Archiv für den Monat: Juli 2013

Noam Chomsky – 10 Strategien der Manipulation

In seinem Buch „10 Strategien der Manipulation“ beschreibt Chomsky, wie eine Gesellschaft nachhaltig manipuliert und gesteuert werden kann.
DIE 10 STRATEGIEN
1. Die Strategie der Ablenkung
2. Schaffe Probleme, dann biete Lösungen an
3. Die Strategie des stufenweisen Vorgehens
4. Die Strategie der Verschiebung
5. Behandle die Öffentlichkeit wie ein kleines Kind
6. Benutze Emotionen statt Nachdenklichkeit
7. Halte die Öffentlichkeit unwissend und kleingeistig
8. Ermutige das Publikum, mit Kleingeistigkeit zufrieden zu sein
9. Erkläre, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist
10. Lerne die Menschen besser kennen als sie sich selbst kennen

Hoffnungszeichen II

 Wasserprivatisierung in der EU – „Ein Erfolg und viele Heuchler““. „Wasser war Thema des Monats Februar in den Wort-Meldungen. Damals hatten wir die Unterschriftenaktion mehrerer NGOs gegen die von EU- Kommissar Barnier betriebene Wasser-Privatisierung unterstützt (vgl. Aktion des Monats Februar). Das Ergebnis – mittlerweile fast 1,5 Mio. Unterschriften – hat die Barnier und die Brüsseler offensichtlich verschreckt. Er rudert zurück…

Es ist ein politischer Erfolg, der seinesgleichen sucht: Innerhalb weniger Monate hat ein europaweites Bündnis von Privatisierungsgegnern die EU-Kommission zur Kapitulation gezwungen. Die Pläne, auch die Wasserversorgung den Regeln des Binnenmarktes zu unterwerfen, sollen aufgegeben werden, kündigt der zuständige Kommissar Michel Barnier an – und begründet das explizit mit dem öffentlichen Druck“, schreibt die TAZ.

Informationen, Arbeitsmaterial u.v.a.m. bei right2water

 

 

Wider die Ökonomisierung der Bildung – von Ekkehardt von Kuenheim (BMW)

von Ekkehardt von Kuenheim (von 1970 bis 1999 Mitglied und Vorsitzender des Aufsichtsrats von BMW)

„Gehen wir mal auf den Bildungsbegriff von Wilhelm von Humboldt zurück, der derzeit in der ganzen Welt eine nie gekannte Beachtung findet – außer in Deutschland –  so versteht man darunter im weitesten Sinne die Entwicklung einer ganzheitlichen Persönlichkeit basierend auf einer möglichst breiten Allgemeinbildung, in der Selbstbestimmung, Mündigkeit und Vernunftgebrauch die zentralen Elemente darstellen. Eberhard von Kuenheim, Vorsitzender der gleichnamigen Stiftung und jahrelanger Vorstandsvorsitzender von BMW, hat in einem leider viel zu wenig beachteten Artikel in der FAZ mit dem Titel „Wider die Ökonomisierung der Bildung“ eindringlich vor einem reinen Nützlichkeitsdenken gewarnt, da ein strenger Utilitarismus genau die Schäden verursache, die man beklage. Insbesondere auch die geisteswissenschaftlichen Disziplinen – die heute sowohl an Schulen als auch an Universitäten im Rahmen eines bisher nie gekannten Drittmittel- und Employabilitywahns in ihrer Daseinsberechtigung angezweifelt werden – sollten dazu beitragen, die Kindern zu mündigen und kritischen Bürgern zu erziehen, die sowohl in ihrem persönlichen als auch im gesellschaftlichen Leben auf der Basis von Wissen kompetent Entscheidungen, Bewertungen und Kommunikationen durchführen können, was übrigens auch der Anspruch eines sinnvollen Kompetenzbegriffs durchaus anfangs war.“ Lesen Sie den vollständigen Artikel.

 

Reformen: Verheißungen und Ent-Täuschungen, Refom und Repartur

Schule:

„In den Selbstbeschreibungen zur aktuellen „Bildungsreform“ bzw. Unterrichtsentwicklung mangelt es nicht an wohlklingenden Worten, die scheinbar keinen Widerspruch dulden, da sie doch offenbar höchst wünschenswerte Güter bezeichnen: Qualität, Standards, Kompetenzen, Selbständigkeit. Viele engagierte und ihre Profession ernst nehmende Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern, die sich für eine gute Bildung ihrer Kinder einsetzen, haben sich deshalb in der Anfangsphase dieser „Neuorientierung“ von Bildung und mit den besten Absichten für deren Umsetzung stark gemacht.

Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den aus internationalen Absprachen und überwiegend wirtschaftlichen Interessen erwachsenen Konzepten hat es in Deutschland jedoch bisher nicht gegeben. Die für die Umsetzung von Bildungsreformen zuständige  Lehrerschaft wurde an deren Entwicklung nicht angemessen beteiligt. Sie wurde in der Durchsetzung von Reformmaßnahmen – die durchaus sinnvolle Anteile haben könnten – zum bloßen Empfänger von Anordnungen degradiert.

Schon sehr bald wurde überdies großen Teilen der Lehrer- und Elternschaft deutlich, dass die „von oben“ gewünschte Unterrichtsreform in der Praxis nicht einem pädagogisch motivierten Bildungsbegriff entspricht und in vielen Fällen auch nicht dem Wohl der Kinder und Jugendlichen dient.

Für eine differenzierte Auseinandersetzung mit den neuen  Konzepten und den hinter ihrer Verwendung liegenden Intentionen ist eine kritische Würdigung der Rolle und Zielsetzungen der OECD (Organisation for Economic Co-operation and Development), des PISA-Konsortiums sowie anderer den Wandel treibenden Kräfte erforderlich.“ Lesen Sie mehr.

Frust an Universitäten

Aus vielen Veranstaltungen an Hochschulen, an denen ich teilgenommen habe und aus vielen Gesprächen mit Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern weiß ich, dass sich an den Hochschulen nach anfänglicher Euphorie über die neue Freiheit und die Versprechungen von Autonomie inzwischen viel Unmut und Frust angesammelt hat. Viele sehen den professionskulturellen Charakter ihre Arbeit gestört oder schon als verletzt an.

Beim Bologna-Prozess wurde – angefangen von Bundesbildungsministerin Schavan, über den Wissenschaftsrat, ja sogar bis zur HRK – „Korrekturbedarf“ inzwischen anerkannt.
Ganze Fakultätentage lehnen eine Teilnahme an den CHE-Rankings ab, es gibt Resolutionen von Fachbereichen gegen das unternehmerische Hochschulmanagement.

Lesen Sie den Artikel.

Bernhard Kempen, Chef des Hochschulverbands, über die Bachelor-Reform:

Wir sind im Dauer-Reparaturbetrieb der Bologna-Reform. Als vor drei Jahren die Studenten auf die Straße gegangen sind, haben die Kultusminister eingesehen, dass es so nicht weitergeht. Lesen Sie das Interview in der SZ.

 

Kirche: Was bleibt nach 25 Jahren Reformen?

1. Der Selbstbeschäftigungsgrad der Kirche ist erheblich gestiegen. Funktionäre und Technokraten bestimmen die Tagesordnung. Wichtige Themen der Kirche wie z.B. die Bedeutung des Gottesdienstes, die Aufgabe der Seelsorge und des Religionsunterrichts standen seit 25 Jahren nicht mehr auf der Tagesordnung einer Synode.

2. Die Strukturveränderung an sich ist zum Prinzip kirchenleitenden Handelns geworden. Die Anlage dieses Prozesses löst ständig neue Reformen aus. Die Reform ist zur Dauerbeschäftigung geworden.

3. Insgesamt hat es keine Einsparungen gegeben, sondern Umschichtungen von unten nach oben. Verlierer sind die Gemeinden und der Pfarrdienst.

4. Die Sprache der Reform klingt ökonomisch. Doch die ökonomischen Ergebnisse sind dürftig. Die tatsächlichen Kosten sind hoch.

5. Der Verwaltungsaufwand ist gestiegen. Für seine Verwaltung gibt ein Dekanat etwa das Fünffache aus wie 20 Jahre zuvor. Vermutlich hat die Kirche noch nie so viel Geld für ihre Verwaltung ausgegeben wie heute. Vermutlich war ihre Organisation noch nie so schlecht und die leitenden Mitarbeiter noch nie so gut bezahlt.

6. Die Gemeinden werden zu Filialen der Kirche. Nachdem Kirchenmusiker, Gemeindepädagogen und Fach- und Profilstellen auf der Ebene des Dekanates angesiedelt worden sind, sollen nun die Gemeindepfarrstellen folgen. Sie werden zu Pfarrstellen der Region. Nach den Diakoniestationen sollen auch die Kindergärten aus den Gemeinden abgezogen werden.

7. Das Gegenüber von kirchlichen Mitarbeitern ist nicht mehr die Gemeinde und ihr Kirchenvorstand, sondern ein Gremium, das von der täglichen Arbeit weit entfernt ist und deshalb durch Dokumentationen und Präsentationen unterrichtet werden muss und sich vor allem als Kontrollorgan versteht.

8. Die Kirchenvorstände sind weitgehend entmündigt. Sie werden durch Ehrenamtsakademien darauf vorbereitet, die Arbeit zu übernehmen, die früher durch den Pfarrer gemacht wurde.

9. Die Fluktuation von Ehrenamtlichen ist gestiegen. Gerade kompetente Mitglieder ­haben die Synoden in den letzten Jahren verlassen. Der Niveauverlust und die hohe Fluktuation erleichtern die Durchsetzung von Reform­schritten.

10. Die EKHN hat in den letzten 5 Jahren nichts unternommen, um nachhaltig für pastoralen Nachwuchs zu werben. Das hat verschiedene Gründe. Einer darf dabei nicht übersehen werden: Die Zusammenlegung von Gemeinden, die Fusion von Dekanaten lässt sich besser durchsetzen, wenn kein Personal mehr da ist.

11. Die Dauerdebatte über die Zukunft der Kirche und die stetige Dramatisierung von Problemen machen die Kirche offenbar als Arbeitsgeber unattraktiv.

12. Die klassischen Organisationsvorteile der Kirche – flache Hierarchien, hohe Präsenz vor Ort, Selbstorganisation und intrinsisch motivierte Mitarbeiter – sind reduziert worden.

  1. Die Reformen werden nicht von den Menschen und den Notwendigkeiten vor Ort her gedacht, sondern von Organisations- und Machtfragen her entwickelt. Sie wirken deshalb nur beschränkt nach außen. Die Evaluation der Dekanatsstrukturreform zeigte, dass das Dekanat kaum wahrgenommen wird. So erklärten etwa 82% der Kirchenvorstände und 71% der Gemeindeglieder, dass sie nicht die Region, sondern die Kirchengemeinde gestärkt sehen möchten. Vom Dekanat wussten nur 21% der Mitglieder bei starker Bindung, 10% bei mittlerer Bindung und 5% bei schwacher Kirchenbindung. Das ursprüngliche Ziel, gerade die Kirchenfernen durch die Dekanatsstrukturreform zu erreichen, wurde bislang verfehlt.

Zum Artikel von Pfr. Dr. Christoph Bergner

 

Ein autoritäres Angebot – zur Enzyklika „Lumen fidei“

Hermann Häring, em. Prof. der Theologie, Tübingen und Norbert Scholl, em. Prof., Heidelberg, am 6. Juli 2013, zur Enzyklika „Lumen fidei“ von Papst Franziskus


„Ein dritter Punkt kommt hinzu, der viele reformorientierte Christinnen und Christen wohl am meisten stört, weil er die Logik der gestellten Fragen fortsetzt und alle Gegenfragen ignoriert. Die Enzyklika stellt sich ja, wie wir sahen, gegen die (moderne) Welt. Sie macht sich also nicht die Mühe, auf die großen  Fragen  der  Gegenwart  (Gleichberechtigung,  Sexualmoral,  Menschenrechte,  Armutsfragen) einzugehen.  Ferner präsentiert sie den Glauben an Christus in  einer weltfernen, metaphysisch ausformulierten Sprachperfektion. Von Nachfolge und neuen Glaubensformen, der Glaubenssprache in verschiedenen  Kulturen  und  der  Glaubenspraxis  in  globalen  Kontexten  ist  nicht  die  Rede.  Dieses Rundschreiben nimmt uns Frauen und  Männer, Eltern und pastorale Verantwortliche nicht ernst in unserem modernen Alltag, der täglich neue Herausforderungen bringt.“ Zum Artikel.

 

Papst Franziskus tadelt «Globalisierung der Gleichgültigkeit»

«In dieser Welt der Globalisierung sind wir in eine Globalisierung der Gleichgültigkeit gefallen. Wir sind an das Leid der anderen gewöhnt – es geht uns nichts an, es ist nicht unsere Sache», sagte der Papst in einer Predigt, die die offizielle Vatikan-Website news.va dokumentiert. Die Menschen lebten wie in einer «Seifenblase» und seien unempfindliche für den «Schrei der anderen», sagte er in einer Messe auf dem Sportgelände der Insel. Niemand fühle sich verantwortlich für das «Blut dieser Brüder und Schwestern», die bei der Fahrt über das Mittelmeer ihr Leben verloren haben. Lesen Sie mehr.

Bitte beachten Sie den Praxistipp zur Problematik in den Wort-Meldungen.

„Zuversichtlich kleiner werden“ – Abschlussbericht des Zukunftsausschusses der EKKW

 Zum Abschlussbericht des Zukunftsausschusses der EKKW, Synode 26./27. April 2013 Hofgeismar.

Von Friedhelm Schneider, Pfarrer & Immobilienfachwirt (IMI)

 

Der Bericht enthält Forderung nach (Kürzungs-)Maßnahmen in vier Bereichen: 1. Immobilien, 2. Gemeindepfarrstellen, 3. Funktionspfarrstellen 4. Verwaltung.

Der Inhalt ist typisch für Kürzungs- und Abbaumaßnahmen im Fahrwasser des Impulspapiers „Kirche der Freiheit“.

In dieser Ausgabe beschäftigen sich die Wort-Meldungen mit dem ersten Kürzungsthema Immobilien.

Die Verheißung: Präsenz in der Region, Pfarrer sollen sich (wieder verstärkt) geistliche Aufgaben widmen können

Die Realität der Umsetzung: Abbau des Immobilienbestandes, der Pfarrstellen.

Vor unseren Beitrag zum Thema Abbau des Immobilienbestandes gemäß Zukunftsausschuss der EKKW stellen wir unter die Leitfrage von Thomas Erne, dem Leiter des Instituts für Kirchenbau, Marburg: „Zu viele Räume – zu wenig Ideen?“ (Artikel in Isolde Karle: Kirchenreform).

 

1. Problem: „hohe Unterhaltungs- und Renovierungskosten“

Die Frage der Immobilien wird im Bericht des Zukunftsausschusses ausschließlich unter dem Aspekt der Ausgaben, also in kameraler Denkweise (von Ausgaben und Einnahmen) betrachtet. Das Problem besteht dann in „hohen Unterhaltungs- und Renovierungskosten“. Dass die Thematik derart eng geführt wird ist überaus spannend, hat man doch gerade in der EKKW die Doppik eingeführt. Dort werden die Immobilien als Sachanlagen im Vermögensteil aufgelistet (und bewertet. Zum Thema Doppik generell: Thema des Monats Mai). Von diesem Aspekt ist dem Zukunftsausschuss mit keinem Wort die Rede (s.u.). Warum?

Doch folgen wir bereitwillig der Argumentation des Papiers und betrachten zunächst die Ausgabenseite. Das Baumittelantragsvolumen belaufe sich auf 70 Mio. im Jahr 2012;

Anmerkung: der übliche Anteil dürfte bei ca. 15-20 Mio. p.a. liegen (im Vergleich die etwa doppelt so große EKHN: ca. 35 Mio. € p.a.); die besondere Höhe des Antragsvolumens 2012 dürfte also einem aufgelegten Sonderbauprogramm der EKKW geschuldet sein.

Weiter: „geschätzter Sanierungsstau: 100 Mio. €“;

Dazu zwei Anmerkungen.

Anmerkung 1: mit geschätzten Zahlen bei derartigen Maßnahmen kann man in der Regel gar nichts anfangen. Denn selbst die Bezugsgrößen bleiben im Dunkeln. Weder wird

  • von der Anzahl der betroffenen Gebäude gesprochen, noch
  • vom detaillierten Gebäudezustandsgrad aller Objekte (Gebäudeinformation gibt es ja nicht – s.u.) noch vom
  • Grad des Zustands des Gebäudebestandes nach erfolgter Sanierung, also der Definition des Sanierungsbegriffs. Die Aussage ist insoweit nicht aussagekräftig und für eine Entscheidung in keinem Falle ausreichend.

Anmerkung 2: Lässt man sich dennoch auf den „Schätzwert“ ein, dann hilft ein Vergleich mit anderen Ausgabenpositionen des Haushalts weiter. Nehmen wir als Beispiel den Mittelbedarf für die Bildung von Rücklagen für Beihilfeleistungen. Mit Einführung der Doppik unterzieht sich die EKKW völlig freiwillig der Pflicht der Rücklagenbildung auch für Beihilfeleistungen. Für die Pensionen ist das üblich, für die nur geringfügig ins Gewicht fallenden Beihilfeleistungen nicht. Es dürfte um einen Betrag von ca. 150 Mio. € gehen (vgl. die etwa doppelt so großen Landeskirchen Württemberg ((ca. 350 Mio)) und Bayern ca. 350 Mio.). Die Rücklagenbildung verlangt also einen um 50% höheren Mittelaufwand als die geschätzte umfassende Gebäudesanierung. Dabei ist bekannt, dass Kapitalanlagen derzeit keine Renditen abwerfen und sich bei Berücksichtigung der Inflation real selbst verzehren.

 

2. Lösung: Abbau des Immobilienbestandes

Die Frage ist zu stellen, wie die hohen Unterhaltungs- und Renovierungskosten eingedämmt und deutlich reduziert werden können“. Lösung: Aufgabe von Gebäuden, Erhalt weniger (!) verbleibender Gebäude; gedacht ist an die infolge Stellenabbaus frei werdenden Pfarrhäuser und an Gemeindehäuser. An Gemeindehäusern bestünde – wie im Falle der kathol. Kirche und der Kommunen – ein Überhang. Für den Verkauf „nicht mehr benötigter Gemeindehäuser“ sollen Anreize geschaffen werden. Doch auch Kirchengebäude, die als wichtigste Gebäudeart eingestuft werden, sind nicht völlig tabu. Sollen wenige Gebäude erhalten bleiben, ist an einen massiven Abbau gedacht. Konkrete Zahlen werden nicht genannt.

 

Dazu wieder ein paar Anmerkungen:

1. vielsagend ist der Weg: Nach Abbau von Gebäuden (!) soll dann ein Gebäudemanagement zu Einsparungen führen. „Deutliche Einsparungen können nur durch die beschriebenen Maßnahmen (Gebäudeabbau) ansatzweise realisiert werden“. Bei Anpassungsmaßnahmen des Immobilienbestandes an veränderte Gegebenheiten muss aber stets Information die Grundlage von Entscheidungen! Immobilieninformation ist etwas anderes als ein „Gebäudekataster“.

2. Die Frage der Gebäude wird allein fiskalisch – als Ausgabenproblem gesehen. Nicht aber aus Vermögenssicht. Der Gebäudebestand ist aber Teil des Vermögens. Eine Sicht, die in der Kirche oft ausgeblendet wird. Dafür gab es Gründe, die heute etwas anders zu bewerten sind. Eine entsprechende Betrachtung zeigt, dass aktuell eine Flucht der Investoren in Immobilienvermögen stattfindet, weil andere Anlagen (zu) unsicher geworden sind. Anlagen- und Rücklagenbildung in den bekannten Kapitalanlagen wird zunehmend kritischer. Warum will also die Kirche in dieser Zeit große Teile ihres Immobilienvermögens abstoßen?

3. Die Ausgabensicht ist beschränkt auf die Ausgabenseite bei dauerhaftem Betrieb.  Ausgeblendet ist die Ausgabenseite für den Transformationsprozess selbst. Vielfach geht es nicht schlicht um Verkauf. Im falle von Gemeindehäusern wird die „Integration von Gemeinderäumen in den Bestand der Kirchen“ angestrebt. Solche Veränderungsprozesse sind in vielfacher Hinsicht problematisch. Die sind hier nicht alle aufzuführen. Finanzielle Vorteile solcher Investitionen bei vergleichenden Vollkostenrechnungen werden höchst selten auftreten.

3. Auch funktionierende oder zuvor selbst erfolgreich reorganisierte (!) Tagungshäuser in nicht uninteressanter Lage wie in Bad Orb wurden verkauft. Lesen Sie mehr.

 

3. Die Erhaltung von Pfarrhäusern ist kostengünstiger als die Auszahlung des Ortszuschlags

Aufwendung von Baumitteln für Pfarrhäuser werden mit ca. 4,5 Mio. p.a. Beziffert – einmal eine konkrete Zahl! Bei einer (aufgrund von vergleichen geschätzten Zahl von ca. 500 Pfarrhäusern wären das ca. 9.000.- € p.a. Das ist in der Tat ein hoher Betrag. Ein privater Eigentümer käme sicher mit geringeren Ausgaben aus. Für das Management besteht also durchaus Optimierungsspielraum. Trotzdem muss die Kirche eine andere Kennziffer heranziehen: die der Ausgaben für Ortszuschläge, wenn eine Dienstwohnung nicht gestellt wird. In der Regel sind für die Kirche die Kosten bei Auszahlung der Ortszuschläge höher als die Kosten der Bauunterhaltung. Das ergab eine Recherche des früheren Synodalen und Finanzausschussmitglieds Dr. Bergner in der EKHN. Eine Entlastung des Haushalts findet bei einem Verkauf in diesem Falle also – anders als behauptet – gar nicht statt.

 

4. Einsparung? Kürzung!

Die Verheißung: mit Einführung des Gebäudemanagements und Budgetierung wurde der Bauunterhalt auf 1 Mio. und die Bewirtschaftung ebenfalls auf 1 Mio. gedeckelt. Gegenüber zuvor 2,5 Mio. € p.a. Fallen nurmehr jetzt 2 Mio. an. Das wird als Einsparung 500.000.- verbucht.

 

Anmerkung: die genannte „Einsparung“ ist nichts andres als eine Kürzung der Mittel. Das kann im Falle der Bewirtschaftungskosten bedeuten, dass im Winter die Leute in den Kirchen und Gemeindehäusern frieren müssen, weil – bei zudem steigenden Energiekosten – die Mittel nicht mehr ausreichen.

Deutlicher heißt es an anderer Stelle: „Es wird ein Prüfauftrag erteilt, ob die Mittel für den Bauunterhalt ab dem Jahr 2017 um 50% gekürzt werden und …ab 2026 entfallen können.“

Nicht ist die Rede von einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit, die dazu führen könnte, dass über Leistungssteigerung bessere Ergebnisse erzielt würden (Rationalprinzip der Ökonomie).

 

5. Gesamtbeurteilung

Der Ansatz des Zukunftsausschusses ist ganz offensichtlich dominiert von dem Ziel des Abbau des Gebäudebestandes. Dabei wird wohl im Falle des Pfarrhauses über die symbolische Bedeutung kaum angemessen eingeschätzt. Und im Falle der Gemeindehäuser wird die funktionale Bedeutung sowohl im städtischen als auch ländlichen Raum auch angesichts von gesellschaftspolitischen Veränderungsprozessen kaum angemessen erfasst.

 

In ökonomischer Hinsicht irritiert, dass die Immobilienfrage nicht primär als Vermögensfrage behandelt wird. Immerhin handelt es sich um Vermögensanlagen, die über Jahrhunderte bestanden oder gebildet wurden. Anleger suchen gezielt nach Immobilienanlagen als sicher Häfen. Und dabei ist auch das Immobilienvermögen im Visier. In einem Standardwerk Immobilieninvestition heißt es: „Das Vermögen der Kirchen wird häufig unterschätzt, weil es sich auf eine Vielzahl kirchlicher Rechtsträger… verteilt. Der Grundbesitz der Kirchen wurde zuletzt in 1937 in einer offizieller Reichsstatistik erfasst. Aktuelle zahlen gibt es nicht. Unbestätigten Schätzungen von Frek gehen davon aus, dass die Kirchen in Deutschland direkt und indirekt Immobilienwerte von 150 Mrd. € besitzen. Der Flächenbestand wird auf 6,8 Mrd. qm geschätzt. Damit zählen die Kirchen zu den bedeutsamsten Akteuren auf dem Immobilienmarkt.“

Die Beurteilung des Zukunftsausschusses allein nach Ausgabengesichtspunkten ist bei Immobilien generell, speziell in der besonderen aktuellen Lage schlicht unprofessionell.

Der Verkauf von zuvor reorganisierten Gebäuden erinnert an den Verkauf von ehemals staatlichen und kommunalen Kliniken an Privatinvestoren und damit an Ökonomisierungsprozesse von Bereichen der Daseinsvorsorge, denen sich die Kirche unterwirft. Dabei mag die Tatsache des Verkaufs an einen Klinik-Konzern selbst ein reiner Zufall sein.

 

Betroffen ist auch das Thema Partizipation: Die Daten- und Informationslage der Landeskirche ist für qualifizierte Vorlagen kaum ausreichend. Die für die weitreichenden Maßnahmen genannten spärlich eingestreuten Zahlen sind als Basis derartiger Entscheidungen unzureichend. Die vorgeschlagenen Entscheidungen sind damit weder überprüfbar noch nachvollziehbar. Entscheidungen können nur auf der Basis von Gutgläubigkeit und Vertrauen getroffen werden. Der Respekt vor den Mitwirkenden in den synodalen Gremien gebietet eine Grundlage, die verantwortungsvolle Mitwirkung an Entscheidungen ermöglicht. Dazu braucht es andere Grundlagen.

 

 

EKD Orientierungshilfe „Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“

Die EKD hat ihre neue Orientierungshilfe „Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ heraus gegeben. Tatsächlich ist es der Kirche damit gelungen eine Debatte über das Verständnis von Ehe und Familie anzustoßen.

Vor allem aus konservativen Kreisen kam massiv Kritik an einer Abwertung der Ehe. Zeitungen reden von einem Kurswechsel der evangelischen Kirche.

Nüchtern betrachtet ist das Dokument weit weniger brisant, als es die Berichterstattung glauben will. Die Grundposition der Kirche hat sich nicht verändert. Die Ehe ist kein Sakrament sondern Teil der weltlichen Ordnung. Sichtbar wird das am 4. Kapitel „Verfassungsrechtliche Vorgaben und Leitbilder von Ehe und Familie im Familienrecht heute“. Ein ganzes Kapitel über Rechtsauffassungen unserer Gesellschaft gibt normative Vorgaben für den Umgang der Kirche mit der Ehe und Familie. Vieles ist also eng genommen gar keine Kursänderung der Kirche sondern die Reaktion auf Änderungen der Gesellschaft und gerade im Bereich der Ehe und Familie gab es in den letzten zwanzig Jahren deutliche Neuerungen in den gesetzlichen Grundlagen. So wurde die gleichgeschlechtliche Partnerschaft der Ehe rechtlich immer weiter gleich gestellt; Väter in ihrem Fürsorgeauftrag für Kinder gestärkt und zur Verantwortung gezogen und Frauen verstärkt zur Erwerbsarbeit gedrängt. Wie gerne ich es als Anhänger der feministischen Theologie auch sähe, das die Kirche hier einen Kurswechsel vorgenommen hätte. Sie hat es nur in sofern, als sie vielleicht an der ein oder anderen Stelle gesellschaftliche Entwicklungen, die zu den neuen Rechtsauffassungen geführt haben unterstützt hat. In einem Interview mit Domradio fasst EKD Ratsvorsitzender Schneider es treffend zusammen: „Die Wirklichkeit familiären Lebens hat sich aber in den letzten Jahrzehnten in unserem Land erheblich gewandelt. Und auch die Rechtsprechung und die Rechtsetzung haben sich dabei erheblich verändert. Darauf reagieren wir, indem wir die gesellschaftliche Realität in Relation zum biblischen Zeugnis setzen und eine Diskussion über Konsequenzen führen.“

Dieses Vorgehen brachte den AutorInnen die Kritik ein, sie würden auf dem Zeitgeist setzten und damit Raum für Beliebigkeit öffnen. Das wäre sicherlich der Fall, würde sich die Orientierungshilfe einseitig an den rechtlichen Vorgaben als Abbild der Gesellschaft orientieren. Sie hat aber auch eigene Leitlinien eingezogen. Familie ist ein durch Liebe, Verlässlichkeit und Treue eröffneter Raum, der Platz dafür gibt, das Menschen füreinander Verantwortung und Fürsorge übernehmen. In der Tat schließt diese Vorstellung auch gleichgeschlechtliche Paare, Patchworkfmilien oder außereheliche Gemeinschaften ein. In diesem Fall, ist die Position der Orientierungshilfe wirklich vielen Modellen offen. Mir ist dieser Ansatz aber lieber, denn er geht von einer Qualität und nicht von der Form einer Beziehung aus. Viele formale Ehebeziehungen können an dem qualitativem Anspruch scheitern, weil sie sich vielleicht in Beziehungen von Unterdrückung und Gewalt geändert haben. Nicht immer sind auch Liebe, Verlässlichkeit und Treue die ausschließlichen Gründe für eine Eheschließung. Es können auch finanzielle Motive, gesellschaftlicher Druck oder die Staatsbürgerschaft mit spielen. Auch den Anhängern einer formalisierten Ehe lässt sich daher eine Beliebigkeit unterstellen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist für mich nachvollziehbar. Die theologische Orientierung empfinde ich auch als den schwächsten Teil der Orientierungshilfe. Die Tradition liest sich mit einer bestimmten Berechtigung als Sündenbekenntnis. Die Kirche hat in dem sie die Herrschaftsbeziehungen in der Ehe lange in der Trauagende verwendet dazu beigetragen, das ein patriachales Modell als Naturrrecht verklärt wurde (42).

Zwar weist die Orientierungshilfe darauf hin, das die Ehe als lebenslange Beziehung mit der Möglichkeit des Scheiterns problematisch ist (39). Doch das Scheitern als heikler Punkt rückt nicht genauer in die Betrachtung. Die Liebe als Grundlage der Beziehung entzieht sich der menschlichen Macht. Das ausbleiben der Liebe und die Scheidung sollten als empirische Wirklichkeit auch Einzug in die Orientierungshilfe finden.

Die Referenzen auf die Bibel bleiben sehr im allgemeinem. Dabei behalten sie die Offenheit der Exegese bei. Der Ansatz ist statthaft. Ich hätte mir mehr Parteilichkeit und konkretere Arbeit an dem biblischem Zeugnis gewünscht.

Ein Lapsus in im Punkt 51 unterlaufen. Dort stellen die AutorInnen zu Recht fest: „Allerdings gibt es auch biblische Texte, die von zärtlichen Beziehungen zwischen Männern sprechen.„ Die Angabe der Stelle muss Schneider dann in einem Interview mit der FAZ als 2. Samuel1,26: „Deine Liebe war mir köstlicher als Frauenliebe“ nachreichen.

 

Besonders interessant wird es dann bei den Problemen und Handlungsfeldern. Denn hier traut sich das Papier in einigen Punkten offensiv berechtigte Kritik anzubringen.

Viele Paare und Familien erleben Zeit heute aber als knappes Gut“ (57) weist auf eines der dringenden Probleme der Gegenwart hin. Daher ist zu fragen, „welche schulischen und beruflichen Rahmenbedingungen nötig sind, damit Eltern und Kinder, aber auch Paare gemeinsam etwas unternehmen können.„(58). Vor allem der Sonntag und die Feiertage sind hier von Bedeutung.

Auch bei der Aufteilung von Erwerbsarbeit und Sorgetätigkeit in der Familie gibt es kritische Anmerkungen. Frauenerwerbsarbeit ist der männlichen Erwerbsarbeit noch nicht gleich gestellt. Viele Frauen arbeiten für weniger Lohn oder sogar in prekären Arbeitsverhältnissen (62). Die Arbeit wird weiterhin meist nicht gerecht geteilt. (65) „Eine gleichberechtigte Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit wird bislang zu wenig vorgelebt, sie ist zudem in Gesellschaft, Öffentlichkeit und Erwerbsleben weder akzeptiert noch institutionalisiert.

Der Punkt 70 fordert mit Recht die Gleichstellung mehrerer Formen von Arbeit. Leider kommt es hier wieder zu einem blinden Fleck. Was man als Kirche zu Recht von der Gesellschaft fordert, wird erfahrungsgemäß selber nicht immer so umgesetzt. Die Wertschätzung verschiedener Arbeiten ist meist in den Gemeinden auch eine andere. Ebenso ließe sich sicherlich kritisch die geschlechtliche Aufteilung bestimmter Aufgaben bei vielen Anlässen beobachten.

Familien sind nach wie vor einem größerem Armutsrisiko ausgesetzt. „Die Daten zur höheren Armutsgefährdung von Alleinerziehenden, aber auch zu Familien mit drei und mehr Kindern zeigen, dass ein scharfer Riss durch die Gesellschaft geht – und zwar zwischen denen, die mit Kindern leben, für sie und andere sorgen, und denen, die keine Kinder haben und damit dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehen.“ Zu recht fordern die Leitlinien daher die Solidarität innerhalb der Gesellschaft zu überprüfen. Denn „der internationale Vergleich zeigt außerdem, dass die Höhe der staatlichen Sozialausgaben nicht allein über das Ausmaß der Armut entscheidet, vielmehr ist ausschlaggebend, wie zielgerichtet sie Familien und Kindern zugute kommen.“(108)

 

Nichts kommt so heiß auf den Tisch, wie es die Presse bespricht. Die Ad Hoc Kommision hat eine solide Orientierungshilfe vorgelegt. Die fundierten Beobachtungen zu Problemfeldern eignen sich sogar wirklich für eine Debatte um die Familienpolitik.

Steuern sparen im Pfarrhaus

 

Steuern sparen im Pfarrhaus – Tipps vom Pfarrerinnen- und Pfarrerausschuss der EKKW.

 

EKKW: Pfarrerinnen-und Pfarrerausschuss erreicht Mietwert-Überprüfung

Nachdem die Überprüfung der steuerlichen Mietwerte in anderen Landeskirchen (EKHN, Pfalz, Hannover, Braunschweig) zu erheblichen Senkungen der steuerlichen Mietwerte für die Pfarrhäuser geführt hat, lässt der PA derzeit die Mietwerte von exemplarischen Pfarrhäusern auch in unserer Landeskirche von der Kanzlei Gütter prüfen.
Ergibt sich aus der Prüfung eine realistische Perspektive, die Mietwerte für die kurhessischen Pfarrhäuser senken zu können, wird der PA auf eine generelle Überprüfung der Mietwerte drängen.
Inzwischen liegen uns die Ergebnisse der Test-Überprüfungen vor. Danch lassen sich in städtisch geprägten Regionen mit hohen Mietwerten bis zu 1000,- € Steuern sparen; in eher ländlichen Regionen sind es einige hundert Euro.

 

Verkaufsoffene Sonntage

Wir berichteten über einen für die Sonntagskultur positiven Gerichtsentscheid in Hessen. Die unterlegenen Gegner formieren sich und wollen weiter kämpfen:

9. Juli 2013. „Wir brauchen Rechtssicherheit; dafür regen wir eine Gesetzesinitiative zur Streichung des Anlassbezuges im Hessischen Ladenöffnungsgesetz an“ – Citymarketing e.V. zieht Konsequenz aus Verwaltungsgerichtsurteil: In 2013 wird es nur noch einen verkaufsoffenen Sonntag und zwei weitere Late-Night-Shoppings gebe. Mehr dazu.