Schlagwort-Archive: Kathol. Kirche

Österreich: Aufruf zum Aktionsbündnis „Pfarren mit Zukunft – statt XXL-Gemeinde!“

Liebe Mitglieder, Unterstützerinnen und Unterstützer der Pfarrer-Initiative!

In den letzten Monaten haben sich immer mehr Kollegen, PfarrgemeinderätInnen und ihren Pfarren verbundene Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürger an mich gewandt – in der akuten Sorge um die Zukunft ihrer Gemeinde. Die Strukturreform schreitet leise voran, mit absehbaren Folgen. Dabei gibt es Alternativen zur Auflösung von lebendigen Pfarrgemeinden und sogar kirchenrechtlichen Schutz!

In Deutschland kann man die Folgen der Zusammenlegung von Pfarren zu neuen „Großräumen“ in der Realität studieren: Der Kontakt zwischen den Menschen geht verloren. Die ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Ex-Pfarren (nun „Filialgemeinden“) müssen über ihr Engagement vor Ort hinaus viel Zeit für die Kommunikation mit den Verantwortlichen der Großraumpfarre aufwenden – und schaffen das kaum. Die Priester werden zu Dauerreisenden mit immer weniger Augenmerk für die Menschen mit ihren Anliegen und Sorgen. Für den Kern unserer priesterlichen Aufgabe, die Seelsorge, bleibt kaum mehr Zeit…

Zum vollständigen Aufruf.

„Wir sind Kirche“- Vorsitzende exkommuniziert: „Mit zweierlei Maß gemessen…“

Die katholische Laienbewegung „Wir sind Kirche“ setzt sich für Reformen ein. Die österreichische Vorsitzende wurde jetzt mit der größtmöglichen Strafe belegt und exkommuniziert. Sie hat privat Gottesdienste gefeiert – ohne einen Priester.

Es ist die schärfste Strafe, die über Katholiken verhängt werden kann: die Exkommunikation. Wer damit belegt wird, darf nicht nur keine kirchlichen Ämter mehr ausüben – sondern auch keine Sakramente mehr empfangen. Vom Empfang der Hostien im Gottesdienst sind derart Verstoßene ebenso ausgeschlossen wie von der Beichte oder der Krankensalbung. Getroffen hat diese Strafe nun Martha Heizer, die österreichische Vorsitzende der Basisbewegung „Wir sind Kirche“…  Zum Bericht der SZ.

Zweierlei Maß – Stellungnahme zur Exkommunikation von den Betroffenen, Martha u. Gert Heizer

22.05.2014, Elmar Fuchs

…Durch den „Versuch, unerlaubt Eucharistie zu feiern“ fallen wir unter die „drei schweren Vergehen“, die sofort dem Vatikan gemeldet werden müssen. Dazu gehören auch die Verletzung des Beichtgeheimnisses und der sexuelle Missbrauch. Es entsetzt uns ungemein, dass wir uns in der gleichen Kategorie wie priesterliche Missbrauchstäter wieder finden. Besonders erbittert es uns, dass wir von keinem einzigen Missbrauchstäter wissen, der exkommuniziert worden wäre. Es wird also mit unterschiedlichem Maß gemessen…
Der vollständige Text.

 

 

 

 

„Wie kurieren wir die Kirche?“. Gespräch mit dem Autor, Theologen und Journalisten Joachim Frank.

Er hat Hoffnung, weil die Kirche ihm am Herzen liegt. Joachim Frank, in Burgsteinfurt groß geworden, hat sich in seinem ersten Buch mit der Frage beschäftigt: „Wie kurieren wir die Kirche?“ Bei der Suche nach Antworten helfen dem 48-jährigen Journalisten und Theologen, der verheiratet ist und in Köln lebt, Frauen und Männer, die sich in der Kirche auskennen. Über die Botschaft seines Buches und was die Kirche für ihn bedeutet, sprach WN-Redakteurin Gudrun Niewöhner mit dem ehemaligen Priester des Bistums Münster.

Sie fragen in Ihrem Buch: „Wie kurieren wir die Kirche?“ Woran krankt die Kirche denn überhaupt? Und gibt es ein Allheilmittel?… Zum Beitrag.

So schwingt das Religiöse. Das aktuelle Buch von Joachim Frank sieht neben den Schwächen auch die einzigartigen Seiten der Kirche.

FREIBURG, 27. April 2014 – Von Michael Schrom

Navid Kermanis Erinnerung an Vanillepudding und Heribert Prantls Mutter im Altenheim: Das aktuelle Buch von Joachim Frank sieht neben den Schwächen auch die einzigartigen Seiten der Kirche.

Er sieht aus wie der böse Zauberer in Tolkiens „Herr der Ringe“. Ein alter Mann, in dunkles Purpur gehüllt, auf dem Kopf eine Mitra, die Hand um den Stab gekrallt, als wolle er jeden Moment damit losschlagen, von hinten fotografiert vor einem bedrohlichen Gewitterhimmel. Das Titelbild des „Stern“ (Nr. 44 vom 24.10.) macht auf den ersten Blick klar, wovor sich Deutschland in Acht nehmen muss: „Die dunkle Macht“ lautet die Schlagzeile. Gemeint ist nicht die Mafia oder der Geheimdienst, sondern die katholische Kirche. Besondere Kennzeichen: „Verborgene Millionen, dicke Dienstwagen, keine Kontrolle“. Dem „obersten Bösewicht“ hat die Illustrierte zusätzlich eine eigene Geschichte gewidmet: „Tebartz-van Elst: So tickt der Skandal-Bischof“. In großen Zwischenüberschriften werden darin Ungeheuerlichkeiten aus seiner Jugend ausgebreitet, wie zum Beispiel diese: „Die Freunde spielen Fußball. Er wird Messdiener.“ Kein Wunder, wenn da etwas grundlegend schiefläuft…

Ohne die Vorgänge in Limburg beschönigen zu wollen, muss man feststellen, dass die Berichterstattung darüber mittlerweile ein Ausmaß angenommen hat, das an Hysterie grenzt. An die Stelle des Feindbilds der gierigen Banker und Manager sind die angeblich stinkreichen Bischöfe getreten, absolutistische Nichtsnutze, die sich noch dazu vom Staat aushalten lassen.

Diese Maßlosigkeit ruft selbst Journalisten auf den Plan, die Kirche zu verteidigen, die sich sonst nicht darum kümmern. So schreibt etwa Jens Jessen in der „Zeit“: „Was die Kirchen fürs Geld tun, im glanzlosen Normalfall der Caritas und Seelsorge, wurde eher nebenbei erwähnt. Und dass im Normalfall von gemästeten Geistlichen nichts zu sehen ist, im Gegenteil die Aufregung über den Limburger gar nicht verständlich wäre, wenn er den Normalfall markierte“, werde ebenfalls nicht bedacht. Jessen stellt in den Medien eine erschütternde „Unkenntnis – keineswegs nur gegenüber kirchlicher Tradition“, sondern auch gegenüber „christlicher Eigengesetzlichkeit überhaupt“ fest. Das reiche bis dahin, dass man der Kirche jegliche Berufung auf Gott und göttliches Recht abspreche und in ihr nur einen Verein wie jeden anderen sehen will, der sich gefälligst nach Vereinsrecht zu organisieren habe.

Wahrheit soll leuchten

Jessen hat recht: Die Kirche ist nicht (nur) von dieser Welt und darf es nach dem Willen Jesu auch nicht sein… Zum Artikel in Christ in der Gegenwart.

Stadtdekan Johannes zu Eltz: ›Die Amtskirche, die wir kannten, ist erledigt‹

Wenn ein Haus zusammenbricht, werden die Fundamente sichtbar. Kann man auf ihnen etwas Neues bauen? Das Ende der Episode Tebartz-van Elst im Bistum Limburg – und die Folgen. Ein Gespräch mit Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz mit Hartmut Meesmann, Britta Baas. in Publik Forum.

Heiter-ironische Verse aus katholischen Federn zu nicht nur katholischen Fragen: Erster Streich…

Mancher gibt sich fromme Müh‘
Geht sonntags zur Eucharistie.
Einesteils der Seele wegen,
Soll die sich doch zum Himmel regen.
Zweitens ist es hinterher
Um das Herz nicht mehr so schwer.
Drittens aber nimmt man gar
Auch gern die Zeit zur Einkehr wahr.

Seht, da ist die Tante Bolte,
Die das auch sehr gerne wollte.
Den Leib des Herrn doch muss sie meiden.
Sie ließ sich von dem Onkel scheiden!
Streckt bittend ihre Hände vor sich,
Doch Ratz und Meise kategorisch:
„Wer lebt in solcher Sündigkeit,
Dem steht das Gastmahl nicht bereit.
Was Gott eint, kann Mensch nicht scheiden!
Geschiedene kann der nicht leiden!“
In Stein gefasst steht ihre Mahnung.
Von Ehe hab’n die richtig Ahnung!

Doch Tantchen lächelt ganz verschmitzt.
Der neue Onkel heißt jetzt Fritz.
Sie standen vor dem Traualtar
Und sagten sich in Liebe „Ja!“.
Froh nimmt sie teil am Abendmahl.
Was Ratze sagt, ist ihr egal.
Und Meise kann sie mal gigantisch!
Die Tante ist jetzt protestantisch!

Dieses war der erste Streich,
Doch der zweite folgt sogleich.

Zweiter Streich

Alle Streiche.

Erklärung der Reformgruppen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart zur aktuellen Befragung der Kirchenleitung in Rom zum Thema „Familie“

1.
Andererseits zeigen Stil und Inhalt der Fragenliste eine große Entfremdung zwischen Kirchenleitung und Kirchenvolk. Die Lehre der Kirche über Familien- und Sexualmoral wird als weltfremd, unbarmherzig und unglaubwürdig erlebt. Die Art der Fragestellung lässt zudem vermuten, dass es den Kirchenleitungen vor allem darum geht, wie die bisherige Lehre der Kirche besser durchgesetzt werden kann.

2.
Trotzdem hat sich ein Teil des Kirchenvolks zu Wort gemeldet und ist zu folgendem Ergebnis
gekommen: Beispiel Erzbistum Köln: „Insgesamt wird die Lehre der Kirche als welt-und beziehungsfremd angesehen“. Und Kardinal Lehmann: „Die Ergebnisse der Umfrage erzeugen und verstärken, auch wenn sie nicht repräsentativ sind, den Eindruck einer fatalen Situation. Eigentlich wissen wir schon lange darum. Vieles wurde verdrängt“. Insbesondere für Jugendliche ist die katholische Lehre zur Sexualmoral ein Grund, die Kirche nicht mehr ernst zu nehmen.  Diesen wird deshalb ein Zugang zum Evangelium verbaut und die Weitergabe des Glaubens wird unterbunden.
Zur Erklärung.

Erstaunlich: bottom-up Elemente in der kathol. Kirche in der Schweiz

Der Wert der kantonalen Körperschaften für die Kirche

Interview der NZZ mit dem Präsidenten der schweizer Bischofskonferenz Markus Büchel, St. Gallen.

„…Es gibt auch zwischen den grossen Bistümern Basel und Chur Unterschiede, und zwar in der Bewertung der Körperschaften. Sind sie für Sie nur Mechanismen zum Einziehen der Kirchensteuer?

Nein, sie sind für mich mehr. Nach dem Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils sind alle Getauften und Gefirmten Kirche, somit auch jene, die in einer Körperschaft Verantwortung übernehmen. Es ist gut, möglichst viele Menschen in das Funktionieren einer kirchlichen Gemeinschaft einzubinden. Wer allerdings nur dogmatisch-hierarchisch denkt, stösst vielleicht an eine Grenze, wenn der Bischof nicht allein über den Einsatz der

Kirchensteuern entscheiden kann. Es braucht eine angstfreie Grundanerkennung, dass auch die Menschen, die in den Körperschaften arbeiten, den Impetus als Christen haben, der Kirche zu dienen. Und dann ist es wichtig, wie die Kommunikation läuft und wie man mit Konflikten umgeht. Das Zusammenspiel braucht viel Fingerspitzengefühl.

Es geht also nicht nur um Finanzen?

Auch in meinem Bistum sehe ich, dass mir vieles, was ich sonst zentral besorgen müsste, abgenommen wird. Vieles gestaltet sich an der Basis, und dort ist die emotionale Bindung an die Kirche recht gross. Wenn die Menschen für ihre Kirchgemeinde, ihre Pfarrei, ihre Seelsorger etwas tun können, sind sie stärker und engagierter eingebunden, als wenn sie nur Geld nach oben, auf die Bistumsstufe, geben und von dort her wieder die Verteilung erfolgt… “ zum Interview.

Katholische Kirche: Neuer Anlauf gegen Missbrauch

24.03.2014  ·  Der erste Versuch mit dem Kriminologen Pfeiffer, der Zensur beklagte, scheiterte. Nun unternimmt die Katholische Kirche in Deutschland einen neuen Anlauf, Missbrauchsfälle wissenschaftlich aufzuarbeiten. Man habe „aus Fehlern gelernt“, sagt der Trierer Bischof Ackermann. Betroffene sehen das anders. Mehr in der FAZ.

Wir sind Kirche zum neuen Forschungsprojekt zur Sexualisierten Gewalt in der Kirche

24. März 2014 Stellungnahme.

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche begrüßt, dass das heute vorgestellte Forschungsprojekt interdisziplinär und zusätzlich auf qualitative Aspekte wie Täterstrategien, Opferleben und institutionelle Aspekte angelegt ist.

Jedoch gibt es nach wie vor erhebliche methodische Zweifel, ob ein von der Deutschen Bischofskonferenz initiiertes und auch nur von ihr finanziertes Forschungsvorhaben überhaupt in der Lage sein kann, grundlegende Ursachen herauszufiltern, die sich aus der hierarchischen und zölibatären Struktur der römisch-katholischen Kirche liegen.

Müller, Marx und der kurze Dienstweg in den Vatikan

Von Martin Schuck

Reinhard Marx kokettiert gerne mit seinem Familiennamen. 2008, da war er gerade als Erzbischof von München und Freising eingeführt, veröffentlichte er ein Buch mit dem sinnigen Titel „Das Kapital“. „Statt einer Einleitung“ gab es einen fiktiven Brief „Marx schreibt an Marx“, in dem der Namensvetter Karl über die Vorzüge seines Zeitgenossen Wilhelm Emmanuel von Ketteler aufgeklärt wurde. Ketteler wurde 1850 Bischof von Mainz und ging als „Arbeiterbischof“ in die Geschichte ein. Marx (Karl), auch das erfahren wir bei Marx (Reinhard), fühlte sich durch Ketteler gehörig genervt, denn er schrieb 1869 nach einer Reise durch das Rheinland an Friedrich Engels: „Bei dieser Tour durch Belgien, Aufenthalt in Aachen und Fahrt den Rhein herauf, habe ich mich überzeugt, dass energisch, speziell in den katholischen Gegenden, gegen die Pfaffen losgegangen werden muss. Ich werde in diesem Sinne durch die Internationale wirken. Die Hunde kokettieren (z.B. Bischof Ketteler in Mainz, die Pfaffen auf dem Düsseldorfer Kongress usw.), wo es passend scheint, mit der Arbeiterfrage.“
Der Ausgang dieser Geschichte ist bekannt. Das Kokettieren der – nennen wir sie so: Pfaffen – mit der Arbeiterfrage führte zu einigen sehr respektablen Ergebnissen, die sich im katholischen Bereich nicht nur in mehreren Enzykliken und zahlreichen Sozialworten niederschlugen, sondern auch eine katholische Arbeitnehmerbewegung und zahlreiche weitere Organisationen im Laienkatholizismus zuwege brachte. Im außereuropäischen Bereich entstanden Bewegungen wie die Theologie der Befreiung in Lateinamerika, die nicht nur auf das säkulare Wirtschaftsleben Einfluss ausübten, sondern die Kirche selbst zu verändern versuchten.
Als vorläufiges Fazit dieser Entwicklung kann festgehalten werden, dass der Marxismus zwar kurzzeitig das Gesicht der Welt verändern konnte, aber seine Rolle als sozialpolitischer Antreiber verloren hat; die katholische Kirche dagegen konnte mit ihrer Soziallehre nur selten alleine etwas erreichen, gilt dafür aber auch heute noch in zahlreichen Gesellschaften als wichtiger Impulsgeber – und sei es nur für die Sonntagsreden, in denen den vom neoliberalen Reformalltag gestressten Politikern Mut zum Durchhalten gemacht werden soll. Und damit kommen wir zur Rolle, die Reinhard Marx als Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz spielen wird.
In der Führungsetage der römisch-katholischen Kirche wird seit der Wahl von Papst Franziskus vor einem Jahr ein neuer Stil gepflegt. Der Papst selbst trägt eine erkennbare Bescheidenheit als Markenzeichen vor sich her; das verunsicherte zunächst die Würdenträger innerhalb der Kurie, denn es war völlig unklar, wer seine Ämter behalten durfte und wer gehen musste. Spätestens mit der Ernennung des von Benedikt XVI. in das Amt des Präfekten der Glaubenskongregation beförderten Gerhard Ludwig Müller zum Kardinal ist allerdings ein deutliches Zeichen gesetzt: In den Fragen der kirchlichen Lehre wird Franziskus keinen Deut von der konservativen Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils abweichen, sondern sogar die Müller’schen Zuspitzungen zumindest tolerieren. In den Fragen der Soziallehre jedoch gilt der Weg, den der Papst als Kardinal Bergoglio bereits erfolgreich eingeschlagen hat: persönliche Bescheidenheit und karitative Zuwendung, sozusagen die Pflege der unpolitischen Restbestände der Theologie der Befreiung – eben das, was nach der Zerschlagung des politischen Kerns dieser Bewegung durch die Personalpolitik Johannes Pauls II. übrig geblieben ist. Hier genau passen Bergoglio und Müller zu mehr als hundert Prozent zusammen, denn auch der hierzulande als konservativ bis reaktionär verschrieene Müller hat seine besten Freunde genau dort, wo man sie nicht vermuten würde, etwa beim „Vater der Befreiungstheologie“, Gustavo Gutièrrez, der Müller wegen seines sozialen Engagements in den Armenvierteln von Lima über alle Maßen lobt und sogar mit ihm gemeinsam ein Buch geschrieben hat.
Auch Reinhard Marx passt formvollendet in dieses Profil des lehramtstreuen, sozialkaritativen Katholizismus. Unvergessen ist sein hartes Vorgehen gegen Gotthold Hasenhüttl nach dem Ersten Ökumenischen Kirchentag 2003, als er dafür sorgte, dass diesen seine offene Einladung zur Eucharistie an alle Christen zuerst das Priesteramt und dann die Lehrerlaubnis kostete. Unabhängig davon gilt Marx als mahnende Stimme gegen den enthemmten Kapitalismus und als Kämpfer für eine Rückkehr zur Sozialen Marktwirtschaft alter Prägung. In seinem Buch „Das Kapital“ betont er, ein „Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit“ habe „keine Moral und auch keine Zukunft“. Das sind Sätze, die sich nach dem Rheinischen Kapitalismus zurücksehnen, die sich von Franziskus aber auch gut in den südamerikanischen Kontext übersetzen lassen.
Man kann somit feststellen, dass die deutschen Bischöfe, die den kurzen Schock nach dem Amtsverzicht ihres Kollegen überwunden haben, den kurzen Dienstweg in den Vatikan wieder herstellen. Neben Müller ist Marx einer der engsten Mitarbeiter des Papstes; schon zu Beginn seines Pontifikats berief dieser Marx als einzigen Europäer in seinen achtköpfigen Kardinals-Beraterstab, und erst vor wenigen Wochen ernannte er ihn zum Koordinator des neugegründeten vatikanischen Wirtschaftsrates. Schon bevor der Rücktritt Benedikts XVI. absehbar war, kaufte Marx in Rom für fast zehn Millionen Euro eine stattliche Villa, weil das Erzbistum München-Freising schließlich eine Repräsentanz nahe beim Vatikan braucht.
Für die deutschen Bischöfe werden die häufigen Aufenthalte ihres Sprechers in Rom kein Schaden sein. In unsicheren Zeiten können sie darauf bauen, dass Marx dafür sorgen wird, dass die Kirche der Armen, von der der Papst aus Südamerika immer redet, schon nicht so schlimm wird. So etwas wie Limburg geht ja schon heute nicht mehr gut, und für die den Bischöfen wichtigen Fragen wie die Beibehaltung des Status quo beim Priesteramt und der Eucharistie interessiert sich dieser Papst nicht wirklich.