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Reformbegründungen und die Wirklichkeit

Kosten von Fusionen am Beispiel des Pfarrvereins Thüringen

Das notorische Argument pro Fusionen lautet: Einsparung von Kosten. Allerdings wird das von Seiten der Leitungen weder rechnerisch noch empirisch belegt. Das ist wohl in der Regel auch nicht möglich. Die EKHN hat das jüngst eingeräumt. Wir bemühen uns immer wieder, dies empirischen zu belegen. Heute ein Beispiel aus einem Teilbereich der Kirche, des Pfarrvereins Thüringen. Es geht dabei nicht um die (geringen) Summen, sondern um das Prinzip. Und die Erkenntnis: Fusionen sind ökonomisch nicht zu begründen:

„Nachdenklich machen uns die Kosten, die durch die neue Pfarrvertretung (für Thüringen und Kirchenprovinz Sachsen, Anm. d. Red.) entstehen. Bisher hat das in Thüringen im Wesentlichen der Verein getragen. Die Wege waren vergleichsweise kurz, die nötigen Beratungen Bestandteil unserer Vorstandssitzungen. Lediglich eine Aufstockung der für soziale Aufgaben des Vereins gezahlten Summe um 5000 € pro Jahr hat es gegeben, um die halbe Sekretärinnenstelle mit zu finanzieren. Diese Summe ist auch 2011 noch einmal aus Versehen, aber nach unserer Auffassung durchaus zu Recht, gezahlt worden, denn weil die halbe Stelle zu meiner Entlastung nicht bereitgestellt wurde, hat Frau Tomschke-März in den letzten Monaten noch weit mehr für die Pfarrvertretung arbeiten müssen als bisher. Dafür sei ihr an dieser Stelle herzlich gedankt. Den heftig vorgetragenen Rückforderungswünschen hat der Vereinsvorstand folglich nicht entsprechen können und wollen. Zukünftig werden werden wohl jährliche Aufwendungen von mindestens 45.000 € zu erwarten sein. Die Fusionsrechnung 1+1=1,5 dürfte hier wohl in den Geruch von Propaganda geraten und einer kleinen Korrektur bedürfen: 1+1=9!“ . Vorstandsbericht 2011

Kritik windiger Rentenprognosen und Familienrechnungen

Verantwortlich: Wolfgang Lieb
Die Bertelsmann-Stiftung behauptete letzte Woche in einer Studie, Familien würden vom gegenwärtigen Rentensystem „benachteiligt“. Kinder finanzierten in ihrem späteren Erwerbsleben mit ihren Einzahlungen in die Rentenkasse nicht nur die Altersversorgung ihrer eigenen Eltern, sondern auch die der Kinderlosen aus ihrer Elterngeneration.
Am gleichen Tag klagten der Direktor das arbeitgeberfinanzierten Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und ihm folgend natürlich die CDU-Mittelstandsvereinigung, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) darüber, dass die Rentenpläne der Koalition von 2014 bis 2020 Mehrausgaben von über 60 Milliarden € verursachen würden. Der Chef des BDI, Ulrich Grillo, schimpfte über den „Ausbau sozialer Wohltaten“ und sprach vom „Betrug am Bürger“.
Gewagte Rechnungen, die eine Menge Fragen aufwerfen, meint Jens Jürgen Korff [*]. Dazu mehr.

[«*] Jens Jürgen Korff ist zusammen mit Gerd Bosbach Autor des Buches Lügen mit Zahlen

Erheblicher Dissens zu den Angaben bei Realwert-Prognosen innerhalb der EKD- Finanzexperten.

Die EKD und die Landeskirchen bauen ihre Downsizing-Strategien auf der sog. „einfachen Formel“ auf. Einer Prognose drastisch sinkender Kirchensteuern bis 2030. Mehr dazu hier in den wort-meldungen an anderer Stelle.

Da die Argumentation aufgrund steigender Steuern nicht mehr zieht, griff man auf die Entwicklung gemäß dem Realwert, also dem inflationsbereinigten, den Kaufkraftverlust berücksichtigende Werte zurück. Dieser Rückgriff ist eigentlich nicht angemessen, sondern zeigt nur das erkenntnisleitende Interesse der Beteiligten (vgl. dazu den Beitrag „Rätsel – Erkenntnissgewinne – Aufklärung“ in dieser Ausgabe).

Selbst dazu, zum Kaufkraftverlust, spricht die EKD mit unterschiedlichen Zungen – und macht weit voneinander abweichende Angaben. So erklärt der Finanzdezernent der EKD, Thomas Begrich, der Kaufkraftverlust betrage seit 1994 20%, während EKD-Vize Winterhoff auf der EKD-Synode in Düsseldorf von 30% spricht – im selben Zeitraum.  

Im gleichen Bericht wird der Finanzdezernent der EKD, Oberkirchenrat Thomas Begrich zitiert. Begrich begründet den Zuwachs „mit der höchsten Erwerbstätigenquote seit der deutschen Wiedervereinigung und den hohen Tarifabschlüssen“. Etwas eigenwillig formuliert er: „Die Menschen zahlen nicht mehr Kirchensteuern, sondern mehr Menschen zahlen Kirchensteuern.“ Begrich fordert einen „sehr verantwortlichen“ Umgang mit den Kirchensteuermitteln. Die Einnahmen des Jahres 2012, die bei 4,8 Mrd. € liegen, hätten eine um 20% geringere Kaufkraft als die Einnahmen aus 1994. Zur Quelle.

Kaufkraftverlust nach Winterhoff (EKD-Synode):

Vielleicht ein Wort zur gesamten Ausgangslage. …Wir hatten im letzten Jahr das höchste nominale Kirchensteueraufkommen in der EKD, aber ich lege wert darauf / auf die Feststellung das das nominale Kirchsteueraufkommen nun überhaupt nichts sagt, wenn man auf der anderen Seite nicht den Kaufkraftverlust entgegen setzt. Seit 1994 Kirchsteueraufkommen 9 % Zunahme, Kaufkraftverlust in der gleichen Zeit 30 %. Von meiner eigenen Landeskirche kann ich sagen, wir können uns seit den neunziger Jahren real über ein Drittel weniger leisten. Und von daher ist die Redeweise vom Reichtum der Kirche, aus meiner Sicht, doch sehr zu hinterfragen. Ich habe das weiter ausgeführt in der Haushaltsrede. Wir haben, das ist meine Prognose jetzt mittelfristig, zur Zeit eine relativ stabile, leicht positive Seitwärtsbewegung auch noch in den nächsten Jahren bei der Kirchensteuer zu erwarten. Das heißt für die Struktur der Kirche: Wir haben eine Atempause, das Notwendig zu tun und ich hoffe, dass diese Atempause möglichst lange anhält, dass wir in keinen hektischen Aktionismus verfallen. Zur Quelle.

 

Prognosen und was daraus geworden ist. Zur Geschichte der ‚einfachen Formel‘ und der Problematik von Prognosen

1. Der Prozess ‚Kirche der Freiheit‘ 2006 setzte ein mit ‚Krisenalarmismus’1. „Auslöser für die als erforderlich angesehenen Reformen…(stellen) eindeutig die finanziellen Engpässe dar“2.  Die Argumentation ist notorisch: „Auf eine einfache Formel gebracht lautet die Zukunftsperspektive: Die evangelische Kirche wird im Jahr 2030 ein Drittel weniger Mitglieder als 2002 haben und nur noch über die Hälfte ihrer Finanzkraft verfügen.“3 Dieses Schema taufte man in der EkiR von offizieller Seite sehr erhellend und treffend „einfache Formel“. Ein terminus technicus, den wir gerne aufgreifen und zur allgemeinen Verwendung empfehlen4.
2. Die Genese der „einfachen Formel“ reicht jedoch weiter zurück. Sie stammt aus der Zeit Mitte der 80er Jahre (immerhin: des 20. Jh.). Dort wird die Grundlage in einer Studie der EKD gelegt. Die Studie selbst ist uns nicht bekannt. Sie wird aber zitiert im Standwerk zu Kirchenfinanzen  von Wolfgang Lienemann (Die Finanzen der Kirche, 1989): „Eine neuere Studie der EKD scheint dabei von einem noch etwas stärkeren Rückgang auszugehen: Dort rechnet man bis zum Jahr 2030 faktisch mit einer Halbierung der Mitgliederzahlen der Evangelischen Kirchen und – aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung – mit einem Rückgang des Finanzaufkommens auf 40-46% des Volumens von 1980“. Auffällig ist die Langfristigkeit dieser Prognose von letztlich 45 Jahren!
3. „Prognosen sind schwierig. Insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen.“ Ein Bonmot das unterschiedlichen großen Geistern zugeschrieben wird. Und das sich empirisch jederzeit verifizieren lässt. Auch hier. Nehmen wir als Beispiel nur die Bevölkerungsentwicklung (als Basis der Mitgliedschaftsentwicklung der Kirchen). Damals, 1989, hieß es: „Modellrechnungen des Statist. Bundesamtes weisen für das Jahr 2030 einen Rückgang der Wohnbevölkerung auf 42,59 Mio. Menschen (derzeit 56,6 Mio.) aus. Interessanterweise weist die Bevölkerungsprognose des Statist. Bundesamtes, die ein Jahr zuvor veröffentlicht wurde, für das Jahr 2030 eine Einwohnerzahl von 40,97 Mio. aus; damit wurde der erwartete Wert innerhalb nur eines Jahres immerhin um 1,6 Mio. Menschen (das sind etwa 4% der ersten Prognose!) korrigiert. Zwischenstand heute, 2014: 82 Mio. Einwohner. Gegenüber den bis heute zu erwartenden minus 9% ist ein Plus von ca. 30 % zu verzeichnen. Also insgesamt eine Differenz von fast 40 Prozentpunkten. Selbst wenn man die Wiedervereinigungsgewinne an ca. 16 Mio. DDR-Bürgern abrechnet, stünde immer noch ein empirisches Plus von ca. 18% dem prognostizierten Minus von 9% entgegen. Das wären dann 27% in ca. 25 Jahren – oder pro Jahr im Durchschnitt etwas mehr als 1 %. Was die Prognosen der Finanzentwicklung betrifft, ist diese Differenz nicht minder groß. Im Gegenteil. Die Prognosen weichen von den empirischen Werten bis heute um 100 Prozentpunkten ab (vgl. dazu: Friedhelm Schneider, Erkenntnisgewinne, Rätsel, Aufklärung, in Dt. Pfarrerblatt 1/2014).
4. Obwohl mittlerweile hinreichend empirisch falsifiziert sind, freut sie sich bis heute unter den Führungskräften großer Beliebtheit: So erst jüngst Bischof Hein, EKKW: „…gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (dazu gehört der Rückgang der Gemeindeglieder und damit der finanziellen Ressourcen)..“ Und man fragt sich: glauben diejenigen, die die einfache Formel verwenden, denn selbst wirklich noch dran?

vgl. zur Prognose der Kirchenmitgliedschaftsentwicklung auch hier.

Friedhelm Schneider

Struktur-k(r)ampf in der evangelischen Kirche – Pfr. Friedhelm Schneider

Mit diesem Beitrag begann eine Serie im Dt. Pfarrerblatt. Gegenstand sind im ersten Schritt die Analyse der Probleme des kirchlichen Reformprozesses.

Der Beitrag analysiert die Thematik anhand der Frage der Koordination. Durch die Reformprozesse entstanden eine Verlagerung von nicht-struktureller zu struktureller Koordination, von der Basis Vertrauen, Bekenntnis, Profession zur Basis Gehorsam, Kirchenordnung, Bürokratie. Darin erkennt der Autor, der die Entwicklung anhand der Nachkriegsgeschichte der EKHN nachzeichnet, einen Verlust der „Kultur“ der Kirche EKHN.

Lesen Sie den vollständigen Artikel von Pfr. Friedhelm Schneider

Fiktive Eröffnungsrede einer Synode

Die Synoden laufen. Leider werden wir wahrscheinlich in vielen Landeskirchen wieder Blut-Schweiß-Tränen Reden hören. Ziel wird es sein trotz hoher Kirchensteuereinnahmen weiterhin Kürzungen und Zurückstellungen begründen zu können.

Für alle Ghostwriter wollen wir hier eine Eröffnungsrede anbieten, die zu den brutalsmöglichen Aufklärern unserer Landeskirchen passt. Wir wissen natürlich, das Sie kein Geld haben und bieten das Redemanuskript daher kostenlos an:

Liebe Brüder, Liebe Schwestern!

Die Lage unserer Kirche täuscht. Lassen Sie sich nicht von den fast rekordverdächtig hohen Kirchensteuereinnahmen täuschen. Wir haben viel gespart und müssen weiterhin sparen. Wir wissen, das unsere Kirche schrumpfen wird. Obwohl unsere Prognosen zur Einahmenentwicklung meist nicht eintreffen, wissen wir dieses mal sicher, das wir auf den besten Weg in den Bankrott sind.

Die Gesellschaft setzt keinen Pfifferling auf uns. Unsere Verantwortung ist es daher uns fatalistisch in dieses Schicksal zu ergeben. Visionen ohne Krisenszenarien apokalyptischen Ausmaßes wären unverantwortlich unseren Mitarbeitern gegenüber. Daher ist diese Kirchenleitung fest von einer negativen Zukunftserwartung überzeugt. Nur wenn wir das Schlimmste annehmen, können wir die richtige Vorsorge treffen. Daher will ich Sie nicht mit mehreren möglichen Szenarien belästigen. Schließlich gibt es keine Verheißung, das es nicht zum worst case kommt.

Wir erklären daher zur Wirklichkeit, das die Mitgliederzahl unserer Kirche in den nächsten Jahren rapide schrumpft. Wir könnten nun die Kirchensteuerentwicklung von der Lohnentwicklung, der Arbeitslosigkeit und mehren Faktoren abhängig betrachten. Aber als brutalsmöglicher Aufklärer reicht es, wenn ich Ihnen sage,dass sie einbrechen werden. Das sie momentan steigen hat mit unserer herbeigeredeten Entwicklung nicht das geringste zu tun.

Einhergehend mit dem Mitgliederschwund wird sich unsere Stellung in der Gesellschaft weiterhin verschlechtern. Die Kirche wird weniger Einfluss auf noch weniger gesellschaftliche Entwicklungen haben. Damit uns das nicht überrascht, werden wir schon jetzt mit den Kürzungen anfangen. Wir werden uns freiwillig aus der Gesellschaft zurückziehen und von den Menschen entfernen, bevor uns mangelnde Finanzmittel dazu zwingen. Unsere Handlungsfähigkeit muss erhalten bleiben. Daher müssen wir selber kürzen, bevor uns die Sachzwänge wirklich dazu zwingen. So handeln immerhin wir und können immerhin einen günstigen Zeitpunkt (Ferien/Fußballweltmeisterschaft oder Bundestagswahl) wählen.

Zukunftsängste und Unsicherheit werden dabei helfen Eigeninitiative zu verringern. Begeben wir uns in die Abwärtsspirale, können wir die Kürzungen mit schlechten Leistungen problemlos erklären. Wenn wir weiterhin unsere finanzielle Lage konsequent schlecht reden, werben wir auch keine weiteren Mitarbeiter mit Ideen und Visionen an. Die momentan entstehenden Lücken im Personal helfen uns zu späteren Zeitpunkten betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.

Wie wir überleben können zeigen uns unsere Beraterfreunde. Wir haben weiterhin ein großes Potential bei den Festtagen und den Kasualien. Leider sind unsere Strukturen in der Zwischenzeit zu gering ausgelastet. Von erfolgreichen Franchisebetrieben können wir lernen diese Situation besser zu managen. Statt einen großen solidarischen Betrieb zu bilden sollten wir in Zukunft schrumpfen. Wir sparen Geld mit einem kleinerem Regelbetrieb. Für Spitzen an den wichtigen Feiertagen können wir zusätzliche Vertragspfarrer beschäftigen. Diese freiberuflichen Vertragspfarrer können dann auch zu nichtchristlichen Feiertagen arbeiten.

Die Kasualien sollen in einen freiem Markt überführt werden. Gemeinden und Pfarrer sollen um den besten Service kämpfen. Eine erfolgsabhängige Entlohnung entfacht den Wettbewerb, der zu zufriedenen Kunden und besseren Gewinnspannen führt. Nicht die langjährige persönliche Bindung einer seelsorgerischen Begleitung, sondern harte wirtschaftliche Kriterien sollen uns erlauben aus unserem Bestseller einen Verkaufsschlager zu machen.

Liebe Brüder, liebe Schwestern. Unsere Kirche muss sich tiefgreifend ändern. Die eschatologische Ausrichtung hat uns zu falschen Erwartungen geführt. Wir werden von nun an einen streng apokalyptischen Weg einschlagen. Als brutalstmöglicher Aufklärer, werde ich den alternativlosen Kurs unserer Kirche nicht beschönigen. Unser Plan sieht vor, das wir unser Personal und die Aufgaben beschränken, bis wir uns zu einem kleinem Verein gesund geschrumpft haben. Hierzu werden wir in den nächsten Jahren immense Summen einsparen. Ab dem Jahr 2030 werden wir keinen Kirchenpräsidenten mehr wählen, sondern einen Abwicklungsbeauftragten bestimmen. So können wir sicher stellen, das wir auch im Jahr 2055, wenn es (unserer Überzeugnung nach) keine Christen mehr gibt unsere ehemaligen Beschäftigten angemessen mit ihren Altersbezügen versorgen können.

Wenn Ihnen diese Rede nicht gefällt, habe ich noch eine andere, die Ihnen die sie auch wesentlich lieber verwenden sollten:

Liebe Brüder, Liebe Schwestern,

Kirche ist ein Prozess ständiger Veränderung. Einige der Veränderungen machen uns Angst. Aber wir dürfen uns nicht aus Angst von unserem Auftrag abbringen lassen. Mehrmals wurde gesagt, die Kirche würde aus unserer Gesellschaft verschwinden. Sie hat ihren Platz und ihr Aussehen geändert. Wir können darauf vertrauen, das sich die Kirche wieder ändern wird. Aber diesen Prozess wollen wir gestalten und uns nicht von angeblich alternativlosen Plänen treiben lassen.

Die Mitgliedszahlen unserer Landeskirche werden wahrscheinlich weiter zurück gehen. Unsere Mitglieder sind wichtig, aber nicht alles. Viele Menschen, die sich von der institutinellen Kirche trennen, bleiben uns weiterhin freundlich verbunden. Viele Nichtmitglieder erachten unsere Arbeit dennoch als wichtig.

Historisch gesehen haben sich die Einnahnen unserer Kirche oftmals verlagert. Unsere Kirchenväter lebten von Spenden wohlhabender Familien, bis Konstantin für eine staatliche Unterstützung einiger Aufgaben sorgte. Im Mittelalter waren Kirchen und Klöster Großgrundbesitzer und wichtige Träger der Wirtschaft. Auch der Verlust dieses wirtschaftlichen Kapitals in der Reformation und der Säkularisation hat die Kirche nicht von ihren Aufgaben abgebracht. Es entstand ein steuerbasiertes Unterstützungsmodell, in dem die Bevölkerung ihre Kirche finanzierte.

Wenn nun in der Tat weniger Menschen ihre Kirche unterstützen, dann ist es natürlich, das wir Angst vor dieser Entwicklung haben. Aber wir finden auch schon jetzt Beispiele die Anlass zur Hoffnung geben und uns Mut machen. In vielen Gemeinden identifizieren sich ChristInnen mit ihrer Kirche. Solidarisch engagieren sich gerade im ländlichem Raum Menschen ob Mitglieder oder nicht um ihre Kirchen und Gemeindehäuser als wichtiger Teil ihres sozialen Lebens zu renovieren und damit zu erhalten. Viele Gemeinden bauen mit Stiftungen vor um ihre Arbeit weiter auf dem erfolgreichem Kurs halten zu können. Dort wo aktuell Geld fehlt, kann es oft durch Spenden aufgetrieben werden.

Das alles beweist, das es eine große Basis auch über unsere Mitglieder hinaus gibt, die Kirche als Ort der Verkündigung, Begegnung und des sozialen Lebens als wichtig erachten. Das verdanken wir vor allem dem Engagement der Haupt- und Ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Ihre Ideen, Arbeit und Engagement wirkt nach außen und trägt Früchte. Sparen wir hier, legen wir die Abrissbirne an die tragenden Elemente unserer Kirche.

Liebe Brüder, Liebe Schwestern, wie soll es aber weiter gehen?

Die Antwort wird uns niemand mit Gewissheit sagen können. Einen Schritt haben wir bereits getan. Wir haben Kapital angesammelt, damit wir einen Teil der anstehenden Pensionen nicht mehr aus den Kirchensteuern zahlen müssen. Unsere gute Arbeit ist nicht kostenlos. Aber gerade in Zeiten in denen sich er Staat immer weiter von seiner sozialen Verantwortung zurück zieht, haben wir auch gute Argumente unsere Arbeit finanzieren zu wollen. Das wird uns aber auch nur gelingen, wenn unsere Gemeinden Zentren der Begegnung bleiben.

Über die Kirchensteuereinnahmen lässt sich nur spekulieren. Sie hängen nicht nur von den Mitgliedern, sondern auch von der Beschäftigung und der Lohnentwicklung ab. Wir können uns sicherlich nicht alleine auf die Kirchensteuern verlassen.

Ich bin zuversichtlich, das wir unsere Kirchensteuereinnahmen mit Mieten, Spenden und Stiftungen ergänzen können. Das wird nicht jeder Gemeinde im gleichem Maß gelingen. Daher brauchen wir kirchliche Solidarität.

Basis für diesen Plan ist ein wirksames Handeln der Kirche nach außen. Nur Menschen, die sich mit ihrer Kirche – und das ist meistens die Gemeinde vor Ort – identifizieren, werden diesen Plan mittragen. Das birgt ein Risiko, das wir in der Kirchenleitung nicht steuern können. Wir können Ihnen vor Ort nur die Freiheit lassen sich für ihre Kirche einzusetzen. Keine Vorgaben, Kennzahlen oder Vorschriften können ihrer Situation und ihren Möglichkeiten gerecht werden. Wir vertrauen Ihnen aber, dass Ihre Berufung dem Erhalt und der Pflege der Kirche gilt.

Liebe Brüder, liebe Schwestern, die Herausforderung ist groß uns an die neuen Strukturen anzupassen. Diese Kirche hat aber schon schlimmeres überstanden und daher bin ich mir sicher, das wir gemeinschaftlich auch dies meistern werden.

G. Beckstein und K. Winterhoff zu Konzernbildung der EKD und Doppik

Zur Pressekonferenz vom 12. November 2013 auf der EKD-Herbstsynode

mit  Dr. Günther Beckstein und Klaus Winterhoff –  hier der Text ihrer Statements  – aus  zwei unterschiedliche Richtungen / Lagern ? – Urteilen Sie selbst!

Günter Beckstein:

„Wir haben den Anspruch gute Haushalter Gottes auf Erden zu sein, gerade weil auch erhebliche Finanzmittel uns anvertraut sind, die wir auch dringend brauchen für die vielfältigen Aufgaben, die die Kirche in unserer Gesellschaft hat. Man kann es nicht oft genug sagen, der Schwerpunkt der kirchlichen Arbeit liegt vor Ort. Kirchengemeinden wenden sich in den Dörfern und Städten unmittelbar den Menschen zu mit Verkündigung, Seelsorge, mit Beratung, mit Kultur- und Bildungsveranstaltungen, in der diakonischen Arbeit für Menschen, ohne Ansehen der Person, Herkunft oder Religion. Für diesen Dienst werden von den über 15.000 eigenständigen kirchlichen Trägern jedes Jahr rund zehn Milliarden Euro ausgegeben. Und dieses Stichwort 15.000 eigenständige Träger bedeutet auch, dass es nicht eine Art Konzernbilanz gibt und auch geben kann, denn zum Beispiel die Kirchengemeinde, aus der ich komme, Paul-Gerhardt-Gemeinde in Nürnberg, wird ja nicht etwa vernetzt, weder mit der Landeskirche oder mit erst recht der EKD, sondern es sind selbständige, eigenständige kirchliche Träger, so dass das als Konzernbildung nicht möglich ist und abgesehen davon auch nicht sinnvoll ist. Dass die evangelische Kirche ihr Geld verantwortungsvoll einsetzt, ist meine Überzeugung und zwar sowohl wenn wir vergleichbare andere Kirchen ansehen, als auch wenn wir den Staat ansehen. Die für unseren Haushalt der EKD zugrunde liegenden haushaltsrechtlichen Vorschriften sind mit den Vorschriften der Kommunen und Länder vergleichbar. Seitdem wir die Doppik haben mit den Haushalten der Kommunen eher als mit den Ländern, denn die Länder sind ja noch in der Kameralistik. Aber die Grundvorschriften, die Grundüberlegungen sind trotzdem ganz ähnlich. Die gewählten Leitungsgremien beschließen die öffentlichen Haushalte der Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen. Und nur im Rahmen dieser Beschlüsse dürfen die Gelder dann schlichtweg auch eingesetzt werden. Für die Detaillees haben wir die Sachverständigen, die hier sitzen, und deshalb darf ich zunächst das Ratsmitglied Vizepräsidenten Klaus Winterhoff bitten, den Haushalt hier vorzustellen.“

Vizepräsident Klaus Winterhoff: „Ich knüpfe, Herr Dr. Beckstein, an einer Äußerung von Ihnen an,: Vergleichbarkeit mit anderen öffentlichen Kassen / keine Vergleichbarkeit bei dem Umstieg auf die Doppik mit den Ländern. Sagt mal, das würde ich gerne vergleichen. Öffentlich ist ja beispielsweise eine Bilanz, die Bilanz des Bundeslandes Hessen, kein armes Bundesland, aber angesichts de Verpflichtungen für die Versorgung steht dort das Eigenkapital auf der verkehrten Seite. So, also damit bin ich bei einer Herausforderung , die wir alle haben,..“

Dr. G. Beckstein: „Wenn ich eine Bemerkung dazwischen machen darf, deswegen haben wir in den Ländern uns auch ganz bewußt nicht für die Doppik entschieden, weil das Bild etwas falsch ist, dann. „

Vizepräsident K.Winterhoff: „Ob das Bild dann falsch ist oder ob das Bild dann zutreffend ist, jedenfalls können Sie sich im nächsten Jahr bei der EKD dann ganz genau darüber informieren, wenn wir im nächsten Jahr eine Eröffnungsbilanz auf den Tisch legen. Das wird auch im nächsten Jahr noch nicht alles abschließend gelungen sein, aber jedenfalls sieht man dann, was für Verpflichtungen wir auch in Zukunft haben, was ja einem kameralistischen Haushalt nicht zu entnehmen war, da er ja nur Einnahmen und Ausgaben enthält.

Vielleicht ein Wort zur gesamten Ausgangslage. …Wir hatten im letzten Jahr das höchste nominale Kirchensteueraufkommen in der EKD, aber ich lege wert darauf / auf die Feststellung das das nominale Kirchsteueraufkommen nun überhaupt nichts sagt, wenn man auf der anderen Seite nicht den Kaufkraftverlust entgegen setzt. Seit 1994 Kirchsteueraufkommen
9 % Zunahme, Kaufkraftverlust in der gleichen Zeit 30 %.
Von meiner eigenen Landeskirche kann ich sagen, wir können uns seit den neunziger Jahren real über ein Drittel weniger leisten. Und von daher ist die Redeweise vom Reichtum der Kirche, aus meiner Sicht, doch sehr zu hinterfragen. Ich habe das weiter ausgeführt in der Haushaltsrede. Wir haben, das ist meine Prognose jetzt mittelfristig, zur Zeit eine relativ stabile, leicht positive Seitwärtsbewegung auch noch in den nächsten Jahren bei der Kirchensteuer zu erwarten. Das heißt für die Struktur der Kirche: Wir haben eine Atempause, das Notwendig zu tun und ich hoffe, dass diese Atempause möglichst lange anhält, dass wir in keinen hektischen Aktionismus verfallen.

Wir müssen feststellen: Die Gemeindegliederzahl sinkt weiter kontinuierlich und zugleich steigt aufgrund des Wirtschaftswachstums die Kirchensteuer: Das heißt der Verlust an Gemeindegliedern wird überkompensiert durch die wirtschaftliche Entwicklung. Und das wird nicht so bleiben. Wir sehen nur nicht den Zeitpunkt, wann die Gegenbewegung eintritt, deswegen heute Vorsorge und das aller Wichtigste aus meiner eigenen Verpflichtung als Finanzreferent in der westfälischen Kirche heißt: Wir müssen vorsorgen für insbesondere die Versorgungsverpflichtungen. Das wird den Gliedkirchen – die EKD ist weniger beteiligt – das wird die Gliedkirchen in den nächsten Jahren noch deutlicher herausfordern.

Denn sie müssen sehen, wenn sie heute eine Person einstellen, als Pfarrerin,als Pfarrer mit 30 Jahren übernehmen, dann haben Sie noch 60 Jahre Versorgungsverpflichtungen für die Hinterbliebenen. Und was in 60 Jahren ist, das kann man zwar versicherungsmathematisch alles ausrechnen unter verschiedenen Szenario, aber dann muss die Kirchensteuer aber in 60 Jahren immer noch sprießen und fließen. Das ist die Herausforderung. Deshalb lautet mein Stichwort immer: Derzeit Vorsorge treffen und nicht alles in konsumtive Ausgaben stecken. Die schwierigen Jahre kommen noch. Sie liegen vor uns. Aber heute erst mal Dankbarkeit für das, was wir haben. Der Haushalt als solcher ist unspektakulär. Er beruht auf der mittelfristigen Finanzplanung. Diese wird umgesetzt. Und es ist ein Haushalt der Kontinuität, der eigentlich nichts Besonders enthält mit Ausnahme der einen oder anderen neuen Akzentuierung, die von der Synode dem Rat mitgegeben ist.“

Anders als hier in der Pressekonferenz scheinen sich Dr. G. Beckstein und K. Winterhoff laut den Aussagen Winterhoffs in seiner Haushaltsrede nicht zu widersprechen.

Vizepräsifdent K. Winterhoff führte dort u.a aus:

„Wie wird das Geld nun eingesetzt?
Für die EKD und die Gliedkirchen versuchen wir einen kleinen Überblick in der Broschüre „gezählt“ zu geben. Der Überblick ist nicht vollkommen: Da die (noch) zumeist kameralen Haushalte Vermögen und Verpflichtungen nicht erfassen können, ist eine Aussage über das gesamte wirtschaftliche Potenzial oder die wirtschaftlichen Schwächen auch noch nicht möglich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dies angesichts der Verfasstheit der EKD und der Gliedkirchen auch in Zukunft nicht komplett möglich sein wird. Schließlich ist die EKD mit ihren 20 Gliedkirchen und 15.000 Kirchengemeinden keine Konzernholding die eine konsolidierte Bilanz vorlegen könnte. Soviel aber wissen wir: Die Verpflichtung für die Unterhaltung der kirchlichen Gebäude erreichen jährlich die Summe von fast eine Milliarde Euro. Und die Rückstellungen für unsere Versorgungsverpflichtungen – von den Beihilfeverpflichtungen nicht zu reden – sind nach versicherungsmathematischen Grundsätzen aufs Ganze gesehen noch lange nicht ausreichend dotiert, obgleich hier schon sehr viel getan wird. Beispielsweise wenden etwa die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche von Westfalen und die Lippische Landeskirche, deren Absicherung der Versorgungslasten beklagenswert gering ist, für ihre Sicherstellung jährlich 22 % des Kirchensteueraufkommens auf…
Finanzpolitik ist Verantwortung für heute und für morgen. Dieser Verantwortung haben wir uns auf allen Ebenen zu stellen.

Verantwortung tragen die Gliedkirchen der EKD auch füreinander…
Der zwischen ihnen nun seit über zwei Jahrzehnten praktizierte Finanzausgleich zeigt dies in besonderer Weise. Er ist zugleich Ausdruck starker Solidarität. Mit 144 Millionen Euro – die nicht über diesen [EKD] Haushalt abgewickelt werden – aber wegen ihrer hohen Bedeutung keinesfalls unerwähnt bleiben dürfen, gelingt es, stabile Voraussetzungen für kirchliches Handeln in allen Regionen unseres Landes zu schaffen. Damit wird eindrucksvoll realisiert, was die Grundordnung der EKD (Artikel 6 Absatz 1) so beschreibt:

‚Die Evangelische Kirche in Deutschland bemüht sich um die Festigung und Vertiefung der Gemeinschaft unter den Gliedkirchen, hilft ihnen bei der Erfüllung ihres Dienstes und fördert den Austausch ihrer Kräfte und Mittel.‘
Dafür möchte ich namens des Rates an dieser Stelle ganz besonders danken!“

 (K. Winterhoff, Einbringung des Gesetztes über den Haushaltsplan und die Umlagen…, EKD,  Herbstsynode 2013, S. 3)

Und doch ist auch diese Rede ein Beleg dafür, wie sehr die Frage des Konzernseins oder -werdens der EKD die Darstellung prägt. Wie wirken diese Sätze, diese 60 Jahre auf einen Arbeitslosen, auf einen Rentner, der auf Grundsicherung angewiesen ist, weil nach 42 Arbeitsjahren nur etwas mehr als 600 € Rente für ihn herauskommt? Wie viele Personen profitieren von dieser „Versorgungsverpflichtung“ ?

In der EKB0 waren es 2009 gerade einmal 814 Personen (Pfarrer, Kirchenbeamte und Lehrer sowie ihre Hinterbliebenen), für die im selben Jahr 16.261.828,22 € Versicherungsbeiträge gezahlt wurden, das sind für jede pensionsberechtige Person ca. 20.000 € laut http://www.ekbo.de/Webdesk/documents/premiere_ekbo-internet/Zahlen+%26+Fakten/Statistischer+Bericht+2009.pdf.pdf.pdf, S. 66 (Zugriff am 22.11.2013), wenn ich die Zahlen richtig deute.

Dr. Katharina Dang

 

 

EKiR auf dem Weg in die Wüste

Ein Stimmungsbericht von der außerordentlichen Landessynode in Hilden

Von Hans-Jürgen Volk

„Zustimmung für den Sparkurs der rheinischen Kirchenleitung“ – so lautet die Überschrift des hauseigenen Presseberichts über die außerordentliche Landessynode in Hilden am 23. November 2013. Damit ist das Wesentliche gesagt. Es gab zwar marginale Korrekturen an den KL-Vorlagen. Die grundsätzlichen Vorgaben, Einsparungen von 15% bis 2015 und von insgesamt 35% bis 2018 wurden ebenso bestätigt wie die Zielsetzung, die Ausfinanzierung der Versorgung von derzeit ca. 30% unter Einbeziehung der Kirchenkreise und Gemeinden nach EKD-Vorgaben auf 70% zu erhöhen. Dies ist insofern brisant, da das Kirchensteueraufkommen der EKiR seit 2005 nominal um deutlich über 20% gestiegen ist und mittlerweile 23% des Netto-Kirchensteueraufkommens zur Absicherung zukünftiger Versorgungs- und Beihilfeansprüche verwendet werden. Mit der Wüstenwanderung des Volkes Israel verglich Präses Rekowski den kommenden Weg der rheinischen Kirche. Von leichtem Gepäck spricht er gerne und blendet aus, dass hunderte von Millionen zur Versorgungssicherung angelegtes Kapital heftig drücken können. Es ist jedenfalls kein Weg in die Freiheit, der in Hilden eingeschlagen wurde.

Es ging ums Geld und nicht um Menschen

Nach der Ankündigung der Sparziele von Manfred Rekowski im Präsesblog wuchs das Entsetzen bei vielen Beschäftigten der landeskirchlichen Ebene. Was auf Kirchenkreis- und Gemeindeebene als „Paukenschlag“ empfunden wurde, kam bei ihnen als Tiefschlag an. Im Vorfeld der Synode kamen diese Befindlichkeiten im Rahmen der „Zukunftswerkstatt“ oder den Veranstaltungen „Kirchenleitung im Gespräch“ durchaus zur Sprache. Dies gab die hauseigene Berichterstattung der EKiR allerdings kaum wieder – vielleicht bis auf eine Darstellung auf der Homepage der Pfarrvertretung. Man gab von Seiten der KL-Mitglieder vor, zuzuhören und Anliegen aufzunehmen. „Wir fühlen uns ernst genommen.“ – so das Fazit mancher Teilnehmer. Leicht können sich derartige Gefühle allerdings verflüchtigen. Im Vorfeld der Synode berieten die ständigen Ausschüsse die „Streichlisten“ der Dezernate, die Einsparung ursprünglich bis 2023 in Höhe von 15% realisieren sollten. Nun saßen Betroffene am Tisch, die anhand dieser Listen leicht ihr beruflichen Aus und die Demontage ihres Arbeitsfeldes wahrnehmen konnten, würde dies Alles bereits 2015 umgesetzt.

Im Vorfeld der Synode erhielt ich etliche Mails und führte lange Gespräche am Telefon oder im direkten Kontakt. Es ist für mich der eigentliche Skandal dieser Synode, dass die Situation der Beschäftigten so gut wie nicht thematisiert wurde – bis auf einige schwache Formulierungen im von Rekowski vorgetragen Bericht der Kirchenleitung. Welche Bedeutung hat auf dem Hintergrund dieser Beschlüsse, die Entlassungen in Kauf nimmt um die Kaptalbildung zu intensivieren, noch das hehre Leitbild der „Dienstgemeinschaft“?

Prägend für diese Synode war die Dominanz fiskalischer Drohszenarien unter Ausblendung anderer Gesichtspunkte. Dass Einschnitte, wie sie nun beschlossen werden, theologische, ekklesiologischen, sozialethische und dort, wie es z.B. um die Problematik des Kapitaldeckungsverfahrens sowie der Finanzmärkte geht, ökonomische Fragen aufwerfen, spielte in den Diskussionsbeiträgen bestenfalls eine marginale Rolle – auch wenn es einige tapfere Versuche gab, durch Alternativanträge bzw. Ergänzungsanträge die KL-Vorlagen zu modifizieren. Die Synode folgte am Ende der KL und den wenigen, die Synode dominierenden Finanzexperten.

Kaum hinterfragt wurden Grundpositionen, die die rheinische Kirchenleitung sich offenbar zu Eigen gemacht hat. Hierzu gehört die zunehmend an Aberglauben grenzende Mutmaßung, dass die Finanzkraft der Kirche sich in Zukunft auf Grund der negativen Mitgliederentwicklung und des demographischen Wandels um 1% pro Jahr reduzieren wird und im Jahr 2030 nur noch 50% des Jahres 2002 ausmacht. Dass die Realität dies von Jahr zu Jahr widerlegt, stört die Apologeten dieser Theorie nicht die Bohne.

Dies relativiert die Bedeutung von versicherungsmathematischen Gutachten, die von dieser falschen Grundannahme ausgehen. Gewiss hat es sein Recht, derartige Gutachten zu erstellen. Nur wächst mit jedem weiteren Jahr in die Zukunft die Grauzone der Unsicherheiten. Versicherungsmathematische Gutachten geben eben keine objektive Auskunft über die Situation im Jahr 2030 oder 2040, sie können bestenfalls auf Probleme hinweisen.

Das man die Situation der Versorgungssicherung auch anders bewerten kann, als es auf der Sondersynode in Hilden geschah, geht aus einem epd-Bericht hervor, der sich auf der Homepage des Kirchenkreise Wuppertal(!) finden lässt. Hier ein Auszug:

Keine Notwendigkeit für höhere Zahlungen an die Versorgungskasse sieht dagegen die benachbarte westfälische Landeskirche, bei der die Zahlen ähnlich sind. An den Daten habe sich nichts geändert, sie würden nur neu interpretiert, sagt der westfälische Oberkirchenrat Arne Kupke, der dem Verwaltungsrat der Versorgungskasse angehört. Der gemeinsam vereinbarte Weg der drei Landeskirchen in NRW, jährlich 22 Prozent der Kirchensteuereinnahmen für die Versorgung aufzuwenden, sei solide und sicher und führe bis 2040 zur Ausfinanzierung der Ansprüche.

Kupke verweist darauf, dass der Staat mit seinen Beamten deutlich schlechter dastehe: So gebe es im Land Nordrhein-Westfalen erst Ansätze einer Versorgungssicherung. Allerdings steht eine Reihe von Landeskirchen auch besser da: In einigen Kirchen sind laut EKD-Gutachten 80 bis 100 Prozent der Versorgungsansprüche rückgedeckt, die hessen-nassauische Kirche liegt sogar über 100 Prozent.“

Letztlich akzeptiert wurde trotz einiger kritischer Beiträge der Grundsatz, anhand von Planzahlen könne man ein strukturelles Defizit erkennen. Bei Haushalten von Kommunen mag dies durchaus zutreffen, denn deren Planung ist oft recht optimistisch angesetzt. Für die EKiR und andere Landeskirchen trifft das Gegenteil zu (Vgl. den Beitrag „Politik mit Planzahlen“).

Geld ist also nicht nur ein Mittel, um den Verkündigungsauftrag zu erfüllen. Die Art, wie die Kirche mit ihrem Geld umgeht, ist selbst ein Teil glaubwürdiger Verkündigung. Wort und Tat müssen im Einklang miteinander stehen. Hier hat sich die Parallelität von christlicher Botschaft und kirchlichem Handeln zu bewähren. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht nur nach innen, sondern insbesondere auch im öffentlichen Raum.“ (Aus dem Bericht der Höppner-Kommission) Welche Botschaft sendet die EKiR mit ihren Beschlüssen nach innen wie nach außen? Evangelium ist es nicht. Den Beschäftigten wird deutlich gemacht, dass ihre Arbeitsplätze gefährdet sind – und zwar auf allen Ebenen, da auch die Kirchenkreise und Gemeinden bei steigenden Kosten für die Verwaltung noch einmal zusätzlich im Blick auf die Versorgungssicherung zur Kasse gebeten werden.

Was für ein Signal sendet eine Kirche hinein in die Gesellschaft, die sich mit naivem Urvertrauen in die Integrität der Finanzmärkte der Intensivierung der Kapitalbildung widmet? Die Finanzindustrie wird es freuen.

Was ist für Sie wahrscheinlicher, dass in den kommenden Jahrzehnten die Kirchensteuer abgeschafft wird oder sich das Kapital von Versorgungskassen oder Pensionsfonds auf Grund zukünftiger Finanzmarkturbulenzen in Luft auflöst, wie es im 20. Jahrhundert mehrfach geschehen ist? Darüber kann man streiten, vielsagend ist allerdings, dass die rheinische Kirchenleitung offenbar Ersteres befürchtet und auch darum Kapital beiseite legen möchte.

Es ist ein Mangel, dass im Rahmen der Synode eine Debatte über diese wichtigen Fragen faktisch nicht stattfand.

Gespräche am Rande

„Wissen die eigentlich, dass die mit ihrem Beschluss gerade Dutzende von Arbeitsplätzen in Frage gestellt haben?“ fragt mich sichtlich erregt ein Kollege. Ich bezweifle es. Die Synodalen hatten Zahlen vor Augen, nicht aber Menschen. Wichtiger als ihre eigenen Beschäftigten war ihnen der Gesichtspunkt, die gerade erst neu gewählte Kirchenleitung nicht zu beschädigen.

Ich bin schon auf dem Weg zu meinem Wagen, da treffe ich auf eine Kollegin, die die Synode sichtlich mitgenommen hat. Sie ist fit in Finanzfragen, kennt sich in Sachen NKF bestens aus und rechnet mir vor, dass ihr Arbeitsfeld eigentlich Erträge abwirft und dass der geplante Abbau ihres Arbeitsplatzes samt des dazugehörigen Umfeldes für die EKiR keine Einsparungen sondern Mehrkosten verursachen wird. Sie sagt, was ich kürzlich erst von einem befreundeten Unternehmer so ähnlich gehört habe: „Ein Unternehmen, dass sich so wie die EKiR verhält, steht in der Regel kurz vor dem Konkurs und würde von keiner seriösen Bank mehr einen Kredit erhalten.“

Wir sind uns einig, dass diese Synode unsere Kirche beschädigt hat. Jetzt wird auf die zahllosen Baustellen noch ein Großprojekt hinzugefügt, dass die hierdurch entstandene Komplexität endgültig unbeherrschbar macht. Was werden spätere Generationen mal über diese merkwürdige Phase der Kirchengeschichte sagen, die mit einem Prozess der Selbstökonomisierung begann und in Selbstdemontage endete. „Die werden es Gottlob anders machen und sich wundern.“ Sagt meine sympathische Gesprächspartnerin und kann auch wieder lachen. Wir hoffen beide, dass dieser Prozess hin zu einer authentischen Kirche, bei der Reformen eben nicht mit dem Blick in die Kasse, sondern mit dem Hören auf Gottes Wort beginnen nicht erst in 100 Jahren einsetzen wird.

Hilden war ein prima Tagungsort, ein gepflegter Schulkomplex, der Gastlichkeit ausstrahlte. Es wäre gar nicht schlecht, hier auch reguläre Landessynoden durchzuführen. Übernachtungsmöglichkeiten gäb’s u.a. im Internat, dass seit 150 Jahren existiert und wo hervorragende Arbeit geleistet wird. Zudem unterstreicht das Engagement der EKiR in Hilden, wie wichtig für protestantische Christen Bildung ist.

Ich gehe zum Wagen. Von weitem höre ich aus der Sporthalle, wo die Synode tagt, das fromme Lied: „Ach wie gut, dass wir uns haben.“ War wohl nur Einbildung.

Reform und Realität – die Hochschulrektorenkonferenz übt Selbstkritik

Hochschulrektoren gestehen Fehler bei Umsetzung des Bologna-Prozesses ein.

20. 11. 2013 Von Johann Osel,

Bologna-Prozess Hochschulrektoren räumen Defizite bei Bachelor und Master ein

Die Studierenden üben schon lange Kritik am Bachelor-Master-System. Jetzt gestehen auch die Hochschulrektoren ein, dass es Versäumnisse bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses gibt. Vor allem in einem Bereich sehen sie Nachbesserungsbedarf.

„Bislang war in Bologna-Beschlüssen der HRK Selbstkritik kaum zu finden.“ Mehr in der SZ.

Stell Dir vor es ist PISA und keiner schaut hin

20.10.13 von Karl-Heinz Dammer

Ich habe einen Traum…: Eines Tages kreißt der PISA-Berg und die Medien ignorieren die Geburt der Maus. Der Traum mag noch in weiter Ferne liegen, dennoch sei ein kleiner Beitrag zu seiner Verwirklichung erlaubt. Vor Kurzem erschien der für Erwachsene im Alter von 16 bis 65 Jahren konzipierte Ableger von PISA, die PIAAC-Studie (Programme for the International Assessment of Adult Competencies), die wie ihr schulisches Pendant von der OECD initiiert wurde und dem langfristigen Bildungsmonitoring dienen, also in regelmäßigen Abständen wiederholt werden soll.

Ihre wesentlichen Ergebnisse sind: Die deutschen Erwachsenen liegen bei allen drei getesteten Bereichen – Lesekompetenz, mathematische Kompetenz und Computerkenntnisse – im Mittelfeld, genauer: bei der Alltagsmathematik und den Computerkenntnissen leicht über, bei den Lesekompetenzen leicht unter dem OECD-Durchschnitt, wobei die Bandbreite der Punktunterschiede geringer ist als bei der PISA-Studie. Weit überdurchschnittlich viele Erwachsene verfügen über keine ausreichende Lesekompetenz und die Kopplung von Lesekompetenz und sozialer Herkunft ist ebenfalls überdurchschnittlich hoch. Das ist und bleibt natürlich ein Missstand, wir kennen ihn aber bereits aus sämtlichen bisherigen PISA-Studien. Nicht wirklich überraschend ist auch die Erkenntnis, dass ältere Mitbürger nur über unterdurchschnittliche Computerkenntnisse verfügen, ja nicht einmal die Botschaft, dass die jüngeren Probanden den älteren überlegen sind, lässt wirklich aufhorchen, denn schließlich liegt ihre Schulzeit noch nicht so lange zurück und außerdem sind sie an diese Form von Befragungen dank PISA seit mehr als zehn Jahren gewöhnt; da kann man wohl höhere Testkompetenz erwarten.

Eben aus diesem Grund dürfte selbst einem Menschen mit mittlerem Kompetenzprofil die Frage in den Kopf kommen, was denn bei den Erwachsenen anderes als Mittelmaß herauskommen soll, wenn sie in Schulen unterrichtet wurden, denen PISA von Anfang an eben dieses Mittelmaß bescheinigte? Zum Artikel.