Archiv für den Monat: September 2013

Die Diskussion über Ehe und Familie – 2 kontroverse Positionen zur EKD Orientierungshilfe

Kirche im Schussfeld – von Profin. Dr. Klara Butting

Im Juni 2013 ist die EKD-Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ erschienen und hat erschreckende Reaktionen ausgelöst. Kritiker/innen vermissen in dem Papier ein Bekenntnis zur Ehe als göttlicher Stiftung und wollen den Familienbegriff für die traditionelle Konstellation Vater und Mutter mit eigenen Kindern reserviert wissen. Dabei inszenieren sie sich als diejenigen, die die Sprache des Glaubens wahren und der Bibel die Treue halten, während die EKD „schlampig mit ihrer religiösen Substanz“ umgeht (FAZ) und die „Sprache des Glaubens in Schwammigkeiten abrutscht und nur noch der Gesellschaftsrealität hinterherzuschlittern vermag“ (Die Welt). Eine Erklärung, die nicht herrscht über anderer Leute Glaube und Leben, sondern auf die Not der Menschen reagiert, ruft Widerstand hervor. 

Der Artikel von Profin. Butting zur EKD Orientierungshilfe Familie

 

Offener Brief von Prof. Härle an den Ratsvorsitzenden der EKD zur Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,

die „Orientierungshilfe“ der EKD unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ ist meiner Wahrnehmung nach bestimmt von dem Bemühen, Diskriminierungen von Menschen wegen ihrer sexuellen Prägung oder ihrer Lebensform zu überwinden und verlässliche, verantwortungsvolle und fürsorgliche Formen menschlichen Zusammenlebens zu stärken, wo immer sie praktiziert werden. Um diese lobenswerten Ziele zu erreichen, gibt der EKD-Text jedoch zwei grundlegende Überzeugungen der evangelischen Kirche preis.

Offener-Brief_Prof.Härle-an-den-Rat-der-EKD

Jahresbericht der EKHN 2012/2013 Teil II: Bonuszahlung oder Kompensation für vorausgegangene Gehaltskürzung?

Der neue Jahresbericht hat es in sich

Neben den Ausführungen des Kirchenpräsidenten über die „Wahrheit der Kirchensteuer“ („In Wahrheit verhält es sich anders…“ S.4) und seinem Fauxpas über die Höhe der Kirchensteuer – „acht Prozent von der Lohn- oder Einkommensteuer“ – in Wahrheit sind es allerdings neun Prozent, finden sich weitere irreführende Aussagen:
Auf Seite 8 wird über die Verwendung der Mehreinnahmen (+ 32,5 Mio €) berichtet: „Die EKHN zahlt jedem (…) Mitarbeitenden eine Zulage von 40 Prozent des durchschnittlichen Monatseinkommens aus dem Vorjahr.“ (11,3 Mio €) Das klingt großzügig, bei manchen Lesenden des Jahresberichtes kommt es aber so an, als würde dies zusätzlich zu den allgemein gültigen Tarifen des öffentlichen Dienstes ausbezahlt. Leider erklärt der Jahresbericht nicht, dass der größte Teil dieser Bonuszahlungen lediglich die zuvor festgeschriebenen Gehaltskürzungen bei kirchlich Mitarbeitenden kompensiert.


Irreführend ist auf S. 9 die Erklärung über die Zweckbestimmung der Kirchbaurücklage: „Sie dient der Unterhaltung und Erhaltung von Kirchen, Gemeindehäusern, Kindertagesstätten und anderen Gebäuden.“ In Wahrheit verhält es sich anders (s.o.): Die Kirchbaurücklage dient nach Beschluss der Synode einzig dem Erhalt von Kirchengebäuden. Eventuelle Auszahlungen für genannte andere Zwecke wären illegitim und eine grobe Verletzung synodaler Beschlüsse.

Anonymus (Unter diesem Namen können Beiträge von unterschiedlichen Autoren eingestellt werden. Die Namen der Autoren sind der Redaktion bekannt.)

Später Erfolg für den Hannover’schen Pfarrverein: Synode für Rücknahme der Streichungen

von Anneus Buisman und Andreas Dreyer

Vielleicht waren wir als Pfarrerschaft naiv, als wir seinerzeit, vor rund 15 Jahren, einer befristeten teilweisen Gehaltskürzung zustimmten, um zusätzliche Stellen für den Nachwuchs in kirchlichen Berufen zu ermöglichen. Fünfzig zusätzliche Pfarrstellen sollten für einen Zeitraum von rund zehn Jahren geschaffen werden, dafür war man bereit, ebenfalls befristet auf ein Jahrzehnt bis zu 2,5% Abschlag beim Gehalt und die Streckung um zwei Dienstalters-Stufen bis zum Erreichen der Durchstufung nach A14 zuzustimmen (vom 39. auf das 43. Lebensjahr verschoben). Nicht mehr bei Erreichen der zehnten, sondern erst bei der zwölften Stufe sollte der (im Übrigen einzige) Aufstieg während  der gesamten Dienstzeit erfolgen.

Dann folgte wenig später die vom Staat auch auf die Kirche übertragene sog. Kanther-Reform von 1997, die vieles von dem, wovon man zuvor ausgegangen war, zu Makulatur werden ließ. Denn die Dienstalters-Stufen wurden nun ohnehin vollkommen verändert und gestreckt (die entscheidende Durchstufung von A13 nach A14 wurde dadurch um eine Jahrzehnt vom 43. auf das 53. Lebensjahr verschoben), es folgte per Synodenbeschluss die komplette Streichung von A14. Nur der Pfarrerschaft wurde als einziger kirchlicher Dienst-Gruppe das Gehalt gekürzt, sowohl SuperintendentInnen als auch Kirchenbeamte kamen trotz anderslautendem Synodenbeschluss vollkommen ungeschoren davon. Nach zähem Ringen dann die kleine Zubilligung, immerhin ein vermindertes A14 ab dem 53. Lebensjahr zu zahlen. Soweit die Vorgeschichte.

Lesen Sie, wie es zum späten Erfolg der Pfarrvertretung kam und wie dieser aussieht.

Kontroverse Prognosen zur Entwicklung der PfarrerInnenzahl in Württemberg

‚Oberkirchenrat Traub verwies auf die positiven Prognosen: „Trotz der hohen Ruhestandseintrittszahlen in den kommenden Jahren steigt die Pastorationsdichte nicht in der angenommenen Weise an.“ Vermutlich werde für das Jahr 2032 ein Höchststand von 1.726 Gemeindegliedern (mit Religionsunterricht) pro vollbeschäftiger Person im Pfarrdienst erreicht sein. „Wir haben eine gute und verlässliche Perspektive im Pfarrberuf. Wir können und müssen für unseren Beruf werben.“

Ingeborg Raab, setzte den Akzent etwas anders, indem sie gleich eingangs ein Szenario für 2018 entwarf,

in welchem „500 Vollzeitpfarrstellen im Gemein­depfarramt, ein Drittel der bisherigen Gemeinde­pfarrstellen, nicht mehr besetzt“ sein werden. Sie gab vor allem für die ländlichen Gegenden zu bedenken: „Diese Einschnitte haben unsere Gemeinden noch nicht realisiert oder wollen nichts davon wissen.“‘

 

Ziemlich unterschiedliche Einschätzungen der Lage, ziemlich gegensätzliche sogar. Wie übrigens andernorts auch, wenn die Ergebnisse von Schönrednern und Gegenrechnern gegenübergestellt werden. Wie z.B. auch in der EKHN geschehen. Man merke: Mit Prognosen lässt sich viel Schindluder treiben. Der Leitung gegenüber ist Kontrolle besser als Vertrauen. Deshalb hat auch jedes System eine eigene Kontrolle in Form der inneren Revision, der Rechnungsprüfung eingebaut. Wenn diese funktionieren, kann man sich die Zeit für die eigene Kontrolle sparen. Lesen Sie den Bericht im Synodenbericht der Württembergischen Kirche.

Organisation und Moral – Rezension des Buchs von Prof. Günter Ortmann

Organisation beschert ungeahnte Effizienz und enorm gesteigerte Vermögen – Fähigkeiten, Ressourcen, Kompetenzen. Das hat in eine Konstellation geführt, die der Autor mit Günther Anders (1980) prometheisch nennt: „Wir können mehr – weit mehr! -, als wir verantworten können.“ (23) Während Anders das noch vor allem auf die technischen Möglichkeiten der Menschen gemünzt hat (Die Menschen stehen in „prometheischer“ Scham vor der glitzernden Perfektion, dem glänzenden Funktionieren ihrer Maschinen …) bezieht Ortmann es nun auch auf Organisationen. Er bezeichnet diese als Orte normaler moralischer Katastrophen, als Moralverdrängungsmaschinen und Legitimationsfabriken.“ Lesen Sie die Rezension.

Beratungswesen – Beratungsunwesen ?

aus einem Leserbrief von Rosemarie Klotz zum Bahn-Chaos der DB in Mainz im August 2013; erschienen in der SZ vom 19.08.2013, S. 15:

…Und wer schon mal den Namen McKinsey gehört hat oder sogar mit der Firma zu tun hatte, weiß den Rest. Wo die mal waren, läuft nichts mehr so wie es sollte. Das Geld, das die Unternehmen sparen, kassiert McKinsey, die nur in bester Lage in tollsten Häusern residieren. Viele Unternehmen sind von der Beratungsfirma schon „saniert“ worden. Mit dem Ergebnis, dass es keinen Service mehr gibt und kaum noch Qualität…“

 

Seit dem sog. „München-Programm“ 1995 ist McKinsey auch in der Kirche präsent und mit Herrn Barrenstein heute in einflussreichen Positionen präsent: so im 12-köpfigen Reformzirkel der EKD (vgl. „Kirche der Freiheit“) sowie der Führungsakademie für Kirche und Diakonie (man beachte das Foto am Ende des Beitrages unter dem Titel „Ein ermutigender Neuanfang“), Berlin.

 

In vier Jahren – Ministerien zahlten fast 1 Milliarde Euro an Berater

10.09.2013 ·  Die Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt vor vier Jahren fast 1 Milliarde Euro für Berater und externe Dienstleistungen ausgegeben. Spitzenreiter der Ausgaben für Studien, Broschüren und Konferenzen ist das Forschungsministerium. Lesen Sie den Artikel der FAZ.

 

 

Gnadenlose Postmoderne – theolgische Beurteilung einer Epoche

 

Gnadenlose Postmoderne

Postmoderne, so zitiert der Autor Prof. Chr. Schwöbel, Tübingen, den französischen Soziologen Lyotard „bedeutet, daß man den Meta-Erzählungen keinen Glauben mehr schenkt“

Spirituelle Folge, so der Autor, ist der Verlust der Gnade, d.h. die Erfahrung eines Angenommenseins und -werdens durch
Gott, das vor und jenseits aller eigenen Leistung und Rechtfertigung liegt… Zum Vortrag von Prof. Schwöbel, Uni Tübingen.

 

Bundestagsradar – alles über das Parlament, seine Mitglieder, Ausschüsse, Beschlüsse etc.

Die Entscheidung des Bundestages über Patriot-Einsätze? 461 Ja, 86 Nein, …

Mit breiter Mehrheit stimmt der Bundestag der Entsendung von bis zu 400 Bundeswehrsoldaten und Patriot-Flugabwehrraketen in die Türkei zu“.

Basisinformation über die Zusammensetzung des Parlaments, seine Entscheidungen, unsere Parlamentarier, deren Tätigkeiten im Bundestag und Verpflichtungen mit Zusatzeinkünften andernorts. Abgeordnetenwatch ist eine reiche Fundquelle.

Armutsbericht: Verwässert, verschleiert, beschönigt

Am 6. März veröffentlichte die Bundesregierung ihren 4. Armuts- und Reichtumsbericht. Im Vorfeld war bekannt geworden, dass entscheidende Aussagen des Berichts beschönigt wurden. Dies hatte DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach scharf kritisiert: Es sei “einer Bundesregierung unwürdig, die Armutsprobleme kleinzureden, damit sie in ihr Weltbild passen” … Lesen Sie den Beitrag von  Annelie Buntenbach, DGB-Bundesvorstandsmitglied.

Vier Jahre Merkel, vier Jahre Eurokrise

von Andreas Fisahn in: Blätter für Deutsche und internationale Politik

Aus europäischer Sicht bedeuten vier Jahre Regierung Merkel vor allem eines: vier Jahre Krise. Ironischerweise fielen der Beginn der Legislaturperiode und der Beginn der Eurokrise fast zusammen. Das Fazit nach vier Jahren von Angela Merkel dominierter Krisenpolitik: Der neoliberale Weg der Bundesregierung zu einem europäischen Wettbewerbseuropa samt autoritärer Brüsseler Wirtschaftsregierung scheint sich durchzusetzen – zum Schaden Europas. Zum Artikel.