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Kirchensteuer

EKHN, Kirchensteuereinnahmen: Steigerung um 12,4% im Jahr 2014 gegenüber dem Vorjahr. Seit 1990 Steigerung um 61%.

09/2015, aus Jahresbericht der EKHN 2014:

Kirchensteuer EKHN 2014: + 12,4%

„Die Gesamteinnahmen der EKHN betrugen 596 Mio. Euro. Den mit 82 Prozent größten Teil davon verdankt die EKHN ihren Mitgliedern. Im Jahr 2014 haben sie 489 Mio. Euro an Kirchensteuern aufgebracht. Ich danke ihnen im Namen der ganzen Kirche herzlich dafür. Damit lagen die Kirchensteuereinnahmen korrespondierend zur allgemeinen guten Wirtschaftslage 44,8 Mio. Euro über dem Planansatz von 445 Mio. Euro. Nach dem Rückgang der Einnahmen im vergangenen Jahr gehört die EKHN nun wieder zu den finanzstärkeren unter den evangelischen Kirchen in Deutschland.“

vgl. S. 6 und S. 7.

Im Vergleich zu 1990 Steigerung der Kirchensteuereinnahmen um 61%. Diese Zahl wird natürlich nicht als Erfolgsmeldung präsentiert. Sie ist auch nicht als Fließtext zitierbar. Sie ergibt sich aber aus der Grafik der Kirchensteuerstatistik S. 8 des Jahresberichts 2014/15.  In der Legende wird dort als absolute Zahl für 2014 489 Mio. € genannt. Aus der Grafik kann man für 1990 einen Ausgangswert von ganz leicht über 300 Mio. ablesen, sagen wir 303 Mio. In diesem Falle ergibt sich eine Steigerung von 2014 gegenüber 1990 um 61%. Dabei darf man nicht vergessen, dass gleichzeitig ein umfangreiches Kürzungsprogramm umgesetzt wurde. Um nur weniges zu nennen: 20% Kürzung der Zuweisung an die Gemeinden 1997, Streichung von 20% der Gemeindepädaggogenstellen 1997, weitgehendes Einfrieren der Pfarrgehälter, Streichung von zusätzlichen Leistungen (etwa bei Dienstwohnung, Fortbildung etc.), Stellenreduktion. Freie Mittel, enorm viel freie Mittel also. Mit denen die Kirche sinnvolle Arbeit hätte leisten können.

Und wofür wurde investiert?  In Strukturreformen, in Pensionsrücklagen (die in der EKHN übrigens auch vorher schon vorhanden waren). Der mehr und auch der weniger geneigte Kirchensteuerzahler wird also nach dem Verbleib der vielen Euros fragen, wird Transparenz fordern, Transparenz über die – aufaddiert – etlichen 100 Millionen Euros an Kirchensteuerüberschüssen der letzten 25 Jahre. Mit dem Heim von Tebartz-van Elst wurden 30 Mio. an Kirchensteuermitteln versenkt. Vielleicht muss man angesichts der EKHN-Statistik und den daraus sich ergebenden Fragen anfügen: in Limburg waren es „nur“ 30 Mio. F.S.

EKHN: Thomas Striegler, Leiter der Kirchenverwaltung und OKR Jens Böhm, Personaldezernent räumen in einem FAZ-Gespräch Fehler der Kirchenleitung in der Vergangenheit ein.

Wir kaufen uns eine Pfarrerin. Die Kirchen nehmen so viel Geld ein wie nie.
24.12.2014, von Corinna Budras, FAZ


Womit wir auch gleich bei der schlechten Nachricht wären: Denn dieses Paradebeispiel kommt ausgerechnet in einer Zeit, in der es überhaupt nicht nötig erscheint. Noch nie sprudelten die Kirchensteuern so munter wie in diesem Jahr. Die evangelische Kirche wird rund fünf Milliarden Euro einnehmen, das sind etwa fünf Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Schon seit Jahren geht das so. Seit 2005 sind die Kirchensteuereinnahmen um mehr als 43 Prozent gestiegen -..
Doch wenn es der Kirche so gut geht, warum müssen dann die Gläubigen darben? Das ist etwa so, als würden die Theater in Zeiten von Rekordeinnahmen erst einmal ihre Stammschauspieler abbauen. Doch bei der Kirche erscheint es besonders absurd…

Wer angesichts dieser Zahlen Fehler der Kirchenleitung in der Vergangenheit wittert, liegt goldrichtig. Das sehen selbst Böhm und Striegler so… „

Zwei Fehler werden dann genannt: 1. die Einstellungspraxis der geburtenstarken Jahrgänge Ende der 80iger Jahre und 2. die Verweigerung, zwei fertig ausgebildete Vikarskurse in den Dienst zu über nehmen 1997/98. Beide Kurse wurden damals komplett abgewiesen. Zum Artikel der FAZ.

Kommentar FS: Bisher wurden Fehlentscheidungen oder Fehleinschätzungen der Kirchenleitung eher verhohlen eingeräumt. Man erinnere sich an das erst jüngst erfolgte Eingeständnis, dass die Kirchensteuern nicht nur  nominal gestiegen, sondern auch real seit 2 Jahrzehnten auf dem selben Niveau liegen.  Was man ja zuvor immer bestritten hatte. Noch 2011 behauptete man ein reales Minus von 0,8 Prozent, was allerdings nicht zutraf. (Vgl. dazu Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft.)

Nun werden gar Fehler eingeräumt. In der Personalpolitik. Deren zwei werden genannt: erstens die Einstellungspraxis der 80iger Jahre, als die Absolventen der geburtenstarken Jahrgänge in den kirchlichen Dienst übernommen wurden. Es wäre spannend diese aus Verwaltungssicht als Sündenfall des Managements deklarierte Praxis einmal intensiv zu durchleuchten. Zu untersuchen, was an dieser Sicht real dran ist – und wie sich daraus ein Mythos entwickelte. Das kann hier nicht geschehen. Festgehalten werden soll hier nur, dass auch eine ganz andere Sicht dieser damaligen Praxis denkbar wäre. Dergestalt, dass die Kirche damals tatsächlich die – zuvor selbst in großen Werbekampagnen für das Theologiestudium gewonnenen (!) – jungen Christen der geburtenstarken Jahrgänge übernommen hat. Dass sie als Arbeitgeber also Wort gehalten hat. Und dass sie damit Vertrauen geschaffen hat bei den Mitarbeitenden. Zusätzlich wurde Solidarität praktiziert, indem die Pfarrerschaft in gewissem finanziellen Umfang bei dieser Praxis beteiligt wurde. Der Fehler bestünde bei solcher Sicht allerdings darin,  dass die Kirche zwar Gutes getan hätte, davon aber nicht sprach, es also versäumte, sich das Image des sozial egagiertes und handelndes „Unternehmen“ zu geben. Denn PR war in der Verwaltung unbekannt. Dieser Einwurf ist überaus verkürzt. Er soll dennoch mal so stehen bleiben.

Zweiter eingeräumter Fehler: die EKHN-Praxis aus den Jahren 1997 und 98, in denen fertig ausgebildet Jahre an Vikaren komplett die Übernahme in die EKHN verwehrt wurde. Da wird man in der Sache nicht widersprechen. Man wird aber widersprechen, wenn hier aus durchsichtigen Gründen der Versuch unternommen wird, diesen Fehler als zweimalige Episode zu verniedlichen. Das waren keine Ausrutscher, sondern das war die Spitze des Eisbergs, der hier sichtbar wurde. Das Problem, der Eisberg, war das System gegen die Schlüsselposition, gegen die Pfarrerschaft. Keine Episode, sondern System: nicht nur wurden 2 Jahrgänge nicht übernommen, jahrelang wurden in der Folge die jungen VikarInnen in aus der Bankenbranche stammenden Assessment-Center ausgefiltert; lange nachdem dies Verfahren in anderen Branchen wieder abgeschafft wurde und nachdem es in der EKHN verheerende Wirkung zeitigte, ersetzte man es 2003 durch die Potentialanalyse. Und erst 2009 ergänzte man die beiden 1. und 2. Examen mit Assessment-Center durch eine Art 3. Prüfung vor der Verbeamtung, also nach der Zeit des Pfarrvikariats. Und im Jahr 2009 trat OKR Jens Böhm seinen Dienst als Referent im Personaldezernat an. Hat die EKHN ihm diese neue Errungenschaft der 3. Prüfung zu verdanken? (Das kann in Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft noch eimmal nachgelesen werden.)

Das System greift aber weiter: in die Zeit, in der Jens Böhm Mitverantwortung im Personaldezernat trug, fällt der Plan zur Kürzung der Pfarrstellen um 2%, die sog. Pfarrstellenbemessung 2025. Kein Sterbenswörtchern der Kritik an dieser Vorlage von Seiten des OKR Böhm wurde damals bekannt. Er hätte die beste Gelegenheit gehabt, sich durch Richtigstellungen der wenigstens in Teilen konfusen Vorlage seines Vorgängers oder durch intelligente Alternativvorschläge zu profilieren. OKR Jens Böhm aber folgte seinem Dezernenten Walter Bechinger. Wer dem Dezernenten allerdings nicht folgte war die Synode der EKHN. Sie beschloss eine Kürzung um nur 1% der Pfarrstellen – entsprechend dem Rückgang der Gemeindegliederzahlen. (Zu dieser Thematik im Detail, hier mehr: Kirche_ohne_(pastorale)_Zukunft). 

Der Finanzdezernent Thomas Striegler, seit 2002 in Kirchendiensten und seit diesem Zeitpunkt Finanzdezernent der EKHN, steht seit seinem Eintritt in die EKHN für einen Spar- und Kürzungskurs, von dem die PfarrerInnen auf vielerlei Weise betroffen sind (in den Wort-Meldungen des Öfteren berichtet). Die Finanzpolitik war seit mindestens 15 Jahren Dreh-und Angelpunkt der gesamten Kirchenpolitik, des gesamten kirchlichen Managements. Jede Kürzung wurde mit Finanzknappheit begründet. Und die (angebliche) Finanzknappheit war Grund für manche Kürzung. Und Kürzungen betrafen vielfach die PfarrerInnen, galten die Pfarrgehälter doch als der größte Posten des Haushalts. Und damit musste man dort ansetzen. (Dies formulierte fast wörtlich in dieser – aus Managementsicht tatsächlich fatalen Form nicht Herr Striegler, sondern auf der Synode 2007 die damalige stellvertretende Kirchenpräsidentin.) Das war ein Kurs der Finanzpolitik, der dazu beitrug, dass der Pfarrberuf immer weniger attraktiv und Kirche jungen Menschen als Arbeitgeber immer weniger vertrauenswürdig erscheint (In Punkto Vertrauen der Mitarbeitenden steht die EKHN heute also am entgegengesetzten Ende der Skala im Vergleich zu Ende der 80iger Jahre – s.o.). Auch die Tatsache, dass Pfarrer heute für den Beruf selbst letztlich keine Werbung mehr betreiben, dürfte zu einem gewissen Teil auf das Konto Vertrauensverlust gehen. 

Fazit: man wird also nach dem Eingeständnis  zweier Fehler auf weitere Feherl- und Korrekturmeldungen gespannt sein dürfen

Finanzdezernent Thomas Begrich/EKD im Gespräch mit den Wort-Meldungen.

In „Horizont E – Das evangelische Magazin im Oldenburger Land“ erschien im Sommer 2014 Ausgabe, die vollständig dem Thema Kirchenfinanzen und Kirchenfinanzierung gewidmet war. Von der ersten Seite an präsent: die EKD in Person von Finanzdezernent Thomas Begrich. Der abschließende Artikel des Hefts trug den Titel: „Kultussteuer – Ein Plädoyer“. Das betrachtete und benannte ich als „offiziösen Vorschlag“. Und tue es noch immer. Freilich blieb es dem Leser überlassen, sich einen Reim auf diesen zu machen. Die Seite war aber weder als Unterhaltung, Satire, Kinderseite o.ä. ausgewiesen.  Daher liegt die Vermutung nahe, dass zwischen Schlussartikel und Gesamtausgabe ein innerer Zusammenhang besteht. Und da die EKD- Finanzverantwortlichen seit Jahren (oder Jahrzehnten?) eine Kirchenfinanzkrise beschwörten und weiterhin beschwören, würde es durchaus Sinn machen, sollten sie in solchem Glauben auch über Alternativen zum gegenwärtigen Finanzierungssystem der Kirchensteuer nachdenken. Ergo äußerte ich die Vermutung, dass man in der EKD wohl die Kultussteuer als einen „last exit“ betrachte, falls die Kirchensteuer einmal nicht mehr funktioniere. Dies allerdings, das räume ich ein, geschah nicht im Konjunktiv, sondern im Indikativ. Diese meine Vermutung wird nun in einem Kommentar von OKR Thomas Begrich zu meinem Beitrag wiefolgt offiziell dementiert:

„Die EKD denke über eine Kultussteuer nach? Das ist kompletter Unsinn! Die Kultussteuer ist eine staatliche Steuer und damit nicht kirchengemäß. Bitte um Korrektur dieser Fehlmeldung.“

Wir stellen das gerne zurecht. Und unterstellen im Umkehrschluss, dass die zahlreichen anderen, von Thomas Begrich unkommentierten Beiträge der Wort-Meldungen zur Finanzpolitik der EKD aus seiner Sicht nicht zu beanstanden sind. Das hätten wir nicht gerechnet. 

 Friedhelm Schneider

Synoden/Kirchenfinanzen: Landeskirchen finanziell stabil. Überschüsse in Pensionskassen.

Hannover: Der größten evangelischen Landeskirche Deutschlands geht es wirtschaftlich wieder recht gut. Laut Finanzchef Rolf Krämer erwartet sie rund 20 Millionen Euro mehr Einnahmen als noch im Vorjahr.

26.11.2014 |Deutschlands größte Landeskirche, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, hat nach langer Durststrecke ihren Haushalt weitgehend saniert. Finanzchef Rolf Krämer erwartet für das laufende Jahr rund 20 Millionen Euro mehr Einnahmen aus der Kirchensteuer als im Vorjahr. Das werde am Jahresende voraussichtlich zu einem deutlichen Überschuss führen, sagte der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes am Mittwoch in Hannover vor der Synode, dem Kirchenparlament. Dieses Plus soll in die Altersversorgung der Pastoren und Kirchenmitarbeiter fließen. Das Haushaltsvolumen für 2014 liegt bei insgesamt rund 500 Millionen Euro. Zur Quelle.

Nordkirche:

20.11.2014 |Der Nordkirche geht es finanziell gut: Insgesamt 488 Millionen Euro sollen 2015 in die Kirchenkassen fließen – rund 20 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr, heißt es im Haushaltsentwurf der Nordkirche, der am Donnerstag zum Auftakt der Synode in Lübeck-Travemünde veröffentlicht wurde. Das ist eine Rekord-Einnahme für die Nordkirche, die 2012 gegründet worden ist. Das Kirchenparlament will den Haushalt am morgigen Freitag beraten und beschließen.

Größte Einnahmequelle ist die Kirchensteuer mit 453 Millionen Euro, 2014 waren es noch 425 Millionen Euro. Grund für das Plus ist vor allem die gute wirtschaftliche Lage. Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern steuern zweckgebunden noch einmal 27,3 Millionen Euro bei…
Das aktuelle Finanzpolster ist ebenfalls beachtlich: Anders als Bund und Länder hat die Kirche für künftige Pensionen eine finanzkräftige Stiftung Altersversorgung gegründet. Das Vermögen wird im kommenden Jahr auf 891 Millionen Euro veranschlagt – knapp 40 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr… Mehr dazu.

EKKW:  Kurhessen-Waldeck: Mehreinnahmen für die Pensionskasse

Kapitalaufstockung wird fortgesetzt. Mehreinnahmen kompensieren rückläufige Zinserträge
Beitrag vom 27. November 2014 von kirchenbunt
“Der Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hat am Dienstagvormittag auf der Herbsttagung der Landessynode seinen Finanzbericht vorgelegt. Darin dankte Knöppel ausdrücklich allen Gemeindemitgliedern für die Entrichtung der Kirchensteuer und ihre damit verbundene Treue zu ihrer Landeskirche: «Die Kirchensteuereinnahmen verschaffen unserer Landeskirche die finanzielle Grundlage für die Erfüllung unseres Auftrags», sagte der Vizepräsident vor den Synodalen.” Mehr dazu.

Was die Kirche vom Fernsehn lernen kann I: Qualität kostet Geld

Das Fernsehen vereint momentan extreme Gegensätze, die nebeneinander existieren. Biedere Konzepte, die sich in Dauerschleifen wiederholen und kreative, mitreißende, neue Stoffe. Auf der einen Seite kaputtgesparter Diletantismus und auf der anderen große Investitionen mit hoher Qualität.

Es gibt strukturelle Gründe warum sich das Fernsehen parallel unterschiedlich entwickelt. Dabei lassen sich interessante Parallelen zur Lage der Kirche ziehen. Es zeigt sich die Kirche hat die Wahl welchen Kurs sie einschlägt. Es lohnt sich daher das Fernsehprogramm genauer zu betrachten.

In einer Serie werde ich 9 Thesen zur Zukunft von Kirche und Fernsehen besprechen.

  1. Qualität kostet Geld
  2. Die Quote ist eine Form der Geiselhaft
  3. Man muss seinem Produkt vertrauen
  4. Gebt den Kreativen die Macht
  5. Es gibt eine Sehnsucht nach großen Erzählungen
  6. Die feste Programmierung ist ambivalent
  7. Erfolg ist da, wo man ihn nicht sucht
  8. Wer seine Kunden/Gemeinde kennt hat Erfolg
  9. Versprechen Sie keine Wunder

Qualität kostet Geld

In Europa scheint es eine Antwort auf die überall grassierende Krise zu geben: Sparen. Doch der Sparreflex führt noch tiefer in eine Krise hinein.

Auch das Fernsehen in Deutschland leidet unter den Nachwirkungen der Bankenkrise. Die Werbeeinahnen für die privaten Sender gingen zurück. Die Sendechefs fanden eine Lösung nach europäischer Manier. Das Programm musste so billig werden, dass selbst bei sinkenden Werbeeinahnen keine Verluste entstehen. Gespart wird vor allem an der Qualität. So verzichtet das Fernsehen auf früher selbstverständliche Handwerker im Produktionsprozess. Statt SchauspielerInnen treten Laien auf und Berufsgruppen wie Beleuchter, Tontechniker und Requisiteure sind nicht eingebunden. Das Produkt ist eine Mischung aus Dilettantismus und Überdramatisierung, die ich keine zehn Minuten ertrage.

Das Fernsehen verkauft es als lebensnaher und freut sich, dass jede Werbung die Produktionskosten trägt. Das Zuschauer seit Jahren fern bleiben, erklären die Programmchefs mit den geänderten Sehgewohnheiten und dem Internet.

Ein zweites Problem ist durch die Struktur gegeben. Es geht nicht mehr um die Quote oder den Marktanteil, sondern um die Rendite. Das wirtschaftliche Denken ist extrem kurzfristig veranlagt. Die Gewinnerwartung von heute ist wichtiger als die Kundenbasis von morgen. Die große Mehrheit der privaten Fernsehsender gehören Investoren, die wollen von fast jedem Programmplatz etwa 15% Rendite erwarten. Im Jahr kommen gut 300 Millionen zusammen, die dem Fernsehen entzogen werden.

In den USA hat sich zum Glück seit längerem ein alternatives System etabliert. Dort hat das Bezahlfernsehen einen wesentlich größeren Marktanteil. Zuschauer zahlen monatlich einen Betrag bekommen im Gegenzug werbefrei ihre Serien und Filme geliefert. Wer dort seine ZuschauerInnen mit niedriger Qualität vergrault, schadet sich kurz und langfristig. Alleine damit Menschen sich entscheiden für Fernsehunterhaltung freiwillig zu zahlen, muss das Programm unterhaltsamer sein als die kostenlose Konkurrenz. Gleichzeitig ist der Weg zu höheren Renditen zur Zeit die Expansion. Mehr ZuschauerInnen bedeuten mehr Einnahmen. Doch die werden nur ein Abonnement abschließen, wenn die Produkte qualitativ überzeugen.

Die Bezahlsender in den USA haben daher keine Alternative zu spannender und hochwertiger Unterhaltung. Und man hat verstanden, dass sich dieses Ziel nur mit einem entsprechendem Aufwand erreichen lässt. Eine Staffel der viel gelobten Serien kostet um die 100 Millionen Dollar. Eine einzelne Folge spielt finanziell in einer Liga mit unserem Tatort.

Der Erfolg gibt diesem Modell Recht. Viele Serien können ihre Investitionskosten wieder einspielen und werden in den KritikerInnen gelobt.

Natürlich gibt es mehrere Faktoren, die den Erfolg vieler neuen Dramaserien erklären. Aber die Qualität ist ein bedeutender Anteil.

Für die Kirche lässt sich auch schon aus den finanziellen Aspekten lernen. Sparprogramme, die an der Qualität ansetzen führen zu einer schlechteren Bindung der Kunden. Dieses erkrankte System kann sich eine Weile lang dennoch durch seine marktbeherrschende Struktur durchsetzen. Die wachsende Masse der Unzufriedenen birgt dann aber ein hohes Wechselpotential. Im Fernsehen zeigt sich das schon lange am Erfolg von Streamingdiensten, wie Netflix, Maxdome oder Amazone Prime. Die Momentanen Einsparungen für die Pensionsfonds saugen an vielen Orten benötigtes Geld aus dem System. Natürlich muss auch für die Pensionsansprüche vorgesorgt werden. Die Landeskirchen drohen nicht nur Verluste bei Mitgliedern mit geringer Kirchenbindung. Auch die bisher stark mit der Kirche verbundenen können mit entsprechender Enttäuschung zu dem Heer der Wechselwilligen wachsen. Schon jetzt sind evangelikale eine ernstzunehmende Alternative. Rhetorisch gut geschulte Prediger, eigene Bands und hervorragend geplante Events wirken auf viele ChristInnen anziehend. Zeit und Persönliche Ansprache bewegen viele dafür freiwillig mehr als nur die Kirchensteuer zu investieren.

Der Ansatz der Bezahlsender lässt sich nicht auf die ganze Kirche übertragen. Das Potential der unzufriedenen Engagierten kann dennoch konstruktiv genutzt werden. Dazu muss aber den kleinsten Einheiten den Gemeinden mehr Autonomie zugestanden werden. Investitionen in Qualität und Angebote müssen für die Interessierten ermöglicht werden.

Dagegen kann man einwenden, dass es zu einer Zweiklassenkirche führt, in der Leistungen gegen Geld oder Zeit erbracht werden. Doch streng genommen gibt es schon immer eine solche Spaltung. Einige ChristInnen nehmen schon jetzt nur die Kasualien und wenige Festgottesdienste in Anspruch, während andere mehr Angebote wahrnehmen.

Wichtig ist, dass es keine absolute Bezahlschranke geben darf. Zusätzlich ermöglichte Leistungen dürfen keine Exklusivität werden. Das einzige Kriterium für eine Bezahlkirche muss sein, dass es auch der Allgemeinheit zu Gute kommt. Genau wie das Bezahlfernsehen neue Impulse setzen kann und damit allen anderen Programmen zu gute kommt, muss auch die Kirche es verstehen die Arbeitsergebnisse zu demokratisieren.

Gleichzeitig muss die Kirche sich auf die Qualität ihrer Arbeit konzentrieren. Die Kirchensteuern nehmen fünf Milliarden ein. Damit lassen sich unsere Landeskirchen mehr mit den öffentlich Rechtlichen, als mit Privatfernsehsendern vergleichen. Beide haben einen Auftrag, der die allgemeine Finanzierung rechtfertigt. ARD, ZDF und die Dritten sollen ein ausgewogenes Programm mit Unterhaltung und Information für alle bereitstellen. Der Auftrag der Kirche ist es zu verkündigen. Diese Basisleistungen müssen qualitativ gut abgedeckt werden. Sonst ziehen Kirche und öffentlich rechtliche sich die Grundlage ihrer allgemeinen Abgabe unter den Füßen weg.

Wenn ich im Kino oder bei einem Bezahlsender gerne für Filme bezahle, dann ist es weil ich ein gutes zusätzliches Angebot wahrnehme und unterstütze. Viele tolle Filme werden nur dann prouziert, wenn sie im Kino, Fernsehen oder Internet auch Personen finden, die bereit sind dafür zu bezahlen. Diese Plattformen sind wichtig zur Entwicklung neuer Ideen und Konzepte. Es ist nur schade, wenn sie dann das große Fernsehen nicht übernehmen will.

Auch in der Kirche gäbe es Räume um mit qualitativen Innovationen zu experimentieren. Wenn eine Gemeinde die Ressourcen und die Ideen hat, sollte sie damit experimentieren können. Neue Formen der Verkündigung, der Gemeinschaftspflege, der Öffentlichkeitsarbeit werden ausprobiert. Laden Sie nur alle dazu ein und das wichtigste: Teilen Sie die Erfahrungen und Impulse mit den anderen Gemeinden. Kulturell erschaffene Werte wachsen, wenn man sie teilt!

Wenn Sie sich mit dem Thema Fernsehen etwas befasst haben, werden Sie feststellen, dass meine Argumentation die öffentlich rechtlichenaußen vorlässt. Hier gibt es trotz Krise kein Problem mit der Finanzierung. Der Rundfunkbeitrag erwirtschaftet etwa 7,5 Milliarden €. Dennoch gibt es auch viel Schrott. Darauf und was die Kirche lernen kann gehe ich nächste Woche in „Die Gefangenschaft der Quote“ ein.

Evangelische Kirche erwartet 2014 mehr als fünf Milliarden Euro Kirchensteuer

10.11.2014

Die evangelische Kirche erwartet für das laufende Jahr einen Höchststand bei den Kirchensteuereinnahmen. Erstmals dürfte die Fünf-Milliarden-Euro-Marke überschritten werden, sagte Ratsmitglied Klaus Winterhoff bei der Synodentagung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Montag in Dresden.

„So hohe Kirchensteuereinnahmen hatten wir nominal noch nie“, ergänzte er. Im vergangenen Jahr betrug das Aufkommen 4,8 Milliarden Euro. Zur Quelle.

Leserkommentar:

Gespeichert von Carmen Wulff am/um 10. November 2014 – 17:40

Trotzdem bekommen die Gemeinden -also die Menschen, die diese Kirchensteuern zahlen, signifikant weniger Geld in diesem Jahr. Trotzdem muessen Pfarrer -anders als in der Schweiz und Finnland- fuer immer mehr Gemeindeglieder die Verantwortung uebernehmen und koennen kaum noch Urlaub machen, weil sie keine Vertretungen mehr finden. Trotzdem werden Kirchenkreise und Landeskirchen durch einen dubiosen „erweiterten Solidarpakt“ immer mehr die Kontrolle ueber ihre Finanzen entzogen. Trotzdem gibt es immer noch keine Korrelation zwischen Kirchenmitgliederzahl und Steuervolumen, auch wenn es in einer geradezu paranoiden Zwangshandlung als Argument wiederholt wird.
Alle muessen kuerzen und sparen: von den langjaehrigen ehrenmatlichen Frauenkreisleiterinnen ueber die Jungscharmitarbeiter bis zur wohlhabenden rheinischen Kirche – nur die EKD gibt immer mehr Geld aus. Gibt es eigentlich eine SWAT-Analyse, was genau sie damit erwirtschaftet? Zur Quelle.

Kirchen steuern auf neue Rekordeinnahmen zu

Die Kirchensteuereinnahmen für das laufende Jahr könnten nach den Steuerschätzungen des Bundes einen neuen Rekord aufstellen. Die Einnahmen können nach 3 Rekordjahren noch einmal um vier bis fünf Prozent steigen. Seit 2005 sind die Kirchensteuern bereits um 43% gestiegen

Kleine kathol. Statistik: Rückgang der Priesterzahl seit 1990 minus 35%; Rückgang der Gemeindeglieder minus 15%; Steigerung der Kirchensteuereinnahmen plus 40%.

18.07.2014
Der Katholikenanteil lag 2013 bei 24,2 Millionen Menschen und damit 29,9 Prozent der Bevölkerung. Für Kardinal Reinhard Marx ist das schmerzliche Ergebnis angesichts hoher Austrittszahlen 2013 ein “Weckruf“.

Die jüngst vorgestellte Statistik belegt aber nicht nur eine sprunghaft gestiegene Austrittsrate, sondern auch die aktuellen Zahlen zu den Mitarbeitern: 9222 Priester aktiv in der Seelsorge, assistiert von 3140 Pastoral und 4470 Gemeindereferenten. Zum Artikel.

Die Anzahl der in der Seelsorge (Pfarrseelsorge oder anderen Seelsorgebereichen) tätigen Priester in Deutschland sank ab 1990 bis 2012 von 14160 im Jahr 1990 auf 9222 2013. Das ist ein Rückgang von 35%. Die Anzahl der Kirchenmitglieder sank im gleichen Zeitraum von 28.252.000 auf 24.200.000. Das entspricht einem Rückgang von 15%. Zur Statistik der Dt. Bischofskonferenz. F.S.

Im selben Zeitraum stiegen die Kirchensteuereinnahmen von 3,88 Mrd. € 1991 auf 5,45 Mrd. € 2013. Das ist eine Steigerung von 40%. Statistik der Dt. Bischofskonferenz.

Kirchenaustritte: Eigentor der Kirchen

15. August 2014, von Matthias Drobinski, SZ

Der Reiche sollte sich nicht mehr so leicht davor drücken können, das angemessene Scherflein der Kirche zukommen zu lassen. Redete man jedoch länger mit Kirchenleuten über das Thema, ließ sich der eine oder andere zu der Bemerkung hinreißen, dass dies schon eine clevere Idee sei. Einwände, dass dieser cleveren Idee ein gewisser Selbstüberlistungsfaktor innewohne, wurden souverän hinweggewischt… Zum Artikel der SZ.

Neues Einzugsverfahren von Kirchensteuern auf Kapitalerträge – Bischöfe ärgert Debatte über Kirchensteuer

16.08.2014, von Hanno Mussle, FAZ

Erstmals treten gerade Rentner aus der Kirche aus, weil die Kirchensteuer auf Zinsen von den Banken künftig automatisch abgeführt wird. Einige Banken geben eine schlechte Informationsüberbringung zu. Die katholischen Bischöfe wiederum sind auf ihre evangelischen Kollegen sauer.

Zum Artikel.