Archiv der Kategorie:
Demokratie in der Bewährungsphase

Ständige sicherheitspolitische Aufrüstung seit den 70iger Jahren. Interview mit dem früheren Innenminister Gerhard Baum.

02/2015, Interview mit Gerhard Baum, Ex- Bundesinnenminister von 1978-1984;  2004 brachte er zusammen mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Burkhard Hirsch vor dem Bundesverfassungsgericht den »Großen Lauschangriff« zu Fall, 2006 das Luftsicherheitsgesetz, das den Abschuss von Passagiermaschinen im Entführungsfall legalisieren sollte. Er hat außerdem Verfassungsbeschwerde gegen die heimliche Durchsuchung von Computern eingelegt.
Freiheit ist ohne Unfreiheit nicht zu haben
? Herr Baum, Sie waren Bundesinnenminister als die RAF bombte und mordete, Sie kennen die Spannung zwischen dem Grundrecht auf Freiheit und dem Wunsch nach Sicherheit aus nächster Nähe. Nun legen Sie mit ihrem Buch Rettet die Grundrechte! eine Streitschrift zum Thema Bürgerfreiheit versus Sicherheitswahn vor. Sehen Sie Parallelen zu den 70er Jahren?

Baum: Ich sehe seit den 70er Jahren eine ständige sicherheitspolitische Aufrüstung, und ich sehe, dass diejenigen, die die Freiheit verteidigen in die Defensive geraten sind gegenüber übermäßigen Sicherheitsszenarien. Diese Sicherheitsbedürfnisse beruhen auf Angstprozessen. Es wird ein Ausnahmezustand beschworen, den wir gar nicht haben. Freiheit ist ohne Unfreiheit nicht zu haben. Und deshalb wehre ich mich entschieden dagegen, dass man die Freiheit verteidigt, indem man sie über dringende Notwendigkeiten ständig einschränkt. Es ist ein schleichender Prozess, der dazu geführt hat, dass wir heute Elemente des Überwachungsstaats haben. 

Zum vollständigen Interviewtext.

Bundestag vergab 1.000 Lobbyisten-Hausausweise im Geheimverfahren

27.01.2015 von Martin Reyher

Weil der Bundestag Auskunft zu Lobbyisten-Hausausweisen verweigert, hat abgeordnetenwatch.de vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Jetzt kommt heraus: Die Parlamentsverwaltung vergab an Lobbyisten heimlich, still und leise etwa 1.000 solcher Ausweise – die allermeisten davon auf Wunsch von Union und SPD.

Zum Bericht.

PEGIDA ist ein Riss durch die Kirche

PEGIDA will sich gegen eine angebliche Islamisierung positionieren. Damit fühlen sie sich auch als VerteidigerInnen der christlichen Tradition. Der Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern erreicht zwangsläufig auch die Kirche. Denn beide Seiten nehmen auch christliche Motive für sich in Anspruch.

Die Zeit sprach mit Wilfried Weißflog, Pfarrer im Ruhestand. Er beteiligt sich an den Aufmärschen von PEGIDA: „Ich will, dass sich etwas ändert, und ich stehe auch als Christ hier„.

Christian Wolff, auch Pfarrer im Ruhestand, sieht hingegen in PEGIDA nur eine neue Form des bestehenden Ausländerhass. Dazwischen ist Pfarrerin Margrit Klatte, die für einen Dialog plädiert. Doch der hat bei den aufgeladenen Emotionen und den grundsätzlichen gegenseitigen Bedenken kaum eine Chance.

Jeder ist gefordert sich zu positionieren und es fällt schwer eine einheitliche Grundlage der Kirche zu finden.

TTIP – eine notwendige Kontroverse. Von Johannes Müller SJ

02/2015 von  Johannes Müller SJ in „Stimmen der Zeit“


Im Kern geht es bei all dem immer um die ordnungspolitische Alternative „Markt versus Staat“: Unbestreitbar gibt es Staatsversagen, aber ebenso viel Marktversagen. TTIP darf auf keinen Fall die soziale Marktwirtschaft in weiten Teilen Europas schwächen. Dies wäre jedoch der Fall, wenn die mächtigen transnationalen Unternehmen außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit stehen würden. …
Noch grundlegender ist die bisher völlig vernachlässigte Frage, ob mehr Wachstum in den reichsten Regionen der Welt wirklich erwünscht ist. Seit Jahren debattiert man über ein anderes Wohlfahrtskonzept und legt Bekenntnisse zu einem umweltgerechten (grünen) Wachstum ab….
Schließlich sind es einmal mehr die reichen Länder, die sich durch solche Abkommen Vorteile verschaffen und faktisch Standards auch für andere künftige Welthandelsabkommen setzen. Besonders die armen Länder bleiben davon ausgeschlossen. Die Alternative und der bessere Weg wären multilaterale Handelsabkommen im Rahmen der WTO. … Der vollständige Artikel.

Klage gegen Bundesregierung wegen fehlenden Meeresschutzes

27.01.2015, Internetseite der Oldenburg. Landeskirche

Hamburg/Wilhelmshaven (epd). Umweltverbände wollen die Bundesregierung per Klage zum Meeresschutz zwingen. Ziel sei, dass umweltschädliche Fischereimethoden wie Grundschlepp- und Stellnetze aus den zehn Schutzgebieten der Nord- und Ostsee verbannt werden, teilten Greenpeace, WWF, BUND, der Nabu, die Deutsche Umwelthilfe, WDC (Whale und Dolphin Conservation) und der Deutscher Naturschutzring (DNR) am Dienstag in Hamburg mit. Der DNR habe am Dienstag Klage gegen das Bundesamt für Naturschutz beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht.

Die Bundesregierung verschleppt nach Ansicht der Verbände seit Jahren den Schutz der beiden Meere und gefährdet damit bedrohte Meeresbewohner wie Schweinswale und Seevögel sowie ihre Lebensräume wie etwa wertvolle Sandbänke und Riffe. Hintergrund für den fehlenden Meeresschutz sei, dass sich das Bundeslandwirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium nicht einig werden könnten… Mehr dazu.

„Elitenvernetzung wird als solche kaum beachtet“. Der Politikwissenschaftler Dieter Plehwe erforscht transnationale Denkfabriken

20.01.2015, Marcus Klöckner

Der Politikwissenschaftler Dieter Plehwe sieht die Sozial-, aber auch die Kommunikationswissenschaften in der Pflicht, bessere Voraussetzungen für die Einzelanalysen im Hinblick auf die Vielzahl der existierenden Think Tank und Lobby-Gruppen zu schaffen. Plehwe, der am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) arbeitet, erklärt im Telepolis-Interview, dass die Forschung in Sachen Denkfabriken in den vergangenen Jahrzehnten schwieriger geworden sei, weil „die Zahl von relevanten elitären Organisationen gewachsen ist und ausländische ebenso wie inländische Einflüsse untersucht werden müssen“…. Zum Artikel.

Kardinal Reinhard Marx: Wir lehnen es ab,…das in Europa in der Regel gute Miteinander von Christen und Muslimen in Gefahr zu bringen.

08.01.2015

Zum Attentat auf die Journalisten der Pariser Zeitschrift Charlie Hebdo erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx:

…Zugleich stellt der Anschlag den Versuch dar, in Frankreich und darüber hinaus das friedliche Zusammenleben zwischen den verschiedenen Gruppen in der Gesellschaft und auch zwischen den Religionen zu zerstören. Und diesem Bestreben muss – gerade von Seiten der Kirchen und Religionen – ein klares Nein! entgegengesetzt werden. Wir lehnen es ab, Mördern und Extremisten den Gefallen zu tun, sie als legitime Vertreter einer Religionsgemeinschaft zu betrachten und damit das in Europa in der Regel gute Miteinander von Christen und Muslimen in Gefahr zu bringen…  Zur aktuellen Meldung der Deutschen  Bischofskonferenz.

Was darf Satire? katholisch.de im Gespräch mit dem Karikaturisten Thomas Plaßmann

09.01.2015

Beim Anschlag auf das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“ sind zwölf Menschen getötet und mehrere schwer verletzt worden. Der Essener Karikaturist Thomas Plaßmann setzt sich in seinen Arbeiten selbst kritisch mit dem Thema Religion auseinander. In einem Interview mit katholisch.de erzählt der gläubige Katholik, was ihm die Pressefreiheit bedeutet und warum auch Religion ein Thema für Satire ist.


Frage: Wo sehen Sie die Grenze von Satire?

Plaßmann: Das ist sehr schwer festzumachen. Jeder sieht für sich selbst eine andere Grenze. Es wird immer der berühmte Satz von Kurt Tucholsky genannt: „Satire darf alles.“ Den würde ich im Kern unterstreichen. Es muss prinzipiell irgendwo einen Ort geben, wo wirklich alles gesagt werden kann. Doch nach dem Aussprechen des Satzes, sollte man sich doch selbst hinterfragen. Braucht man einen Ort für Ehrverletzungen, für persönliche Beleidigungen, für Rechtsradikalismus oder Islamismus? Dann wird man schnell ein wenig vorsichtiger. Als Zeichner muss ich meine Grenzen selbst setzen: Ich selbst will niemanden persönlich verletzen, niemanden in seiner Würde herabsetzen und Rücksicht nehmen auf die Gefühle und Vorstellungen anderer. Es muss aber auch immer in Relation zu dem Inhalt dessen stehen, was man da bearbeitet. Wenn man da mal kräftiger zur Sache gehen muss, bin ich grundsätzlich bereit, das auch zu tun.

Zum vollständigen Interview mit etlichen Karikaturen.

CIA-Folterbericht veröffentlicht: “Brutaler als angenommen”. Und: „Der Sieg der Terroristen“.

9. Dezember 2014, SZ

Die US-Demokratin Dianne Feinstein legt die Folterpraktiken der Bush-Regierung offen – als Kurzfassung eines Berichts, der etwa 6000 Seiten hat.
Darin dokumentieren die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses und ihre Mitarbeiter, wie die CIA Verdächtige durch Schlafentzug, Erniedrigung, Einzwängung und simuliertes Ertränken quälte.
Feinstein musste deshalb heftigste Anfeindungen überstehen, ihr Team wurde behindert und eingeschüchtert… Zum Artikel.

CIA-Folterreport: “Brutaler als angenommen”
Ein Bericht des US-Senats wirft der CIA Folter von Terrorverdächtigen und systematische Täuschung der Politik vor. Eine hitzige Debatte über die Rolle der Geheimdienste nach 9/11 erreicht einen neuen Höhepunkt.
“Für die meisten Amerikaner ist das schockierend”, sagt Laura Pitter von Human Rights Watch über den mit Spannung erwarteten Bericht des Geheimdienst-Ausschusses des US-Senats, an dem sich schon vor der Veröffentlichung hitzige Debatten entzündet hatten.
Wie brutal waren die Verhörmethoden der CIA nach 9/11, was wusste der damalige Präsident George W. Bush, wurden er und seine Administration von der CIA systematisch belogen und haben die gewalttätigen Verhöre überhaupt relevante Erkenntnisse zutage gefördert? Mehr dazu in der SZ.

 Dazu auch aktuell die FAZ:

Der Sieg der Terroristen

„Wir sind genau solche Schweine geworden wie ihr“: Glaubt wirklich wer, dass Folter den Gefolterten dazu bringt, die Wahrheit zu sagen? Über Berührungspunkte von islamistischem Terror und CIA.

13.12.2014, von NILS MINKMAR, FAZ

TTIP- Volksbegehren Europa. Stand der Unterstützung in den europ. Bevölkerungen.

Über 300 Initiativen aus Europa machen sich stark gegen TTIP/CETA. Und wollen auch über ein europäisches Volksbegehren dagegen vorgehen. Die Zulässigkeit eines solchen Begehrens ist an die Bedingung geknüpft, dass das Begehrten in wenigstens 7 Staaten eine ausreichende Unterstützerzahl in der Bevölkerung aufweist. Die Europakarte zeigt, in welchen Ländern der Stand erreicht ist:

 

(mit freundlicher Erlaubnis von Mehr-Demokratie)