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Akteure, Führungskräfte, Berater

EKBO: Zum Sturz von Konsistorialpräsident Seeelemann. Stellungnahme, Hintergrundinformation, Kommentar.

11. April 2014, Berlin von Georg Hoffmann, Rechtsanwalt und Vors. des Gemeindebundes Berlin-Brandenburg, Stellungnahme:

Landessynode der EKBO lehnt Verlängerung der Amtszeit des Konsistorialpräsidenten ab

Die Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz lehnte überraschend die Wahl des noch in Bischof Wolfgang Hubers Amtszeit eingesetzten Konsistorialpräsidenten Seelemann für weitere 2 Jahre bis zum Eintritt seines Ruhestandes ab.

Die weitreichenden Änderungen des Verwaltungsämtergesetzes dagegen, die die Kirchengemeinden unter Vormundschaft der Verwaltungsämter stellen, beschloss die Landessynode beanstandungslos. Der Wochenzeitung „Die Kirche“ war das nur eine ganz kurze Randbemerkung wert. Kein Wort über eine Diskussion darüber. Dafür aber viel Gerede über das Papier „Welche Kirche morgen?“, über die Befragung zu diesem Papier und über zehn Thesen „Begabt leben – mutig verändern“, was wie ein Ablenkungsmanöver von den eigentlich wichtigen Themen wirkte.

Die über die Ablehnung der Wahl Seelemanns veröffentlichten Meinungen drückten Ratlosigkeit aus. Damit sollte aber wohl nur davon abgelenkt werden, dass es in der EKBO zunehmenden Unwillen über das autoritäre Gehabe von oben nach unten gibt. Dieser Unwille war auch schon für die Wahl von Bischof Martin Dröge als Nachfolger von Wolfgang Huber maßgeblich. Darüber hinaus war Seelemanns Präsentation vor der missglückten Wahl ungeschickt und entsprach völlig dem Ton, der in der Amtszeit Bischof Hubers üblich wurde. Seelemann hat die Hoffnung vieler, er werde die Reihe seiner Vorgänger würdig fortsetzen, enttäuscht. Viele haben die Erfahrung gemacht, dass sich das Konsistorium unter Seelemanns Amtszeit einen autoritären Führungsstil angeeignet hat, den es früher so nicht gegeben hat, weder im ehemaligen West- noch im ehemaligen Ost-Konsistorium von Berlin, und der geeignet war, die Menschen von der Kirche zu entfremden. Es ist somit nur konsequent, dass ihn die Synode nicht länger als Konsistorialpräsidenten sehen wollte, auch wenn dies mit Mehrkosten von rund 150.000,- € verbunden ist.

Kommentar zum Fall des Konsistorialpräsidenten Seelemann, anonym*

Kommentar zur Abwahl von Konsistorialpräsident Seelemann auf der Frühjahrssynode der EKBO-Synode

Einen Paukenschlag bei der aktuellen Synode der EKBO konstatierten die Medien: die Verweigerung der Synode, die Amtszeit des Konsistorialpräsidenten um nur zwei Jahre und zwar bis zum Erreichen der Ruhestandsgrenze – zu verlängern. Was ist da passiert?  Interpretationen wurden bei den wort-meldungen an anderer Stelle bereits veröffentlicht. Sie  erscheinen durchaus plausibel. Hingegen ist die danach kirchenamtlich behauptete Ratlosigkeit der Synode zum einen eine unmögliche Synodenschelte. Mehr noch handelt es sich dabei aber um eine unbillige Ablenkung davon, dass es zunehmenden Unwillen über das autoritäre Gehabe des Konsistoriums und seinen autoritären Führungsstil gibt. Davon zeugte bspw. auch die persönliche Vorstellung des Kandidaten vor der Synode, in der er darauf verwies, dass man seine öffentliche Bedeutung ja auch auf dem Wege des googelns besichtigen könne. Ein Mann also, der sich ganz oben wähnte. Herr Seelemann blieb es aber verborgen, dass er inzwischen die Hoffnung vieler, er könnte die Reihe seiner kompetenten Vorgänger fortsetzen, bereits längst enttäuscht hatte.
Zwei Beispiele zur Illustration. Da ist z.B. die Geschichte von Frau Steinke aus dem Kuratorium der Schulstiftung. Seinerzeit hat sie sich als kaufmännische Vorständlerin und richtig kompetente juristische Fachfrau hohes Ansehen erworben. Sie hat aber gekündigt. Und zwar mit der Bemerkung, einen solchen Umgang mit Menschen wie in diesem Konsistorium und durch dessen Präsidenten habe sie nirgends erlebt, sich nicht vorstellen können und sie täte  sich dies nun nicht weiter an. Sie schied so schnell es ging dann aus, vollständig fertig mit der Kirche!
Ein anderes Beispiel ist der vom Kirchengericht der EKBO festgestellte rechtsmissbräuchliche Umgang des Konsistoriums und der Kirchenleitung mit dem langjährigen Pfarrer der Kirchengemeinde Manker-Temnitztal, Herrn Pfr. Stephan Scheidacker. Seine 2009 beschlossene Amtsenthebung sollte einen Geistlichen unter fadenscheinigen Vorwürfen entfernen, dessen Kirchengemeinde die Grundordnungsrechte der Kirchengemeinden der EKBO im „Reform-Modell-Kirchenkreis“ Wittstock-Ruppin eingefordert hatte. Die Amtsenthebung wurde denn auch 2010 vom Kirchengericht als ungültig kassiert, wird zur Zeit jedoch immer noch von Herrn Seelemann, nun jedoch auf dem Wege eines Disziplinarverfahrens, weiterhin betrieben.
Zwei Beispiele, eine Aussage. Offensichtlich gibt es in der Synode der EKBO eine Mehrheit von Synodalen, die derartig autoritäres Vorgehen der Kirchenverwaltung inzwischen wahrgenommen haben und missbilligen. Die Personalentscheidung Seelemann lässt auf neue, andere Zeiten jedenfalls hoffen. Die Synode hat dazu den Weg geebnet. Das könnte nicht nur ein Befreiungsschlag gegen autoritäre Herrschaft, sondern auch ein Schritt zur eigenen Mündigkeit und zur Wiederbelebung der synodalen Rechte gewesen sein.

*) wort-meldungen veröffentlicht Beiträge auch anonym. Die jeweiligen Verfasser sind der Redaktion bekannt.

Hinweis und Bitte um Mitwirkung: im Kommentar wird geschildert, dass in der kirchlichen Adminstration teilweise abschreckende Umgangsformen üblich sind. Gerade qualifizierte Kräfte wie hier Frau Steinke kapitulieren. Andere Mitarbeiter an anderen Orten mit überdurchschnittlicher Qualifikation werden, wie man hört, vom System auch schon mal kalt gestellt. Wir würden nun gerne wissen, ob es sich um Einzelfälle handelt. Oder ob solche Fälle gehäuft auftreten. Und dazu erbitten wir die Mithilfe der LeserInnen. Teilen Sie uns doch kurz mit, ob auch Sie Kenntnisse über derartige Fälle besitzen. Die Information wird selbstverständlich vertraulich behandelt. Wir, die Redaktion der wort-meldungen, würden anschließend zusammen mit den InformantInnen beraten, wie wir weiter verfahren. Verwenden Sie am Besten die Mailadresse der Redaktion für Ihre Mitteilung. Herzlichen Dank im Voraus. F.S.

 

EKBO: Zog die Synode die Notbremse? Konsistorialpräsident Seelmann von Synode nicht im Amt bestätigt

2. Ausgabe der „protestantischen“ Zeitung „Die Mündige Gemeinde“
an die Synodalen der EKBO während der Frühjahrssynode übergeben.

Am 4. und 5. April 2014 tagte die Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, um den sogenannten Reformprozess weiter voranzutreiben. Dazu benötigt wird vor allem das Geld der Gemeinden, die die dann äußerst aufgeblähte Verwaltung finanzieren sollen. Nach dem Willen der Kirchenleitung sollen fortan Ein-Personen Vorstände diese Verwaltungsämter leiten, kontrolliert nur von zwei Personen aus jedem Kirchenkreis, darunter jeweils dem Superintendenten. Nachdem die Herbstsynode 2013, der das Gesetz in zwei Varianten vorgelegt worden war, keine der beiden beschloss, war die erneute Vorlage des Vorhabens an sich schon dreist, erst recht aber ihre Form. Ohne die ausführliche Begründung und Diskussionswiedergabe wie im Herbst, wurde es den Synodalen in Form von zwölf Seiten Änderungen des bisherigen VÄG-Gesetzes zugestellt. Nur für eingeweihte Fachleute waren die Änderungen zu überblicken. Selbst der sogar von der Projektgruppe, die dieses Gesetz ausarbeitete, abgelehnte „Rechtsträgersockelbetrag“, tauchte im Gesetzestext auf, wenn auch unscheinbar in Klammern. Kleine Gemeinden sollen durch diesen „Betrag“ gezwungen werden, ihre Selbständigkeit aufzugeben, mit dem sie für ihre bloße Existenz und dafür, dass sie damit der Verwaltung Arbeit machen, kräftig zur Kasse gebeten werden sollen. Durchgesetzt hatte die Herbstsynode nur, dass nun regionale Unterschiede möglich sein werden. Dafür aber würden die Gemeinden den Verwaltungsämtern finanziell vollständig ausgeliefert.
Die erste Berichterstattung über die Synode schweigt über den Beschluss der Synode. Doch zeigt die mit großer Mehrheit verweigerte Zustimmung  der Synodalen zu einer um drei Jahre verlängerte Amtszeit von Konsistorialpräsident U. Seelemann, dass es Probleme gibt.

In der Berichterstattung auf der Webseite der EKBO  werden neben ratlosen Stimmen aus der Kirchenleitung Synodale zitiert, die nicht namentlich genannt werden wollten:  Da heißt es u.a.: „Vielleicht sei der Präsident auch stellvertretend für die oft nicht besonders geliebte Kirchenleitung abgestraft worden, vermutet ein anderer.“ Er „ habe die Quittung für das ‚autoritäre Gehabe der letzten zehn Jahre‘ bekommen, sagt ein anderer Kirchenparlamentarier. Sie hätten den Eindruck, Seelemann nehme sie nicht ernst, sagen wieder andere.“ (http://www.ekbo.de/nachrichten/1091064/– Zugriff am 5.4.2014)

„Schafft es die EKBO-Synode, die Notbremse zu ziehen?“ hatten die Protestanten vom „Gemeindebund in der EKBO“, durch das Verteilen ihrer Zeitung mit dem Leitartikel von Rechtsanwalt Georg Hoffmann gefragt. Noch ist die Frage nur für Insider beantwortet. Doch die Erfüllung der acht Forderungen des Vorstands bedeutet eine Kehrtwendung um 180 Grad. Umkehr heißt aber immer auch Anerkennung von Schuld, Fehlentwicklungen, Fehlprognosen, Vertrauen in die falschen Ratgeber und vieles mehr. Viel Arbeit wartet auf die Synodalen.

Dr. Katharina Dang

 

Die Grenzen mathematischer Prognosen (Thema des Monats)

Viele Entscheidungen in der Politik und Wirtschaft basieren auf den Voraussagen von wissenschaftlichen Beratern. Auch die Kirchen haben sich diesem Trend nicht entsagt. Das die Voraussagen selten mit der realen Entwicklung übereinstimmen ändert kaum etwas an der Popularität der Zukunftsprognosen.

Marco Wehr widmet sich in der FAZ den Hintergründen der Prognosen. Seine Betrachtung zeigt die Ursprünge als Machtdemonstration der antiken Potentaten, einen Boom in der Aufklärung und dem Aufkommen der Grenzen. Dabei Zeigt sich die Mathematik als Lieferantin der Methoden tritt bereits wesentlich bescheidener auf, als die Berater, die sich der Methoden bedienen.

Lesen Sie hier: Die Kompetenzillusion.

Bronze-Büste für Altbischof Wolfgang Huber am 20.01. im Konsistorium in Berlin enthüllt

Früher wurde diese Ehre nur Verstorbenen zuteil. So ändern sich die Zeiten:

Das Kunstwerk von Anna-Franziska Schwarzbach wird am Montag (20.1.) auf der Bischofsetage der Kirchenverwaltung in Berlin enthüllt, teilt die EKBO mit.

16. Januar 2014. Berlin (epd). Altbischof Wolfgang Huber wird mit einer Bronze-Büste im Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz geehrt. Das Kunstwerk von Anna-Franziska Schwarzbach soll am Montag auf der Bischofsetage der Kirchenverwaltung in Berlin enthüllt werden, teilte die Landeskirche am Donnerstag mit.

Kommentar eines Lesers: In München hat man mal die Büste von Auslandsbischof Heckel, der Bonhoeffer übel verraten hat, symbolisch verhüllt – und dann fiel sie noch aus Versehen vom Sockel und knallte auf den Boden und kullerte durch die Gegend … Näheres finden Sie beim Bonhoeffer-Verein.

Baden: Dekanin wird von Bischof gemaßregelt. Sie habe sich zum „Sprachrohr für manche pfarrerliche Larmoyanz“ gemacht

Vor einiger Zeit erschien ein interessanter Vortrag, gehalten von Stadtdekanin Schwöbel, Heidelberg und Stadtdekan Engelhard, Freiburg. Die beiden machten sich schuldig, die Wirklichkeit nicht nur wahrgenommen, sondern auch die bestehenden Probleme beim Namen genannt zu haben. Und das als Dekane – als Kirchenleitung „in der Region“. Die Folgen selbständigen Denkens bestand in einer postwendend ausgesprehenen Maßregelung durch den Bischof. Beschuldigung: die Dekanin machte sich zum „Sprachrohr pfarrerlicher Larmoyanz“. Ein Ereignis, das Bände spricht über den Kulturwandel der Kirche und seiner Führungskräfte sowie die Lage der Ev. Kirche und die Verfassung des Protestantismus.

Noch mal der Reihe nach:

Dr. Marlene Schwöbel und Markus Engelhardt:

„In den vergangenen Jahren haben sich das Pfarrerbild und der Pfarrberuf sehr schnell und sehr grundlegend verändert. Dieses ist der Ausgangspunkt für einige Beobachtungen, die wir gemacht haben. Mit Ihnen, Euch gemeinsam möchten wir uns darüber austauschen, ob diese Erfahrungen und Beobachtungen verallgemeinert werden können und wie wir in unserer Kirche damit konstruktiv umgehen sollten oder können. Auf fünf Punkte möchten Markus Engelhardt und ich (Marlene Schwöbel, Anm. F.S.) uns heute beschränken. Diese Punkte sind als Anregung zur Diskussion gedacht, vielleicht sind sie auch ein bisschen eine Provokation. Wir haben uns gewünscht, dass wir einmal zunächst unter uns diskutieren können, ohne die Kirchenleitung.
1. Package Deal?

2. Pfarramt und Familie

3. Welche Wertschätzung erfährt unsere Ausbildung in Kirche und Gesellschaft?

4. Das Verhältnis von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen

5. Residenzpflicht “

Lesen Sie den überaus interessanten Vortrag der beiden badischen Stadtdekane, abgdruckt im jüngsten Bad. Pfarrerblatt.

Die Maßregelung von Landesbischof Ulrich Fischer:

„Durch die zahlreichen Kontakte mit Ihnen, liebe Schwestern und Brüder habe ich mir über all die Jahre auch einen offenen Blick für die Probleme und Nöte der Pfarrerschaft wahren können. Es ist keineswegs so, wie bisweilen vermutet, dass ich als Landesbischof nicht mehr wüsste, was an der pfarramtlichen Basis „los sei“. Frau Dekanin Schwöbel-Hug sagte vorhin,„man sollte wissen, wo und wie man sich auseinandersetzt“. Daran will ich anknüpfen. Es bekümmert mich schon, wenn etwa Leitungspersonen unserer Kirche – wie jüngst im Pfarrvereinsblatt zu lesen war – meinen sich, gegenüber dem Evangelischen Oberkirchenrat und dem Landesbischof zum Sprachrohr für manche pfarrerliche Larmoyanz machen zu müssen, gerade so, als wüssten wir in der Kirchenleitung nicht um Veränderungen im Pfarr-
beruf, die manche Beschwernisse mit sich bringen.“ Der Abschiedsvortrag von Landesbischof Fischer.

Ursache für Demotivation nicht bei PfarrerInnen, sondern in der Haltung der Konsistorien und Oberkirchenräte – Dr. Dieter Becker

Die Demotivation der Berufsgruppen in den Kirchen ist das eigentliche Thema der Zukunft der Kirchen! Niemand kann auf Dauer gegen die seit 20 Jahren demotivierenden Verschlankungskurse bestehen. Was schon ab 2001 bei den Pfarrbefragungen sichtbar wurde, dass die Pfarrpersonen gegenüber der Zentralverwaltung, den Konsistorien, den obersten Vorgesetzten innerlich gekündigt hatten und in deren Folge ein Abschließungsprozess gegenüber der Landeskirche entstand (durch Konzentration auf
die eigenen lokalen Aufgaben), setzte sich dramatisch bis heute fort. Und deren Ursache
liegt letztlich nicht bei den Pfarrpersonen selbst, sondern vielfach in der Haltung der
Konsistorien und OKRs. Statt Mut und Zuversicht zuzusprechen, etablieren Kirchenverwal-
tung und Administrationsebenen der Kirchen Krisengeschrei, Reduktion, Verwaltungspro-
zesse, steigende Aufgabenanforderungen; und Schmerz, weil man ja mit Herzblut seinen Pfarrjob tut.

Auf Dauer hält das keine Organisationsstruktur aus, wenn die Menschen in ihr (top
down) als die eigentlichen Feinde betrachtet werden. Die verleumderischen Aussagen von
Kirche-der-Freiheit haben diese Niedertracht hoffähig gemacht. Heute erlauben sich Kir-
chenmitglieder Urteile über die pastorale Arbeit, deren theologischer Horizont häufig
selbstverliebt oder ökonomistischen Kriterien gewichen ist. Dass es Luschen im Pfarramt
gibt, ist so sicher wie deren Vorhandensein auf EKD- oder landeskirchlicher Ebene. Aber deshalb den Stab pauschal über eine ganze Berufsgruppe zu brechen, ist dumm. Wegen 1-
3% Versetzungsfällen nun über ein zentralistisches Pfarrdienstgesetz alle gesetzlich knech-
ten zu wollen, zeigt nur die Unfähigkeit von (einigen) Vorgesetzen frühzeitig mit Problem-
fällen umzugehen. Häufig sind Krisen von Organisationen ursächlich bedingt Krisen ihrer
Führungskräfte. Die Kirchen sind auf dem Weg, ihre eigene pastorale Berufsgruppe als
Symbol und als Träger zu „verlieren“. Nicht die (Landes-)Kirche wird mehr von der Pfarrperson repräsentiert, sondern allein die lokale „Gemeinschaft“. Der Krieg mit denen da oben in Kassel, Darmstadt, Hannover, Karlsruhe oder München ist in vollem Gange. Waffen sind von oben Vergesetzlichungen, Verkürzungen und Gängelungen sowie von unten Ungehorsam an der Grenze zur kirchlichen Illegalität. Haushaltsplanrecht versus lokales Stiftungswesen, Zielvereinbarungskontrollen vs. Leistungsfakes, digitale Kontrolle vs. Systemabstürze.
Der Weg der Kirche in die Zukunft ist ein kriegerischer – gegen die eigenen Mitarbeiter.
Bedenke: So kann kein via positiva evangelii entstehen.

zum Artikel von Dieter Becker (gehe auf: Archiv, Ausgabe 1/2013 Posterioritätenausschuss)

Ganz ähnlich auf katholischer Seite der Frankfurter Stadtdekan von Eltz: „Die jetzige Krise ist keine Krise des Glaubens und der Gläubigen, sondern vor allem eine Krise der Hierarchie.“ (vgl. hier in den Wort-Meldungen)

 

EKHN: Ex- Kirchenpräsident Steinacker geht das Gutmenschentum „auf die Nerven“

Der frühere Kirchenpräsident der EKHN, Peter Steinacker, schrieb einen Artikel in der Ev. Sonntagszeitung (Nr. 48 / 2013). Darin lästert er über das „Gutmenschentum“.

Darauf antwortet Pfr. und Kabarettist Hans-Joachim Greifenstein, Bensheim, in einem Leserbrief am 05.01.14:
„Welchen Aussagewert hat die Frage, was Peter Steinacker vom »Gutmenschentum im Protestantismus« hält? Was soll ein Ex-Kirchenpräsident und Systematikprofessor denn darauf antworten? Vielleicht: »Finde ich prima« oder »Gehört halt auch irgendwie dazu …«? Natürlich kanzelt »Peter der Große« das Gutmenschentum ab mit: »… geht mir auf die Nerven.« (…) Und was ist mit Gutmenschentum genau gemeint? (…) Wenn man zu viel in Dritte-Welt-Läden einkauft? Oder wenn ich etwas Humanitäres mit mehr Konsequenz verfolge als es irgendeinem existenzialistischen Sesselpupser gefällt? Und: Was wäre das Gegenteil? Ginge ich Peter Steinacker weniger auf die Nerven, wenn ich ein Befürworter des »Bösmenschentums« bin? Und was genau sollte ich dann lieber lassen? Ich halte den Ausdruck für eine neokonservative Nebelgranate, mit dem Ziel gesellschaftskritische Haltungen schlecht zu machen. Warum taucht diese abgelutschte Phrase im meiner Sonntagszeitung auf? Und: Was würde Niemöller dazu sagen? Noch eine aktuelle Nachfrage: Nelson Mandela, war das eigentlich auch ein Gutmensch oder nicht? Und was ist mit Ursula Trautwein und ihren Anti-Apartheidfrauenhilfsfrauen? »Kauft keine Früchte der Apartheid« war damals der Schlachtruf dieser Nervensägen. Im Synodenprotokoll kann man epische Redeschlachten zum »Antirassismus-Programm« des Ökumenischen Rats der Kirchen nachlesen und wie die Kirchenleitung dafür geprügelt wurde, dass sie seinerzeit 100 000 Mark dafür zur Verfügung gestellt hat. »Unterstützung terroristischer Gewalt« hieß es damals. Spitze Schreie von Leuten, die sich jetzt vor Mandela verbeugten. Den Begriff »Gutmensch« hatte man damals noch nicht zur Hand. Eher gab es ein »Geh doch rüber!« zu hören. Manche Begriffe wandeln sich in Zeit und Raum. Blöd bleiben sie trotzdem.“

Wer den Leserbriefautor noch nicht kennt, aber eine Vorstellung haben möchte, vgl.  die letzte NEWs dieser Woche zum 1. Allgemeinen Babenhäuser Pfarrer(!)kabarett.

McKinsey im Vatikan – den Teufel mit dem Beelzebub austreiben

Seit die Kirche sich selbst in Misskredit gebracht hat durch ihre Geldgier – also mindestens seit dem Ablasshandel im Mittelalter, als man den „Gnadenschatz“ Gottes für bare Münze verkaufte –, seither hängt ihre Glaubwürdigkeit vom schnödesten aller Themen ab. Zuletzt schien es, als sei insbesondere die katholische Kirche ein korrupter Laden. Erst musste Papst Benedikt Finanzprüfer aus Straßburg in den Vatikan holen. Jetzt kommen auf Geheiß von Papst Franziskus auch noch die Berater von McKinsey.

In Rom treiben sie den Teufel mit dem Beelzebub aus. Vielleicht wird ein bisschen McKinsey dem ältesten Global Player nicht schaden. Und bestimmt werden die Journalisten den Vatikan noch öfter eine Konzernzentrale nennen. Trotzdem ist die Kirche kein Konzern.

Lesen Sie den Beitrag in der ZEIT.

EKD-Synode: Was die EKD aus dem FDP-Wahldebakel lernen kann

Gerade propagiert Thies Gundlach eine kirchliche Wüstenwanderung. Eine selbstverordnete Verkleinerung der Kirche: „ Wir sind eine Kirche, die muss kleiner werden.“ „Diese Aufgabe ist unserer Generation gestellt.“ (vgl. den Beitrag von Pfrin Dang)
Da sprudeln seit Jahren die Quellen der Kirchensteuern, die Kirche besitzt überaus gut ausgebildete PfarrerInnen, da gibt es eine flächendeckende Infrasruktur an Gebäuden – und   Gundlach propagiert die  Wüstenwanderung. Was ist da los?
Wüstenwanderung? Ein biblisches Bild muss also herhalten für das neoliberale Downsizing-Projekt verbal zu unterfüttern. Immerhin beinhaltet es in der aktuellen Trostlosigkeit die Hoffnung auf Manna und Honig. Das könnte aber ein schwacher Trost sein, ein zu schwacher. Solche Hoffnung könnte den/die eine oder andere vielleicht tragen, die Organisation freilich nicht. Für Organisationen und Betriebe gelten gewisse „Gesetze“. Eines lautet: ist man erst einmal draußen, fällt die Rückkkehr um so schwerer. Das prophezeien übrigens nicht allein die Kommentatoren der FDP nach ihrem Wahlflopp. Das belegt auch die PIMS-Studie (Profit Impact of Market Strategies), die größte Studie zu unternehmerischem Erfolg. Danach gibt es sechs Schlüsselgrößen für die Beruteilung des zukünftigen Erfolgs. Die erste und wichtigste Schlüsselgröße ist die Marktstellung. Übertragen auf die Kirche: die ev. Kirche ist in deutschland in einer immer noch überaus guten Ausgangslage. Noch gehören je 1/3 der ev. Und eine weiteres Drittel der kath. Kirche an. Damit sind die Kirchen noch im Besitz dieser wichtigen Schlüsselgröße „Marktstellung“. Man spürt aber, dass damit langsam eine untere Grenze erreicht ist, deren Unterschreitung  man in jedem Falle verhindern müsste, will man nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Die Effekte beim Abwärtsgang verlaufen also nicht linear, sondern es gibt Kipppunkte. Bei der Klimafrage ist das ja ähnlich. Was dann passiert, wenn Untergrenzen unterschritten, Kipppunkte erreicht sind, muss man sich nicht ausmalen. Man kann es empirisch überprüfen. Am Beispiel der östlichen Landeskirchen. Dort war die Kirche (hier in der Zusammenschau beider Kirchen) zur Zeit der Wiedervereinigung vor 23 Jahren schon marginalisiert. Sich von einer solchen Ausgangslage wieder hochzuarbeiten, stellte dann einen enormen Kraftakt dar. Er ist bekanntlich selbst mit erheblichem Westsupport bisher nicht gekglückt. Im Gegenteil (s. Folgebeitrag Wüstenwanderung II). Also: Einmal weg – immer weg. Das ist die Erkenntnis. Und sie wird das fatale Resultat sein, wenn die Kirche Gundlachs Wüstenwanderung mitmacht. Man fragt sich: Wie groß muss eigentlich die  Verwirrrung über den Kurs der Kirche in der EKD sein, wenn ein wichtiger Vertreter  solchen Unsinn propagiert!
Die Moral von der Geschicht: die Kirche hat sich seit 15 Jahren mit solchen und ähnlichen Themen mit sich selbst beschäftigt. Das sind 15 weitgehend verlorene Jahre für richtige und wichtige Reformen. Damit muss Schluss sein. Kirche muss nicht kleiner werden, sondern ihre Potenziale (s.o.) endlich voll ausnutzen und entfalten. Das ist die Erfordernis aus theologischer Sicht – wie auch aus Managementsicht.

Was ist zu tun? Die Kirche muss so schnell wie möglich zu den Menschen zurückkommen. Real, nicht verbal. Die aktuell zu hörende verbale Beschwörung des „Nahe-am-Menschen-sein Wollens ist hingegen nur der verzweifelte Ausdruck des garstigen Grabens, der schon aufgerissen wurde. Da geht es der evangelischen Kirche nicht viel besser als der katholischen. Sie muss dazu die Reformen von Strukturen und Instrumenten, sie muss die Strategie auf den Prüfstand stellen. Und sie muss vor allem zu einer Erneuerung der früheren Kultur zurück. Sie braucht Management und sie braucht Theologie. Als Sofortmaßnahmen sind zunächst die Teile sofort zu stoppen, die sowohl nutzlos und dabei auch noch teuer sind. Und dann sollte man ruhig noch einmal zur FDP blicken und die Lehre ziehen, dass ein Neuanfang nur möglich ist, wenn die Verursacher der Misere, das man in der EKiR ja gut sehen kann, die Verantwortung für das entstandene Desaster und die schon entstandene Wüste übernehmen. Zu dieser Einsicht waren die FDP-Führer immerhin in der Lage. Ob die Kirche zu einer solche Selbstreinigung auch in der Lage ist ?

Friedhelm Schneider

Früherer Hardliner der Asylpolitik Beckstein will hohes Kirchenamt

Der als Harliner der Asylpolitik bekannte frühere bayerische Innenminister und spätere Ministerpräsident strebt im zarten Alter von 70 Jahren das Amt des EKD-Synodenpräses bei den Wahlen auf der EKD-Synode in Düsseldorf an. In der bayrischen Kirchenpolitik dagegen lässt er sich nicht mehr als Kandidat aufstellen.

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