Archiv für den Monat: Februar 2014

Carl Christian von Weizsäcker: Macht mehr Schulden!

Von Jung, Alexander und Mahler, Armin

Der Abbau der öffentlichen Verbindlichkeiten gilt gemeinhin als erstrebenswertes Ziel – nicht aber für Carl Christian von Weizsäcker. Der Bonner Ökonom plädiert dafür, dass die Bürger dem Staat noch mehr Geld anvertrauen.

Im Koordinatensystem der Ökonomie lässt sich Carl Christian von Weizsäcker schwer einordnen. Im Grunde ist der Volkswirtschaftsprofessor ein Liberaler; er vertraut der Kraft des Marktes und des Wettbewerbs. Aber wenn Weizsäcker das Schuldenmachen preist, dann klingt er wie ein hartgesottener Keynesianer. Seine Offenheit bringt ihn auf unkonventionelle Gedanken; darin ähnelt er seinem Lehrer, dem 2009 verstorbenen Ökonomen Paul Samuelson. Weizsäcker, 75, leitete die deutsche Monopolkommission, heute arbeitet er am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Er stammt aus prominenter Familie: Sein Vater Carl Friedrich war Physiker und Philosoph, sein Onkel ist der Altbundespräsident Richard von Weizsäcker. Zum Interview.

EKiR Lösung der Doppik auch für die EKHN

In der letzten Ausgabe berichteten die Wort-Meldungen über die Probleme der Implementierung der Doppik in der EKiR. Finanzdezernent Bauks hatte sie im Bericht zur jüngsten Synode recht schonungslos beschrieben.  Dabei wurden nicht allein die Kosten, sondern auch die Problematik von Funktionalitäten der in der EKiR verwendeten Software MACH benannt. Die Kosten der EKiR waren ursprünglich mit 2 Mio. beziffert und beschlossen. Sie sind längst aus dem Ruder gelaufen und werden mittlerweile (aktueller Stand der halbfertigen Lösung) mit 60 Mio. € taxiert.

Auch die EKHN hatte sich in der Frühjahrssynode 2013 für die Einführung der Doppik entschieden. Der von der Verwaltung angesetzte und der Synode auf der Frühjahrstagung beschlossene Betrag: 9 Mio. €.

Auch die EKHN hat sich mittlerweile, wie die homepage der Software MACH berichtet, wie die EKiR für die MACH- Lösung entschieden:

„Wir haben sehr hohe und sehr vielseitige Erwartungen an die Doppik-Einführung“, so Heinz Thomas Striegler, Leiter der Kirchenverwaltung und Finanzdezernent der EKHN. „Wichtig sind uns deshalb sorgfältige Organisation, professionelles Projektmanagement und nicht zuletzt starke Partner. Die MACH AG hat uns mit einer modernen Lösung und einschlägigen praktischen Erfahrungen überzeugt. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und freuen uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit“, so Striegler weiter.  Mehr dazu.

Ob der Finanzdezernent die Rede seines rheinischen Kollegen kannte als er dies zu Protokoll gab? Wie die EKHN die Kosten mittlerweile einschätzt? Für welchen Preis der Finanzdezernent die Leistung bei MACH eingekauft hat? Welche Funktionalitäten die umfasst? Wer von den Synodalen kennt die Antworten? F.S.

Eine Zwischenbilanz zum kirchlichen Impulsprozess »Kirche der Freiheit«: Rätsel – Erkenntnisgewinne – Aufklärung (Thema des Monats)

Von August 2012 bis Oktober 2013 erschienen 15 Beiträge unterschiedlicher Autoren verschiedener Landeskirchen in der Reihe »Fragen und Probleme rund um kirchliche Reformprozesse«. Unklarheiten, Fragen, Verwirrung um Reformprozesse waren Motivation zu dieser Serie; das Ziel: Durchblicke zu ermöglichen; der Ansatz: die kirchlichen oder vergleichbaren Prozesse aus vielen unterschiedlichen Perspektiven und auch Positionen zu sichten, zu bewerten, zu interpretieren.1 Friedhelm Schneider zieht ein Fazit und gibt einen ­Ausblick: Die eigentlichen Probleme scheinen nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft zu liegen.

Lesen Sie den Artikel von Friedhelm Schneider.

Erheblicher Dissens zu den Angaben bei Realwert-Prognosen innerhalb der EKD- Finanzexperten.

Die EKD und die Landeskirchen bauen ihre Downsizing-Strategien auf der sog. „einfachen Formel“ auf. Einer Prognose drastisch sinkender Kirchensteuern bis 2030. Mehr dazu hier in den wort-meldungen an anderer Stelle.

Da die Argumentation aufgrund steigender Steuern nicht mehr zieht, griff man auf die Entwicklung gemäß dem Realwert, also dem inflationsbereinigten, den Kaufkraftverlust berücksichtigende Werte zurück. Dieser Rückgriff ist eigentlich nicht angemessen, sondern zeigt nur das erkenntnisleitende Interesse der Beteiligten (vgl. dazu den Beitrag „Rätsel – Erkenntnissgewinne – Aufklärung“ in dieser Ausgabe).

Selbst dazu, zum Kaufkraftverlust, spricht die EKD mit unterschiedlichen Zungen – und macht weit voneinander abweichende Angaben. So erklärt der Finanzdezernent der EKD, Thomas Begrich, der Kaufkraftverlust betrage seit 1994 20%, während EKD-Vize Winterhoff auf der EKD-Synode in Düsseldorf von 30% spricht – im selben Zeitraum.  

Im gleichen Bericht wird der Finanzdezernent der EKD, Oberkirchenrat Thomas Begrich zitiert. Begrich begründet den Zuwachs „mit der höchsten Erwerbstätigenquote seit der deutschen Wiedervereinigung und den hohen Tarifabschlüssen“. Etwas eigenwillig formuliert er: „Die Menschen zahlen nicht mehr Kirchensteuern, sondern mehr Menschen zahlen Kirchensteuern.“ Begrich fordert einen „sehr verantwortlichen“ Umgang mit den Kirchensteuermitteln. Die Einnahmen des Jahres 2012, die bei 4,8 Mrd. € liegen, hätten eine um 20% geringere Kaufkraft als die Einnahmen aus 1994. Zur Quelle.

Kaufkraftverlust nach Winterhoff (EKD-Synode):

Vielleicht ein Wort zur gesamten Ausgangslage. …Wir hatten im letzten Jahr das höchste nominale Kirchensteueraufkommen in der EKD, aber ich lege wert darauf / auf die Feststellung das das nominale Kirchsteueraufkommen nun überhaupt nichts sagt, wenn man auf der anderen Seite nicht den Kaufkraftverlust entgegen setzt. Seit 1994 Kirchsteueraufkommen 9 % Zunahme, Kaufkraftverlust in der gleichen Zeit 30 %. Von meiner eigenen Landeskirche kann ich sagen, wir können uns seit den neunziger Jahren real über ein Drittel weniger leisten. Und von daher ist die Redeweise vom Reichtum der Kirche, aus meiner Sicht, doch sehr zu hinterfragen. Ich habe das weiter ausgeführt in der Haushaltsrede. Wir haben, das ist meine Prognose jetzt mittelfristig, zur Zeit eine relativ stabile, leicht positive Seitwärtsbewegung auch noch in den nächsten Jahren bei der Kirchensteuer zu erwarten. Das heißt für die Struktur der Kirche: Wir haben eine Atempause, das Notwendig zu tun und ich hoffe, dass diese Atempause möglichst lange anhält, dass wir in keinen hektischen Aktionismus verfallen. Zur Quelle.

 

EKiR: Pfarrstellen, Pensionierungen, Nachwuchsmangel – ein Interview mit Personaldezernent Pistorius

Die Grenzen bei der Arbeitsverdichtung sind erreicht, neue Denkanstöße sind gefragt: Oberkirchenrat Christoph Pistorius über Pfarrstellen, Pensionierungen von Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Nachwuchsmangel – ein Interview.

Die Zahl der Pfarrstellen nimmt in den kommenden Jahren weiter ab, andererseits wirbt die rheinische Kirche verstärkt um theologischen Nachwuchs. Worauf hat sie sich einzustellen?

Die Evangelische Kirche im Rheinland steht bei der Besetzung von Pfarrstellen vor einer dramatischen Entwicklung. Die durch Pensionierung frei werdenden Stellen werden nicht mehr alle wiederbesetzt werden können, da derzeit pro Jahr nur rund 20 Theologinnen und Theologen ihre Ausbildung beenden. Ohne Gegenmaßnahmen werden ab 2030 noch rund 530 Pfarrstellen besetzt werden können. Ungeachtet der anstehenden Spardiskussion ist der mangelnde Nachwuchs der Grund für die angespannte Stellenlage.

Konfessionslosigkeit

Ein gutes Drittel aller Deutschen gehört keiner Religionsgemeinschaft an. Für sie ist in der Soziologie die Bezeichnung „Konfessionslose“ gebräuchlich geworden. Konfessionslosigkeit meinte ursprünglich die Nichtzugehörigkeit zu einer christlichen Kirche. Im Zuge der religiösen Pluralisierung wird damit meist allgemein die Nichtzugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft bezeichnet. Der Begriff Konfession (von lat. confessio: „Bekenntnis“) hat sich seit dem 19. Jahrhundert als Bezeichnung für die unterschiedlichen christlichen Kirchen herausgebildet (zunächst vor allem evangelisch, katholisch und reformiert). Im Blick auf die Kirchenzugehörigkeit ist Deutschland – auch regional – annähernd gedrittelt: Ein Drittel der Bevölkerung ist katholisch (31,09 Prozent, überwiegend im Westen und Süden Deutschlands), ein Drittel evangelisch (30,17 Prozent) und ein Drittel konfessionslos (29,23 Prozent, vor allem im Osten, Zahlen: REMID 2009). Zur Quelle.

Flop mit Signalwirkung: „Würzburg integriert!“ von Bertelsmann endgültig beendet

Bertelsmann-Tochter und Stadt Würzburg schleichen sich aus gepriesenem Pilotprojekt. Banken, Bundesregierung und EU forcieren Public-Private-Partnership-Vorhaben weiter.

Es ist ein Scheitern mit Signalwirkung: Die Bertelsmann-Tochter Arvato direct services GmbH und die Stadt Würzburg haben Ende September einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen. Damit wird das gemeinsame Projekt »Würzburg integriert!« endgültig beendet.

Mehr dazu.

Seitenwechsler im Überblick

Keine Lobbyjobs für (Ex-)Politiker!
Hier den LobbyControl-Appell für
eine Karrenzzeit unterzeichnen.

In der unten abgebildeten Übersichtstabelle findet sich eine Auswahl von Seitenwechslern. Sortiert nach dem Jahr der Arbeitsaufnahme, werden sowohl die politischen Tätigkeiten der betroffenen Personen als auch deren anschließend ausgeübte Tätigkeit und der neue Arbeitgeber aufgelistet. Weiterführende Angaben zu den genannten Seitenwechslern und deren Wirken, finden Sie in den entsprechenden Artikeln zu den einzelnen Personen.

Unser Erfassungszeitraum beginnt 2005 mit dem Regierungswechsel von Rot-Grün zur Großen Koalition unter Kanzlerin Merkel. Diese Übersichtstabelle umfasst im Wesentlichen die Seitenwechsler aus den Bundesregierungen: Kanzler, Minister, Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Hier streben wir Vollständigkeit an. Darüber hinaus erfassen wir auch interessante Einzelfälle, wichtige Fälle vor 2005 sowie Seitenwechsel auf Bundesländer-Ebene.

Monitor-Beitrag zum sog. Freihandelsabkommen TTIP

von Jens Berger

In seiner gestrigen Sendung hat sich das WDR-Magazin Monitor dankenswerterweise einmal mit den sogenannten Studien beschäftigt, auf deren Basis dem kommenden europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP sagenhafte Auswirkungen zur Wirtschafts- und Arbeitsplatzentwicklung zugeschrieben werden. Die NachDenkSeiten haben sich bereits im letzten Juni ausführlich mit der Bertelsmann-ifo-Studie beschäftigt, die nun auch Monitor aufgespießt. Seltsamerweise belässt es Monitor jedoch bei einer Kritik an der Politik und fasst die Autoren der Studie mit Glacéhandschuhen an. Von Jens Berger

Blut und Spiele

Vierzig Milliarden Euro werden in die olympischen Winterspiele investiert. Ohne Korruption und mit wirtschaftlichen Perspektiven könnte man es noch als Konjunkturprogramm bezeichnen. Doch es bereichern sich wieder nur die Oligarchen und die korrupten Eliten.

Die einfachen Bauerbeiter fristen ein Dasein, das sich mit Sklaverei vergleichen lässt. Die Zeit hat einen dieser Gastarbeiter getroffen und lässt ihn seine Geschichte von der Hoffnung auf einen kleinen Teil vom Reichtum erzählen.

Lesen Sie hier: Olympias Sklaven