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Personalentwicklung

Revisted: Gothart Magaard, frischer Bischof in der Nordkirche, zur Bedeutung von Pastoren für den kirchlichen Dienst

Ein ausgezeichneter zeitgeschichtlicher Beitrag über die Geschichte der Strategie der Personalentwicklung, Pfarrstellenplanung und -besetzung in Nordelbien von den 70iger Jahren bis ins erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Entsprechend der hier dargestellten Strategie wurde – modifiziert – in vielen Landeskirchen verfahren.

Gothart Magaard, am 01.05. installierter Bischof der Nordkirche, damals Direktor des Prediger- und Studienseminars sowie Mitglied im PEP – Ausschuss, schreibt in einem Artikel in den Nordelbischen Stimmen am 19.11.2003

„Was wir diskutieren müssen:

Wir müssen bewerten, wie wir uns zum Ergebnis aller Mitgliedschaftsstudien der EKD verhalten, die unermüdlich die überragende Bedeutung der Pastorin bzw. des Pastors für die Identifikation der Kirchenmitglieder herausstellen. Wie verhält sich dieser Befund zur fortlaufenden Verdichtung der Arbeit der Pastorinnen und Pastoren? Welche Gesamtzahl der Pfarrstellen darf unter keinen Umständen unterschritten werden? Dazu gehört auch eine gründliche Auswertung und Dokumentation der Folgen von Stellenstreichungen bzw. kontinuierlicher Anhebung der Gemeindegliederzahlen pro Pfarrstelle im Blick auf den Berufsalltag der Pastorinnen und Pastoren….“. Zum vollständigen Artikel Beitrag NEST 1203.4.2

Man vergleiche dazu die Ergebnisse der aktuellen, 5. Kirchenmitgliedschaftsstudie, – und man reflektiere, welchen Einfluss die Erkenntnisse der Studien bisher auf den Kurs der Kirchen hatten…

Nordkirche: „beträchtlicher Pastorenmangel, der ab 2018 deutlich spürbar wird“

1. „Es zeichnet sich in der evangelischen Nordkirche ein beträchtlicher Pastorenmangel ab, der ab 2018 deutlich spürbar wird“, sagt Pastorin Dr. Christiane de Vos. Sie kümmert sich von Hamburg aus in der Nordkirche um die „Gewinnung pastoralen Nachwuchses“. Der Grund: Auf die Kirche im Norden rollt eine große Pensionierungswelle in der Pastorenschaft zu. Allein in diesem Jahr gehen 37 Pastoren in den Ruhestand, im Jahr 2018 sind es 53 und 2023 sogar 109. „Die neue Nordkirche braucht jährlich etwa 35 neue Pastoren“, sagt Christiane de Vos. Sie hat seit November 2011 die eigens eingerichtete Projektpfarrstelle inne mit dem Auftrag, pastoralen Nachwuchs zu gewinnen. Gemeinsam mit der Theologischen Fakultät der Universität Rostock will sie auf Möglichkeiten hinweisen, die das Studium der Theologie und der Pastorenberuf bieten. Die Internetseite www.die-nachfolger.de und der Facebookauftritt www.facebook.com/nachfolger informieren über vielfältige Arbeitsmöglichkeiten. Obwohl es Nachwuchssorgen in der gesamten evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) gibt, ist die Nordkirche die erste Landeskirche, die solch eine Stelle für die Nachwuchsgewinnung errichtet hat. Zum Beitrag.

2. Mittel- und langfristig sind die Anstellungsperspektiven für den Pfarrberuf in der Nordkirche sehr gut. In einigen Jahren wird die Pensionierungswelle der geburtenstarken Jahrgänge einsetzen. Für die hohe Zahl der dann nach und nach frei werdenden Stellen reicht die gegenwärtige Zahl der Nordkirchen-Studierenden nicht annähernd aus, so dass mittelfristig bereits mit Engpässen bei der Besetzung der Pfarrstellen gerechnet wird. Zum Beitrag.

3. Der Rostocker Studiendekan Professor Thomas Klie weiß, dass viele Studenten leider nicht unbedingt eine Pfarrstelle möchten. Beispielsweise müssen Pastoren sonntags in einem großen Gebiet drei Gottesdienste oder mehr halten. Die sehr gut ausgebildeten Theologen in Rostock, von denen etwa die Hälfte auf das Lehramt (Religionsunterricht) studiert, sind auch in der Diakonie, der Wissenschaft, Öffentlichkeitsarbeit, im Personalmanagement, als Seelsorger oder als Sprachmittler gefragt. Mehr dazu.

4.  03.09.2013  Die 13 Vikarinnen und 7 Vikare erhielten in einem Gottesdienst im Ratzeburger Dom am Montag (2. September) ihre Berufungsurkunden und dürfen damit im Zuge ihrer Ausbildung von der Kanzel predigen und das Sakrament der Taufe und des Abendmahls verwalten.  Mehr dazu.

5. Der folgende, aktuelle (03.05.14), die oben dargestellte Situation beschönigende Artikel vermittelt den Eindruck, dass in Punkto Pfarrernachwuchs die Sache nicht gar so schlimm wäre:  Nordkirche wirbt in Schulen für das Theologiestudium

„Fachkräftemangel in der Kirche: Angesichts bevorstehender Pensionierungen kündigen sich Personalprobleme an. Die Nordkirche betreibt ein Projekt zur Nachwuchsförderung. Und so wie sich Dörfer für Ärzte attraktiv machen – machen es auch Gemeinden für Pastoren…

Derzeit arbeiten 1652 Männer und Frauen als Pastoren bei der Nordkirche, der evangelischen Kirche in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2024 seien noch 1340 nötig. Dies liege nicht an Kirchenaustritten, sondern am demografischen Wandel, sagte Pastorin Christiane de Vos, Leiterin des Projekts zur Förderung von pastoralem Nachwuchs. Eine schrumpfende Gesellschaft bedeute auch eine schrumpfende Kirche…

Um den Bedarf zu decken, müssten jährlich 30 neue Pastoren beginnen – oder entsprechend mehr, wenn nicht jeder Geistliche Vollzeit arbeiten möchte. „Tatsächlich wurden in den letzten beiden Jahren (2012 und 2013) nur 21 beziehungsweise 23 Pastoren und Pastorinnen ordiniert“, sagte de Vos. Daher sei ihre Stelle geschaffen worden. „Wir wollen das Interesse an der Theologie wecken und auch für den Pastorenberuf.“ Viele Jugendliche könnten sich nicht vorstellen, von der Kanzel herab zu predigen. Solche Zweifel seien wichtig und nachvollziehbar, aber man wachse auch mit den Aufgaben. Zum Artikel.

Kommentar: Dass die Evangelische Kirche sich nun schon mit der traurigen Lage des fehlenden Priesternachwuchses in der kathol. Kirche vergleichen muss, zeigt den Ernst, vielleicht auch die Verzweiflung auf ev. Seite. Dabei sind viele aktuellen – und mehr noch zukünftigen (!) – Probleme hausgemacht. Die richtigen Erkenntnisse waren frühzeitig vorhanden, wie der Beitrag von Bischof Magaard aus dem Jahr 2003 (s.o.) belegt.

Umgang mit dem Theologennachwuchs, Beschneidung von syndalen Rechten, Fusionskarusell, Kosten für Doppik, Benachteiligung kleiner Gemeinden, Fehlentscheidungen bei Filetstücken – Vorblick auf die EKHN- Frühjahrssynode.

Eine vorbereitender Blick auf wichtige Synodenthemen der EKHN Frühjahrssynode vom 08.-10.Mai 2014 von Friedhelm Schneider.

1. Bestürzung über eklatante Benachteiligung kleinerer Gemeinden durch das neue Zuweisungssystem.
Das Gros der Anträge aus den Dekanaten – neun an der Zahl – bezieht sich auf das geänderte Zuweisungssystem, das kleine Gemeinden benachteiligen würde. Die Dekanate haben – funktionsfähige – Alternativen ausgearbeitet. Diese Alternative wird nicht nur als gerechter und angemessener erachtet. Sie weicht mit nur 2% auch nur minimal vom verfügbaren Finanzrahmen ab. Die Synodalen, die das Modell entwickelt haben, schließen damit an eine frühere Tradition gewisser EKHN-Synodaler an, die der Synode mehrfach mit Gegenrechnungen zu besseren Einsichten verhalf.
2. Die EKHN und der theologische Nachwuchs oder: wie die EKHN die Identifikation des Theologennachwuchses mit dem Arbeitgeber Kirche untergräbt.
In der EKHN existiert ein dreistufiges Prüfsystem für den Theologennachwuchs vom Studienende bis zur Verbeamtung. 1. Stufe: die Potentialanalyse. Ein Stresstest, der in Verruf geraten ist. Darüber berichten die www.wort-meldungen.de wie auch Publik Forum (Nr. 8/2014, S.28f) .2. Stufe: das Einstellungsgespräch nach dem Vikariat. Darauf bezieht sich die Anfrage des Synodalen Breidenstein zur EKHN Frühjahrssynode.

Er legt dar, dass beim letzten „Gespräch“ von 17 BewerberInnen nur 13 in das Pfarrvikariat (Zeit mit Angestelltenstatus) übernommen. Gegen die Entscheidung der Kommission gibt es keine Rechtsmittel! Daraus ergeben sich für den Synodalen Fragen wie: Wie ist die Abweichung des Einstellungsgesprächskommission von früheren Beurteilungsinstanzen (Potentialanalyse, Theol. Seminar, Examina) zu erklären? Wie wird sichergestellt, dass die Kandidaten eine nachvollziehbare und gerechte Beurteilung erfahren?
Damit aber nicht genug der Kandidatenprüfungen. Nach dem Pfarrvikariat (der anfänglichen Dienstzeit im Angestelltenverhältnis) gibt es ein weiteres, richtiges Prüfungsverfahren. In diesem werden die PfarrvikarInnen vor der Verbeamtung noch einmal unter Stress gesetzt. Sie könnten auch hier tatsächlich noch einmal scheitern.
Was passiert hier eigentlich? Der Nachwuchs des „Schlüsselberufs“ der Kirche wird mehrfach und über Jahre hin fortgesetzt Stresssituationen ausgesetzt. Das ist, wie der Synodale feststellt, fachlich nicht nachvollziehbar, muss also andere Gründe haben. Diese liegen auf der Hand. Was aber ist das Ergebnis? Eines besteht darin, dass die jungen Pfarrerinnen und Pfarrer schon mit Eintritt in die Kirche in Distanz zum Arbeitgeber Kirche getreten sind. Die Identifikation mit dem „Betrieb“, auf die in jedem normalen Unternehmen extrem hohen Wert gelegt wird, kann auf diesem Hintergrund kaum stattfinden. Schon die Pfarrerzufriedenheitsstudie stellte eine hohe Identifikation der Pfarrer zwar mit dem Auftrag, nicht aber mit dem Arbeitgeber (KL, Verwaltung etc.) fest. An diesem Problem hätte ein funktionierendes Personalmanagement arbeiten müssen. Wenigstens hätte vermieden werden müssen, dass sich dieser Trend bei Neueinstellungen fortsetzt. Nichts der Art ist geschehen. Im Gegenteil. Und die Nachwuchskräfte empfängt man mit einer dreifachen, sachlich nicht zu rechfertigenden, schikanierenden Hürde! Das ist völlig unakzeptabel. Das Ergebnis ist für den ‚Betrieb‘ verheerend, für das Personalmanagement aber vernichtend. Wie sagte ein Pfarrer, der schon Mitte der 90iger Jahre von der damaligen Einstellungspraxis betroffen war? Der Kirchenpräsident müsste sich heute für das damalige Vorgehen gegenüber den Vikaren entschuldigen. Billiger wird eine Normalisierung des Verhältnisses zw. Pfarrerschaft und der Kirchenleitung in der EKHN wohl nicht zu haben sein. Nur eine für die Zukunft geplante Modifikation der jetzigen Einstellungspraxis wird also nicht ausreichen, um das Verhältnis wieder zu normalisieren.

3. Anstehende Pensionierungswelle von PfarrerInnen beginnt mit Pensionierung des Personaldezernenten.

Die eklatanten schwächen des Personalmanagements sind auch bei anderen Fragen notorisch, so der bevorstehenden Pensionierungswelle von PfarrerInnen ab 2016, auf die es bislang keine hinreichende Antwort in Sicht ist. Jährlich ist mit ca. 100 Pensionierungen bei angestrebten 30 Neueinstellungen zu erwarten. Ein Minus von 70 PfarrerInnen p.a. Bedeutet bei aktuell 45 Dekanaten durchschnittlich ein Minus von 1,5 Personen p.a. (im aktuellen Zuschnitt der Dekanate!). Käme die Pensionierung mit 63 Jahren, könnte das in einem Jahr zu einer Reduktion von fast 5 Personen/Dekanat führen. Alles dies, die Identifkation verhindernde Einstellungspraxis wie auch der drastische Personalmangel bei PfarrerInnen wurde in der EKHN lange verheimlicht. Heute funktioniert  das nicht mehr. Und so verlässt der jetzige Dezernent Bechinger seinen Posten ein Jahr vor Erreichen der Altersgrenze. Da fragt sich: hat er die Situation nicht mehr ertragen – oder war er nicht mehr tragbar?

4. Einschränkung der Beteiligungsrechte von Dekanatssynoden bei der Dekanewahl.
Die Beschneidung der Rechte der synodalen Gremien durch die Kirchenleitung wächst. Offensichtlich traut die Kirchenleitung der EKHN den Gremien nicht einmal in Personalentscheidungen die Fähigkeit zu, die für die eigene Situation richtige Wahl zu treffen. So beschneidet sie deren Entscheidungsfreiheit, in dem die Wahl oder entscheidende Vorauswahl zwischen den Bewerbern schon in der Kirchenleitung getroffen wird.  Die vorausgewählten Personen oder die einzig vorausgewählte Person wird dann dem eigentlichen synodalen Entscheidungsgremium präsentiert. Oft erweist sich „leider“ nur eine Person als geeignet. Und die nachgeordneten synodalen Gremien dürfen dann reduziert wählen oder ggf. nur noch abnicken.
Das geschieht auf allen Ebenen, z.B. auf der Mitteleren Ebene. Im Ev. Dekanat Bergstraße wurden bei der letzten Dekanewahl nur zwei (der vier vorhandenen) Kandidaten zur Wahl gestellt. Daher sieht sich das Ev. Dekanat Bergstraße zu einem Antrag an die Landessynode genötigt, der die (früher übliche) Autonomie (die Dekanatssynode wählte aus ihrer Mitte selbständig den Dekan/die Dekanin) wenigstens teilweise wieder herstellt. Der Antrag enthält folgenden Passus: „Die Elemente der Wahl durch die Dekanatssynode in dem Verfahren sollen gestärkt werden… So sollen ihre Wahlmöglichkeiten nur dann durch eine Vorauswahl begrenzt werden, wenn es so viele Bewerbungen gibt, dass ein Wahlverfahren den einzelnen Bewerbungen nicht mehr gerecht werden kann. Bewerben sich weniger Personen, sollen sich in der Regel alle zur Wahl stellen können.“ Zum Antrag.

5. Einschränkung der Beteiligungsrechte von der EKHN-Synode bei Personalentscheidungen.
Die Beschneidung der Beteiligungsrechte in Personalfragen betrifft ebenso die höchste Ebene, die der Landeskirche. Prominentes Beispiel auf der aktuellen Synode, die „Wahl“ des Personaldezernenten. Das Wort Wahl steht in Anführungszeichen, weil eine Wahl in der Regel eine Auswahl zwischen Kandidaten bezeichnet. Bei dieser „Wahl“ wird es aber nur einen Kandidaten geben. Die Kirchenleitung empfiehlt unter mehreren KandidatInnen den von ihr ausgewählten Oberkirchenrat Jens Böhm (aus dem eigenen Haus) der Synode zur – sagen wir besser Zustimmung. Wahlrecht der Synode – war da was? Man wird gespannt sein dürfen, ob die Synode wenigstens erfährt, wer den noch für das Amt kandidiert hat? Und man wird sehen, ob die Synode der EKHN im eigenen Fall reagiert, wie zuvor schon die Dekanatssynode Bergstraße im Falle der Dekanewahl (s.o.). Ob sie also darauf besteht, dass Ihre Rechte nicht weiter beschnitten werden. Das allein ist schon ein wichtiger Grund. In diesem Falle ist das Zustimmungsverfahren als Wahlersatz noch aus einem 2. Grund problematisch. Denn der zukünftige Personaldezernent wird die verfehlte Personalpolitik des Vorgängers spätestens bei der Bewältigung der Pensionierungswelle ausbaden müssen. Dafür sollte er sich auf eine breite Unterstützung aus der Landessynode berufen und verlassen können. Hat die Synode aber selbst gar nicht gewählt, wird dort im Krisenfall auch kaum mit Rückhalt gerechnet werden können. Der zukünftige Dezernent dürfte das anstehende „Wahl“-Verfahren vielleicht nicht nur erleichtert, sondern mit gemischten Gefühlen betrachten.

6. Kostenansatz für die Doppik in Höhe von 9 Mio. realistisch?
Die Synode der EKHN hat die Einführung der Doppik beschlossen. Und zwar mit einem Kostenansatz von 9 Mio. €. Was sie für die 9 Mio. € denn bekommen wird, möchte nun eine synodale Anfrage wissen. Denn es hat sich herumgesprochen, dass in anderen Landeskirchen exorbitant höhere Beträge erforderlich waren. So spricht man in der Württemberg. Landeskirche von einem dreistelligen Millionenbetrag, in der EKiR wurde auf der letzten Synode der aktuelle Stand von einem Synodalen mit ca. 60 Mio. beziffert. Wobei dieser Aussage von der KL nicht widersprochen wurde. Anzumerken ist, dass der Dezernent Bernd Bauks gleichzeitig einräumen musste, dass es sich dabei nur um die halbe Miete handele, denn die Umsetzung ist noch im Gange und die Performance der Software leistet gar nicht das, was man sich eigentlich erhoffte. Die EKHN aber will mit 9 Mio. auskommen?

7. Unendlich dreht sich das Fusionskarussel in der EKHN
Andernorts hat sich schon herumgesprochen, dass die Gebietsreformen aus der Steinzeit der Reformen, den 60iger Jahren, wenig tauglich sind. Nicht einmal mehr die Gründe muss man eigens nennen, wenn doch, dann sehen Sie hier. Und so ist schon eine groß angelegte Fusion der in Niedersachsen beheimateten Landeskirchen im letzten Jahr nach 5 jähriger Vorbereitung und enormen Werbemaßnahmen pro Fusion abgeblasen worden. Und Thies Gundlach, der Cheftheologe der EKD, kann nur noch Referate halten mit Titeln wie: „als Reformen noch geholfen haben“. Gebietsreformen verursachen mittlerweile also ganz offensichtlich Unwohlsein. Das mag sich in der EKHN noch nicht herumgesprochen haben. Denn hier soll sich das Fusionskarusell weiter drehen. Und zwar bei den Propsteien. Ein Bestandteil wäre die Aussetzung der Neubesetzung der gerade frei gewordenen Stelle des Propstes/der Pröpstin. Darüber und die geplante Neuordung des Propsteibezirke soll die Synode entscheiden. Und damit die Tür öffnen für die Fortsetzung eines des von anderen bereits verlassenen Karussels. Vielleicht sollte auch die EKHN den Jahrmarkt verlassen und zur Ernsthaftigkeit echter Reformen zurückkehren.

8. Fehlend auf der Tagesordnung: Kleinode, Schmuckstücke, Filetstücke…
Alle Landeskirchen haben (oder hatten…) einige besonders herausragende Liegenschaften, etwa Tagungshäuser oder -zentren. Auch die EKHN. Z.B. im Nobelstädtchen Kronberg am Taunus das (frühere) Religionspädagog. Studienzentrum Schönberg. Nicht nur ein kleines Schmuckstück, sondern aus Vermögenssicht ein Filetstück: Tagungshaus, Gästehaus, Gründerzeitvilla auf großem Grundstück in bester Lage. Vor 4 Jahren sollte die Synode auf Vorlage der KL den Verkauf beschließen. Tat sie aber nicht. Jedenfalls nicht im ersten Anlauf. Beim zweiten Anlauf hatte die KL mehr Glück. Der Verkauf wurde abgesegnet. Ein Beitrag in den Wortmeldungen kommentierte: Kirche ohne Kurs. – Vier Jahre sind seither ins Land gegangen. Wer meint, die Liegenschaftsverwaltung der EKHN wäre in dieser Zeit in der Lage gewesen, das Objekt zu verkaufen, irrt. Gewiss, man wird Gründe vorbringen, die eine Verzögerung begründen. Diese waren aber sämtlich schon vor dem Synodenbeschluss bekannt. Was erforderlich wäre, um das Objekt zu verkaufen: eine aktive Liegenschaftsverwaltung. So lange eine solche in der EKHN nicht existiert, wird dies Objekt unter den obwaltenden Umständen wohl kaum zu einem angemessenen Preis zu verkaufen sein. Vielleicht betrachtet der eine oder andere den Vorgang als ein Zeichen des Himmels und Eingriff einer höheren Gewalt, die eine in diesem konkreten Falle schon im Ansatz falsche Entscheidung korrigiert. Und die Synode mag sich bestätigt fühlen für ihre ursprüngliche (richtige) Entscheidung in der Sache.

Potentialanalyse der EKHN von INI infrage gestellt

INI – die Initiative für ein gerechtes Kirchenrecht in der EKHN richtete folgenden Brief an Kirchenpräsident Volker Jung:

Rechtspraktiken in EKD und EKHN bedürfen dringend sachkundiger Überprüfung

Sehr geehrter Herr Kirchenpräsident Dr. Jung,
da es auch in der EKHN folgenschwere Verfahren wegen “Ungedeihlichen Wirkens“ gab, deren rechtliche Grundlage der des Pfarrdienstgesetzes der EKD vergleichbar ist, fügen wir eine Kurzfassung des Schriftwechsels mit EKD-Leitungsgremien an, mit der dringenden Bitte um Beachtung.
Seit langem empfinden sachkundige Gemeindeglieder und wir noch weitere Rechtspraktiken der EKHN als inakzeptabel: So wird z. B. in einer Rechtsverordnung die Aufnahme von Vikarinnen und Vikaren in den praktischen Vorbereitungsdienst von der “erfolgreichen Teilnahme an einer Potentialanalyse“ abhängig gemacht. Längst ist jedoch bekannt, dass der Erkenntniswert von Potentialanalysen nahe NULL tendiert, zumal sie auf Momentaufnahmen beruhen. Hinzu kommt, dass deren wissenschaftliche Basis äußerst schwach ist. Umfragen bei Ausbildern in Behörden und Konzernen haben ergeben, dass derartige Analysen entweder eingestellt worden sind oder nur zu einem sehr geringen Anteil in das Gesamtergebnis einer Beurteilung einfließen. Seit langem wird dies auch von Synodalen gefordert (z. B. in der 9. Synode: 7, 8, 9, 12. Tagung). Stattdessen sollte mit der persönlichen Begleitung von Pfarramtskandidaten /-innen durch Lehrpfarrer, Ausbildungsleiter usw. so früh wie möglich begonnen werden, damit ggf. noch eine Umorientierung möglich ist.

INI-Ki-Recht_EKHN_Potent’analyse.

Bewerbung nach Studium der Theologie nicht mehr an Landeskirche gebunden

Absolventinnen und Absolventen des Ersten Theologischen Examens haben inzwischen die Möglichkeit, sich für den Vorbereitungsdienst EKD-weit zu bewerben. Jede Landeskirche bestimmt selbst, in welchem Umfang sie Studierende aus anderen Landeskirchen in ihr Vikariat aufnimmt, ebenso das jeweilige Aufnahmeverfahren für das Vikariat sowie die Anzahl der aufzunehmenden Bewerberinnen und Bewerber.

Jede Landeskirche bestimmt ferner für ihren Bereich, wie viele Bewerberinnen und Bewerber sie in den an das Vikariat anschließenden Probedienst aufnimmt und welches Aufnahmeverfahren diese zu durchlaufen haben. Zum Teil wird Wert darauf gelegt, dass Pfarrerinnen und Pfarrer die Landeskirche bereits im Vikariat kennen gelernt haben.

Zur EKD-Information.

Versorgungssicherung: Dissens zwischen Rheinland und Westfalen

EKvW: Pensionen sind sicher!

Von Hans-Jürgen Volk

Hintergrund für den drastischen Sparkurs der Ev. Kirche im Rheinland ist vor allem die Situation der Versorgungskasse Dortmund, die von den Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lippe gemeinsam getragen wird. Nach Ansicht der Finanzverantwortlichen der EKiR reichen die bisherigen Anstrengungen nicht aus, um zu einer befriedigenden Ausfinanzierung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche zu kommen. Dabei fließen jetzt schon 22% des Nettokirchensteueraufkommens jährlich dem Kapitalstock der Versorgungskasse zu. Aus Westfalen hört man dagegen ganz andere Töne. In einem epd-Bericht kann man folgende Stellungnahme wahrnehmen: „Keine Notwendigkeit für höhere Zahlungen an die Versorgungskasse sieht dagegen die benachbarte westfälische Landeskirche …. An den Daten habe sich nichts geändert, sie würden nur neu interpretiert, sagt der westfälische Oberkirchenrat Arne Kupke, der dem Verwaltungsrat der Versorgungskasse angehört. Der gemeinsam vereinbarte Weg der drei Landeskirchen in NRW, jährlich 22 Prozent der Kirchensteuereinnahmen für die Versorgung aufzuwenden, sei solide und sicher und führe bis 2040 zur Ausfinanzierung der Ansprüche.“

Sonderkonten mit zusätzlichem Kapital zur Versorgungssicherung

Bekräftigt wird die westfälische Bewertung des Sachverhalts in einem Artikel von „Unsere Kirche“ mit dem Titel „Die Pensionen sind sicher“. Hierin heißt es: „In regelmäßigen Abständen werden die Annahmen, die der Berechnung zugrunde liegen, mit versicherungsmathematischen Gutachten überprüft. Bisher, so die Auskunft der Versorgungskasse, sei damit zu rechnen, dass der Beitragssatz von 22 Prozent der Kirchensteuereinnahmen ausreichend ist.“ Auf diesem Weg soll bis 2040 eine Kapitaldeckung von 100% erreicht werden. Deutlich wird, dass die Verantwortlichen der Versorgungskasse und die Leitung der westfälischen Landeskirche in ihrer Einschätzung dicht beieinander liegen. Es sind die Rheinländer, die eine Sonderposition einnehmen.

Elektrisieren muss allerdings der folgende Tatbestand: „Die rheinische und die westfälische Kirche haben außerdem in den vergangenen Jahren einen Teil ihrer unerwartet hohen Kirchensteuer-Einnahmen zurückgelegt, um die Versorgungskasse noch schneller aufzufüllen. Diese zusätzlichen Rückstellungen liegen jedoch bisher auf Sonderkonten und sind noch nicht dem gemeinsamen Kapital zugeflossen.“ Öffentlich war bisher im Rheinland von diesen Sonderkonten keine Rede. Hier wüsste man gerne, welche Folgen die Berechnung dieser zusätzlichen Mittel auf die Ausfinanzierung insgesamt hat.

Begrenzte Wirkung von Nachhaltigkeitsfiltern

Des Weiteren wird in dem informativen Beitrag auf die Problematik ethischer Kriterien sowie zukünftiger Risiken eingegangen. Die relativ begrenzte Wirkung von Nachhaltigkeitsfiltern wird deutlich: „Allerdings, so betont Wolfram Gerdes, Vorstand für Kapitalanlagen und Finanzen, könne bei den weltweiten Aktivitäten der Versorgungskasse nicht jede Einzelne von mehreren tausend Investitionen selber überprüft werden.Außerdem müsse immer eine Abwägung von ethischen Kriterien, Rendite und Sicherheit getroffen werden, um die Versorgung der Pensionäre nicht zu gefährden.“ Diese Ausführungen dokumentieren gut das Dilemma einer Kirche, die sich derart massiv im Finanzmarktgeschehen engagiert.

Im Blick auf die Risiken für die Versorgungskasse folgt die an sich recht gut informierte Autorin der oberflächlichen Bewertung der kirchlichen Verantwortungsträger: „Das mit Abstand größte Risiko liegt in der Möglichkeit anhaltend niedriger Zinsen … Sollte die derzeitige Niedrigzins-Phase noch jahrelang anhalten, muss über eine Beitragserhöhung nachgedacht werden.“ Die derzeit niedrigen Zinsen sind wohl lediglich ein Symptom der immer noch instabilen Verhältnisse im Finanzmarktgeschehen, dass sich von der Realwirtschaft gelöst hat. Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts macht deutlich, welche Risiken auch dem von Kirchen angelegten Kapital tatsächlich drohen.

Vergleiche zu dem Thema die informativen Beiträge von Christof Fleischmann:

Sparen für die RenteDie evangelischen Landeskirchen tragen immer mehr Geld auf die Finanzmärkte.
Geld. Macht. Wenig. Das ethische Investment der Kirchen übt kaum Einfluss auf Unternehmen aus.

Liebe Kirche, wir brauchen euch nicht! – von stud. theol. Max Melzer

13. Februar 2014 Max Melzer

Die Meinung der Kirchenleitung scheint immer noch zu sein, dass sie uns einen großen Gefallen tut, wenn wir einen Platz im Pfarramt bekommen. Dabei gibt es inzwischen zahlreiche attraktive Alternativen in der freien Wirtschaft (oder anderen Landeskirchen), sodass wir überhaupt nicht mehr von den Kirchen abhängig sind. Wir müssen uns das nicht antun. Wem der Nachwuchs so egal ist, der braucht sich nicht wundern, wenn irgendwann kein Nachwuchs mehr da ist.

Es ist mir völlig unbegreiflich, wie ein Bischof diese Probleme deutlich thematisieren kann, um danach keinerlei Interesse daran zu zeigen, diese Probleme praktisch anzugehen. Mit ihrer jetzigen Einstellung wird die Kirche auch die wenigen, die noch echtes Interesse an ihrer Zukunft haben, vergraulen.

Ich sage nicht, dass ich die ultimative Idee habe, wie wir die Kirchen retten, die ländlichen Gemeinden revitalisieren und Pfarrer und Pfarrerinnen entlasten können. Aber da stecken doch offensichtlich strukturelle Probleme dahinter, die langfristig nur schlimmer werden. In unseren Kirchen muss sich grundlegend etwas verändern. Mit der jetzigen Kirchenleitung sehe ich da wenig Hoffnung.
… Aber die Gewissheit, dass ich mein Leben für diese Kirche investieren möchte, habe ich an diesem Tag verloren.

Der Theologiestudent Max Melzer über eine denkwürdiges Treffen mit seinem Landesbischof und kirchlichen Würdenträgern. Der vollständige Bericht.

 

In 20 Jahren sind PfarrerInnen… eine ziemliche Seltenheit. Ein Interview mit der Vorstandsspitze des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins in Bayern

Frage: „Ein Blick in die Zukunft: In 20 Jahren sind Pfarrer …?“ Antwort Klaus Weber: … eine ziemliche Seltenheit …

»Wir haben zu wenige Pfarrer«

Die Vorstandsspitze des Pfarrer- und Pfarrerinnenvereins über Vakanzen, Bürokratie und Prädikanten

Beim bayerischen Pfarrer- und Pfarrerinnenverein steht diesen Mai ein Wechsel an der Spitze an: Vorsitzender Klaus Weber tritt nicht mehr an, Stellvertreterin Corinna Hektor kandidiert für dessen Nachfolge. Beide erklären in einem Doppel-Interview, warum es den Verein heutzutage mehr denn je braucht – und was die evangelische Landeskirche tun müsste, um den Pfarrberuf wieder attraktiver zu machen. Zum Interview mit Pfr. Klaus Weber und Pfarrerin Corinna Hektor.

Schon heute: ernst zu nehmender Ärztemangel.

Die Medizinerverbände warnen vor einem grassierenden Mangel an Hausärzten

„Nach jüngsten Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sind schon jetzt bis zu 2600 Hausarztstellen unbesetzt. Auch bei den Fachärzten fehlten 2000 Mediziner…

In den kommenden Jahren würden mehr als 50 000 noch aktive Mediziner aus dem Bereich der haus- und fachärztlichen Grundversorgung in den Ruhestand gehen. Der Hausärzte-Mangel entwickele sich zu einem massiven Problem, urteilte der scheidende KBV-Vorstandschef, Andreas Köhler. Die Nachfrage nach medizinischen und psychotherapeutischen Leistungen werde wegen der demografischen Entwicklung weiter steigen.“ Dazu die SZ.

Anm. F.S.: Da zeigt sich die parallele Entwicklung in den herkömmlichen Professionen. 2600 Ärtzestellen vakant – das sind schon jetzt gut 5% aller Stellen. Und das noch vor der Pensionierungswelle, die mit den geburtenstarken Jahrgänge ab ca. 2016 erst beginnt. Und in der Kirche? Wie steht es da um Vakanzen? Üblich ist eine Quote freier Stellen von 3,5% um die Rotation der Stelleninhaber zu gewährleisten. In Bayern bspw. wird die Vakanzquote derzeit aber mit 7% bis 10% taxiert. Das ist also rund 5% über der Rotationsquote. Bekanntlich steht Bayern noch gut da hinsichtlich der Pfarrerzahlen. In anderen Landeskirchen dürfte es eher schlechter aussehen. Das heißt aber: die Zustände bei den Pfarrstellenbesetzungen sind schon heute ähnlich wie bei den Ärtzestellen. Aber in der Kirche wird die Information noch unter Verschluss gehalten. Offziell wird der Ernst der Lage heruntergespielt. So etwa in der Landessynode in Württemberg. Aber es gibt auch in der Kirche Menschen, die mitdenken. Und die Vakanzproblematik und die Problematik des Personalmangels offen benennen. Aber noch sind es zahlenmäßig wenige. Warum eigentlich?

Der Nordkirche geht der Theologennachwuchs aus

In der nordelbischen Landeskirche geht der Theologennachwuchs aus. 2013 konnten noch alle Pensionierungen mit HochschulabsolventInnen besetzt werden. Doch für die folgenden Jahre wird erwartet, dass nicht alle Stellen besetzt werden können.