Archiv für den Monat: November 2013

Das Wort Gottes und der Zahlenteufel. Zum Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung

Dr. Matthias Burchardt, Uni Köln

Spätestens seit Michel Foucaults Analysen zum Panoptismus ist der Zusammenhang von Sichtbarkeit und Macht offenkundig. Unter dem Zauberwort des ›Monitorings‹ expandiert das Regime des Ökonomismus in alle Lebensbereiche, etabliert Rechenschaftspflichten und Berichtswesen, verkürzt qualitative Phänomene auf quantitative Darstellungen in Zahlen und etabliert das Kriterium der Effizienz und Steuerungsmodelle via Kennziffern, so geschehen in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen im Namen von New Public Management. Dass diese inzwischen ubiquitäre Form des Wirtschaftens im ›neoliberalen‹ Geiste von Milton Friedmann und Gary S. Becker noch nicht einmal die Kriterien sinnvoller Ökonomie erfüllt, ist inzwischen offenkundig, da der Ökonomismus keine Güter oder Lebensfelder (OIKOS) bewahrt oder hervorbringt, sondern diese im Umschlag der kreativen Zerstörung liquidiert. Zum Artikel.

Staatsleistungen an die Katholischen Bistümer 1949 – 2010

Ein Statistik über die Zahlungen der Länder an die Kath. Kirche von 1949 bis zum Jahr 2010.
Addiert man die Nominalwerte, ergibt sich eine Summe von 6,4 Mrd. €. Würde man die tatsächliche Kaufkraft der früheren Werte in heutigen Beträgen angeben, wäre der tatsächliche Betrag deutlich höher:
Ein leicht nachvollziehbarer Denkschritt soll uns dort hinführen.  Nehmen wir das Ergebnis des letzten Jahres, also 2010. Diesen Wert setzen wir ins Verhältnis zu den Kirchensteuereinnahmen der kathol. Kirche desselben Jahres. Die Leitungen betrugen ca. 200 Mio. €, die Kirchensteuereinnahmen ca. 5 Mrd. €. Die Staatsleistungen betragen dann also ca. 4% der Kirchensteuereinnahmen. Das gilt entsprechend wie in 2010 für den ganzen Zeitraum ab 1949 bis heute – unabhängig vom jeweiligen absoluten Wert. Das hieße dann in einer vereinfachten Berechnung, dass die Kirche 25 Jahre braucht um ein volles Kirchensteueraufkommen (25 x 4%) vom Staat zu erhalten. Die prozentualen Werte sind ja in jedem Jahr identisch (4%). In heutigem Geldwert wäre ein Jahreskirchensteueraufkommen = ca. 5 Mrd. €. . Und dieser Betrag wird in ca. 25 Jahren erreicht. In 50 Jahren wären es dann ca. 10 Mrd. (=200%); in 60 Jahren, seit den 50iger Jahren also, ca. 12 Mrd. € – in heutigem Geldwert. Man kann das Ganze natürlich auch kompliziert und genau mit entsprechenden, die jeweiligen Zeitwerte berücksichtigenden mathematischen Formeln errechnen. Muss man aber nicht. Ergebnis: seit dem 2. Weltkrieg hat die kathol. Kirche an Staatsleistungen einen Betrag erhalten, der etwa 2 Jahresaufkommen an Kirchensteuern entspricht.

Zur Statistik der Staatsleitungen.

Warum die Doppik in der Kirche obsolet ist – anhand Prof. Fredmund Malik erklärt

Der eigentliche Zweck der Doppik besteht in der Darstellung des Vermögens, des Wertes, eines Unternehmens.  Für wen aber ist dieser Wert in der Kirche überhaupt relevant? Für einen Kirchenvorstand? Für ein anderes Leitungsgremium? Für wen und in welchen Fällen also ist der Wert bedeutsam? Hierauf gibt Prof. Fredmund Malik, St. Gallen, in seiner Management-Lehre folgende allgemeine Antwort:

„Der Wert des Unternehmens ist nur bedeutsam für Leute, die das Unternehmen als solches oder Teile davon kaufen bzw. verkaufen wollen. Für die unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens selbst, für das eigentliche Wirtschaften also, stellt sich die Frage nach dem Unternehmenswert überhaupt nicht, sondern es stellt sich jeden Tag neu die Frage nach der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit.“

Fredmund Malik, Management. Das A und O des Handwerks, Frankfurt/New York 2008, S. 62

Übertragen auf die Kirche kann man bei den ergriffenen Maßnahmen der zurückliegenden Jahre von einem Teilverkauf des Immobiliensektors reden. Das ist ein eigenes Thema. Vergleichen Sie dazu den früheren Beitrag der wort-meldungen. Wir interessieren uns mehr für den zweiten Satz: „Für die unternehmerische Tätigkeit des Unternehmens selbst,… stellt sich die Frage nach dem Unternehmenswert überhaupt nicht, sondern es stellt sich jeden Tag neu die Frage nach der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit. Ein Satz mit Sprengkraft. Man muss nur die Worte leicht modifizieren und damit den Inhalt aus der Unternehmenswelt auf den der Kirche übertragen. Der Satz lautet dann: Für die Tätigkeit(en) der Kirche selbst stellt sich die Frage nach dem Unternehmenswert überhaupt nicht, sondern es stellt sich jeden Tag neu die Frage nach der Leistungsfähigkeit in Hinblick auf alle gewünschten und notwendigen Tätigkeiten der Kirche, bestehend in der inhaltlichen Arbeit an den Menschen in Gemeinde und Funktion und den erforderlichen unterstützenden (administrativen und organisatorisch-partizipativen) Tätigkeiten. Für diese Zwecke benötigt man die Doppik in er Tat nicht. Die Doppik ist in diesem Sinne für die Kirche völlig nutzlos und obsolet.
Das heißt aber nicht, dass es keine Information(en) bräuchte! Stehen etwa in Teilbereichen, (einer Gemeinde, einer Einrichtung etc.) Veränderungen an, wie z.B. der Verkauf eines einzelnen (!) Immobilien-Objektes, wird selbstverständlich ein individueller und präziser Wert als Grundlage und zum speziellen Zweck des Verkaufs benötigt. Diesen präzisen Wert liefert aber die Doppik dann gerade nicht, denn der Wert der Doppik ist für solche Zwecke nicht gedacht und viel zu ungenau. Dazu bedarf es hier z.B. eines Gutachtens. Analog gilt das für die Planung der Instandhaltung der Gebäude, also der Bildung von Rücklagen. Auch dafür ist die Doppik zu ungenau und liefert namentlich bei einem Bestand wie dem der Kirche notorisch zu hohe Werte. Folglich müssen dann viel höhere Rücklagen gebildet werden, als erforderlich. Erforderlich wäre eine nicht an pauschalen Kennziffern, sondern an Realdaten orientierte Instandhaltungsplanung. In Fällen der konkreten Arbeitsabläufe kirchlicher Administration ist also die Doppik zu ungenau. Denn sie verfolgt ja, siehe oben – ein anderes Ziel.

Wem soll also die Doppik nutzen? Dazu eine fatalistische Anmerkung: die Doppik hat natürlich Nutznießer. Denn ihre Einführung ist teuer. Offiziell ist in größeren Landeskirchen von 40-50 Mio. € die Rede. Die wahren werte dürften aber – wie bei den Darstellungen von Bundesländern auch – deutlich darüber liegen. Man wird für die Umstellung auf die Doppik in den Landeskirchen sicher mit 1 Mrd. € zu rechnen haben. Die ev. Kirchen bauen also keine teuren Bischofspaläste, sie bauen Doppik-Schlösser. Um nur ein Beispiel zu nennen.
Fazit: ein wirklicher Nutzen der von der Doppik gelieferten Steuerungsziffern für die Kirche ist nicht vorhanden. Vielleicht sollte die EKD- Synode in Düsseldorf mal über dieses Problem diskutieren… Bevor sie die in der Kirche mit Engagement Arbeitenden weiterhin mit unnötiger und damit frustrierenden Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen belästigt und belastet. Und bevor sie weiter das Geld der Kirchensteuerzahler aus dem Fenster wirft.

Friedhelm Schneider

Zweierlei Maß bei der Debatte um die Kirchensteuer

Reinhard Binger schreibt einen Kommentar in der FAZ zur Frage der Armut in der Kirche. Zwar liegt es nahe Tebarz-van Elst und Papst Franzsikus als Prototypen unterschiedlicher Geistlicher  zu sehen. Im Großen und Ganzen ist die Kirche jedoch weder Arm noch Reich sondern, die Einkommen maßvoll gestaltet.

Was verraten die römischen Vorgaben des neuen Messbuches?

„Deine Sprache verrät dich!“
April 2013. Was verraten die römischen Vorgaben des neuen Messbuches?
Nach jetziger Planung wird 2014 ein neues Messbuch für den deutschsprachigen Raum eingeführt werden. Darin soll nach den seit 2001 gültigen Vorgaben aus Rom das lateinische Messbuch möglichst wörtlich übersetzt werden. Die sprachliche Gestalt soll sich ganz am römischen Messbuch ausrichten und landestypische Traditionen (Gebete zur Auswahl, die jetzt gerne in Gottesdiensten genutzt werden) sollen fast ganz verschwinden. Das war nicht immer so. Nach dem zweiten Vatikanischen Konzil gab es entgegengesetzte Richtlinien. Damals wurde bei der Übersetzung der Texte auf Verständlichkeit geachtet. Leitend war der Gedanke, dass alle Gläubigen aktiv und bewusst am Gottesdienst teilnehmen können. Mehr dazu.

Debatte um Umbenennung des Martinsumzug beruht auf einer Ente

Leidenschaftlich wurde über die Zukunft des Martinsumzug mit Laternen diskutiert. Weil die eigene kulturelle Identität schrittweise ausgehöhlt wurde und aus vielen Festen nur noch austauschbare Konsumzwänge werden, klanges nun plausibel das dem Fest auch der letzte Teil seiner alten Bedeutung genommen wird. Die Berichterstattung führte zu hefiten Diskussionen als ob die Zukunft des Abendlandes an dem Festnahmen eines Kindergartens in der Provinz abhinge.
Nur die Aufregung hat einen Nachteil. Niemand hat den Martinsumzug seinen Namen gerbaut. Lesen sie in der Sueddeutschen Zeitung die Hintergründe und Folgen für die KiTa.

Bild-Zeitung hetzt gegen Lehrer-Streik

24. Oktober 2013. Unerhört! Skandalös! Lehrer schwänzen und wollen auch noch Beamtengehälter!

Wer sich im Fach Propaganda weiter bilden will, kommt an der Springer-Presse nicht vorbei. Sie beherrscht das anspruchsvolle Handwerk, die arbeitende Bevölkerung gegeneinander auszuspielen und die eine Berufsgruppe von der Unsinnigkeit berechtigter  Forderungen einer anderen Berufsgruppen zu überzeugen. Mehr dazu.

Kinofilm Alphabet

Erwin Wagenhöfer ist nach seinen Dokumentationen „We feed the world“ und „Let’s make money“ für seinen kritischen Blick auf die Gesellschaft und Wirtschaft bekannt.

Nun befasst er sich mit seinem neuem Film mit dem Bildungssystemen auf dieser Welt. Er betrachtet global mehrere Systeme um zu zeigen, welche Auswirkungen die Konzentration auf die Verwertbarkeit von Bildung hat. „„Leistung“ als Fetisch der Wettbewerbsgesellschaft ist weltweit zum unerbittlichen Maß aller Dinge geworden.“, analysiert Wagenhöfer. Die Auswirkungen sind gravierend. Die erlernten Denkmuster sind zu engstirnig. Diese Form der Bildung macht er für die aktuelle Krise mit verantwortlich. Es ist unseren Eliten fast unmöglich langfristige Perspektiven zu entwickeln.

Bildung ist für ihn umfassender: „Was wir lernen, prägt unseren Wissensvorrat, aber wie wir lernen, prägt unser Denken.“

Sehen Sie hier den Trailer zu Alphabet und lesen Sie hier ein Interview mit der Zeit.

Dortmunder Initiative – Erklärung

Der Priestermangel veranlasst viele Diözesen zu pastoralen Großraumplanungen. Wir halten dem entgegen, dass wir eine „Pastoral der Nähe“ brauchen, die den direkten Kontakt zu den Glaubenden pflegt.

Notwendig ist eine Stärkung der Eigenständigkeit und Zuständigkeit von

ehrenamtlichen und hauptamtlichen Laien- MitarbeiterInnen und Diakonen.

Die Lebendigkeit der Gemeinden vor Ort ist ein großer Wert…

Der vollständige Text der Erklärung.

Von der Freiheit evangelischer Publizistik auf Dekanatsebene

von Timo Rieg, Fach- und Profilstelle Öffentlichkeitsarbeit im Dekanat Alsfeld.

Summary: Journalismus gibt es nur unabhängig. Selbst wenn er von einer Institution wie der evangelischen Kirche gefördert oder gar bezahlt wird, kann und darf er von keiner Gruppe inhaltlich vereinnahmt werden, weil er damit seines Wesens beraubt würde. Von kirchlichen Leitungs- und Beschlussorganen verlangt dies, die Freiheit evangelischer Publizistik zu akzeptieren – zum Wohle der Kirche und zum Nutzen ihrer eigenen Arbeit. Zum Artikel.