Archiv für den Monat: April 2014

Dokumentarfilm „Pfarrer“: Glaubensfrage vor der Kamera

14.04.14 BZ

Ein Jahr für Gott und die Kamera: Zwei Dokumentarfilmer haben für den Film „Pfarrer“ Vikare bei ihrer Ausbildung im Predigerseminar der Lutherstadt Wittenberg begleitet – auch eine Berlinerin.

„…In manchen, vor allem kleineren Gemeinden wie Wittstock, ist der Pfarrer  eine unantastbare Institution. Dass auch er einmal anfangen musste, dass er seine Stimme trainieren musste, um die Predigt so voll klingen zu lassen, und dass er vielleicht Zweifel hatte, ob er den richtigen Weg eingeschlagen hat, darüber denken die Menschen selten nach. Auch Borrmann musste singen lernen, gezweifelt hat er nie: „Ich wollte nichts anderes als Pfarrer werden.“

Almut Bellmann zweifelte dagegen schon. Die 31-Jährige ist seit März ordinierte Pfarrerin in Britz. Sie und Björn Bellmann sind zwei der Protagonisten, die der Dokumentarfilm „Pfarrer“ bei ihrer Ausbildung im Predigerseminar in der Lutherstadt Wittenberg begleitet hat. Am Sonntag wurde der Film im Filmtheater am Friedrichshain von den Filmemachern und Protagonisten vorgestellt. Der Kinosaal war voll – auch mit jungen Menschen und nicht nur mit Theologiestudenten… Zum Artikel.

Zerrüttungsprinzip in der Kirche?

Anmerkungen zu einem fragwürdigen Rechtsprinzip und dem Urteil eines Kirchengerichts vom 29.11.2013 von Professorin Gisela Kittel und Hans-Eberhard Dietrich, Dezember 2013


Damit reiht sich diese Entscheidung in die unendlich große Anzahl all der Urteile ein, die seit der Einführung von Ungedeihlichkeit und Wartestand im Jahre 1939 ergangen sind. Damit bleibt aber auch die Kritik an diesem Recht bestehen, die seit mehr als 75 Jahren geäußert wird, insbesondere aber in den letzten 10 Jahren in der Fachliteratur veröffentlich wurde. Um nur ein paar Kritikpunkte beispielhaft herauszugreifen:

+ Es schadet den betroffenen Gemeinden und dem Ansehen der Kirche:
„Kuckucksei im Pfarrerdienstrecht der EKD. Eine pastoralpsychologische Betrachtung einer konfliktträchtigen Regelung.“ Traugott Schall. Deutsches Pfarrerblatt 6/2011.
Kuckucksei

+ Es ist in keiner Weise mit reformatorischem Amtsverständnis vereinbar:
„Wider Kirchenraub und Kläffer. Luthers Ablehnung einer Zwangsversetzung von Pfarrern.“ Hans-Eberhard Dietrich. Deutsches Pfarrerblatt, 8/ 2008.“
Kirchenraub

Und: „Ohne geistlichen Sinn und biblische Weisung.“ Kirchenrecht darf es nicht ohne Bindung ans Bekenntnis geben. Hans-Eberhard Dietrich. Kirchliche Zeitgeschichte 2/2009.
OhneSinn

+ Es wird von der Kirchenverwaltung als „Unrühmliches Instrument kirchlicher Personalplanung“ missbraucht. „Wartestand – ein unrühmliches Kapitel kirchlicher Personalplanung“. Hans-Eberhard Dietrich. Deutsches Pfarrerblatt 2/2010
UnrKapitel

+ Das Zustandekommen der „nachhaltigen Störung“ wird als Willkür empfunden:
„Ist Willkür theologisch zu begründen? Oder Wie häretisch ist der Wartestand?
Karlheinz Drescher-Pfeiffer, Deutsches Pfarrerblatt 3/2011.
Willkür

Frau Professorin Kittel ist zuzustimmen, wenn sie sagte, dass die Diskussion über die Ungedeihlichkeit trotz des neuen Pfarrdienstrecht weiter gehen muss, und zwar im Interesse der Kirche und der gesamten Pfarrerschaft.
Mehr dazu.

Traugott Schall im Dt. Pfarrerblatt 6/2011 (s.o.):

„Zerrüttung hat es wie jede andere Störung einer Beziehung mit Emotionen, mit Gefühlen zu tun. Und Gefühle sind veränderbar, wandelbar, mitunter höchst unbeständig. Psychologische und pastoralpsychologische Kompetenz nimmt eine Störung in einer Beziehung wahr, fragt aber zugleich nach den Einzelheiten dieser Störung. Innerhalb einer zeitlichen Abfolge von Beratungskontakten verändern sich Gefühle. Eheberatung heißt manchmal nichts anderes als Menschen über eine schwierige Zeit bringen und ihnen Gelegenheit zum Gespräch zu geben. Bei einer Beziehungsstörung in einer Kirchengemeinde ist Ähnliches anzunehmen. … Ich postuliere: Konflikte, bzw. Zerrüttung zwischen Pfarrer und Gemeinde oder „Vertretungsorgan“ ohne vorherige kompetente und geduldige Beratung und Supervision zu regeln, ist einer christlichen Gemeinde und Kirche nicht angemessen.“

 

Stadtdekan Johannes zu Eltz: ›Die Amtskirche, die wir kannten, ist erledigt‹

Wenn ein Haus zusammenbricht, werden die Fundamente sichtbar. Kann man auf ihnen etwas Neues bauen? Das Ende der Episode Tebartz-van Elst im Bistum Limburg – und die Folgen. Ein Gespräch mit Frankfurts Stadtdekan Johannes zu Eltz mit Hartmut Meesmann, Britta Baas. in Publik Forum.

Petition an Bischof Wölki, Berlin: Pfarreiengemeinschaft statt Großraumgemeinde

Als Vertreter der Initiativgruppe sagte der frühere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) Hans Joachim Meyer, die Unterstützer der Petition teilten „die Sorge, wie trotz des zunehmenden Priestermangels die Pastoral im Erzbistum lebendig bleiben kann“. Die bereits vor zehn Jahren erfolgten Gemeindefusionen hättendazu geführt, dass das Erzbistum“nicht wenige Menschen dabei verloren“ habe. An der Übergabe nahm auch der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse teil, der ebenfalls dem ZdK angehört. Er erklärte, es gehe den Kritikern um einen anderen Weg des Reformprozesses. „Dieser muss von den Erfordernissen der Gemeinden ausgehen, nicht von der Zahl der zur Verfügung stehenden Priester“.  Zum Artikel in der „Mündigen Gemeinde“, S. 10.

EKiR: Pläne für Gemeindezentrum – Initiative will Kirchbauten retten

13.04.2014 Von Jan Sting, Alkenrath.

Rolf Müller (l.) und Werner Schramm sind Mitglieder der Initiative, die sich für die Alkenrather Kirchenbauten einsetzt.
Die Kirchbauten in Alkenrath sollen abgerissen werden. Ein Investor hat Interesse an dem Gelände bekundet. Für Rolf Müller das falsche Zeichen in einem Stadtteil mit sozialer Schieflage. Er will den Abriss verhindern.

„Alkenrath geht den Bach runter“, sagt Rolf Müller, der nun die Interessengemeinschaft zum Erhalt der Kirchbauten in Alkenrath gegründet hat. Denn der Stadtteil leide. Soziale Wohnbauten wurden an Fonds veräußert. Der Vandalismus schreite voran und viele der alten Alkenrather, die bereits seit den Gründerzeiten in den 50er-Jahren im damals städtebaulich hoch gelobten Viertel leben, würden gerne fortziehen. Aber es fehle das Geld. Und auch die evangelische Kirche ziehe sich aus dem Stadtteil zurück. Das Gemeindezentrum ist geschlossen, die Stelle einer engagierten Jugendleiterin wurde gestrichen.
Ein „himmelschreiendes Unding“ ist das nach Ansicht Müllers, denn in keinem Stadtteil Leverkusens gebe es solche soziale Schieflagen wie in Alkenrath. Gangs streiften durch das Viertel, säßen stundenlang an Bushaltestellen, während im Gemeindezentrum gar nichts mehr passiere. „Just dort wird einem Investor für dickes Geld ein Filetstück angeboten, und die Kirchbauten sollen alle entfernt werden?“, fragt Müller. Im Gegenzug werde die Friedenskirche in der gut betuchten Waldsiedlung saniert. „Und die Alkenrather erhielten Spendenaufrufe zur Finanzierung der Friedenskirche. Die verstanden die Welt nicht mehr.“… Zum vollständigen Aufruf „Pläne für Gemeindezentrum Initiative will Kirchbauten retten“

Interview mit Friedrich Schorlemmer zur 25. Wiederkehr der friedlichen Revolution in der DDR: „Jeder Einzelne hat sein Leben gefährdet“

14.04.14, Berliner Zeitung BZ


Herr Schorlemmer, es soll am 9. Oktober eine große Gedenkveranstaltung in Leipzig geben – im Beisein des Bundespräsidenten. Joachim Gauck möchte den Akzent offenbar weniger auf den Tag des Mauerfalls setzen, sondern auf die Zeit davor. Wie finden Sie das?

Ganz ausgezeichnet. Der 9. Oktober muss in das Bewusstsein der gesamtdeutschen Öffentlichkeit kommen. Leider ist er nicht zum Nationalfeiertag geworden, sondern der 3. Oktober. Dabei gab es damals nur einen Staatsakt mit dem Aufziehen einer Fahne und Feuerwerk. Der 9. Oktober ist der Tag, an dem die Deutschen sich selbst und der Welt gezeigt haben, dass sie sich aus einer Diktatur befreien können – und das gewaltlos. Das ist ein Wunder, auch weil eine nach innen hoch gerüstete Diktatur friedlich den Löffel abgegeben hat. Das ist das Verdienst beider Seiten. Zur friedlichen Revolution gehören auch Egon Krenz und Hans Modrow. Denn der Bürgerkrieg war ganz nah. Zum vollständigen Interview BZ.

„Chance des Neuanfangs – nicht nur für das Bistum Passau“

4. April 2014,  Wir sind Kirche zur Ernennung von Pater Prof. Stefan Oster SDB als Bischof von Passau

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche sieht in der Ernennung des Salesianerpaters Prof. Dr. Stefan Oster SDB zum Bischof von Passau Chancen für einen Neuanfang im Bistum Passau, der auf die gesamte Kirche in Deutschland ausstrahlen wird.

Nach der überlangen Sedisvakanz in Passau seit dem 1. Oktober 2012 ist dies die erste Bischofsernennung für Deutschland durch Papst Franziskus. Es ist zu hoffen, dass das von Franziskus formulierte Bischofsprofil, als Hirte nahe beim Volke zu sein, auf Pater Stefan Oster zutrifft und von ihm auch gelebt und ausgefüllt werden kann.

Durch seine Erfahrungen als Ordensmann und durch seine berufliche Medienerfahrung kann er einen kommunikativen und dialogischen Leitungsstil in das Bischofsamt in der Diözese Passau einbringen und in der Deutschen Bischofskonferenz fördern. Auch die besondere salesianische Zuwendung zu Jugendlichen und jungen Menschen in ihrer Lebenswelt wird für das Bistum wie auch für die Arbeit der Bischofskonferenz eine dringend notwendige Bereicherung sein… Zur Stellungnahme.

Geschäftsmodelle essen Seele auf

14.04.14  Tim Renner, der sich um Berlins Kultur kümmern soll, plädiert für die Digitalisierungtritt als Propagator des Digitalen auf. Aber worum geht es da eigentlich – um Kultur oder um Vertriebswege?

…Die digitale Revolution war kein Aufbegehren gegen den kulturellen Kanon aus den Subkulturen heraus. Die (zunächst gar nicht geplante) Strategie stammte eher aus dem Regelbuch einer ideologischen Schlüsselfigur der amerikanischen Konservativen, des Steuer-Aktivisten Grover Norquist. Von dem stammt die sehr wirkungsvolle Methode, den von Konservativen so ungeliebten Sozial- und Subventionsprogrammen der Regierung einfach den Geldhahn zuzudrehen. Das erreicht man am einfachsten, indem man die Steuereinkünfte so radikal senkt, dass de facto kein Geld mehr da ist.

Ähnlich funktionierte die digitale Revolution. Die entzog den Bastionen der kulturellen Macht einfach die finanzielle Basis, indem sie ihre Geschäftsmodelle kippte…

Der Siegeszug des betriebswirtschaftlichen, bürokratischen Geistes aber hat den kulturellen Diskursen die Seele geraubt. Wem Fragen um Vertriebs- und Bezahlsysteme den Schlaf rauben, der kümmert sich nicht um das, worum es in der Kultur eigentlich geht – um Leidenschaft, Haltung, Ideen und Ästhetik, um Träume, Wut, Verzweiflung und Glück, um all das eben, woraus man Songs, Symphonien, Gemälde und Filme machen kann.

Quantified Self – gesunder Trend oder grosse Gefahr?

20. Februar 2014 SRF

Regelmässig joggen, besser essen, ruhiger schlafen – und dadurch gesünder leben: Diese Ziele verfolgen die Anhänger der Quantified-Self-Bewegung. Leben die Selbstvermesser, die Gesundheitsdaten mit Gadgets und Apps analysieren, gesünder? Pro und Contra – von einem Pionier und einem Soziologen.


3. Bekommen Selbstvermesser ein besseres Körpergefühl?
Davon ist Florian Schumacher, der die Praxis der Selbstvermessung seit Jahren beobachtet, überzeugt: Alleine schon die Aufmerksamkeit auf Dinge wie Pulsfrequenz, Ernährung oder Schlaf zu richten, verbessere die Sensibilität für den eigenen Zustand. Und eine veränderte Lebensweise, die zu messbaren Verbesserungen führt, würde die Datensammler positiv bestärken. Auch er selbst, so Schuhmacher, habe diese Erfahrung gemacht.

Stefan Selke sieht das ganz anders. «Das Gegenteil ist der Fall», sagt er, «man kann das Körpergefühl auch verlieren. Daten ersetzen es nicht, sondern liefern eine Scheinobjektivität.» Das Gefühl für den eigenen Körper sei etwas Ganzheitliches und lasse sich auch mit zahllosen Datenreihen kaum abbilden. Zudem sieht er die Gefahr von «Überdiagnosen», wenn Menschen vor lauter Analysen vergessen, ihr Leben gut zu führen und im besten Fall zu geniessen. Zum Artikel.

Deutsche Eliten: Die wahre Parallelgesellschaft? – von Prof. Michael Hartmann

1.4.2014 Aus Politik und Zeitgeschichte

Kurz vor Weihnachten 2013 gab Uli Hoeneß, damaliger Präsident des FC Bayern München, dem Bayerischen Rundfunk ein Interview. In diesem beklagte er sich, wie schon in zahlreichen Interviews zuvor, über die unfaire Behandlung im gegen ihn wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe laufenden Strafverfahren. Er sprach von einem „riesigen Prominentenmalus“, weil er der Einzige sei von über 70.000 Selbstanzeigen, „der in epischer Breite in der Öffentlichkeit dargestellt“ würde. Und er fuhr dann fort: „Von einem Steuergeheimnis kann ja schon lange nicht die Rede sein.“ Dabei vergaß er allerdings zu erwähnen, dass sich das Steuergeheimnis naturgemäß nicht auf Gelder beziehen kann, die wie seine in der Schweiz angelegten Millionen dem Finanzamt überhaupt nicht zur Kenntnis gebracht werden.

Seine Einstellung ist typisch für die meisten prominenten Steuerhinterzieher, die in den vergangenen Jahren und Monaten aufgeflogen sind. Vom ehemaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel über den Schraubenkönig und Milliardär Reinhold Würth bis hin zur Journalistin Alice Schwarzer – alle beklagen sich über ihre Behandlung, obwohl sie eindeutig eine Straftat begangen haben, bei der es nicht um Kleinigkeiten geht, sondern zumeist um Beträge in Millionenhöhe. Offensichtlich fehlt ihnen ein Unrechtsbewusstsein, ein Gefühl dafür, was sie tatsächlich getan haben.  Zum Artikel.