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Zentralisierung

Gemeinde wehrt sich gegen Sparpläne der EKiR

Letzte Woche haben wir über den Brandbrief Rekowskis berichtet. Trotz hoher Kirchensteuereinnahmen plant er bis 2018 35% im Haushalt der EkiR zu sparen.

Die Gemeinde Holten-Sterkrade wehrt sich gegen die Einsparziele. Alleine aus dem Rückgang von Mitgliedern lässt sich nicht pauschal auf einen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen schließen.

Der Autor Andreas Reinhold vermutet andere Ursprünge der Sparziele. Die Verwaltung hat in der jüngeren Vergangenheit mit dem bbz-Skandal, der Umstellung der Finanzverwaltung und dem Ausbau der Verwaltungsstrukturen Ausgaben erzeugt, die nun die Gemeinden vor Ort ausbaden sollen.

Fusionen ohne Spareffekt und Fusionskonzepte mit wenig Aussagekraft

Kirchen sind seit Jahren im Fusionsrausch. Für die EKD stellt die Reduktion der Landkirchen auf 8-12 im Impulspapier „Kirche der Freiheit“ eines der Leuchtfeuer dar (Leuchtfeuer 11). Aber fusionieren sollen auch Dekanate/Kirchenkreise, Verwaltungsämter, Kirchengemeinden. Sind Fusionen das Allheilmittel?

Wer die Beschlussgrundlagen von Fusionen näher studiert, stellt fest, dass die Zielvorstellungen meist nebulös und vage formuliert werden (Synergieffekte, Effizienzsteigerung). Fehlanzeige besteht hinsichtlich von entsprechenden plausiblen Kostenberechnungen der Vollkosten solcher Maßnahmen. Also als Kosten für den Prozess selbst inklusive Beraterkosten, der eigenen Personalkosten in Form von Kostenansätze für die Arbeitszeit des eigenen Personals, Kosten für die Anpassungsprozesse unterschiedlicher „Kulturen“, Kosten für Kollateralschäden wie Akzeptanz- oder Imageverluste, Kosten für Gebäudeinvestition bzw. -abschreibungen bei Verkäufen etc., ggf. steigenden Folgekosten) im Vergleich zu den zu erwartenden und zu beziffernden Einsparungen. Wem es ein Trost ist: das passiert auch anderswo, z.B. bei den Krankenkassen. Dort wurden derartige Fusionen allerdings anschließend vom Bundesrechnungshof einer Überprüfung unterzogen – mit wenig schmeichelhaftem Ergebnis. Aufgrund der Ähnlichkeit der Problematik wird man die Ergebnisse des Rechnungshofs auf kirchliche Fusionsprozesse übertragen dürfen – so lange jedenfalls, bis die eigentlich zuständigen Rechnungsprüfungsämter der Landeskirchen entsprechende Prüfungen vorgenommen haben.

Bericht des Bundesrechnungshofs zu Krankenkassenfusionen

In dem Rechnungshofbericht heißt es, Fusionen bänden „erhebliche zeitliche und personelle Ressourcen“, führten „zu keinen deutlichen Synergieeffekten“ und seien „mit erheblichen, zum Teil dauerhaften zusätzlichen Aufwendungen verbunden“. Dem stünden „nur geringe Einsparungen gegenüber“, so zitiert der Focus.

Fusionskonzepte mit wenig Aussagekraft

Der Gesamteindruck des Bundesrechnungshofs ist: „Die den Fusio­nen zugrunde liegenden Konzepte waren meist lückenhaft, uneinheitlich und wenig aussagekräftig. Angaben zu Auswirkungen auf Organisation, Personal und Finanzen fehlten überwiegend.“

Hintergrund: 1992 bis 2010 ging die Zahl der Krankenkassen durch Fusionen von 1397 auf 160 zurück. Der Bundesrechnungshof prüfte für mehr als ein Viertel der 2007 bis 2009 vollzogenen Fusionen die wirtschaftlichen Auswirkungen. Mit den Verschmelzungen sollten Leistungs- und Verwaltungsausgaben einge­spart werden – was offensichtlich selten gelang…

Denn einen effizienzsteigernden Einfluss konnte der Rechnungshof bei den GKV-Fusionen nicht feststellen. Sie wurden – man Vergleiche die Situationen in den Kirchen – genehmigt, „ohne dass die wirtschaftlichen Folgen transparent waren“, kritisiert der Bundesrechnungshof…

Dafür stiegen bei fast allen untersuchten Fusionen die Verwaltungsausgaben im Jahr der Vereinigung an, im Einzelfall um bis zu 18 %. Und auch in den ersten drei Folgejahren sanken die Verwaltungsausgaben nicht.

Bei der Hälfte der vom Bundesrechnungshof untersuchten Fusio­nen erhöhten sich die Vorstandsvergütungen um bis zu 25 %! Mehr dazu.

 

Protestantismus ohne Partizipation

Wie Partizipation heute organisiert wird um Beteiligung vorzutäuschen, beschreibt Prof. Burchardt in seinem Artikel (s.o.). Bei Burchhardt findet sich u.a. eine erhellende Passage darüber, wie Partizipation heute im Gefolge der Reformen postdemokratisch gestaltet, man könnte sagen: inszeniert wird. Man betrachte auf dem Hintergrund dieser Beschreibung die Vorgänge in den eigenen, bekannten synodalen und presbyterialen Gremien der mittleren oder der landeskirchlichen Ebenen, sowie Beiträge zum Thema des Monats Juni „Professionen“.

„…Ich selbst (Prof. Burchardt) habe bspw. an einer Schulung des Centrum für Hochschulentwicklung (CHE – Bertelsmann Stiftung, Anm. F.S.) teilgenommen, bei der Führungskräfte der Universitäten darin unterrichtet wurden, wie man gewünschte Gremienentscheidungen herbeiführt – natürlich unter Wahrung des demokratischen Scheins. Schon die Zusammensetzung der Gremien beruht auf einem Schlüssel, der einerseits Mehrheiten garantieren soll, andererseits die Verlierer und Kritiker der Reform insofern einbezieht, dass sie zwar zu Wort kommen, aber keine Gestaltungsmacht entfalten können. Partizipation bedeutet allerdings nur noch, die Implementierung ausführen zu müssen; Kritik ist erwünscht, insofern diese innerhalb des Reformrahmens Optimierungen vornimmt, eine Abstimmung über den Reformrahmen selbst oder eine wirkliche Gestaltungsmacht wird den Beteiligten nicht zugestanden. Das Geheimnis der Partizipationsökonomie besteht darin, dass man einerseits auf die beteiligten als Ressource angewiesen ist, andererseits aber vermeiden muss, dass sie den Prozess selbst verhindern, oder maßgeblich gestalten. Hilfreich ist es in diesem Zusammenhang auch immer, wenn man eingespielte Strukturen zerschlägt und ein Klima von Konkurrenz und gegenseitigem Misstrauen schafft…“

Man lese diese Zeilen aber auch als Einleitung und Erläuterung zum folgenden Artikel „Protestantismus ohne Partizipation“. Diese in diesem Vorwort geschilderte Praxis kennt man auch in der EKHN zur Genüge. Aber sind die Zeiten, in denen man Prozesse solcherart kaschiert hat, jetzt vorbei? Zeigt man jetzt die Destruktion demokratischer Strukturen ungeschminkt? Der folgende Beitrag von Pfr. Friedhelm Schneider über die flächendeckende Dekanatsfusion in der EKHN unter dem Gesichtspunkt des Entzugs der Herrschaftsrechte der Basis („Alle Gewalt geht vom Volke aus“) beschreibt eine neue Stufe der Entwicklung und reflektiert die Problematik des neuen Steuerungssystems der mittleren Ebene:

Protestantismus ohne Partizipation

Syndrom Kirchenreformen nach EKD-Muster

„Was ist los in der evangelischen Kirche? Falsche Analysen führen zu paketweisen Reformmaßnahmen wie Zentralisierung und Hierarchisierung, Doppik, Fusionen auf allen Ebenen. Maßnahmen, die keinem etwas nützen, wohl aber viele Leute mit unnötigen Aufgaben beschäftigen, um nicht zu sagen: lahm legen. Das ist die Kirche der Selbstbeschäftigung in Reinkultur. Und so platzte vor einiger Zeit einem – ansonsten völlig ‚unverdächtigen‘ – Pfarr-Kollegen in kleinerer Dienstrunde, bei der über die geplante Fusion der betreffenden Dekanate gesprochen wurde, der Kragen. Vehemenz und Zitatauswahl der Äußerung lassen darauf schließen, dass bei dem gewählten Fluch…“ Lesen Sie Protestantismus ohne Partizipation.

(erschienen auch im Hess. Pfarrerblatt, 3/2013).

Kirche der Freiheit blutet die Gemeinden aus

Prof. Eberhard Mechels kritisiert das Reformpapier Kirche der Freiheit. In seinem Erfurter Vortrag.

Der von Oben vorgeschriebene Reformkurs widerspricht dem Wesen von Kirche und führt daher in die falsche Richtung. Mechels sieht die Arbeit der Gemeinden durch die Kirche der Freiheit gefährdet. Niemals wurde die Arbeit von PfarrerInnen so abgewertet, wie in der gegenwärtigen Situation.

Kirche der Freiheit versucht die EKD als die eigentlich Form von Kirche zu etablieren. Man erhofft sich durch weniger konkrete Bindung wachsen zu können. Doch das angestrebte Ziel geht auf Kosten der Gemeinden vor Ort. Ganz im Paradigma des Marktes sollen die Zentren gestärkt werden und auf Kosten der Peripherie.

 

Kirche der Freiheit ist keine neue Entwicklung. Die Idee hat einen langen Werdegang. Die Kirche hat sich als Dienstleisterin dem Staat angebiedert. Damit hoffte man der Gesellschaft die eigene Nützlichkeit zu erweisen. Folgerichtig wurden für diese Dienstleistungen dann Bürokratien als Ebenbild der Gesellschaft erschaffen. Gerade diese Funktionalisierung und Differenzierung macht Mechels für die wachsende Entfremdung vieler Personen mit der Kirche verantwortlich.

 

Zukunftsweisend ist Kirche für Mechels nicht als Dienstleisterin oder als Verwaltungsebene, sondern als Gemeinde. Ekklesia ist die körperliche Versammlung mit Wort und Sakrament. Nach Mechels muss sich die Kirche wieder auf diesen Kern besinnen.

 

Lesen Sie hier den interessanten Vortrag in voller Länge.

Synodenfrust: „Wir können uns nicht zu Tode fusionieren“

EKHN. „Das Thema ist eine Belastung für uns; wir wollen es hinter uns bringen“, erklärte Landessynodaler Dieter Zorbach (Bornich) vor dem höchsten „Parlament“ der evangelischen Landeskirche die Fusionsabsicht der drei Dekanate. Gleichzeitig warnte er im Blick auf die Pfarrstellenbemessung davor, noch mehr Gemeinden zu fusionieren oder eine Synodengröße auf der dann großen Dekanatsebene zu bilden, in der sich die einzelnen Gemeinden nicht mehr vertreten fühlen.Zum Bericht.

EKKW. Wir haben ca. zwölf Jahre Dauerreform hinter uns, auch etwas das zermürbt und der Außenwirkung in gewissem Maße auch schadet, wenn man sich permanent mit sich selbst beschäftigen muss. Addieren sie einmal die Tagesordnungspunkte mit theologischen Fragen und Fragen der Finanzen und Strukturen und die dazugehörigen Zeitaufwände allein hier in der Synode. (EKKW-Synode, Synodaler Fritz, S.13)

Streit um Streiks auf dem Kirchentag

Der Konflikt zwischen Kirche und Gewerkschaften um die Tendenzbetriebe ist bereits ein alter Hut. Auf dem Kirchentag kam es nun zu einem öffentlichem Schlagabtausch. Die Positionen Bisirkse und Robbers waren wie erwartet weit auseinander.

Kirchentagschef Robbers betaonte zwar, Kirche dürfe kein normaler Arbeitgeber sein. Jedoch kann sich die Realität der Mitarbeiterführung an diesem Maasstab messen lassen?

Von den Landeskirchentümern zum Bundeskirchentum

Das Gewicht des Regionalen und des Überregionalen in den deutschen evangelischen Landen einst und jetzt. Vortrag von Prof. Jürgen Kampmann, Universität Tübingen. vgl. Synodenthema „Anerkennung der EKD als Kirche“ der EKBO – Drucksache 15 in dieser Ausgabe von Wort-Meldungen.

Prof. Kampmann:

„Evangelische Kirche bedarf … konstitutiv einer lokalen Verortung – einer nationalen nicht. Dafür Sorge zu tragen, daß der zentrale Dienst der Kirche, derin Artikel 7 der Confessio Augustana beschrieben wird, lokal in rechter und verläßlicher Weise wahrgenommen wird, ist eine Aufgabe, die bisher stets regional hat bewältigt werden können.“

Lesen Sie den vollständigen Vortrag.