Archiv für den Monat: Februar 2015

Der Ökonom als Menschenfeind. Rezension des Buchs von Sebastian Thieme.

02/2015, von Norbert Häring

Ist das negative Menschenbild der Ökonomen so tief in dieser Wissenschaft verwurzelt, dass besseres Wissen ihm nichts anhaben kann? Der Hamburger Ökonom Sebastian Thieme hat in seinem sehr lesenswerten Büchlein mit dem Titel: „Der Ökonom als Menschenfeind? einiges „über die misanthropischen Grundmuster der Ökonomik“ zusammengetragen, was diese These stützen könnte.

Er erkennt ein misanthropisches Grundmuster auf drei Ebenen: Da ist zunächst das negative Menschenbild, „das augenscheinlichste und kontinuierlichste Grundmuster“. Es sei „praktisch über die gesamte ökonomische Ideengeschichte hinweg bis heute anzutreffen“. Dann ist da die fast verherrlichte Idee des Wettbewerbs, die Gleichsetzung von Marktwirtschaft und Konkurrenz. Hier argumentiert Thieme ähnlich wie der Papst…

Die Ökonomik muss nicht notwendigerweise ein solch negatives Menschenbild haben. Schon Adam Smith sah den Menschen als Moralphilosoph sehr viel differenzierter und betrachtete in seinem großen Erstwerk über die „Theorie der ethischen Gefühle“ die Sympathie für die Mitmenschen nicht nur als Grundlage der Moral, sondern auch als Triebfeder der menschlichen Arbeit. Smith glaubte auch nicht an den Unsinn, dass sich die Löhne auf freien, wettbewerblichen Märkten nach Angebot und Nachfrage bilden. Sie würden vielmehr gemäß der relativen Machtverhältnisse ausgehandelt… Zur Rezension.

Michael J. Sandel: Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun. Buchvorstellung

Der seit 1980 in Harvard Politische Philosophie lehrende Michael J. Sandel ist spätestens seit seinem 2012 erschienenen Buch »Was man für Geld nicht kaufen kann. Die moralischen Grenzen des Marktes« (vgl. die Besprechung von Wolfgang Erich Müller in ThLZ 138 [2013], 735 f.) auch in Deutschland einer der bekanntesten Moralphilosophen. Vor allem das Thema »Gerechtigkeit« und seine sehr anschauliche Art, höchst diffizile ethische Dilemmata von allen Seiten zu beleuchten, haben ihn weltweit populär gemacht. Auch im hier möglichst vielen Lesern und Leserinnen empfohlenen Buch führt Sandel – oft in juristischer Argumentationsmanier – eine Vielzahl von aus dem Leben gegriffenen Fallbeispielen vor. Seine Ausführungen sind infolgedessen immer an konkrete Geschehnisse rückgebunden, was gewiss ein Hauptgrund für den Erfolg seiner Vorlesungen und Bücher ist.
Sandel geht davon aus, dass menschliche Moralvorstellungen nicht ein für alle Mal »durch Erziehung und Glauben« feststehen, sondern dass vernunftgeleitete moralische Überzeugungsarbeit möglich ist (vgl. 42). Er hat an dieser Stelle die teils stark ideologisch gefärbten religiösen Grabenkämpfe seines US-amerikanischen Kontextes vor Augen. Das Thema seines Buches beschreibt er folgendermaßen: »Wie also können wir mit unserer Vernunft so erfolgreich durch das umstrittene Terrain navigieren, in dem es um Fragen der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, Gleichheit und Ungleichheit, die Rechte des Einzelnen und das Allgemeinwohl geht?« (43). …

Mehr dazu.

Michael J. Sandel, Aus dem Amerik. v. H. Reuter.
Gerechtigkeit. Wie wir das Richtige tun
Berlin: Ullstein 2013. 413 S. Geb. EUR 21,99. ISBN 978-3-550-08009-8.

Folgen der Ungleichheit der Vermögensverteilung: Die Gewaltkriminalität steigt. Leserbriefe von Prof. Helmut Thome, Halle (Saale) und Dr. Bruno Heidelberger in der SZ

02/2015, Leserbrief zum Artikel „Global gerecht“ in der SZ vom 20./21. Januar)

Nikolaus Piper stellt in „Global gerecht“ fest, dass die von Oxfam beklagte weltweite Ungleichheit der Vermögensverteilung in den vergangenen vier Jahren nicht „substanziell“, sondern „vor allem“ (nur?) infolge des Börsenbooms zugenommen habe, sie also bei sinkenden Aktienkursen auch wieder zurückgehen werde. Was für ein merkwürdiges Argument. Natürlich verläuft der Zuwachs des Reichtums in der Spitze nicht linear, sondern oszillierend, aber seit den 1980er-Jahren in vielen Ländern mit einer klaren Entwicklungsrichtung nach oben. Immerhin räumt der Autor ein, dass sich trotz sinkender „absoluter“ Armut die Kluft zwischen Reichen und Armen innerhalb der Länder „weit geöffnet“ habe. Was ist dagegen zu tun? Piper sieht das einzige angeblich probate Mittel zum Abbau der Ungleichheit in mehr und besserer (Aus-)Bildung.

Sollte es nicht ein bisschen skeptisch stimmen, dass…  Der vollständige Leserbrief.

Zum selben Artikel: Dr. Bruno Heidlberger, Berlin

… Die islamistischen Terroristen sind die jungen Dämonen der alten ungerechten Weltgesellschaft. Der Terror ist die hässliche Fratze der Ungebildeten, der Gedemütigten und der Beleidigten, der in die Ghettos der Banlieues Verstoßenen. Er ist unser aller missratenes Kind. Auch Pegida! Wie in Frankreich und anderswo haben wir in Deutschland das republikanische Versprechen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nicht eingelöst. Es geht nicht ohne Mut auf Seiten der Politik, will man gerechte, faire und nachhaltige Verhältnisse. Der Widerstand der Reichen ist sicher. Noch ist Zeit! Versagen die Demokraten, wird sich „das Volk“ anderen „Verführern“ zuwenden. Frankreich beginnt schon zu taumeln.

Deutscher Familienverband, Familienbund der Katholiken: 14 Millionen Eltern wollen Beitragsgerechtigkeit! Die Kampagne für Beitragesgerechtigkeit in der Soialversicherung

02/2015, Deutscher Familienverband, Familienbund der Katholiken

Prof. Dr. Franz-Xaver Kaufmann, Universität Bielefeld
“Indem Eltern die zukünftigen Arbeitskräfte aufziehen, welche die Renten auch der Kinderlosen durch ihre Beiträge werden finanzieren müssen, finanzieren sie über ihren Beitrag zur Humankapitalbildung indirekt die Renten der Kinderlosen mit, die zudem im Durchschnitt vergleichsweise höhere Rentenanwartschaften erwerben können. Die so genannte ‚Transferausbeutung der Familien‘ lässt sich in weniger krasser Form auch in den übrigen Transfersystemen nachweisen.”

Worum geht es?

Bis heute zahlen 14 Millionen Eltern mit minderjährigen Kindern doppelt in die Sozialversicherungen ein. 2001 hat das Bundesverfassungsgericht im Pflegeversicherungsurteil entschieden, dass Eltern verfassungswidrig belastet werden, weil neben den Geldbeiträgen der gleichwertige Erziehungsbeitrag nicht berücksichtigt wird.

Der Gesetzgeber wurde verpflichtet auch die Kranken- und Rentenversicherung auf die Frage der Familiengerechtigkeit hin zu prüfen. Eine wirkliche Prüfung fand nie statt.

Das muss beendet werden!

Was kann ich tun?…

Wie helfen wir?…

Zum Portal Elternklagen.de

 

 

Bundestag vergab 1.000 Lobbyisten-Hausausweise im Geheimverfahren

27.01.2015 von Martin Reyher

Weil der Bundestag Auskunft zu Lobbyisten-Hausausweisen verweigert, hat abgeordnetenwatch.de vor dem Berliner Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Jetzt kommt heraus: Die Parlamentsverwaltung vergab an Lobbyisten heimlich, still und leise etwa 1.000 solcher Ausweise – die allermeisten davon auf Wunsch von Union und SPD.

Zum Bericht.

Vielfalt des Islam. Eine Sendung von ARTE.

25.04.2013,

Die islamische Welt ist für uns zur terra incognita geworden, dabei war sie Jahrhunderte lang das Zentrum der Zivilisation. Viel zu oft wird der Islam heute auf Extremismus und Terrorismus reduziert. Unser westliches Geschichtsbild wird der islamischen Kultur und ihrer Bedeutung für das Weltgeschehen in keiner Weise gerecht. Tamim Ansary erzählt Weltgeschichte auf eine neue Art: Detailreich und lebendig spannt er den Bogen vom Propheten Mohammed und den ersten Kalifen über das Osmanische Reich und die Kolonialzeit bis hin zur Gegenwart…

Zum Film.

Auch Mitglied der Pfarrvertretung der EKKW fordert Bilanzierung der Reformen und Moratorium des Reformprozesses.

 Die EKKW und ihre Zukunftsdebatte, von Pfr. Konrad Schullerus, Pfarrvertretung der EKKW (Ev. Kirche Kurhessen-Waldeck).

Nach einer Analyse der zurückliegenden Kirchenreformen in der EKKW und des weiteren Reformkonzets des Zukunftsaussschusses zieht der Autor folgendes Fazit:

„Was tun, sprach Zeus?

Was die Prioritäten kirchlichen Handelns betrifft, ist die EKKW weiter als 1992, dank der Arbeit des Strukturausschusses II. Bei der Umsetzung der von diesem erarbeiteten Prioritäten allerdings ist sie nicht wirklich voran gekommen. Die von Vizepräsident Bielitz schon 1992 angemahnte Zielperspektive kirchlichen Handelns – man könnte auch von strategischer Ausrichtung sprechen oder von der Form, in der die Kommunikation des Evangeliums sinnvoll Gestalt gewinnen soll – fehlt nach wie vor. Es gibt vor allem Sparbeschlüsse, die aufgrund einer fragwürdigen Prognose getroffen worden sind und den genannten Prioritäten mehr oder minder zuwiderlaufen, ohne dass Zielkonflikte als solche benannt werden.

M.E. wäre dringend ein Moratorium angesagt, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. Ich rege folgende Fragestellungen und Vorgehensweise an, wobei einige der Überlegungen des Zukunftsausschusses durchaus aufgegriffen werden können:

1.Was haben die bisherigen Reformen – Kirchenkreisfusionen, Pfarrstellenabbau, neue Finanzverfassung, Einführung der Doppik – gebracht, und was haben sie gekostet? Es erscheint mir wenig sinnvoll, neue Reformprojekte loszutreten, ohne die Folgen der bisherigen Projekte angeschaut und daraus gelernt zu haben. Für alle zukünftigen Projekte ist vorher eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen.

2….

3. Keine Planung kommt ohne Prognosen aus, das ist klar. Prognosen aber werden nun mal mit steigendem Prognosehorizont zunehmend unsicher. Wo werden Überprüfungszeiträume eingebaut? Wie müssen Beschlüsse aussehen, die nicht von vornherein auf irreversible Fakten hinauslaufen, sondern modifizierbar, anpassbar bleiben, je nach tatsächlicher Entwicklung der Lage?…“

Lesen Sie die weiteren Vorschläge und den gesamten Artikel auf den Seiten 11ff.

PEGIDA ist ein Riss durch die Kirche

PEGIDA will sich gegen eine angebliche Islamisierung positionieren. Damit fühlen sie sich auch als VerteidigerInnen der christlichen Tradition. Der Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern erreicht zwangsläufig auch die Kirche. Denn beide Seiten nehmen auch christliche Motive für sich in Anspruch.

Die Zeit sprach mit Wilfried Weißflog, Pfarrer im Ruhestand. Er beteiligt sich an den Aufmärschen von PEGIDA: „Ich will, dass sich etwas ändert, und ich stehe auch als Christ hier„.

Christian Wolff, auch Pfarrer im Ruhestand, sieht hingegen in PEGIDA nur eine neue Form des bestehenden Ausländerhass. Dazwischen ist Pfarrerin Margrit Klatte, die für einen Dialog plädiert. Doch der hat bei den aufgeladenen Emotionen und den grundsätzlichen gegenseitigen Bedenken kaum eine Chance.

Jeder ist gefordert sich zu positionieren und es fällt schwer eine einheitliche Grundlage der Kirche zu finden.

Forschung: «Die koloniale Demütigung sitzt sehr tief». Interview mit der Religionspsycholgin Prof. Susanne Heine, Wien, über psychologische Aspekte der Phänomene Fundamentalismus, Religion, Islam, Pegida…

28.01.2015,

?…Fundamentalismus setzt also das Gefühl von Bedrohung voraus?
S.H.: Ja, eine Bedrohung der Identität. Der Begriff entstand Anfang des 20. Jahrhunderts, als sich in den USA protestantische Siedler gegen moderne und liberale Tendenzen in der Theologie wehrten. Sie sahen sich auch von der grossen Zahl der Einwanderer bedroht, darunter Juden und Katholiken.

? Aber heute bedrohen doch die Fundamenta­listen die Gesellschaft, nicht umgekehrt.
S.H.: Fundamentalisten legen den Finger auf Wunden, darum wäre es wichtig, genau hinzuschauen. Damals wie heute geht es um die Frage, wie wir in einer Gesellschaft miteinander umgehen, in der verschiedene Weltanschauungen zusam­mentreffen, auch durch Immigration. Wir dürfen nicht ausser Acht lassen, dass die Kirchen jahrhundertelang verordneten, was zu glauben und zu tun ist. Die Reaktion darauf war die Aufklärung, die in ihrer radikalen religionskritischen Variante Religion überhaupt abschaffen wollte, weil der Glaube wider die Vernunft sei. Dabei wurde auf beiden Seiten vergessen, dass religiöse Texte immer im zeitlichen Kontext gesehen und hermeneutisch erschlossen werden müssen, damit sie verstanden werden können…
? Sind alle Religionen gleich anfällig für fundamentalistische Tendenzen?
S.H.: Ja, und nicht nur die monotheistischen Religionen…
? Wenn man von all den Terrorzellen liest, bekommt man den Eindruck, der Islam sei ein besonders guter Nährboden für gewalttätigen Fundamentalismus.
S.H.: Nein…  Zum Interview von „Reformiert“.

„Diagramm zur Pfarrstellen-Anpassung“ in der EKKW (Ev. Kirche Kurhessen-Waldeck).

01/2015, Pfarrvertretung der EKKW

Nachdem es immer wieder Nachfragen zum Aublauf der Pfarrstellen-Anpassung aus dem Kreis der Pfarrerinnen und Pfarrer an die Pfarrvertretung herangetragen wurden, haben wir ein Diagramm entwickelt, das die wichtigsten Schritte der Pfarrstellen-Anpassung aufzeigt.

Eine Checkliste über die einzelnen Schritte bei der Aufhebung einer Pfarrstelle ist derzeit in Arbeit.

Zum „Diagramm zur Pfarrstellen-Anpassung“