Archiv für den Monat: August 2013

Personalchaos in der Kirche

Neben den chaotischen Zuständen bei Siemens erinnert mich vor allem die momentane Lage der Bahn in Mainz an zukünftige Szenarien auch in der Kirche. Da man kein Personal mehr für eine ordentliche Besetzung für das Stellwerk am Mainzer Hbf hat, wird dieser – es ist kaum zu glauben – mehr oder weniger als bisheriger Knotenpunkt vom Bahnverkehr abgekoppelt. Man dünnt die Zahl der Züge, die den Mainzer Bahnhof anfahren, massiv aus. Das betrifft sogar IC und ICE-Züge. Ab 18 Uhr mutiert er zu einer Art Geisterbahnhof. Ein Skandal sondergleichen, der auf verfehlte Personalpolitik der Bahn-Verantwortlichen seit der Privatisierung zurückzuführen ist. Es ist zu befürchten, da ja unsere Kirchenleitung auch das Heil in neoliberal ausgerichteten Strukturveränderungsprozessen sieht, dass sich die verfehlte Personalpolitik beim Theologennachwuchs in ähnlich chaotischen Verhältnissen auswirken wird; dann, wenn kein Personal mehr in den „Gemeindestellwerken“ zur Verfügung steht, um den „Betrieb“ aufrecht zu erhalten. Doch nicht nur beim Theologennachwuchs gibt es Probleme, neuerdings ist eine zukünftig sich einstellende Lücke auch bei Kirchenmusikern und Gemeindepädagogen nicht mehr zu verheimlichen. Die Kirchenleitung hat allerdings – im Gegensatz zum Bahnvorstand – für diese sich abzeichnende Krise Vorsorge getroffen: Die Förderung der Ehrenamtlichen soll ausgebaut werden! Zitat aus den „Leitgedanken der Kirchenleitung zur weiteren Entwicklung der EKHN“: Erforderlich ist „ein höheres Maß an Steuerung und Koordination durch ehrenamtlich Leitende“.
Bravo!
Ich frage mich jedoch, wenn die Lösung so unkompliziert ist, warum der Bahnvorstand sich diese noch nicht zu Eigen gemacht hat. Ein höheres Maß an Steuerung und Koordination durch ehrenamtlich Leitende würde bestimmt viele Modellbahnfreunde ansprechen, in einem DB-Stellwerk nun auch mal die große Eisenbahn steuern zu dürfen oder zu können. Auf wie viel brachliegendes Bubenträumepotential oder abrufbare Väter-Märklin-Kompetenz die Bahn bei diesem Fahrdienst-Problem zurückgreifen könnte, um es mit dem genial-einfachen Lösungsvorschlag der Kirchenoberen in den Griff zu bekommen… Wahnsinn!
Wo allerdings die Kirchenleitung ihr ergiebiges Potential zum ehrenamtlichen Ausgleich ihres sich abzeichnenden Pfarrdienst-Problems sieht, ist noch nicht ausgemacht. Damit ist zu befürchten, dass es trotz dieses beschriebenen Potentials an Ehrenamtlichen in Zukunft nicht nur Geisterbahnhöfe, verwaiste Stellwerke und Streckenstilllegungen geben wird, sondern auch „Geisterkirchen“ (ohne das Wirken des Hl. Geistes), verwaiste Pfarrhäuser (in denen dann kein Licht mehr brennt) und stillgelegte Gemeindehäuser (in denen sich dann keine Ehrenamtlichen mehr versammeln können).
Jedoch momentan bleibt die erfreuliche Nachricht für die Finanzjongleure, die es dann in ihren Jahresberichten zu veröffentlichen gilt, am besten versteckt eingestreut in einer nicht auf Anhieb zu interpretierenden Zahlentabelle: Die Bahn macht Gewinn und die Kirchensteuern steigen!
Ich sage dazu: Noch! Und die Grundfrage bleibt leider unbeantwortet: Warum gibt es momentan schon jetzt bei der Bahn zu wenig Personal an Fahrdienstleitern und warum wird es in Zukunft wahrscheinlich zu wenig Pfarrpersonal geben? Aber vielleicht ist diese Frage zu simpel für leichtfassliche Antworten.

Wenn Pfarrer/innen am Sonnabend krank werden…

von Pfarrer Dr. Martin Senftleben / 27.03.2013

…was passiert dann eigentlich? Selbstverständlich springt ein Kollege oder eine Kollegin ein, um den Gottesdienst am Sonntag zu halten. – Ach so, die haben dann auch gerade alle Gottesdienst? Aber es wird sich doch jemand finden…? – Das ist gar nicht so einfach: Ehrenamtliche sind in den Dörfern verstreut im Einsatz und daher auch nicht verfügbar. Was bleibt: man kämpft sich durch. Die vom Körper verordnete Auszeit muss erst einmal ausfallen.

Wenn mir so etwas passiert, kommen mir wieder die gleichen Fragen: Was kann ich meinen Kolleg(inn)en zumuten? Und was kann ich meinen Gemeindegliedern zumuten? Und mir selbst?

 

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„Also, liebe Gemeinden, werdet attraktiv für die wenigen BewerberInnen“

Rein rechnerisch kann der Bedarf an Pfarrerinnen und Pfarrern in der Evangelischen Kirche von Westfalen erst im Jahr 2030 nicht mehr gedeckt werden, so heißt es in dem zitierten Papier zur Personalplanung. (Was heißt „erst“? Siebzehn Jahre vergehen schnell, vor dem Hintergrund, dass heute bereits Theologie studieren muss, wer in zehn Jahren eine Pfarrstelle übernehmen soll.) Diese Rechnung geht allerdings nur dann auf, wenn
1. sämtliche EntsendungsdienstlerInnen sich tatsächlich in Pfarrstellen berufen lassen (Das bedeutet, dass viele vom Entsendungsdienst getragene Arbeitsbereiche wegfallen und ist auf Kirchenkreis- und Gemeindeebenen nicht überall so gewollt.)
2. der zur Verfügung stehende Nachwuchs tatsächlich in Westfalen bleibt (Warum sollte er, wenn er in anderen Landeskirchen besser bezahlt wird? Die Provinzialität der Landeskirchen ist kein Modell, das dem Lebensgefühl moderner Menschen entspricht und Ehepartner sind bei der Wahl des Arbeitsplatzes heutzutage auch kaum an Grenzen ehemals preußischer Provinzen zu binden. Das neue Pfarrerdienstrecht eröffnet jedenfalls die Möglichkeit ganz neu, das Berufsleben nicht mehr in einer einzigen Landeskirche zu verbringen. Und es gibt Landeskirchen, die bereits heute BewerberInnen suchen.).

Presbyterien sollten sich darauf einstellen, dass sie sich um Bewerberinnen und Bewerber auf freiwerdende Pfarrstellen weit mehr als in den vergangenen Jahrzehnten wirklich bemühen müssen. Es ist bereits heute nicht mehr so, dass zig KandidatInnen sich um eine Stelle balgen. Und die bürgerliche Idee, einen männlichen Bewerber in der Familiengründungsphase für das unwirtschaftliche Pfarrhaus zu finden, wie sie nicht selten immer noch tradiert wird, wird sich immer schwerer realisieren lassen. Also, liebe Gemeinden, werdet attraktiv für die wenigen BewerberInnen, die in den nächsten Jahren sich für eure freie Pfarrstelle interessieren. Apropos: Sämtliche potentiellen BerwerberInnen für 2013 und 2014 befinden sich bereits im kirchlichen Dienst, können bereits heute identifiziert und angesprochen werden!

Kommentar von Stephan

 

Braucht der Markt Moral?

15.08.2013.  Ohne Moral könnten Märkte gar nicht bestehen, glaubt der Philosoph und Hegel-Kenner Axel Honneth, der in Frankfurt und New York lehrt. Er hat am Mittwochabend in den Räumen der Alten Börse in Frankfurt seine Sicht auf Märkte und ihre normativen Grundlagen vorgetragen. Der Blog der FAZ.

Den Vortrag als Video.

Die Finanzkrise richtig verstehen – Prof. Dr. Bontrup

Die Euro-Krise wird gemeinhin mit einer Staatsschuldenkrise erklärt. Die Lösung: Sog. ‚Sünderländer‘ sollen Buße tun. Austeritätsprogramme und ‚Schuldenbremsen‘ werden über ganz Europa gelegt. Denn eine neoliberale Politik ist sich sicher: Der Ausweg aus der Krise führt nur über wirtschaftliches Wachstum. Dieser Vortrag von Prof. Dr. Bontrup, Westfälische Hochschule Recklinghausen,  bietet eine andere Analyse der Krisenursache und stellt wirtschaftspolitische Alternativen für einen Ausweg vor.

Sehen Sie den instruktiven Vortrag von Prof. Dr. Bontrup.

 

Amerika, der Datenschutz und wir

Frank James Sensenbrenner, republikanischer Kongressabgeordneter aus der Bierbrauerstadt Milwaukee in Wisconsin, wandte sich direkt an den Justizminister, Attorney General Eric Holder, um seinem Unbehagen Ausdruck zu verleihen. Sensenbrenner, der Autor des Patriot Act und seiner Section 215, die als Basis der Datengefräßigkeit des FBI und der NSA gilt, distanziert sich von der Art und Weise, wie man mit den Daten von Millionen unbescholtener Bürger umgeht. Und da Sensenbrenner kein Novize im politischen Geschäft ist, macht er seinen Brief an den Justizminister öffentlich.
Es ist erst zwei Jahre her, als Sensenbrenner – noch ganz beseelt von patriotischem Eifer – die Verlängerung des Patriot Act (bis 2015) begrüßte. Inzwischen hat er wohl erkannt, dass er mit diesem Gesetz die seiner Ansicht nach nicht verfassungskonforme Interpretation durch das FBI und die NSA erst ermöglicht hat. Davon distanziert er sich nun und tut dies seinem Wahlvolk kund und zu wissen.Interessant dabei ist, dass er dies im Namen der Verfassung tut. Damit zieht er eine scharfe Trennlinie zum Justizminister, dem FBI und der NSA und signalisiert damit gleichzeitig den Gleichgesinnten im Kongress und Senat – egal welcher Partei –  wo man sich zum patriotischen Konsens zusammenfinden könnte. Lesen Sie mehr.

Handel mit vertraulichen Informationen Daten von Millionen Patienten verkauft

Ausspäh-Aktion gegen deutsche Ärzte und Patienten: Ein Apothekenrechenzentrum hat einem Medienbericht zufolge massenhaft persönliche Daten an Marktforschungsunternehmen weitergegeben. Datenschützer sind entsetzt.

Es sind schwerwiegende Vorwürfe: Das süddeutsche Apothekenrechenzentrum VSA in München verkaufe unzureichend verschlüsselte Patientendaten an Marktforschungsunternehmen, darunter den US-Konzern IMS Health, berichtet der Spiegel. Das Unternehmen verfolge nach eigenen Angaben die Krankheiten von mehr als 300 Millionen Patienten, unter ihnen auch „42 Millionen verschiedene gesetzlich Versicherte“ in Deutschland. Lesen Sie in der SZ.

Dossier: Landraub. Der globale Kampf um Boden fordert Opfer

Neue Veröffentlichung des Südwind-Instituts, April 2013

Es sind die Bauern und Hirten, die die Ernährung in den Ländern sichern können, in denen immer noch Hunger herrscht. Es wäre also nichts wichtiger, als die Bauern und Hirten im Süden der Welt zu unterstützen.Doch darum geht es den meisten Investoren nicht, die sich derzeit weltweit um riesige Flächen Kulturland reißen. Regierungen wollen Nahrungsmittel, um die Versorgung ihrer Bevölkerungen zu sichern. Private Konzerne und Finanzinvestoren kaufen Land, um die Produkte anzubauen, mit denen sich weltweit am meisten verdienen lässt.

Vermisstenanzeige Gesucht: Scientologys First Lady

Wurde die Frau des Scientology-Chefs ins Straflager versetzt? Shelly Miscavige ist seit Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten. Die Sekten-Aussteigerin Leah Remini, bekannt aus „King of Queens“, hat deshalb eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Die Reaktionen sind heftig. Mehr dazu.