Archiv für den Monat: Juni 2014

Disziplinarmaßnahmen gegen 5 Pfarrer der EKM. Bleibender Vertrauensschaden nach Freispruch gegen einen Beteiligten.

Die Magdeburger Volksstimme berichtete über die Disziplinarmaßnahmen gegen 5 Pfarrer der EKM. Hier hat sich Neues ergeben. Das Verfahren gegen einen der fünf  Beteiligten wurde nun eingestellt. Den schon vorhandenen Kommentar stellen wir noch einmal als eigene Meldung ein:

Ich bin einer der 5 Pfarrer, gegen die ein Disziplinarverfahren angedroht und dann eröffnet worden ist. Jetzt hat man das Verfahren gegen mich eingestellt, nachdem angeblich Ermittlungen gegen mich ergeben haben sollen, dass die Vorwürfe  Untreue und Unterschlagung, Herausgabe von Vermögensgegenständen und Auftreten im Rechtsverkehr entkräftet werden. Bei der Androhung des Disziplinarverfahrens war noch von Betrug die Rede. Diesen Vorwurf hat man dann fallengelassen. Bestehen bleibt der Vorwurf der Schmähkritik, da ich mich mit der Kritik des GAW-Vorstandes an der Kirchenleitung wegen ihres „diktatorischen Verhaltens“ identifiziere. Ja, nach wie vor und umso mehr identifiziere ich mich. Doch in der Bundesrepublik anerkannte Rechtsurteile belegen, dass es sich bei dieser Einschätzung keineswegs um Schmähkritik handelt.
Ob das Verhalten des Landeskirchenrates der EKM in Bezug auf das GAW Thüringen und seine Vorstandsmitglieder diktatorisch ist, möge der geneigte Leser selbst entscheiden, wenn ich mitteile, dass man sich bis zum heutigen Tage nicht dazu herabgelassen, mit mir das Gespräch zu suchen. Man hat sich auch nicht bei mir entschuldigt für das Unrecht und den Stress, den man mir bereitet hat. Der Landeskirchenrat hat in der Tat gegen das Gebot „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten“ verstoßen. Man hat mir das sogar indirekt angekündigt: ‚DIe wollen Euch was anhängen‘ warnte mich jemand, der enge Verbindung zu OKR Lehmann hat. Der Gipfel ist die Einstellung des Verfahrens mit der Ankündigung einer Rüge wegen Amtspflichtverletzung in Bezug auf Loyalität. Das Verfahren gegen mich wurde eingestellt aufgrund einer Anhörung durch KR Klein, der mir ein Anhörungsprotokoll bis Ende Januar zusenden wollte, damit meine Frau (die dabei war) und ich es durchlesen, ggf. ergänzen und unterschreiben, ehe es denn dem LKR zugeführt wird. Das ist nicht geschehen. Nach 2maligem Anmahnen bekam ich dann die Antwort von KR Klein, dass sich die Sachlage geändert habe, man mir wegen der laufenden anderen Verfahren und wegen des Datenschutzes das Protokoll nicht zusenden dürfe, ich stehe auch nicht mehr im Rechtsschutzbedürfnis. Er könne mir erst nach Ende aller Verfahren einen Auszug des Protokolls in Absprache mit dem LKR zusenden. Darüber beschwerte ich mich, weil ja damit nicht sicher ist, dass unsere Aussagen vollständig und dem Sinn gemäß darin enthalten sind, ferner, dass nicht etwa etwas hinzugefügt wurde, was wir nicht gesagt haben, aber die anderen im Disziplinarverfahren stehenden Personen belasten könnte. Als Antwort bekam ich eine Drohung: Wenn ich das als diktatorisch bezeichne, würde es über die Meinungsfreiheit hinausgehen und strafbar sein. Nun nachdem das Verfahren gegen mich eingestellt ist, ist OKR Lehmann plötzlich bereit, mit mir zu reden.
Will er sich persönlich oder samt ganzem LKR und Landesbischöfin von der Schuld reinwaschen? Was rechtfertigt einen so direkten Verstoß gegen Gottes Wort, gegen die lehre Christi (Wenn du etwas gegen deinen Bruder hast, so rede mit ihm…) und gegen die Barmer theologische Erklärung IV? Von der Verpflichtung zum Schutz der Pfarrer will ich schweigen. Hier hat eine Interessenverschiebung stattgefunden zuungunsten der Liebe und Geschwisterlichkeit und zugunsten anderer Interessen. Der ökumenische Schaden ist riesengroß. Der Landeskirchenrat hat das und die Tatsache dass wertvolle Kräfte sinnlos gebunden werden und manche segensreiche Unterstützung ökumenischer Partner ausbleiben musste billigend in Kauf genommen – und das im Lutherjahr der Toleranz!
Übrigens: Gegen die Vertreterin des Landeskirchenrates im GAW Vorstand ist offensichtlich kein Disziplinarverfahren eröffnet worden, obwohl sie gleichwohl Projekten zugestimmt hat, die angeblich nicht satzungsgemäß behandelt wurden.
Fazit: Der Leser möge selbst entscheiden ob nicht der Landeskirchenrat damit sowohl geistlich als auch theologisch, als auch ethisch völlig am Ende ist! Was hätte wohl nach all dem ein verantwortungsbewusster Politiker getan, um seinem Amt nicht weiteren Schaden zuzufügen? Ich kann jedenfalls dem Antwortschreiben von Herrn OKR Lehmann keinen Glauben schenken.
Die Erfahrungen sind zu tief und zu bitter.
Manfred Greinke.

Nach Gaucks Plädoyer für den „Einsatz militärischer Mittel“: Ehemaliger CDU- Politker Jürgen Todenhöfer stellt Gauck als „Dschihadisten“ dar.

Die Kritk an Gauck nach seiner Rede in Oslo kommt von unterschiedlicher Seite. Und sie ist ätzend. Zwei Beispiele:

1. „Überdrehter Gotteskrieger“. Ehemaliger CDU- Politker Jürgen Todenhöfer stellt Gauck als „Dschihadisten“ dar.

Der ehemalige CDU-Politiker Jürgen Todenhöfer hat Bundespräsident Joachim Gauck in einer Fotomontage als Dschihadisten dargestellt. Auf seiner Facebookseite stellt Todenhöfer darüber hinaus die polemische Frage: „Was haben wir bloß getan, um einen solchen ‚Dschihadisten‘ als Präsidenten zu bekommen?“ Zur Quelle.

2. Was Friedrich Küppersbusch zu Joachim Gauck einfällt
16.06.14

Bundespräsident Gauck hat, diesmal in Norwegen, seine Forderung erneuert, Deutschland möge „mehr Verantwortung übernehmen“ und sich „entsprechend seiner Bedeutung … den Einsatz militärischer Mittel“ vorbehalten. Was sagt man dazu?

Krieg. Aber nur wenn man zur schwer erziehbaren Minderheit von circa 70 Prozent der Deutschen zählt, die Kampfeinsätze ablehnen. Gauck argumentiert, von „deutschem Dominanzgebaren“ früherer Prägung sei keine Rede mehr. Das wirft die Frage auf, in welchem gemütlich tapezierten Paralleluniversum es unserem Staatsüberhaupt gelungen ist, die Euro-Krise („deutsches Dominanzgebaren“) zu verpassen… Zum vollständigen Text im Tagesspiegel.

 

 

Appell von Historikern: Von der Leyen soll Kasernen umbenennen

11.06.2014, Spiegel

Manche Kasernen trügen noch die Namen von Offizieren des Ersten Weltkriegs, die sich Kriegsverbrechen schuldig gemacht oder extrem nationalistische Ansichten vertreten hätten. 100 Jahre danach sei es ein „Anlass zum Innehalten, Nachdenken und zur Neuorientierung“. Zum Artikel.

„Einäugige Heuchelei“. Hintergrundinformation zur Berichterstattung im Mordfall Elisabeth Käsemann 1977 .

von Pfr. i.R. Hans Dieter Osenberg. In einem Leserbrief auf die vorausgehende Berichterstattung in mehreren Tageszeitungen wie auch der Süddeutschen vom 16.06.2014
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Drei Wochen nach jenem Länderspiel Deutschland gegen Argentinien am 5. Juni
1977, als die Ermordung Elisabeth Käsemanns noch wenigen bekannt war, sprach
der Arzt und Theologe Dr. Helmut Franz in der ARD das „Wort zum Sonntag“, gesen-
det vom Saarländischen Rundfunk. Er fragte, „ob einer unserer Fußball-Funktionäre
einmal in den Regierungspalast gegangen ist? Ob er den dortigen Militärdiktatoren
die Verachtung der Menschenrechte in ihrem Land vorgehalten und die Freilassung
der politischen Gefangenen gefordert hat? Es ist kaum anzunehmen. . . Ich finde das
schlimm. Wenn es um die Folterungen geht, dann ist Argentinien weit weg. Geht
es aber um Fußball, blickt fast unsere ganze Nation leidenschaftlich auf dieses
Land.“ Postwendend empörte sich DFB-Präsident und Rundfunkratsmitglied Hermann
Neuberger beim SR-Intendanten Dr. Franz Mai. Er forderte, „dass sich solche
Dinge nicht wiederholen“. Woher der Autor denn sein Wissen habe, fragte er, er,
Neuberger, sei schließlich in Argentinien gewesen. Die Kirche habe „zu Besinnlich-
keit auf den nahenden Sonntag einzustimmen“, aber nicht sich „mit politischem Zungenschlag“ in Dinge einzumischen, die sie nichts angehe. Dabei wusste Neuberger schon vor dem Länderspiel von Elisabeth Käsemanns Ermordung. Der extrem rechtskonservative Intendant Mai pflichtete Neuberger sofort bei. Hätte er den Text vorher gekannt, so schrieb er, wäre er nicht gesendet worden. Das ganze „Wort zum
Sonntag“ sei „eine pseudochristliche, einäugige Heuchelei“ gewesen, weil es die
Menschenrechtsverletzungen im Ostblock nicht angeprangert habe. Ich war damals
als evangelischer Rundfunkpfarrer mit der Kontroverse befasst und verbürge
mich für die korrekten Zitate.

Auf Deutschem Ärztetag: Elektronische Gesundheitskarte kostet viel und nutzt nichts.

Unter Investitionen, die viel kosten und wenig Nutzen erzeugen, leidet nicht nur die Kirche:

27.05.2014. Freie Ärzteschaft auf dem Deutschen Ärztetag

Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist ein Dauerbrenner auf den Deutschen Ärztetagen. „Das Projekt ist teuer und nutzlos, niemand kann die Daten dauerhaft schützen“, betonte die Freie Ärzteschaft (FÄ) heute auf dem Ärztetag mit einem riesigen Datenkraken vor der Tonhalle in Düsseldorf. Die ärztliche Ablehnung dieses Mammutprojekts, regelmäßig festgehalten in Beschlüssen auf den Ärztetagen der vergangenen Jahre, ist Politik, Industrie und Krankenkassen ein Dorn im Auge. So forderten auch bei der heutigen Eröffnungsveranstaltung alle Politiker die Zustimmung der Ärzte zur eGK. Die Freie Ärzteschaft hält an ihrer Kritik fest: „Wir werden nicht hinnehmen, dass Milliarden Euro ohne jeglichen Nutzen für Patienten und Ärzte verschwendet werden“, sagte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der FÄ. „Das Geld wird dringend in der Patientenversorgung gebraucht.“

Zum Artikel.

Studie zu Anstieg der Suizidzahlen in der Folge der Wirtschaftskrise: Job weg, Ansehen weg, Hoffnung weg

12. Juni 2014, von Christian Weber
Lange Zeit war der Kampf gegen den Suizid eine Erfolgsgeschichte: Hatten sich etwa in Deutschland noch Mitte der 1970er-Jahre jährlich nahezu 20 000 Menschen umgebracht, waren es beim Tiefpunkt 2007 deutlich weniger als 10 000. Anti-Depressions-Kampagnen und neue Hilfsangebote hätten eben Erfolg gezeigt, so war die plausible Deutung. Doch warum stiegen seitdem die Suizidzahlen wieder – milde in Deutschland, deutlich in vielen anderen EU-Ländern sowie in Nordamerika? Die globale Wirtschaftskrise ist schuld, behauptet ein Forscherteam um den Soziologen Aaron Reeves von der University of Oxford im British Journal of Psychiatry (online): Wer Job oder Wohnung verliert, in seinen Schulden ertrinkt, der gehe manchmal den letzten Schritt. Zum Artikel in der SZ.

Bundestag hält Zugangsregeln für Lobbyisten unter Verschluss

11.06.2014 von Martin Reyher

Um in den Deutschen Bundestag vorgelassen zu werden, müssen Bürgerinnen und Bürger auch schon mal etwas länger Schlange stehen. Sehr viel schneller geht es da für einen Lobbyisten. Beim Pförtner zeigt er seinen Hausausweis vor, und schon öffnen sich ihm alle Türen: zu den Abgeordnetenbüros, den Fraktionsfluren oder dem Parlamentsrestaurant.

Wie kommen Lobbyisten an einen Hausausweis für den freien Zugang zum Bundestag? Das ist offenbar streng vertraulich: Die Parlamentsverwaltung verweigert gegenüber abgeordnetenwatch.de die Herausgabe der Zugangsregeln – angeblich aus Sicherheitsgründen. Lesen Sie hier, was Sie eigentlich gar nicht wissen dürfen. Mehr dazu.

Jüdische und muslimische Religionsführer rufen gemeinsam die EU-Institutionen zum Kampf gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus in Europa auf

10.06.14. Jüdische und muslimische Religionsführer haben die EU-Institutionen zum Kampf gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus in Europa gemahnt. Am Rande des jährlichen Treffens von Religionsführern mit den EU-Spitzen riefen Vertreter der beiden Glaubensgemeinschaften am Montag in Brüssel dazu auf, gegen alle Gruppen mit rassistischen und fremdenfeindlichen Ideologien vorzugehen. Ihre dürfe keinen Eingang in die politische Debatte finden. Zur Quelle.

Zum Hintergrund: Religionsführertreffen

Der Lissabon-Vertrag von 2009 schreibt einen regelmäßigen Dialog zwischen den EU-Institutionen und Vertretern wichtiger Religionen vor. Doch Parlamentspräsident Jerzy Buzek beschrieb die Zusammenarbeit am Montag (30.05.2011) auch als Herzensangelegenheit. Die Trennung zwischen Staat und religiösen Gemeinschaften sei zwar sehr wichtig. „Aber es sollte so etwas wie eine freundliche Trennung sein. Denn die religiösen Gemeinschaften können uns bei vielen Dingen helfen und die höchst wichtigen Werte der menschlichen Würde und der Menschenrechte fördern.“ Zur Quelle.

 

Die Sancaklar-Moschee: So viel Understatement wie Emre Arolat hat noch kein Architekt eines modernen Sakralbaus in Istanbul gewagt.

6. Mai 2014, von Christiane Schlötzer, SZ

Keine bunten Kacheln, kein bunter Teppichboden – so viel Understatement traut sich in Istanbul keiner: Jetzt hat der Architekt Emre Arolat eine Moschee gebaut, die fast komplett unter der Erde liegt. Der Bau ist nicht nur ein Gegenbeispiel zur üblichen Prunkarchitektur. Er ist auch ein Wagnis. Zum Artikel.

Seismograf seiner Epoche. Kurt Martis Essays für die Zeitschrift «Reformatio» sind in der Schweizer Literatur einzigartig.

Nicht mehr ganz aktuell, aber bedeutend: 21. Februar 2010, von Manfred Papst

Vor uns liegt ein Buch, das aussieht wie eine Bibel oder ein umfängliches Brevier: 1422 Seiten, Dünndruck, schwarzer Einband, gerundete Ecken, drei Lesebändchen. Es enthält sämtliche «Notizen und Details», die der Berner Schriftsteller und Pfarrer Kurt Marti in den Jahren 1964 bis 2007 für die Zeitschrift «Reformatio» verfasst hat. Die Edition ist ein verlegerisches Wagnis, das man kaum genug loben kann. Denn in jedem dieser über 250 Texte, deren Rubrikentitel auf Ludwig Hohls «Nuancen und Details» anspielt, erweist sich der Autor als unbestechlicher Seismograf seiner Zeit. Jede einzelne dieser Glossen und Betrachtungen, jeder einzelne dieser Essays und Aphorismen ist lesenswert. In ihrer Summe aber bilden sie ein Zeugnis, das in der Schweizer Literatur nach 1945 seinesgleichen nicht hat: 44 Jahre hellwacher Zeitzeugenschaft!

Beeindruckend ist die Vielfalt von Martis Themen: Er spricht von Theologie und Literatur, Philosophie und Ökologie, Politik und Gesellschaft. In seiner ersten Glosse geht es um fromme Schnulzen, Stadtplanung und den windigen Bestsellerautor Paul Carrell; seine letzte handelt von Eventkultur, dem Verhältnis von Glauben und Vernunft und zwei Arten von Fundamentalismus. Marti argumentiert kompetent, aber ohne Allüre. Sein Stil ist glasklar. Er ist aufmerksamer Beobachter und unerschrockener Denker, Aufklärer und Gottesmann zugleich. Zur Rezension in der NZZ.