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Kirchenmitglieder

Reformierte Schweiz: Kirchliche Statistik 2014/ Statistique ecclésiale 2014, Kircheneintritte und -austritte

03/2016
I.
– Kircheneintritte und Kirchenaustritte 2014
– nach Altersgruppen
– nach Gründen
– Entrées et sorties de l’Eglise 2014
– par classes


Eintritte / Entrées: 331 (zum Vergleich 2013: 360)

Austritte / Sorties: 4710 (2013: 4353)

Geordnet nach Gründen / Par motifs

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Von Dorf zu Dorf. Gert Sommerfeld muss sich als evangelischer Pfarrer gleich um fünf Gemeinden kümmern. Impressionen aus der ELK Bayern von von Harald Hordych, SZ

27./28.02., von Harald Hordych, SZ
“ Aus fünf Gemeinden kommen gleich vier Posaunenchöre. Vier? Könnte man da nicht vielleicht den ein oder anderen zusammenlegen? Ausgeschlossen! Synergieeffekte wie bei Unternehmen sind nicht vorgesehen. Das Eigenständige und die Unterschiede auf kleinstem Raum machen die Gegend aus. 1987 kam Sommerfeld hierher. Zunächst war er für zwei Gemeinden zuständig… Zum Artikel.

Prof. Paul Zulehner in einer Pastoralkonferenz über den Wandel der Kirche: „Wir leben nicht ein einer Ära des Wandels, sondern erleben einen Wandel in der Ära“.

26.-27.1.2016: Pastoralkonferenz

Teil 1 (Wir leben nicht ein einer Ära des Wandels, sondern erleben einen Wandel in der Ära – Papst Franziskus) MP4 | PDF
Teil 2 (Künftig werden unter den Katholikinnen mehr Christinnen sein) MP4 | PDF
Teil 3 (Man füllt keinen neuen Wein in alte Schläuche: Strukturwandl) MP4 | PDF

 

 „Wir leben nicht in einer Ära des Wandels,
sondern erleben einen Wandel der Ära.“ (Papst Franziskus)
 Die ererbte Kirchengestalt vergeht. Eine neue ist im Werden [„Seht her, nun mache ich
etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? “ (Jes 43,19)] Die
Menschen sind wählerisch geworden. Es braucht attraktive „Gratifikationen“. Welche
birgt die Kirche für die Menschen in Kärnten heute?
 Es wird morgen unter den Katholikinnen mehr Christinnen geben.
 Worauf es ankommt: Es braucht zur Bildung von „Glutkernen“ Wege zur Annahme der
unvertretbaren Kirchenberufung bei „Hinzugefügten“. Förderung der Berufenen und ihrer
Begabungen. Ein mystagogischer Weg. Zur Förderung der Begabungen eignen sich
pastorale „Trüffelhunde“ bestens.
 Lokal und regional: zur strukturellen Weiterentwicklung der Diözese
 Für eine Reihe von pastoralen Projekten (Bildungsarbeit, Mitarbeiterbildung, Jugendarbeit,
Diakonie…) braucht es morgen Entwicklungsräume. In diesen wirken Pfarren und
kirchliche Einrichtungen (KA, Caritas, Schulen…) mit erhöhter Synergie zusammen.

Mehr dazu.

Presbyter Klaus Vitt an die Schwestern und Brüder im Synodalvorstand: „Was braucht die Gemeinde in unseren Ortschaften denn wirklich? Was will und können die für Seelsorgedienst und Predigtamt Tätigen bei 3000 – 3500 Gemeindeglieder noch leisten…?

11.Januar 2016

Liebe Schwestern und Brüder des Synodalvorstandes,

Ob in unserer Kirche Geld auf die Jahre genug vorhanden ist, da habe ich keine Sorge. Wir haben jetzt mindestens seit 2004/5 ständig um die große Sorge Geld gesprochen. In all den Jahren hat es bis zum heutigen Tag – auch nach Worten des Vizepräsidenten Klaus Winterhoff – immer einen dankenswerten guten Erfolg der Finanzen durch die positive Kirchensteuerentwicklung gegeben.

Dennoch glaube ich, sind wir nicht auf einem guten Weg.

„Kirche der Freiheit“, ein Schriftstück von über 100 Seiten, wurde 2006 von der EKD als Reformprogramm eingeführt. Was bedeutet denn da Freiheit? Ich habe etliches darin gelesen. Diese Schrift handelt von einem tief greifenden Umbau. Und dieser Umbau ist mit dem christlichsten Vokabular bereichert. Man verspürt, dass für die Zukunft unserer evangelischen Kirche eine zunehmende Hierarchie, eine wachsende Zentralisierung, dadurch eine verstärkte Bürokratisierung und eine Ökonomie gewollt sind, die sich komplett den Wirtschaftsunternehmen anpasst.

Das kann nicht unsere Aufgabe, Kirche zu sein, bedeuten. Die Kernaufgabe geht verloren. Wie viel Zeit wurde schon und wird seit Einführung dieses Jahrhundertprojektes für Doppik/NKF (Neues kirchliches Finanzsystem), Fusionen auf allen Ebenen, Kompetenzverlagerungen und der Zentralisierung benötigt. Dafür werden zusätzlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebraucht, die das alles umsetzen müssen. Presbyterien und Synoden sind für dies Projekt stetig in Gesprächen. Gemeinden wissen nur wenig darüber und fühlen sich vernachlässigt. Sie fragen sich auch, was das alles soll. Ist da die Zukunft unserer Kirche zu finden? Was ist zu tun? Wer weiß denn bei allem Planen, wie es im Papier „Kirche der Freiheit“ prognostiziert wird, was wirklich eintritt. Zunächst wird viel Geld für die Umsetzung verbraucht und nicht gering einzuschätzen die Spannung bis hin zur Verärgerung in den Gemeinden.

Jakobus schreibt in seinem Brief diesen Hinweis, nachdem er die Pläne der Menschen für heute oder morgen schon in Zweifel gezogen hat: „So Gott will und wir leben, wollen wir dies oder das tun.“ Die Kirche kann aber schon auf zwanzig Jahre planen. Für mich sehr erstaunlich! Obwohl bis heute ihre Prognosen nicht eingetreten sind.

Was braucht die Gemeinde in unseren Ortschaften denn wirklich?
Was will und können die für Seelsorgedienst und Predigtamt Tätigen bei 3000 – 3500 Gemeindeglieder noch leisten. Was für einen Dienstplan kann man noch von ihnen abverlangen?

Das verstehe ich als Aufgabe der Kirche:
Die Gemeinde braucht Seelsorgerinnen und Seelsorger, die Zeit und Kraft haben, ihren Gemeindegliedern die großartige Botschaft Jesus Christus zu bieten.
Von unten muss die Gemeindearbeit mit Seelsorgern/Innen so gestaltet werden, das Glaube und Gehorsam mit der Botschaft des Evangeliums den Gliedern unserer Gemeinde verkündigt und gelebt wird. Die Liebe Jesu, der sich zum Sünder neigt und seine begnadigende Botschaft bietet, das gilt es zu bezeugen.

Dazu gehört der Besuch der älteren Gemeindeglieder, die nicht mehr zum Gottesdienst kommen können.

Dazu gehört, dass in den Hauptkirchen jeden Sonntag Gottesdienste angeboten werden und dass in Sonderheit auch in den abseits liegenden Ortschaften die Gelegenheit zumindest einmal im Monat die Gemeinschaft unter Gottes Wort geboten wird.
Dazu gehört vor allem auch die Wertschätzung unserer Pfarrer. Und das muss spürbar werden, indem einer Überbeanspruchung nicht weiter Vorschub geleistet wird.
Wenn immer mehr Pfarrstellen – von der Landessynode beschlossen – in den Gemeinden abgebaut werden, also kein Ersatz nach der Pensionierung erfolgt, kann ich mir vorstellen, dass noch mehr Mitglieder in den Gemeinden sich von unserer Kirche trennen. Was soll man in einer Gemeinde, wo der Hirte keine Zeit mehr hat und nur mehr das Dringendste leisten kann. Wobei sich die Frage stellt, was denn nun das Dringendste ist?
Was ist das für ein Zustand, wenn in Kirchen nur noch alle 14 Tage ein Gottesdienst geboten wird. Damit sagt man Gliedern der Gemeinde, dass die gottesdienstliche Gemeinschaft unter dem Wort nicht unbedingt nötig sei, geschweige denn gefordert wird.

Sicher, man kann die Gemeinde ermuntern, die Gottesdienstangebote im Fernsehbereich zu nutzen. Das wird ja auch heute von vielen genutzt. Dann kann man Gebäude und Kirchen in den Ruhestand stellen oder zum Verkauf anbieten.
Aber das ist nicht die Lösung. Die Apostel hatten reiche Treffen mit ihrer Gemeinde und hatten so Gemeinschaft im Namen Jesu.
Ich freue mich über die Gemeinden, die noch eine Vision haben, ein Gemeindehaus zu erweitern oder einen neuen Gottesdienstraum zu bauen, weil die vorhandenen Gebäude nicht ausreichen.
Auf einem solchen Weg sind wir nicht mehr. Die Sorge um unseren Reichtum lähmt die geistliche und seelsorgerliche Arbeit in den Gemeinden.

Es hört und liest sich in den Medien erschreckend an, wenn Kirchen und Gemeindehäuser, die unter großer Opferbereitschaft und Eigenleistung erstellt wurden, heute für einen „ Apfel und Ei“ auf dem freien Markt feilgeboten werden.
Das fördert noch die in unserer Kirche schon weit verbreitete Neigung, dem Gottesdienst fernzubleiben, und bei den Verantwortlichen den verständlichen Trend, sich bei der Vorbereitung und Durchführung nur auf einige Unentwegte einzustellen, also den Gottesdienst als Mitte der christlichen Gemeinde nicht mehr ganz ernst zu nehmen. Ganz zu schweigen davon, dass in unserer Kirche kaum noch zum eigenständigen Lesen und Verstehen der Heiligen Schrift angeleitet und anhand von Bibel und Bekenntnis gefragt wird, worauf es im christlichen Glauben und Leben doch ankommt. Der Heidelberger Katechismus weißt auf diese wertvolle Aufgabe in Fragen und Antworten 54 + 55 hin. Dies gehört jedoch zu den ureigensten Aufgaben der zur öffentlichen Verkündigung Berufenen und entsprechend ausgebildeten Pfarrerinnen und Pfarrer, was bei einem Schlüssel von 3500 pro Pfarrstelle aber kaum realisierbar ist. Es fehlt schlicht die Zeit.

Mir macht der jetzt eingeschlagene Weg unserer Landeskirche, der mit aller Gewalt „durchgepeitscht“ werden muss, mehr als große Bedenken und Sorgen. Darum erhebe ich meine Stimme mit diesem Schreiben, weil ich spüre, warnende andere Meinungen prallen in der Synode, als wenn man sie nicht gehört hätte, einfach so ab.
Werden wir uns bewusst, Gemeinde– und Synodalarbeit besteht nicht aus der Gehorsamsleistung gegenüber der Landeskirche, wie erhalte und vermehre ich mein Vermögen. Die Kernbotschaft, was unsere Kirche ausmacht und was ihre Aufgabe ist, muss wieder im Mittelpunkt stehen.

Und das wünsche ich mir und gehe davon aus, in diesem Wunsch haben wir Einigkeit.

Darum gilt es neu aufzuarbeiten, was ist wirklich nötig und was ist überzogen.

In brüderlicher Verbundenheit und Gottes Segen und Geleit für 2016

Ihr Klaus Vitt

Am Oberrain 11
57271 Hilchenbach

EKD: Kirchenaustritte 2014 auf 270.000 gestiegen. Höchster Austrittsprozentsatz in Berlin-Brandenburg-Oberlausitz, Nordkirche (1,7%), Ev. Kirche Mitteldeutschlands (EKM) und Bremen (1,6%).

02/2016, epd

Stark gestiegen ist die Zahl der Austritte: Von den 410.000 Menschen, die die Kirche verloren hat, sind 270.000 ausgetreten, im Jahr 2013 waren es 176.500.
Als Grund für den starken Anstieg hatten Kirchenvertreter immer wieder die neue Regelung beim Einzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge genannt…
Die Quote der Austritte in der EKD wuchs von 0,8 Prozent im Jahr 2013 auf 1,2 Prozent im Jahr 2014. Überdurchschnittlich viele Menschen verließen die Landeskirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und die Nordkirche (jeweils 1,7)…  Mehr dazu.

Die Austrittsquote der EKM und Bremens lag bei 1,6%. vgl. hier.

 

Kommentar F.S.:

Die schlechtesten Ergebnise fahren von den Flächenkirchen Berlin-Brandenburg-Oberlausitz, die Nordkirche und die EKM ein.  Gewiss: die Austrittsneigung im Norden ist nicht neu. Wir wollen hier keinen Ersatz für – aussstehende – soziologische Forschungen bieten, die die unterschiedlichen Gründe und Motive der ausgetretenen Menschen analysieren müssten. Nicht nur, aber auch hier existiert ein „Desiderat“ der Forschung. Wir wollen dies also nicht schließen. Wir erlauben uns aber den Hinweis, dass alle drei Landeskirchen den Umbauprozess der Kirche mit Verve betrieben  haben. U.a. haben alle drei den Weg der Fusionen von Landeskirchen durchgemacht, teilweise und großem Zeit- und Kraftaufwand, wie etwa in der EKM.  Diese Tatsache der Kraftanstrengungen für teilweise wenig plausible Umbauprozesse dürfte in diesen Landeskirchen ohnehin vorhandene Trends verstärkend gewirkt haben. Die Lage ist mittlerweile dramatisch, doch die EKD gibt sich stoisch. Wann zieht man endlich aus der Lage Konsequenzen?

Kirche angesichts von Individualisierung und Säkularisierung. Die fünfte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft. Heinrich Bedford-Strohm (Hrsg. […]): Vernetzte Vielfalt

01/2016

2016 könnte das Jahr der Ortsgemeinden werden. Jedenfalls dann, wenn sich die Landeskirchen mit ihren Synoden und in ihren Entscheidungen an den Ergebnissen der fünften Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD orientierten. Dies würde jedoch in manchen Bereichen einen radikalen Gesinnungswandel und den Willen zu Korrekturen voraussetzen. Denn der vor einigen Wochen im Gütersloher Verlagshaus erschienene, fast 550 Seiten starke offizielle Auswertungsband lässt schon bei einer ersten Durchsicht keine Zweifel daran, wo die größte Bindungskraft und Stärken der evangelischen Kirche liegen: in den parochial organisierten Ortsgemeinden!… Mehr dazu.

Nordkirchensynode: Schwieriges Thema „Mitgliederbindung“. Von Bischöfin Kirsten Fehrs, HH

12/2015
am 19. November 2015, 12. Tagung der Nordkirchensynode

TOP 2.1.: Bericht aus dem Sprengel Hamburg und Lübeck

„…3. Schwieriges

Mitgliederbindung:
Das ist der sympathische Titel für ein Problem, dem wir uns unbedingt stellen müssen.
Demographischer Wandel, Kirchenmüdigkeit, Austritte, fehlende Sozialisation.
Wir kennen sie alle, die Faktoren, die zur Abnahme der Mitgliederzahl und zur
schwindenden Bindung an die Kirche führen. Geradezu gegenläufig zu unseren Kirchensteuereinnahmen.
Was wir noch nicht kennen – oder vielleicht einfach nicht zu
Ende gedacht haben? -, sind Ansätze, wie wir gezielt eine höhere Kirchenbindung
erreichen können.

…“

Anm. F.S.: Man fragt sich: müsste diese Frage nach den Menschen, den Mitgliedern der Gemeinden und Kirchen, müsste diese Frage  nicht die Grundfrage von und für eine Kirchenreform jeder Art sein? Wieso also wird die Frage erst 10 Jahre nach der Diskussion und Implementierung der Reformmaßnahmen à la Kirche der Freiheit gestellt? Hat etwa das „Leuchtfeuer“ Landeskirchenfusion im Norden Deutschlands nichts gebracht? Hat das Leuchtfeuer vielleicht sogar zu einer Mitgliederdesorientierung geführt? Muss die Frage der Mitgliederbindung also jetzt, nach dieser Fusion von 2012, verstärkt gestellt werden, weil sich die Reformen gerade darauf, auf die Mitgliederbindung, negativ ausgewirkt haben?

Warum willst Du Dir das antun? Zum Scheitern des Kandidaten Ingo Dachwitz bei der Wahl zum Rat der EKD. Von Maximilian Hesslein

12/2015

Das ist wohl die einschneidendste Frage, die kirchlich engagierten Menschen in den letzten Jahren immer wieder gestellt wird. Warum willst Du Dir das antun in einer Organisation zu arbeiten, die sich immer nur um sich selbst dreht, die keinen Blick nach vorne hat, sondern immer nur den Mangel verwaltet? Eine Organisation, die vor allem die modernen und damit digitalen Entwicklungen verschläft. Letztlich eine Organisation, die seit mindestens zehn Jahren mehr ihre eigene Umstrukturierung bearbeitet, statt mit Gott, für die Menschen und mit ihnen und letztlich im Vertrauen auf Jesus Christus die Zukunft zu gestalten. Warum willst Du Dir das antun?
Der EKD-Synodale Ingo Dachwitz hat in seiner Bewerbungsrede für die Wahl zum Rat der EKD auf der vergangenen EKD-Synode gar von einer sterbenden Organisation gesprochen, als er diese Frage stellte.
Er macht das an seinem ganz eigenen Umfeld und eigener Erfahrung fest: Es gibt immer weniger junge Menschen, die etwas mit der Kirche in ihrer bisherigen Form zu tun haben wollen. Wenn ein Umzug zur Lösung der alten Verbindungen führt, werden keine neuen aufgebaut. Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob die Kirche an den jungen Menschen überhaupt interessiert ist.
Das Urteil des Synodalen ist bei Lichte besehen vernichtend. Und in weiten Teilen hat er recht.
Die evangelische Kirche ist in den letzten Jahren eine getriebene des Geistes von Kirche der Freiheit. Immer noch. Man fragt sich nur, wie lange soll das gehen.
Denn der Anspruch, der in dem Papier formuliert war, eine zukunftsfähige Kirche zu gestalten, wird ja offensichtlich weit verfehlt. Der Mitgliederschwund um fast eine halbe Million Menschen im vergangenen Jahr spricht Bände. Und es ist falsch, sich da irgendwie herauszureden. Die bisher getroffenen Maßnahmen greifen nicht. Es steht zu vermuten, dass sie den Rückgang eher noch beschleunigt haben, weil durch Zusammenlegungen und Fusionen von Gemeinden, durch das ständige Drehen um Zahlen statt um Gott und die Menschen und letztlich durch die Überlastung vieler ehrenamtlicher und beruflicher Mitarbeiter in der Kirche die Relevanz der Kirche für das Leben der Menschen stetig abgenommen hat.
Ingo Dachwitz schlägt nun vor, sich der digitalen Medien zu bedienen, um wenigstens die jungen Leute nicht komplett zu verlieren. Es ist praktisch ein Gang in deren Lebenswelt. Nicht mehr warten, bis sie zu uns kommen, sondern auf sie zugehen.
Ja, das muss sein. Es braucht den kreativen Umgang mit Facebook, Twitter und Konsorten. Es braucht die Weitergabe des Evangeliums in Bildern und Videos allein deswegen, weil diese Welt durch Bilder und Videos geprägt und auf diese fixiert ist. Das ist sicher gerade für die Kirche des Wortes, wie es die evangelische Kirche nun einmal ist, eine große Herausforderung. Aber das funktioniert. Die Kirche wird sichtbarer, interessanter, präsenter und moderner.
Deswegen muss sie ihre Inhalte nicht verändern. Vielmehr gilt es gerade in der Bilderwelt des 21. Jahrhunderts den Bilderreichtum des Glaubens für die Menschen sichtbar und erlebbar zu machen.
Für die Gestaltung der Zukunft reicht es aber nicht, sich der modernen Medien zu bedienen, sondern es bedarf darüber hinaus der verlässlichen und stetigen Anlaufpunkte des Glaubens in der Nähe der Menschen. Über die virtuelle Realität hinaus müssen die Menschen die Gelegenheit haben, ihren Glauben auch an Ort und Stelle zu leben, den twitternden Pfarrer oder die postende Pfarrerin auch einmal direkt und persönlich zu erleben und ansprechen zu können.
Ohne diese Basis ist alle Bemühung im virtuellen Raum umsonst. Erst damit ist die Kirche Ruhepol mit einer deutlichen Präsenz in der unruhigen Welt.

Runter von der Kanzel. Von Mathias Drobinski, SZ

11.11.15, SZ

Mathhias Drobinski, SZ

Die evangelische Kirche schrumpft zusehends. Ihr neuer Ratsvorsitzender wird sie als Institution neu bestimmen müssen – sonst droht sie, bedeutungslos zu werden.

Es spricht viel dafür, dass ein derart formalisiertes Bündnis zwischen Staat und Religionen bald an seine Grenzen kommen wird. 2014 sind 275 000 Menschen aus der evangelischen und 218 000 aus der katholischen Kirche ausgetreten, das ist nur ein Indiz dafür. Die Kirchen haben an Bindungs- und Orientierungskraft verloren. In der kommenden Generation dürfte es mehr Konfessionslose als Kirchenmitglieder geben. Zum Kommentar.

EKD Finanzdezernent Thomas Begrich auf der EKD-Synode: 275000 Kirchenaustritte aus ev. Landeskirchen im Jahr 2014.

11/2015,

Jetzt ist es raus: 275000 Kirchenaustritte aus den Landeskirchen im Berich der EKD. Das gab es lange nicht mehr. Nachdem sich die im Sommer erschienen „Zahlen und Fakten zum kirchlichen Leben“ der EKD 2014 über die angeschwollene Zahl der Kirchenaustritte 2014 noch ausgeschwiegen hatte, ließ auf der aktuellen Herbstsynode Finanzdezernent Thomas Begrich die  Katze aus dem Sack: 275 000 Mitglieder verließen demnach die evangelischen Kirchen. Das ist fast eine Verdoppelung seit 2011, also innerhalb von nur 4 Jahren. (vgl. dazu auch hier).

Doch: wie soll man das Ergebnis für 2014 deuten? War es ein Ausreißer? Oder zeigt es Vorbote einer anhaltenden Tendenz?  Schaut man sich die längerfristige Entwicklung an (2015_EKD-Austritte_Statistik), dann zeigt sich in den 90iger Jahren nach den Austrittswellen  infolge der Soli- Einführung eine zunehmende Beruhigung und ein Rückgang der Austritte bis 2006. In diesem Jahr – dem Jahr übrigens, in dem das EKD-Impulspapier „Kirche der Freiheit“ veröffentlicht wurde, stiegen die Austrittszahlen
wieder moderat an und erreichten 2013 wieder das Ergebnis von 2001. Der Sprung folgte danach – 2014. Dieser traurige Spitzenwert wurde von Anfang an in Verbindung gebracht mit der Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge:

„Einer der Gründe ist bereits klar: Seit 2014 wird die Kirchensteuer automatisch von der Kapitalertrags-Steuer abgezogen. Für viele ist das ein Grund, aus der Kirche auszutreten, sagt Klaus Winterhoff, bei der EKD zuständig für die Finanzen:

Die Frage muss man sich natürlich stellen. Ist das den Ärger wert, wenn man hinterher Verluste einfährt? Die Sache hat eine rechtliche Dimension, der man nicht ausweichen kann, nämlich die gerechte Besteuerung. Aber die Gerechtigigkeit ist mehr wert, als mancher Ärger, den man sich dabei einhandelt, würde ich als Jurist sagen.“ (zur Quelle).

Nun könnte man natürlich fragen, wie es mit der Gerechtigkeit bei der Kirchensteuer tatsächlich bestellt ist, schon angesichts der kirchenrechtlich schon eingeräumten Möglichkeit der Kappung, also Reduktion der Kirchensteuer um 50%.  Was heißt da Steuergerechtigkeit, wenn die einen 100%, die anderen aber nur 50% des Steuersatzes zahlen? Könnte man immerhin fragen.  Es könnte also sein, dass dies Argument der Gerechtigkeit, angesichts der erwähnten Umstände doch eher die verzweifelte Lage und Erklärungsnöte zeigt, in der sich die Verantwortlichen hier mittlerweile vorfinden.

Denn dass man da ein „Eigentor“ geschossen hat, war schnell klar. Und daran war man nicht unbeteiligt: “ Redete man jedoch länger mit Kirchenleuten über das Thema, ließ sich der eine oder andere zu der Bemerkung hinreißen, dass dies schon eine clevere Idee sei. Einwände, dass dieser cleveren Idee ein gewisser Selbstüberlistungsfaktor innewohne, wurden souverän hinweggewischt…“, so Mathias Drobinski in der SZ.

Frühere Versuche, die Schuld an der Misere den Banken in die Schuhe zu schieben, sind zwar verständlich, entbehren aber ebenfalls der Realität.

Was ist zu tun?
Derzeit geben zwei langjährige Unternehmensberater in dem Buch „Mad buisness“ Empfehlungen, wie der ökonomische Verstand in Organisationen zurückkehren kann. Vielleicht kann die Kirche davon lernen.

Die zweite Empfehlung scheint wie auf die Kirche zugeschnitten:

„Der zweite Ansatz… ist die Stärkung der Beiräte und Aufsichtsräte. In vielen Konzernen werden bei Misserfolgen lieber Teams aussgetauscht als jene Leute an der Spitze, die es
verbockt haben. Es braucht ein stärkeres Gegengewicht, um die personellen Ursachen des Irrsinns zu beheben.“ (Oliver Weyergraf, in: brandeins, 11/2015, S. 68)

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Friedhelm Schneider