bilanz gemäß § 68 Absatz 4 Nr. 1 ein negatives Reinvermögen enthält, oder
2. die mittelfristige Finanzplanung in mindestens einem Jahr nicht ausgeglichen ist, oder
3. der Haushaltsausgleich nur durch Entnahme von Rücklagen, der Erhöhung der Umlagen oder der Minderung des Vermögensgrundbestands erreicht werden kann, oder
4. die Jahresabschlüsse der Vorjahre eine negative Entwicklung des Haushaltes erwarten lassen.“
In einem Schreiben aus der Finanzabteilung des Landeskirchenamtes vom 11.12. 2014 an die Gemeinden und Kirchenkreise der EKiR wird erläutert, wie mit dem Tatbestand einer Gefährdung des Haushaltsausgleichs umzugehen ist: „Als Basis wird die Genehmigungspflicht der Haushalte festgelegt und als Regelungswerkzeug die Versagung der Genehmigung bzw. die Genehmigung mit Auflagen eingeführt, sofern der Haushaltsausgleich gefährdet ist. Ein Indiz für die Gefährdung des Haushaltsausgleich ist die geplante Rücklagenentnahme.“ Hierbei gesteht man offenbar Rücklagenentnahmen dann zu, wenn es sich um Investitionen handelt, für die Mittel angespart wurden. Eine geplante Rücklagenentnahme zum Haushaltsausgleich ist dagegen in Zukunft nicht mehr zulässig.
In § 78 wird der Aktionsrahmen benannt, der den übergeordneten Leitungsorganen im Falle einer Gefährdung des Haushaltsausgleichs zur Verfügung steht. In Absatz 4 heißt es: „Im Falle der Gefährdung des Haushaltsausgleichs kann die Genehmigung mit einer Auflage oder Bedingung verbunden werden.“ In Absatz 5 wird weiter formuliert: “ Ist der Haushaltsausgleich nicht zu erreichen, ist die Genehmigung mindestens mit der Auflage zu verbinden, dem Aufsichtsorgan bis spätestens zum 30. Juni des Planjahres einen Plan vorzulegen, der erkennen lässt, dass der Ausgleich des Haushaltes innerhalb eines festgelegten Zeitraumes wieder erreicht werden kann (Haushaltskonsolidierungsplan). Die Entscheidung über dessen Genehmigung muss durch das Aufsichtsorgan bis zum 30. September erfolgt sein.“
Seit der NKF-Einführung gibt es zahlreiche kirchliche Körperschaften, in denen sich die Beschlussfassung über Haushalte erheblich verzögert und mit Beginn eines Haushaltsjahres kein rechtsgültiger Haushalt vorliegt. Welche Konsequenzen dies hat, ist im § 80 der KF-VO unter der Überschrift „Vorläufige Haushaltsführung“ geregelt. Die Kernaussage: „Ist der Haushalt zu Beginn eines Haushaltsjahres nicht beschlossen (haushaltslose Zeit), so darf die kirchliche Körperschaft ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, die erforderlich sind, um die notwendigen Aufgaben weiterzuführen und die rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen.“
Diese Neureglungen haben zur Folge, dass unsere Kirche insgesamt schwerfälliger, bürokratischer und hierarchischer wird. Unschwer lässt sich erkennen, dass durch den folgenschweren Zwischenschritt der Genehmigungspflicht sich der Zeitraum bis zur Rechtswirksamkeit eines Haushalts erheblich dehnt – bei einer „Gefährdung des Haushaltsausgleichs“ bis weit ins neue Haushaltsjahr hinein. In Zukunft werden wohl vielfach Gemeinden und Kirchenkreise die wenig befriedigende Erfahrung machen müssen, was es heißt, eine „haushaltslose Zeit“ zu überstehen. Erneut kommen erhebliche Belastungen auf die Verwaltungen und insbesondere die Kreissynodalvorstände zu, was den Kostenaufwand für Verwaltung und Organisation zu Lasten der kirchlichen Arbeit mit Menschen weiter steigern dürfte.

Bewertungen
Was mit der „Haushaltskonsolidierung“ auf der Ebene der Landeskirche begonnen hat, soll nun offenbar auf dem Verordnungswege bis hin zu kleinsten Kirchengemeinde vor Ort durchgedrückt werden: ein Leitungshandeln, das sich in fataler Einseitigkeit an Finanzgrößen orientiert, Menschen immer mehr aus dem Blick verliert und sich trotz deutlich steigender Kirchensteuereinnahmen einem für die kirchliche Arbeit schädlichen Finanz- und Spardruck hingibt. Folgendes ist darüber hinaus anzumerken.
1. Der Finanzdruck ist hausgemacht und von einigen Akteuren gewiss auch gewollt, da man der Ansicht ist, nur so strukturelle Veränderungen durchsetzen zu können. Die gleiche Kirchenleitung, die sich jetzt Kirchenkreise und Gemeinden mit fiskalischer Strenge zur Brust nehmen will, hat vor kurzem erst wenig kostenbewusst auf dem Verordnungsweg die teure Verwaltungsstrukturreform auf den Weg gebracht. Die landeskirchliche Ebene hat ebenfalls durch die immer komplexere und kostenintensive NKF-Implementierung die Verantwortung dafür, dass viele Kirchenkreise am Rand der finanziellen Handlungsfähigkeit stehen. Angesichts dessen, dass man Kirchenkreisen und Gemeinden außerordentlich kostenaufwendige Aufgaben zuschustert, wirken die Änderungen der KF-VO perfide und destruktiv.
2. Seit Jahren planen zahlreiche Kirchenkreise und Gemeinden mit Rücklagenentnahmen zum Haushaltsausgleich. Dennoch konnten sie vielfach – jedenfalls bis zur Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform – ihre Rücklagensituation sogar stetig verbessern. Der Grund: die in der letzten Zeit sogar noch gewachsene Diskrepanz zwischen den Planungsvorgaben der Landeskirche und dem tatsächlichen Ergebnis. Die Zahlen für das Haushaltsjahr 2014 belegen dies einmal mehr. Planungsgrundlage war ein Betrag von 585 Mio. €, das Ergebnis liegt bei einem Netto-Kirchensteueraufkommen von tatsächlich 655 Mio. € – also ca. 70 Mio. € mehr als geplant, was einer Abweichung von fast 12% entspricht. Wer hier von „unerwarteten Mehreinnahmen“ spricht, wie es der Finanzchef der EKiR Bernd Baucks gerne tut, muss erklären, welche überraschenden ökonomischen Effekte diese Mehreinnahmen verursacht haben. Dies wird jedenfalls im Blick auf die zurückliegenden Haushaltsjahre nicht gelingen, denn seit Jahren haben wir eine sehr solide Beschäftigungssituation, in letzter Zeit eine wenig überraschende positive Lohn- und Gehaltsentwicklung und ein eher moderates Wirtschaftswachstum. Wenn unter stabilen ökonomischen Rahmenbedingungen bei kaum spürbaren Veränderungen im Steuerrecht eine derartige Diskrepanz zwischen Planung und Ergebnis auftritt, handelt es sich eben nicht um „unerwartete Mehreinnahmen“, sondern um eine Fehlplanung. Kirchenkreise und Gemeinden zum Ernstnehmen dieser fragwürdigen Planungsgrundlagen verdonnern zu wollen, ist eine Zumutung! Wünschenswert wären in der Tat Planungsgrundlagen der Landeskirche, die man wieder ernst nehmen kann, wo also die Abweichung zwischen Planung und Ergebnis nicht bei 12% und mehr liegt sondern zwischen tolerablen 2-3%.
3. Es wird Regionen in unserer Landeskirche geben, in denen es kirchlichen Körperschaft gelingt, bereits trotz dieser offenkundigen Mängel bereits bei der Planung ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Es handelt sich hierbei um ökonomisch starke Gebiete mit geringen Gemeindegliederverlusten und sogar wachsenden Gemeindegliederzahlen. Die Mehrzahl der Kirchenkreise vor allem in den strukturschwachen Regionen sind in einer völlig anderen Situation. Hier sinken die Gemeindegliederzahlen auf Grund der ökonomischen Schwäche teilweise drastisch. Steigende Kirchensteuereinnahmen kommen hier kaum an, da sich die Verteilung von Finanzmitteln beim übersynodalen Finanzausgleich an der Anzahl der Gemeindeglieder orientiert. Die Veränderungen der KF-VO erhöhen hier, wo Solidarität nötig wäre, den Druck in unerträglicher Weise.

Vereinsgründung KirchenBunt in der EKiR

Nach Gründung mehrer Gemeindebünden in anderen Landeskirchen wie z.B. in Bayern (Aufbruch Gemeinde), in der Nordkirche (Gemeinde im Aufwind) oder in Brandenburg-schlesiche Oberlausitz (Gemeindebund) soll am 15.03. in der EKiR der KirchenBunt zur Stärkung der Interessen und Belange der Kirchenbasis ins Leben gerufen werden.


Ziele

Da abzusehen ist, dass der bisherige kirchenpolitische Kurs von der EKiR/EKD beibehalten wird und auch zukünftig kostspielige und strukturverändernde Maßnahmen ohne Beteiligung der ersten Ebene verordnet werden (letztes Beispiel: IT-Konzept), rufen wir zur Gründung des Vereins „KirchenBunt im Rheinland“ auf, mit dem wir uns für eine Stärkung der Basis und damit des Dienstes am Menschen, wie er uns durch Jesus Christus in Auftrag gegeben ist, einsetzen wollen. Wir sind davon überzeugt, dass den anstehenden Herausforderungen, denen sich unsere Kirche stellen muss, nur mit einer Intensivierung und Förderung der Arbeit in der Fläche und vor Ort und nicht durch Fusions- und Zentralisierungsprozesse zu begegnen ist. Darum hat für uns auch die finanzielle und personelle Ausstattung dieser Arbeit Vorrang vor fragwürdigen Investitionen in Verwaltung und Prestigeprojekte, deren effektiver Nutzen die Kosten in keiner Weise rechtfertigen…

kirchenbunt.de

EKiR-Synodenbeschlüsse zur Haushaltspolitik oder: Was läuft eigentlich schief in der Finanzpolitik der Kirche?

von Friedhelm Schneider

Auf den ersten Blick klingt alles recht plausibel: Haushaltskonsolidierung und Rücklagenbildung für die Pfarrpensionen angesichts bald einbrechender Kirchensteuereinnahmen. So die offizielle Lesart und Argumentation für einen wohl beispiellosen Leistungsabbau in der EkiR auf der landeskirchlichen Seite. Davon betroffen sind an vorderster Stelle die Bildung (Schulen) 4,5 Mio, Arbeitslosenfonds 1,15 Mio, KiHo Wuppertal/Bethel 1 Mio. . Es folgen weitere prominente Positionen wie Medienverband, Tagungshäuser, PTI, Studierendenarbeit, Akademie etc. Über die Kürzungen haben etliche Ausschüsse im Vorfeld beraten und beschlossen, und nun auch die Landessynode.

Gleichzeitig beschlossen: ein neues Investitionsprogramm in die Verwaltung, genauer, in die IT-Struktur und dies ohne Finanzierungslimit. Und das obwohl die Kostenexplosion in ähnlicher Sache, der Einführung der Doppik, hinlänglich bekannt ist: von veranschlagten 3 Mio. € sind diese auf – in der Synode unwidersprochene – 60 Mio. € gestiegen sind. Schon warnt Pfr. i.R. Manfred Alberti: „Der Alptraum geht weiter: NKF – Verwaltungsstrukturreform – jetzt: IT-System.“

Erster Eindruck: Geld ist da, wenigstens für die Administration. Aber nicht für Schulen, Arbeitslosenfonds, etc. Man kann, man muss die Vorlage also auch so deuten, dass es bei den o.g. Kürzungen doch wenigstens teilweise um eine Verschiebung von Mitteln für die Arbeit mit den Menschen zur Administration geht. Und nicht um eine Konsolidierung im Sinne von Festigung. Denn man setzt sich ja gerade mit der IT-Struktur einem neuen Risiko aus. Der Pfarrrverband der EkiR hatte auf diesem Hintergrund ein Moratorium für die weitere Umsetzung der Reformen gefordert. 
Auf derselben Synode, die die o.g. Kürzungen beschließt, prangen an einer von Synodalen gestalteten Tür „Neue Thesen zur Reformation“ . Darunter diese: „Weniger Verwaltung, mehr Begegnung“.  Auch die Synodalen scheinen also zu wissen, worauf es wirklich ankommt – auch wenn sie in den entscheidenden Abstimmungen Angst vor der eigenen Courage haben und, Linientreue demonstrierend, genau umgekehrt entscheiden: Mehr Verwaltung, weniger Begegnung.

Läuft hier etwa etwas fatal verkehrt? Wir stellen diese Frage im Folgenden hinsichtlich der Finanzpolitik der Kirche selbst.

Einen ersten Hinweis erhalten wir in der Württembergischen Landeskirche, in der die Fraktion der Offenen Gemeinde ihre alternative Position sinngemäß so formulierte: Strategie der Mitgliederbindung vor Rücklagenbildung (in einer Niedrigzinsphase). 
Zwischen beiden Fragen existiert ein Zusammenhang, der aber von offizieller Seite noch nicht reflektiert ist . Dass er aber auch dort diffus empfunden wird, zeigt eine beiläufige Bemerkung des EKiR-Finanzdzernenten Bernd Bauks: 1,63% Kirchenaustritte erwähnt er in seiner Einbringungsrede zur „Haushaltskonsolidierung“ recht unschuldig (vgl. oben, S. 4). 1,63% – etwa doppelt so viel wie im Durchschnitt üblich. Könnte dies schon heute sichtbare Ergebnis und also Folge eines fatal entgleisten Reformkurses mit einer gerne als „Sparpolitik“ betitelten Downsizing-Konzept in der EKiR sein?

Ganz anders die Offene Gemeinde der Synode in Württemberg. Deren Ansatz gemäß müssten Mittel logischerweise prioritär für die Arbeit mit Menschen eingesetzt werden. Das finanzpolitische Credo: die Mittel kommen von der Basis und sie müssen in möglichst hohem Umfang und Anteil dorthin zurück. Um dort kirchliche Arbeit zu machen, um das Evangelium zu kommunizieren. (vgl. dazu Prof. Christian Grethlein)

Wir reden hier nicht darüber, in welcher konkreten Form der Kontextualisierung das heute zu geschehen hat, ob in Gemeinde oder Funktionen/Diensten oder auf andere Weise. Wir reden auch nicht darüber, dass es durchaus individuell sinnvoll sein kann, einmal errichtete Einrichtungen, Projekte, auch Gemeinden wieder zu verändern oder zu schließen oder innovativ neue zu errichten. Das alles sind Fragen und Lösungen, die hier noch nicht zur Debatte stehen. Das wäre der zweite Schritt, der würde dann schließlich durch die Output-Sicht erweitert. Wir beginnen ganz am Anfang und da geht es um die Input-Seite. Und hier stellt sich die zentrale Frage, wie viel (Finanz-) Mittel die Kirche für sich selbst, ihre Eigenorganisation, die Institution und Organisation, benötigt. Und welche Anteile der Mittel für die „Reinvestition“ in die Menschen, die Mitgliederbindung, oder auch die Gesellschaft (Kindergärten, Diakonie) zur Verfügung stehen. Diese prinzipielle Frage ist die Basisfrage jenseits folgender theologischer Richtungsentscheidungen!

Diese Basisfrage wird heute auch in der verwaltungswissenschaftlichen Diskussion gerne umgangen. Zu schnell und zu ausschließlich wird etwa in den neuen Steuerungsmodellen auf die Output-Seite rekurriert und verwiesen. Und in diesem „ausschließlich“ wird geschickt vom Thema Nr. 1 abgekenkt: dem Input. Und en passant wird auf diese Weise die Blickrichtung fokussiert und damit auch die Hauptverantwortung für die Resultate der Gesamtorganisation an die Mitarbeitenden delegiert. So steigt dort der Druck. Genau diese Erfahrung machen die Mitarbeitenden seit rund 15 Jahren in fast allen Bereichen der Daseinsvorsorge (Kommunalverwaltung, Bildung, Gesundheit etc,) und eben auch in der Kirche. Und sie zeigen entsprechende Reaktionen. Gleichzeitig wird durch diese einseitige Blickrichtung auf die Mitarbeitenden die Leitung/ die Politik immunisiert. Das ist ein gelungenes Ablenkungsmanöver. innerorganisatorisch hat es funktioniert. Dieser Trick funktioniert aber nicht bei den Adressaten, den Mitgliedern, Patienten, Kunden, Bürgern. Spätestens seit Stuttgart 21 ist auch schlichten Gemütern nicht mehr verborgen, was fehlende oder falsche Inputkonzepte bedeuten. Mit dem Input, mit dem, was eine Organisation/Institution an Mitteln für unterschiedliche Zweige/Abteilungen bereitstellt, zeigt sie, welche Ziele sie selbst wirklich verfolgt. Und ob diese mit den von ihr verbal formulierten Zielen übereinstimmen – oder davon abweichen. Mit dem Input zeigt die Organisation ihr wahres Gesicht. Hier zeigt sich für das Mitglied, ob es seiner Organisation vertrauen kann oder eben nicht. Der heute feststellbare Vertrauensschwund in viele ehemals geschätzten Institutionen bei den Bürgern hängt nun ganz offensichtlich auch mit der Vernachlässigung der Input-Thematik auf Seiten der Finanzdezernenten zusammen. Auch in der Kirche. Hier führt das zu zusätzlichen Kirchenaustritten. Deren Ursache und Folgen bei den bisherigen soziologischen Studien (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen) m.W. bisher leider nicht berücksichtigt wurden. Hier fehlt ganz offensichtlich die verwaltungswissenschaftliche Expertise. 

Denn die Gretchenfrage von Mitgliedern lautet doch sachgemäß immer wieder etwa so: „Wenn ich nur wüsste, ob die von mir gezahlte Kirchensteuer nicht irgendwo in der anonymen black box (in der Kirchenverwaltung) versickert?“ Vertrauen zur Organisation bildet sich also auf der Inputseite: In welchem Grad dienen die Mittel (nur) dem Apparat, und in welchem Anteil fließen sie zu den Menschen zurück? Den richtigen Input zu gewährleisten, darin liegt u.a. die hohe Kunst der Finanzpolitik der Kirche. Und auch die große Baustelle der Zukunft?

Ein Indiz für die aktuelle Entwicklungstendenz zeigt sich aktuell in Kirchenkreisen der EKiR an einfachen Vorfall,  wenn nämlich die „immer schon“ vorhandene Stelle des Stelle des Jugenddiakons oder Gemeindepädagogen der neuen Stelle für den infolge der Doppik zusätzlich erforderlichen Finanzsachbearbeiter weichen muss. Ein erster Hinweis, gewiss. Ein Indiz aus einer aktuellen Momentaufnahme. Um die Frage in seinem vollen Umfang in den Blick zu bekommen, ist es erforderlich, große Zeiträume in den Blick zu nehmen. Dies soll hier mit einem Blick auf die EKHN geschehen, unterstellend, dass sich eben diese Tendenz aufgrund paralleler Entwicklungen auch auf andere Landeskirchen übertragen lässt. Diese kleine Untersuchung erfolgt ganz holzschnittartig. Wir vergleichen nur, welcher Prozentanteil der Finanzmittel an die Basis zurückfließt. Wobei die Gebäudefrage dabei aufgrund fehlender Angaben noch unberücksichtigt bleibt. Zum Vergleich greifen wir die Jahre 1974 und 2013 heraus.

Wen interessiert, wie das Ergebnis zustande kommt, lese hier weiter. Wer nur das Gesamtergebnis interessiert, der springe zum nächsten Abschnitt in Normalgröße.

Was damals an die Basis floss, zeigt ein Flyer der EKHN_1974_(Mittelverwendung) mit einer groben Übersicht über die damalige Finanzsituation. Demnach flossen an die Basis, hier die Gemeinden, 50,35% der Kirchensteuermittel (=45,84% des Haushaltsvolumens) zu, zusätzlich die auf Seiten der Landeskirche geführten PfarrerInnengehälter. Sie zählten zu den „übergemeindlichen Aufgaben und Pfarrgehältern“. Lagen diese 1974 insgesamt bei 44,79% Kirchensteuer (=49,74 am Haushaltsvolumen) so betrug der Anteil der Pfarrgehälter am Gesamthaushaltsvolumen Anfang der 80iger Jahre ca. 33% (vgl. Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft, S.11 ). Unterstellt man der Einfachheit halber, im Jahrzehnt nach 74 sei dieser Anteil unverändert, dann kommt man 1974 auf einen Input Richtung Basis in Höhe von ca. 78% des Haushaltsvolumens als vorläufiger Wert.
Im Jahr 2013 betrug der Anteil für die „Basisarbeit“ nach dem Jahresbericht der EKHN 54,5%. Hierin sind aber – anders als 1974 – die Pfarrgehälter enthalten. Mehr noch: auch die Mittel für die Dekanate sind Teil dieses Haushaltsteils (36 Mio. € für Dekante im Vergleich zu 67 Mio. € Pfarrgehälter). Von diesen Mitteln für Dekanate sind aber ein gewisser Teil (ca. 50%) für „Basisarbeit“ anzurechnen.

Zu substrahieren wären in diesem Budgetbereich jeweils die Ausgaben für Verwaltung auf Regionaler Ebene (Regionalverwaltung) und die Dekantsverwaltungen.

Auch Additionen zu den Basismitteln sind zu nennen, hatten wir doch die Trennlinie nicht zw. Gemeinde und Gesamthaushalt, sondern zw. den Mitteln für Gemeinde und Funktion/Diensten und Gesamthaushalt gezogen. Damit sind für das Jahr 1974 noch eine unbekannte, aber zahlenmäßig wenig relevante Größe für übergemeindliche an der Basis wirkende Pfarrstellen (+1%) zu addieren. Heute ist dieser Anteil signifikant höher. Wir taxieren deren Umfang heute bei ca. 15% des Haushaltsvolumens.

Ergebnisse nach Subtraktionen und Additionen:

im Jahr 1974 flossen in der EKHN ca. 79% (78% + 1%) der Finanzmittel (Haushaltsvolumen) an die Basis (Gemeinde und div. Funktionen) zurück. Demgegenüber waren es im Jahr 2013 nur noch ca. 67%. (54% – 4% Verwaltungsanteil Regionalverwaltung und Dekante + 15 % div. übergemeindliche Leistungen +2% Kirchensteuerausgleich mit Ostdeutschen Kirchen).

Das macht eine Differenz von 12% des jeweiligen Haushaltsvolumens (bei Berücksichtigung der Gebäudefrage würde sich diese Zahl noch erhöhen). Ein signifikanter Unterschied, der noch nicht die zusätzlichen Verschiebungen, die sich durch die Einführung der Doppik ergeben, die der EKHN noch bevorsteht. 

So weit das Ergebnis der langfristigen Verschiebungen beim Input. Das Indiz der Momentaufnahme hat sich also langfristig bestätigt! Das Problem der Finanzpolitik, das die Dezernenten selbst gestalten könnten, ist also diese zunehmende Tendenz der Verschiebung im Input. Kirchenmitglieder nehmen das sehr wohl wahr. Wie begründete kürzlich eine Frau Ihren Austritt gegenüber dem Pfarrer: „Es ist nicht wegen Dir, aber von der Kirchensteuer werden ja nur noch 7% für die Gemeinde und 3% für die Diakonie verwendet. Deshalb bin ich ausgetreten. Ich will wohl zukünftig noch spenden, ich will aber, dass das Geld hier in der Gemeinde bleibt.“ (Fall aus der EkiR).

Was heißt das für die Finanzpolitik der Kirchen?

Die Haushaltskonsolidierung ist ein Herumdoktern an Symptomen. Die eigentliche Ursache des Problems wird damit nicht behoben. Aufgabe der Finanzpolitik muss wieder darin bestehen, ein verantwortliches und mitgliederorientiertes Input-Konzept zu entwickeln. Mitgliederorientierung der Kirche beginnt mit der Reorganisation des Inputs Richtung Mitglieder/Basis/Gemeinden. Die erlittenen Verluste durch die anhaltenden Verschiebungen über Jahrzehnte (s.o.) sind sukzessive abzubauen und die Tendenz der Umverteilung in Richtung Administration bzw. mitgliederfremde Leistungen rückgängig zu machen. Dieser Beitrag ist eben nicht perifer, sondern wesentlich für die Rückgewinnung verlorenen Vertrauens in die Organisation selbst. Die Qualität der Finanzdezernenten ist daran zu messen, inwieweit ihnen dies gelingt. Zu diesem Thema sind präzise Angaben zu ermitteln und den Synoden darzulegen. Das ist viel wichtiger als das für viele Gremienmitglieder am Ende doch mysteröse und aufgrund der Bewertungsspannen leicht manipulierbare Zahlenwerk der Doppik!

Was heißt dies Ergebnis für die Diskussion in der EKiR?

Die zentrale Frage muss auch angesichts der extrem hohen Austrittsquote von 1,63% wieder lauten: wie können Menschen erreicht werden? Wie kann dies gerade auch angesichts der hohen Veränderungsdynamik des Umfeldes (Digitalisierung, Wandlung des gesellschaftlichen Umfeldes, Wandlung des „religiösen“ Umfeldes) geschehen? Gerade damit nämlich wird Bindung erzeugt – die dazu führt, dass Menschen auch in Zukunft bereit sein werden Kirchensteuern zu bezahlen.
Wie kann die Administration (incl. IT!) dabei eine klare Dienstleistungsfunktion gegenüber den Mitarbeitenden an der Basis/ Gemeinde einnehmen?

Die Frage ist zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich erforderlich sind. Die EKiR trifft zeitlgeich zu den massiven Einschnitten Investitionsentscheidungen. Die EKvW, finanziell in etwa gleicher Lage, betrachtet ihre Rücklagen als ausreichend und entscheidet völlig konträr zur EKiR. In der EKHN lag der Ausfinanzierungsgrad der Verorgungsstiftung schon Ende 2013 bei 101%. Was aber dort nicht hindert, den Stock jährlich immer wieder neu mit Summen in 2-stelliger Millionenhöhe zu erhöhen. Das zeigt: der Ausfinanzierungsgrad dient als scheinbar unwiederlegliches Argument, so lange das Soll nicht erreicht ist. Ist es erreicht, geht dass Spiel trotzdem weiter. Angesichts dessen, verliert man das Vertrauen in derartige „Argumente“. Und angesichts dessen gilt es die Frage zu klären, in welcher Höhe Rücklagen tatsächlich angemessen und erforderlich sind.

Gegenüber solchen Überlegungen hat man sich in der EKiR, das zeigen die jüngsten Beschlüsse, für einen anderen Kurs entschieden. Das Motto: Augen zu und durch!

EKiR-Synode: Unter Rekowski rekordverdächtig: 56 Anträge von Kirchenkreisen an die Landessynode

Die Zahl klingt rekordverdächtig: 56 Anträge von Kirchenkreisen an die Januar-Landessynode der EKiR.

Die Sparvorschläge der Kirchenleitung, die im September zur Diskussion gestellt wurden, haben auch auf den Kreissynoden im Herbst vergangenen Jahres eine große Rolle gespielt. Ein Blick auf die insgesamt 56 Anträge von Kirchenkreisen an die Landessynode macht deutlich, dass man vor allem bei der Jugendarbeit Korrekturbedarf sieht. Daneben sind das Haus der Stille, der Arbeitslosenfonds, die Flüchtlingshilfe, die Schulen aber auch die Verwaltung wichtige Themen.

Zur Darstellung einzelner Anträge zu den genannten Themenkomplexen.

EKiR Synode 01/2015: Der Alptraum geht weiter: NKF – Verwaltungsstrukturreform – jetzt: IT-System. Von Pfr. i.R. Manfred Alberti

Rundschreiben Nr. 32 von Manfred Alberti

(ekir.de – über uns – Landeskirche – Landessynode – Landessynode 2015 – Dokumente – Drucksachen – Drucksache 16)

„Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist eine der Säulen für die Leistungsfähigkeit kirchlicher Arbeit.“ (DS 16. S.3) Was wie ein Textbaustein aus der Werbebroschüre eines IT-Systemhauses klingt, soll die Landessynodalen gewogen machen, Millionen Euro in ein landeskirchenweites einheitliches IT-System zu investieren: ab 2015 jährlich mindestens € 815 000 für die Zentralorganisation, dann zusätzlich Millionen oder zig Millionen für den IT Ausbau in Kirchenkreisen und Gemeinden.

Dass der Außendienstmitarbeiter eines Maschinenbaukonzern bei seinem Kundenbesuch eine gut und schnell funktionierende Kommunikation mit Konstruktionsabteilung, Produktionsplanung und Finanzabteilung seiner Zentrale haben muss und dass diese Kommunikation sehr geheim gegenüber den Konkurrenten bleiben muss, ist einsehbar. Auch kommt ein Handelskonzern nicht ohne in Millisekunden problemlos funktionierende IT-Systeme für Bestellung, Lieferung, Bezahlung und Finanzverwaltung aus, aber braucht unsere Kirche wirklich solche ausgefeilten einheitlichen IT-Systeme für alle Ebenen?

Für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Ebenen und Institutionen dürften die einfachen Mail – Kommunikationsmittel weitgehend ausreichend sein: Einige wenige Male im Jahr braucht das LKA für Planungsaufgaben Personallisten, Gebäudelisten und vielleicht einen vereinfachten Zugriff auf Finanzdaten. Aber muss dafür wirklich für alle Ebenen, alle Institutionen und alle Personen eine einheitliche IT-Struktur aufgebaut werden? Ist das nicht total überdimensioniert für kirchliche Verwaltung?

Das 2005 mit einer einzigen Personalstelle aufgebaute ekir.de muss 2015 erneuert werden: Aber braucht man dazu heute 9 Stellen? Mailabwicklung, Adressenverwaltung, Terminplanung und Server für Gemeindewebsites, viel mehr als das alte soll das neue System neben den Verwaltungsaufgaben wohl auch nicht leisten können.

Wenn schon seit geraumer Zeit Systeme (z.B. Mach, siehe LS 2015, Drucksache 1, S.3) nur ungenügend für die heutigen Anforderungen funktionieren, wird das dann besser, wenn man sie einheitlich für alle Institutionen der ganzen Landeskirche zwingend vorschreibt? Was für eine seltsame Lösungsstrategie!

Und ist nicht alles schon längst veraltet, bis auch die letzte Institution in eigener Verantwortung umgeschaltet hat? Wer soll die riesigen zusätzlichen Ausgaben schultern, wenn des Mengenrabattes wegen die gleiche Diensthard- und software für alle Benutzer zum gleichen Zeitpunkt gekauft werden muss?

Und wer haftet für nie zu verhindernde Fehlentscheidungen, wenn alles von wenigen „Kundigen“ nach ihren eigenen begrenzten Kenntnissen, Maßstäben und Interessen entschieden wird? Sind nicht gerade im IT-Bereich die Risiken dezentraler Systeme und Entscheider wesentlich überschaubarer als Einheitslösungen? Besser kopiert eine Institution das erfolgreiche System einer anderen, als dass von oben einheitliche (evtl. sogar unausgereifte) Lösungen durchgesetzt werden. Zudem muss jede Institution zu einem anderen Zeitpunkt ihr System erneuern.

Wo braucht Kirche für effektive Arbeit wirklich ein größer dimensioniertes einheitliches IT-System? Reicht es nicht aus, wenn man funktionierende relativ einfache sichere Systeme allen kirchlichen Institutionen anbieten würde, auf die diese nach eigenem Bedarf und Budget zugreifen können? Ist es wirklich angesichts des rasant sich verändernden Marktes sinnvoll, viele teure Experten auf Dauer einzukaufen und auf deren schnell veraltendes Spezialfachwissen angewiesen zu sein, statt jeweils aus dem aktuellen Angebot hochspezialisierter Firmen sich das Beste und Passendste aussuchen zu können?

100 prozentige IT-Sicherheit kann es nicht geben – das sagt die Drucksache 16 (B 3.3.6.) selbst. Und Beichtgeheimnisse gehören eh nicht in das IT-System, weil die IT Mitarbeiter auf alle Daten Zugriff haben müssen. Kirchliche Betriebsgeheimnisse für Patente müssen auch nicht vor der Konkurrenz geschützt werden: Sind da eigene IT-Experten für die höchsten Sicherheitsstufen wirklich nötig und angebracht?

Auffällig ist in der Drucksache 16, wie oberflächlich der Rahmen, die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer einheitlichen IT-Struktur dargestellt werden: Überzeugende Fortschritte gegenüber dem Status quo werden so wenig sichtbar, dass selbst der ständige innerkirchliche Ausschuss dazu rät (S. 21), die Gefahren drohender Rechtsunsicherheiten und Schäden doch deutlicher herauszustellen, damit die Akzeptanz des einheitlichen IT – Konzeptes erhöht werden kann: Das bedeutet: Angst machen und Drohung statt überzeugender und einladender Lösungen.

Hier wird wieder ein Strukturproblem der Landessynode der EKiR sichtbar: Drucksachen werden als Werbebroschüren gestaltet. Sie sollen die Vorteile einer Maßnahme schön darstellen, kritische Punkte sollen aber so gut wie keine Erwähnung finden. Die Verfasser der Drucksachen sind an der Sache interessierte Profis (teilweise auch mit Eigeninteressen), die die Gefahren, die kritischen Punkte oder Risiken möglichst klein reden, damit die Drucksache so beschlossen wird. Weder Ausschussmitglieder noch Landessynodale sind so in der Lage, sich ein „objektives“ Urteil zu bilden, wenn die Gegenargumente nicht genannt und in die Diskussion mit einbezogen werden können.

Bedenklich ist, welche Strategie der Projektausschuss ganz offiziell betreibt: die „Politik der kleinen Schritte“ (S.9): Statt den großen Rahmen (auch Kostenrahmen) des Gesamtprojektes den Landessynodalen zu präsentieren und für das Gesamtprojekt Zustimmung zu finden, soll 2015 nur ein kleiner erster Schritt mit ca. € 800 000 beschlossen werden (10,1 Prozent Landeskirche, 89,9 Prozent Kirchenkreise und Gemeinden), 2016 das Gleiche nochmal und dann können Kirchengemeinden und Kirchenkreise sehen, welche Millionen – Kosten sie für ihre Bereiche schultern müssen, damit das Ganze wie geplant funktionieren kann. Ob es das tut, bleibt abzuwarten, siehe NKF.

Eigentlich ist eine Vorlage, die nur den ersten Schritt eines Projektes umfasst und die bei der Frage, wie die nächsten Schritte und wie das Gesamtkonzept aussehen, nur eine Wolke von Spekulationen hinterlässt, in keiner Weise entscheidungsfähig.

Zudem haben sich alle Hoffnungen und Versprechungen auf Einsparungen und Synergieeffekte in den bisherigen Reformprojekten wie NKF und Verwaltungsstrukturreform als sehr teure Irrtümer erwiesen.

Die Erfahrungen mit dem früher einmal geplanten einheitlichen verbindlichen Mail-Verkehr über ekir.de, den viele nicht nutzen, sollten eine Warnung sein: Viele Theologen haben kein Interesse an technisch kompliziertem Handwerkszeug für ihre Arbeit: Wozu soll man Diensthandy und Dienstlaptop (mit komplizierten Zugängen) neben dem Privathandy etc haben und in Abhängigkeit von einem funktionierenden ekir.de -Server und seinen technischen Betreuern leben, wenn die bisherigen Geräte für die normale Arbeit völlig ausreichend sind.

Dass zudem in der Wirtschaft bei Dienstgeräten der Dienstherr Arbeitsleistung, Arbeitszeiten und Arbeitsorte überprüfen und speichern kann, muss kein gutes Vorbild für Kirche und pfarramtliche Arbeit sein.

Der Alptraum geht weiter: Immer höhere Ausgaben für Verwaltung, NKF und IT-Systeme, immer weniger Gelder und Kompetenzen für die Gemeinden und für die Gemeindearbeit. Längst gibt es in der EKiR weit mehr Stellen für Verwaltungsmitarbeiter als Mitarbeiter in der Kinder-, Jugend-, Erwachsenen- und Seniorenarbeit und in der Kirchenmusik zusammen. Ist das eine sinnvolle Aufgabenverteilung in einer Kirche?

Verwaltung ist Dienstleistung mit sehr begrenztem Einfluss auf den Erfolg kirchlicher Arbeit mit den uns anvertrauten Menschen: Sind da zehn IT-Spezialisten im LKA wirklich sinnvoller als zehn Pfarrstellen oder fünfzehn Jugendmitarbeiter für die Begleitung Ehrenamtlicher?

Verwaltung ist kein Selbstzweck, sie muss Dienstleister für Gemeindearbeit, für Verkündigung und für Arbeit mit den Menschen sein: Sie kann durch Fehler Gemeindearbeit zerstören und durch riesigen Geldbedarf Gemeindearbeit erschweren, aber sie wird nirgendwo ein kleines bisschen dazu beitragen, dass Menschen zum Glauben kommen oder darin gestärkt werden.

Deshalb ist es ein Alptraum, dass eine Kirche immer mehr Gelder für Verwaltung, IT-Systeme etc ausgibt und Verwaltung wächst und wächst und wächst, während Pfarrstellen eingespart werden, Gemeindemitarbeiterstellen wegfallen, Gemeinden zusammengelegt werden und evangelische Kirche sich aus der Fläche zurückzieht.

Hoffentlich sagt hier die Landessynode 2015 ein deutliches Nein zu diesem seit einigen Jahren beschrittenen Weg. Kirche ist für die Menschen da, nicht für die Verwaltung. Nach NKF, neuer Verwaltungsstruktur und zunehmender Hierarchisierung zulasten der Gemeinden und Presbyterien wäre eine neue verbindliche IT-Struktur mit teuren Mitarbeitern auf allen Ebenen ein fataler Schritt in die falsche Richtung: Neben der Verwaltungssäule die unnötige neue Säule einer IT-Struktur.

Was hat das einfache Gemeindeglied als der Kern unserer Kirche davon? Nichts! Es leidet nur darunter, dass immer weniger Menschen, MitarbeiterInnen und PfarrerInnen in der eigentlichen Gemeindearbeit tätig sind.

Pfr. i. R. Manfred Alberti, An der Piep 8 c, 42327 Wuppertal

EKiR Synode 2015: – Eine verschärfte Ökonomisierung als Programm. Auf dem Weg zur marktkonformen Kirche?

Von Hans-Jürgen Volk

„Umkehr“ fordert das „Wormser Wort“, dass von Menschen verfasst worden ist, denen an ihrer evangelischen Kirche liegt. Die dahinter stehende Analyse konstatiert Schäden durch fortwährende Rückbau- und Umbauprozesse, die die Leitungsgremien wie auch die Beschäftigten der Kirche überfordern und die Kirche selbst von den Menschen entfernt. Es ist nicht weiter erstaunlich, dass die Leitung der Ev. Kirche im Rheinland von der Einsicht in eine derartige Umkehr weit entfernt ist. Im Gegenteil: nicht zuletzt die Vorlage der Kirchenleitung zur Haushaltskonsolidierung deutet einen Kurs verschärfter Ökonomisierung an. Dies wird vor allem nach Lektüre der unter I. „Positionsbestimmung“ (S. 2,3) ausgeführten Sätze deutlich. Eisern wird an dem von der Kirchenleitung im Sommer 2013 beschlossenen Sparziel von 12. Mio. € festgehalten, um die der landeskirchliche Haushalt zusätzlich zu den bereits beschlossenen 8 Mio. € entlastet werden soll. Das „konsequente Einfordern eines kostendeckenden Betriebs“ kirchlicher Tagungshäuser bedeutet nichts anderes, als dass man diese ungeschützt Marktmechanismen aussetzen will. Ins Bild passt die Forderung nach „Einwerbung von Drittmitteln“ zur Finanzierung kirchlicher Einrichtungen – Bologna lässt grüßen. Die darüber hinaus verlangte „Bündelung von Aufgaben und Ressourcen“ riecht nach weiteren Konzentrationsprozessen.

Fakten zur finanziellen Situation der EKiR

Zum vollständigen Artikel.

12.01.15, Zum selben Thema auch ein aktueller Synodenreport in wdr5:

Landessynode – Sparen auf Evangelisch: Pensionskasse statt Schulklasse?

Von Christoph Fleischmann

Bei der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland geht es in diesen Tagen nicht zuletzt um die Konsolidierung des Haushalts. Kritiker fürchten: Bei Schulen wird mehr als nötig gespart, um ohnehin üppige Rückstellungen für Pensionen weiter zu erhöhen….

Zum Report.

EKiR: Mehreinnahmen und Erklärungsnöte: Wofür spart die Rheinische Landeskirche?

Von Christoph Fleischmann, Sendung wdr

Die Kirchensteuer 2014 wird wohl für die Evangelische Kirche im Rheinland 642 Millionen Euro betragen, und damit um circa 57 Millionen Euro höher ausfallen als im Haushalt geplant. Nun wird es für die Kirchenleitung schwieriger, den Vertretern auf der Landessynode den eisernen Sparkurs zu verkaufen…


??? Was Sie eben noch angesprochen haben: Auf den Herbstsynoden der Kirchenkreise seien Verwaltungsstellen aufgebaut worden. Hängt das mit der Einführung des Neuen Kirchlichen Finanzwesens (NKF) zusammen? Man will ja die gesamte Landeskirche mit allen ihren Untergliederungen auf eine moderne doppelte Buchführung umstellen – weg vom alten Rechnungswesen. Das wird aber zunehmen teurer, oder?

Volk: Das führt zu einem erheblichen Kostenaufwuchs bereits auf der Ebene der Landeskirche. Und in der Tat, die meisten Stellen sind im Bereich der Finanzverwaltung eingerichtet worden. Hier hat man erkannt, dass aufgrund der Komplexität dieses Neuen Kirchlichen Finanzwesens befristete Stellen nicht ausreichen. Man hat befristete Stellen in unbefristete verwandelt und darüber hinaus noch zusätzliche Stellen eingerichtet. Ich denke an Kirchenkreise im nördlichen Ruhrgebiet, wo teilweise Kirchengemeinden ein Drittel ihrer Finanzmittel für Verwaltungskosten aufwenden. In meinem Kreis ist der Anteil der Verwaltungskosten auch erheblich gestiegen und führt zwangsläufig dazu, dass wir Stellen im Bereich Jugendarbeit und gegebenenfalls auch Kirchenmusik reduzieren müssen. Auch die Diakonie ist da auf dem Prüfstand. Es wird also in Arbeitsfeldern, wo mit Menschen gearbeitet wird, reduziert werden müssen, wenn es keine Kehrtwendung gibt. Zum vollständigen Interview.