Archiv für den Monat: Dezember 2014

CIA-Folterbericht veröffentlicht: “Brutaler als angenommen”. Und: „Der Sieg der Terroristen“.

9. Dezember 2014, SZ

Die US-Demokratin Dianne Feinstein legt die Folterpraktiken der Bush-Regierung offen – als Kurzfassung eines Berichts, der etwa 6000 Seiten hat.
Darin dokumentieren die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses und ihre Mitarbeiter, wie die CIA Verdächtige durch Schlafentzug, Erniedrigung, Einzwängung und simuliertes Ertränken quälte.
Feinstein musste deshalb heftigste Anfeindungen überstehen, ihr Team wurde behindert und eingeschüchtert… Zum Artikel.

CIA-Folterreport: “Brutaler als angenommen”
Ein Bericht des US-Senats wirft der CIA Folter von Terrorverdächtigen und systematische Täuschung der Politik vor. Eine hitzige Debatte über die Rolle der Geheimdienste nach 9/11 erreicht einen neuen Höhepunkt.
“Für die meisten Amerikaner ist das schockierend”, sagt Laura Pitter von Human Rights Watch über den mit Spannung erwarteten Bericht des Geheimdienst-Ausschusses des US-Senats, an dem sich schon vor der Veröffentlichung hitzige Debatten entzündet hatten.
Wie brutal waren die Verhörmethoden der CIA nach 9/11, was wusste der damalige Präsident George W. Bush, wurden er und seine Administration von der CIA systematisch belogen und haben die gewalttätigen Verhöre überhaupt relevante Erkenntnisse zutage gefördert? Mehr dazu in der SZ.

 Dazu auch aktuell die FAZ:

Der Sieg der Terroristen

„Wir sind genau solche Schweine geworden wie ihr“: Glaubt wirklich wer, dass Folter den Gefolterten dazu bringt, die Wahrheit zu sagen? Über Berührungspunkte von islamistischem Terror und CIA.

13.12.2014, von NILS MINKMAR, FAZ

Reformruine Riester-Rente. Interview zur Rentenproblematik mit Norbert Blüm.

„Die Rente ist sicher“: Kaum ein anderer Satz hat sich in den Köpfen der Bürger so eingeprägt wie der des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm. Heute wird die gesetzliche Rentenversicherung 125 Jahre alt. Im Interview beurteilt Blüm die aktuelle Situation kritisch.

ECHO: Welche Reform in der jüngeren Geschichte der Rentenversicherung war aus Ihrer Sicht der größte Irrweg?
Blüm: Eindeutig die Riester-Rente.
ECHO: Was haben Sie gegen kapitalgedeckte Systeme?
Blüm: Ich bevorzuge die Anbindung der sozialen Sicherheit an die Arbeit und nicht ans Kapital. Die Arbeit muss die höchste Wertschätzung in einer Gesellschaft haben und nicht das Kapital. Im Übrigen: Wer heute noch behauptet, die kapitalgedeckten Systeme seien sicher, der lebt auf einem Eisberg ohne Funkverkehr. Durch die weltweite Finanzkrise sind diese Systeme allesamt ins Rutschen gekommen. Das Rentensystem in Chile ging deshalb sogar bankrott…  Zum Interview.

Thüringen: „Mehr Glaube und Religion in Staatskanzlei“. Bodo Ramelow, erster Ministerpräsident der Linkspartei.

Erfurt. Bodo Ramelow ist der bundesweit erste Ministerpräsident der Linkspartei. Der Thüringer Landtag wählte ihn am Freitag (05.12.2014) in Erfurt im zweiten Wahlgang zum Chef der neuen Landesregierung im Freistaat. Im Interview mit der Kirchensite des Bistums Münster spricht er über sein neues Amt, die SED-Vergangenheit seiner Partei und das Verhältnis von Linken und Religion.

Herr Ramelow, was erwidern Sie denjenigen, die fürchten, nun ziehe der „Gott-sei-bei-uns“ in die Erfurter Staatskanzlei ein?

Bodo Ramelow: Ich erwidere, dass es ein evangelischer Christ ist und jemand, der gleichzeitig in dem Themengebiet des interreligiösen Dialogs engagiert unterwegs ist. Eher kommen jetzt mehr Glauben und mehr Religion in die Staatskanzlei… Zum Interview.

Von der Heiligkeit des Menschen. Zur Rede des Papstes Franziskus vor dem Europaparlament.

Selten nur hat ein Mann der Kirche solch eindringliche, theologisch und politisch nachhaltige Worte vor Vertretern weltlicher Macht gefunden wie der derzeitige römische Papst Franziskus vor den Abgeordneten des Europaparlaments am 25. November 2014, kurz vor dem Ende des Kirchenjahres und im Blick auf die anbrechende Zukunft.
Mit deutlichen Worten hat er benannt, woran Europa in diesen Zeiten krankt, in denen es nicht in der Lage ist, seine jungen Menschen mit Arbeit zu versorgen, in dem die Alten und Schwachen zunehmend allein gelassen und die Grenzen vor den Flüchtenden hermetisch abgeriegelt werden, dass das Mittelmeer zu einem riesigen Friedhof wird.
Auf die Frage, woran denn das liege, hat Franziskus eine klare und eindeutige Antwort: Es liegt am herrschenden Menschenbild. In diesem aber fehlt es an dem Bewusstsein, was den Menschen insgesamt ausmacht.
Der Papst konstatiert bei genauem Hinsehen den Verlust der Menschlichkeit Europas, die nach den Katastrophen des frühen 20. Jahrhunderts dessen Kernaufgabe und Grundüberzeugung war. Die Wahrung der Würde des Menschen ist Europas Gründungskern. Der Mensch ist handelndes, verantwortliches, liebendes und leidendes Geschöpf Gottes und als solches Subjekt des Lebens.
Europa habe nicht nur aus leidvoller Geschichte und Erfahrung das Bewusstsein für die Kostbarkeit, Einzigkeit und Unwiederholbarkeit jedes einzelnen Menschen herangebildet. Das sei vielmehr auch in einer umfassenden Wahrnehmung des europäischen Denkens geschehen. Griechenland und Rom, der keltisch-germanische Raum wie auch der slawische seien hier zusammengewachsen und haben sich zu seiner Einheit in Verschiedenheit verbunden.
Der Mensch sei in seiner Würde, Franziskus sagt später am Ende seiner Rede das viel treffendere Wort, er sei in seiner Heiligkeit wahrgenommen und geschätzt worden, weil in diesem Denken die Verbindung der Geschöpflichkeit des Menschen mit den Aufgaben und Erfordernissen hier und jetzt gelungen sei. Europa habe ein Bewusstsein für den offenen Himmel gehabt.
Das aber ist vorbei. Schließlich sei der Mensch ja nur noch dazu da, in einem Wirtschaftssystem zu funktionieren und dieses System am Laufen zu halten. Der Mensch ist Objekt verwaltenden Handelns. Das ist im Staat so. Das ist übrigens auch in der Kirche so. Das allerdings ist nur im Subtext der Rede vernehmbar.
Der Befund des Papstes bleibt erschreckend. Aber er ist zutreffend. Es ist offensichtlich. Es wissen alle. Es sagt nur keiner. Und wer es sagt, wird in die Ecke der Meckerer oder Weltverschwörer gesteckt; anderen wird mit dem Argument des Populismus der Boden unter den Füßen weggezogen.
Da tut es besonders gut, dass dieser Papst auf dem Boden christlicher Überzeugung vom Menschen als einem von Gott gewollten, geschaffenen und begabten Wesen, dieses Bild in Erinnerung ruft, das einst zur Gründung der Union geführt hat und für das der Union auch zurecht der Friedensnobelpreis zugesprochen gehört hätte, wäre dieses Bild nicht mittlerweile vollständig konterkariert worden.
Auch da ist der Papst eindeutig. Auf diesem jetzigen Boden wird keine Zukunft und kein Friede sein. Denn aus der Gottvergessenheit Europas, die zu einer Menschvergessenheit geworden ist, werden letztlich Konflikte erwachsen und die Europäische Union in ihrem Bestand bedrohen.
Was das für die Kirche hier und heute heißt? – Da bleibt der Papst zurückhaltend. Dabei liegt das wohl auf der Hand: Sie wird sich endlich auf den Weg machen müssen, mutiger zu bekennen, treuer zu beten, fröhlicher zu glauben und brennender zu lieben. Sie wird endlich aufhören müssen, nur über sich selbst nachzudenken und sich um sich selbst zu drehen.
Was Franziskus für die Europäische Union nämlich festhält, dass der Mensch ein reines Objekt ist für das Handeln der Mächtigen, das gilt in weiten Teilen kirchlichen Denkens genauso. Der Mensch ist nicht mehr Herr und Hüter des Lebens der Kirche, sondern ist unterworfen den stromlinienförmigen Abläufen, die in den Zentralen erdacht werden. Das gilt für die katholische und für die evangelische Kirche in einem gleichen Maß.
Das aber heißt sehr konkret, dass die Kirchen im direkten Gespräch mit den Menschen, genau auf diese Verbindung von Himmel und Erde, die die Heiligkeit und Würde des Menschen ausmacht, wie Franziskus sie beschreibt, immer wieder neu hinzuweisen hat, für sich selbst aber gerade auch über den eigenen Tellerrand hinaus. Nur wenn wir uns unserer eigenen Wurzeln sicher sind und diese auch als belastbar und zukunftskräftig erkennen, ist eine gute Zukunft möglich.
Diese Verbindung von Himmel und Erde können die staatlichen Institutionen nicht leisten. Aber die Kirche kann es. Sie muss es nur tun.
Wie man das macht? Dafür hat Franziskus eine klare Handlungsanweisung gegeben: Klarheit für sich selbst schaffen. Daran arbeitet dieser Papst in seiner Kirche, auch wenn da sicher noch sehr viel zu tun bleibt und Rückschläge immer wieder kommen. Mit dieser Klarheit aber geht er hin zu den Orten, in denen die Entscheidungen fallen. Dann unaufdringlich, aber sehr selbstbewusst von den Grundlagen, den Erfordernissen und den Erträgen des Glaubens reden. So wird dieser Glaube im Bewusstsein der Menschen relevant und für das eigene Leben sinnvoll.
Es geht im besten Sinn um die Verkündigung und Predigt des Gotteswortes in das Leben der Menschen heute hinein.
Dann kann es eine wahre Einheit in der Verschiedenheit geben, dann kann die Zukunft gelingen und der Mensch wieder im Mittelpunkt des Lebens stehen als handelndes und empfindendes Geschöpf und Subjekt des Lebens, wie Gott ihn gewollt hat.
Ob Franziskus übrigens darüber hinaus auch einen neuen ökumenischen Prozess eröffnen wollte oder noch will, in dem auch die weltweite Kirche aus Katholiken, Orthodoxen und Protestanten ein neues Verhältnis im Miteinander gewinnt und als eine Einheit von allen wahrgenommen wird, ist eine offene Frage. Die Antwort wird in den nächsten Jahren sichtbar werden. Aber eine Verpflichtung in diese Richtung ist der Papst eingegangen. Die Tür scheint sich zu öffnen.

Maximilian Heßlein

Protestantische Prägung: Interview mit Jean Ziegler, Soziologe und Autor, auf 3sat .

Jean Ziegler Professor der Soziologie war einst Chauffeur Che Guevaras und bekannt mit Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir. Er studierte Jura, Soziologie und Politische Wissenschaften an der Sorbonne in Paris, in New York, Genf und Bern.

Ein Interview über seine unterschiedlichen Prägungen und seine menschenrechtliche Position. Zum video.

Anmerkungen zur Pfarrstellensituation in der EKHN

Der ehemalige Personaldezernent der EKHN Dr. Walter Bechinger wurde auf der Frühjahrssynode 2014 feierlich und ehrenvoll in den Ruhestand verabschiedet.

„Ehre, wem Ehre gebührt“, so lautet ein gängiges Sprichwort. Doch wie mag es dabei den Menschen ergangen sein, die von der desaströsen Personalpolitik des Herrn Dr. Bechinger hautnah, oder sagen wir besser existentiell betroffen waren oder noch sind?
Das Credo, an dem Herr Dr. Bechinger während seiner Amtszeit bis zuletzt eisern festgehalten hat, war die Zahl der Pfarrstellen zu verringern. Zu Beginn seines Wirkens Anfang der 2000er Jahre wurde dieser Grundsatz seiner Personalpolitik damit begründet, dass die Zahl der Mitglieder in der EKHN drastisch zurückgehen würde und die Finanzkraft der EKHN damit eine Konstanz bei der pfarramtlichen Versorgung sich keinesfalls mehr wird leisten können. Die unangenehme Aufgabe, die Stellenstreichungen vor Ort in den betroffenen Gemeinden zu kommunizieren und umzusetzen, überließ man dann aber doch lieber den Dekanatssynodalvorständen, kaschiert unter den neuen Zauberwörtern „Stärkung der Mittleren Ebene“ bzw. „Dekanatsstrukturreform“. Trotz der permanent bis in die ersten Jahre des neuen Jahrtausends wiederholten Aussage, die EKHN habe viel zu viele Pfarrpersonen, wurden seltsamerweise zeitgleich immer mehr Vakanzsituationen evident. Die Reaktion, an der Herr Dr. Bechinger unerbittlich festhielt: Stellenstreichungen! Damit wurde auch die Vakanzproblematik gelöst. Die Logik ist einfach und schlüssig: Wo es keine Stellen gibt, kann es auch keine Vakanzen geben.
1998 gab es noch 1201 Gemeindepfarrstellen, 2001 wurden 1150 Gemeindepfarrstellen ausgewiesen, seit 2007 sind es noch 1036, im Haushaltsplan 2015 steht nun die Zahl 1006.
Im April 2007 verkündete die stellv. Kirchenpräsidentin Cordelia Kopsch vor der Kirchensynode, dass man in Zukunft von einer jährlichen 2-prozentigen Kürzung der Pfarrstellen ausgehen müsse. Einwänden aus der Synode begegnete sie mit dem Hinweis, dass die Zahl der Pfarrpersonen nicht mehr ausreiche, mit denen die Stellen besetzt werden könnten. Das Dilemma nahm seinen Lauf: Anstatt eines bisher ständig behaupteten Personalüberhanges wurde nun eine sich weit öffnende Personallücke deutlich. Hektisch machte der Begriff von „neuen pastoralen Räumen“ die Runde, in denen statt Koexistenz der Pfarrpersonen nun Kooperation gefragt sei, die die „pastorale Grundversorgung“ in Zukunft sichern soll.
Gleichzeitig bastelte man an einem neuen „gerechteren“ Pfarrstellenbemessungsmodell, bei dem „alternativlos“ (Zitat Dr. Bechinger) von einer jährlich 2-prozentigen Kürzung der Pfarrstellen ausgegangen wurde. Einen Paradigmenwechsel gab es aber dabei in der Begründung: Musste in der Vergangenheit immer die Litanei der zurückgehenden Finanzen herhalten, war diese Argumentation bei steigenden Kirchensteuereinnahmen plötzlich auch vor der Kirchensynode nicht mehr stichhaltig und vertretbar. Jetzt musste die angeblich überdurchschnittliche „Pastorationsdichte“ in der EKHN herhalten, um den zukünftigen Personalnotstand zu verschleiern. Auch hier wurde auf alte Lösungsrezepte zurückgegriffen, die Herr Dr. Bechinger gerne durchgesetzt hätte: Stellenkürzungen! Damit würde sogar die sich abzeichnende zukünftige Vakanzproblematik schon hier und heute gelöst. Was nicht ausgesprochen wurde, aber jedem denkenden Menschen klar war: Wo es keine Stellen mehr gibt, wird es auch keine Vakanzen geben. In dieses System passte dann auch die Absicht, durch Abschmelzung und Kürzung finanzieller Mittel in einem neu kreierten Zuweisungssystem kleine (meist ländliche) Kirchengemeinden in Fusionen zu treiben mit dem Ziel Gottesdienstorte zu „konzentrieren“. Weitere finanzielle Investitionen in kleine Gemeinden wurden als unökonomisch und nicht zukunftsträchtig erachtet: „Die Grundversorgung kleinerer Gemeinden zur Sicherstellung des gottesdienstlichen und gemeindlichen Lebens sowie der Erfüllung des volkskirchlichen Auftrages widerspricht dem Anliegen einer gerechten Verteilung der Finanzmittel. Im Hinblick auf den demographischen Wandel hat die Grundversorgung kleiner Gemeinden gesamtkirchlich gesehen keine Zukunftsperspektive.“ Die dahinter steckende Ekklesiologie ist mehr als fragwürdig! Nach außen propagierte die Kirchenleitung jedoch breitbrüstig, an einer flächendeckenden Präsenz der EKHN als missionarische Volkskirche auch zukünftig festhalten zu wollen, zudem die Vielfalt gemeindlichen Lebens und ihre unterschiedlichen Gestalten weiterhin in der Fläche zu ermöglichen.
Diese unglaubwürdige, un-glaubliche Handlungsweise hatte und hat zur Folge, dass die Zahl der am Gemeindepfarrdienst interessierten jungen Menschen weiter sank (trotz steigender Studierendenzahlen insgesamt), können sie sich doch leicht ausrechnen, welche „Mega-Pfarrstellen“ sie dereinst zu versorgen haben oder hätten. Sorgenvolle Hinweise auf einen sich damit abzeichnenden Trend zu „katholischen“ Verhältnissen, wurden von kirchenleitenden Personen als schizoid“ bezeichnet.
Trotz eindrucksvoll powerpoint-medial präsentierten Zahlen und projizierter glitzernder, sich im Sinkflug befindlichen bunten Kurven, ging die Synode den „alternativlosen“ Weg des Herrn Dr. Bechinger nicht mit, ungeachtet vehementer Auftritte des Finanzreferenten und Höchstselbst des Herrn Kirchenpräsidenten. Statt 2 Prozent wurde nur eine 1 prozentige jährliche Kürzung der Pfarrstellen beschlossen, kongruent dem durchschnittlichen Mitgliederverlust in der EKHN in Höhe von 0,9 % pro Jahr. Gleichzeitig beauftragte die Synode die Kirchenleitung mit diesem Beschluss ein Zeichen nach außen zu setzen und noch verstärkter für das Theologiestudium zu werben, was auch hoch und heilig versprochen wurde. Doch leider scheint der Ruf der EKHN nach mehr Nachwuchs nur auf verhaltenes Echo zu stoßen. Allerdings voller Enthusiasmus verkündigte jüngst OKR Jens Böhm als Nachfolger von Dr. Bechinger den staunenden Synodalen während der Herbstsynode 2014 bei seiner ersten Stellenplanrede zum Haushalt eine frohe Botschaft: Die Zahl der Theologiestudierenden auf der Liste der EKHN hat sich erhöht! Unterlegt mit einer grünen (damit wahrscheinlich seiner Hoffnung Ausdruck verleihenden) Grafik und einer steil nach oben zeigenden Kurve wurde die Erhöhung vom Jahr 2013 mit 262 Studierenden auf sage und hier schreibe 269 in 2014 gefeiert. Noch besser sieht das Ganze im Vergleich zu 2010 aus: Eine Steigerung von 246 auf aktuell 269. Ja, das sind innerhalb von fünf Jahren tatsächlich 9,4% mehr. Man mag das als Erfolg bejubeln, kann aber auch genauso gut aus diesen Zahlen herauslesen, dass vielmehr der Ruf der EKHN als glaubwürdige und solide Arbeitgeberin eher nachhaltig ruiniert zu sein scheint. Ob dafür Herrn Dr. Bechinger Ehre gebührt, sei dahingestellt.
Jedoch: In Sachen Sparen und Kürzen hat Herr Dr. Bechinger durchaus eine beachtenswerte Bilanz vorzuweisen. Jede vakante volle Pfarrstelle spart der EKHN im Jahr ca. 60.000 €. Allein in den Ausgaben des EKHN-Amtsblattes September und Oktober 2014 sind 33,25 Vollzeitäquivalente nur für Gemeindepfarrstellen (darunter viele 0,5 Stellen und etliche zum zweiten oder wiederholten Male) ausgeschrieben. Daneben stehen 5,25 Stellen übergemeindliche Stellen zur Ausschreibung. Zudem gibt es versteckte Vakanzen. Z. B. all jene (meist halben) Stellen, die dereinst nur befristet bis 31.12.2014 ausgeschrieben wurden und oftmals unbesetzt blieben und seitdem durch Vakanzvertretungen verwaltet werden und wahrscheinlich gar nicht mehr erneut ausgeschrieben werden, trotz ihrer nun verlängerten Ausweisung bis 31.12.2016. Bei einer vierjährigen Vakanz solch einer halben Stelle spart die EKHN Finanzmittel in Höhe von ca. 120.000 €, abzüglich der 132 € Schwierigkeitszulage, die eine vakanzvertretende Pfarrperson brutto monatlich erhält. Dann sind es korrekterweise „nur“ 113.664 €. Nimmt man einmal an, dass allein die im September- und Oktoberamtsblatt ausgeschriebenen Stellen durchschnittlich ein dreiviertel Jahr vakant sind, dann summiert sich dies auf eine Ersparnis von über 1,68 Mio €. Da absehbar ist, dass trotz Stellenstreichungen die Zahl der Vakanzen in naher Zukunft weiter steigen wird, spart dadurch die EKHN auf Dauer ein ordentliches Sümmchen ein; und das trotz steigender Pensionslasten, die allerdings zu einem großen Teil noch aus BfA-Ansprüchen bzw. aus der Versorgungstiftung gedeckt werden. Dies schmälert die „Verdienste“ des Herrn Dr. Bechinger nicht wirklich. Allerdings versucht die Kirchenleitung nun mittels eines neuen Internetwerbeauftritts die Kurve der Zahl der Studierenden weiter hoch zu puschen. Unter www.machdochwasduglaubst.de erklärt ein auf dem Foto angestrengt aussehender Kirchenpräsident, dass man sein Glück im Beruf als Pfarrer in der EKHN finden könne und eine „Simpleshow“ zeigt den Weg zum Pfarrberuf. Also alles ganz simpel! Fragt man da vielleicht nach den drei alten Sprachen, die es zu lernen gilt, erklärt eine permanent lächelnde Theologiestudentin: „Kein Problem!“ Da kann man nur resümieren: Nun denn, viel Glück!
Ausgesuchte nette Pfarrerinnen präsentieren sich und ihren tollen Beruf, bei dem es besonders wichtig ist, dass man ihn liebt, weil zugegebenermaßen die Arbeitssituation manchmal extreme Züge annehme, wie der „blonde Engel“ Martina Schefzyk ausführt, unterlegt durch ein Bild mit tiefem Dekolleté. Auch der auf der Herbstsynode 2014 unterlegenen Propstkandidatin Clarissa Graz merkt man es als Gemeindepfarrerin an, „dass sie das breite Spektrum ihres beruflichen Engagements genießt.“ „Es kann nie langweilig werden“, verkündigt sie strahlenden Gesichtes. „Mit der Zeit gehend, gastfreundlich, offen, modern, in ihrer Außendarstellung up to date, auch via App auf dem Handy informiert, damit die Themen und Botschaften auch junge Menschen erreichen“ so zeigt sie sich den Menschen ihrer Gemeinde, die nicht fromm den Blick nach innen richten und sich nicht allein mit Glaubensfragen und Theologie beschäftigen. Allerdings ihr Outfit in einem auffällig großflächig gemusterten Kleid, das scheint zu dem seriös-schwarzen Blazer irgendwie nicht zu passen. Da passt es aber umso mehr, dass in ihrer Gemeinde über Veranstaltungen und nächtliche Events ganz oben unterm Kirchendach mit „Licht, Klang und Wein“ sofort im Internet darüber berichtet wird, natürlich auf einer benutzerfreundlichen, frisch aufgemachten und aktuellen Homepage.
Augenblick mal…? Warum wollte Frau Graz eigentlich diese Super-Gemeinde verlassen?
Ebenso betont Pfarrer Christoph Kiworr, dass er seinen Beruf liebt: „Dass die Menschen nach dem Pfarrer schauen, ist kein Problem“, sinniert er mit verklärt-mystischem Blick direkt aus dem Pfarrhaus auf die Dorfkirche.
Da drängt sich insgesamt dem unbedarften Betrachter schon die Frage auf, warum eigentlich der EKHN ihr Nachwuchs abhandengekommen ist…?
Nun aber: Man darf im Blick auf diese mediale Glaubenslust- und Glücks-Kampagne gespannt sein auf die nächste Zahl, die Herr OKR Böhm präsentieren wird. Denn jetzt setzt die EKHN noch eins drauf: „Bewerbungen externer Studierender, Vikare und Pfarrvikare sind willkommen.“(!) Herr Böhm macht, was er glaubt. Bravo!

Anna Tamenta

Veruntreuungsfall im Kirchenkreis Berlin-Spandau über 1 Mio. €

16. Novenber 2014. Berlin (epd)/EKBO.

Im evangelischen Kirchenkreis Berlin-Spandau soll eine Mitarbeiterin größere Summen Geld veruntreut haben. Die Sprecherin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Heike Krohn, bestätigte am Samstag entsprechende Berichte der Boulevardzeitungen „B.Z.“ und „Bild“. Die betreffende Mitarbeiterin sei bereits entlassen worden, bei der Staatsanwaltschaft sei Anzeige erstattet worden. Zudem laufe eine Untersuchung des kirchlichen Rechnungshofes.

Eine konkrete Summe bestätigte die Sprecherin nicht. Nach Informationen der beiden Zeitungen geht es um 800.000 Euro, vielleicht sogar eine Million Euro. Mit dem Geld sollten in 18 Gemeinden mit knapp 60.000 Mitgliedern Pfarrer bezahlt und Kirchen repariert werden, schreibt die „B.Z.“. Der Gesamtetat pro Jahr im Kirchenkreis Berlin-Spandau liege bei zehn Millionen Euro.

Die Sprecherin der Landeskirche bestätigte, dass der Leiter des zuständigen Verwaltungsamtes vorerst nicht im Dienst sei. Krohn sagte wörtlich: „Zu unserem Bedauern hat es im Kirchenkreis Spandau einen Fall von Veruntreuung gegeben, so dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss. Obgleich in unserer Kirche weitreichende Vorkehrungen bestehen, um unkorrektes Verhalten zu verhindern – das Vier-Augen-Prinzip ist eines davon – konnte die Unterschlagung hier nicht rechtzeitig erkannt werden.“ Nun würden Sicherheitsvorkehrungen nochmals überprüft, um vergleichbare Fälle künftig auszuschließen, fügte sie hinzu. Zur Quelle.

Synoden/Kirchenfinanzen: Landeskirchen finanziell stabil. Überschüsse in Pensionskassen.

Hannover: Der größten evangelischen Landeskirche Deutschlands geht es wirtschaftlich wieder recht gut. Laut Finanzchef Rolf Krämer erwartet sie rund 20 Millionen Euro mehr Einnahmen als noch im Vorjahr.

26.11.2014 |Deutschlands größte Landeskirche, die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, hat nach langer Durststrecke ihren Haushalt weitgehend saniert. Finanzchef Rolf Krämer erwartet für das laufende Jahr rund 20 Millionen Euro mehr Einnahmen aus der Kirchensteuer als im Vorjahr. Das werde am Jahresende voraussichtlich zu einem deutlichen Überschuss führen, sagte der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes am Mittwoch in Hannover vor der Synode, dem Kirchenparlament. Dieses Plus soll in die Altersversorgung der Pastoren und Kirchenmitarbeiter fließen. Das Haushaltsvolumen für 2014 liegt bei insgesamt rund 500 Millionen Euro. Zur Quelle.

Nordkirche:

20.11.2014 |Der Nordkirche geht es finanziell gut: Insgesamt 488 Millionen Euro sollen 2015 in die Kirchenkassen fließen – rund 20 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr, heißt es im Haushaltsentwurf der Nordkirche, der am Donnerstag zum Auftakt der Synode in Lübeck-Travemünde veröffentlicht wurde. Das ist eine Rekord-Einnahme für die Nordkirche, die 2012 gegründet worden ist. Das Kirchenparlament will den Haushalt am morgigen Freitag beraten und beschließen.

Größte Einnahmequelle ist die Kirchensteuer mit 453 Millionen Euro, 2014 waren es noch 425 Millionen Euro. Grund für das Plus ist vor allem die gute wirtschaftliche Lage. Die Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern steuern zweckgebunden noch einmal 27,3 Millionen Euro bei…
Das aktuelle Finanzpolster ist ebenfalls beachtlich: Anders als Bund und Länder hat die Kirche für künftige Pensionen eine finanzkräftige Stiftung Altersversorgung gegründet. Das Vermögen wird im kommenden Jahr auf 891 Millionen Euro veranschlagt – knapp 40 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr… Mehr dazu.

EKKW:  Kurhessen-Waldeck: Mehreinnahmen für die Pensionskasse

Kapitalaufstockung wird fortgesetzt. Mehreinnahmen kompensieren rückläufige Zinserträge
Beitrag vom 27. November 2014 von kirchenbunt
“Der Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hat am Dienstagvormittag auf der Herbsttagung der Landessynode seinen Finanzbericht vorgelegt. Darin dankte Knöppel ausdrücklich allen Gemeindemitgliedern für die Entrichtung der Kirchensteuer und ihre damit verbundene Treue zu ihrer Landeskirche: «Die Kirchensteuereinnahmen verschaffen unserer Landeskirche die finanzielle Grundlage für die Erfüllung unseres Auftrags», sagte der Vizepräsident vor den Synodalen.” Mehr dazu.

„Kirche muss auf Privilegien verzichten, wenn sie glaubwürdig sein will“. Wir sind Kirche zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht

„Kirche muss auf Privilegien verzichten, wenn sie glaubwürdig sein will“

Wir sind Kirche zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Arbeitsrecht

München, 21. November 2014

Die in der Verfassung garantierten Grundrechte bezüglich der persönlichen Lebensführung müssen nach Ansicht der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche endlich auch in kirchlichen Arbeitsverhältnissen gelten.
Die katholische Reformbewegung begrüßt deshalb die differenzierenden kirchlichen Äußerungen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20.11.2014, die eine baldige und hoffentlich positive Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts für nach Scheidung wiederverheiratete und homosexuell lebende Menschen erwarten lassen.
Auch um der eigenen Glaubwürdigkeit willen sollte die römisch-katholische Kirche auf staatliche Privilegien wie das kirchliche Selbstbestimmungsrecht verzichten, denn das Einfordern von Privilegien widerspricht dem Zweiten Vatikanischen Konzil (GS 76).

Zur Stellungnahme.

Ev. Kirche missachtet Grundwerte. Brief der ‚Initiative für ein gerechtes Kirchenrecht‘ an die EKD.

Sehr geehrter Herr Dr. Thiele,

in Ihrem Schreiben vom 12.08.2014 bringen Sie zum Ausdruck, dass unsere Darstellung kirchenrechtlicher Defizite vom 04.04.2014 nichts enthalte, was nicht schon früher Gegenstand von Briefwechseln gewesen wäre. Das ist ja gerade das Dilemma, dass in der EKD und ihren Gliedkirchen sich niemand verpflichtet fühlt, folgenschwere Fehlentwicklungen in der innerkirchlichen Legislative, Exekutive und Judikative zu korrigieren.

Seit vielen Jahren beschweren sich Kirchenmitglieder über unchristliche und rechtswidrige Machenschaften in der Ev. Kirche. Sie tun dies mit Briefen an ihre regionalen Kirchenleitungen und an die EKD-Leitungsgremien; sie demonstrieren, verfassen Bücher, melden sich in Zeitschriften, in der Presse und im Internet zu Wort. Bisher vergeblich! Lange vor Inkrafttreten des neuen Pfarrdienstgesetzes gab es in der EKHN, aber auch in anderen Landeskirchen, vergleichbare Regelungen zu den §§ 79 und 80 PfDG-EKD (“Nachhaltige Störung in der Wahrnehmung des Dienstes“). 2) So hatten wir und andere Initiativen, Veereine, Rechtsanwälte, Richter, Theologen usw. in über 20 Jahren reichlich Gelegenheit, die Auswirkungen dieser Rechtsnormen bundesweit zu beobachten. Das Ergebnis ist erschütternd. Doch offensichtlich will das niemand zur Kenntnis nehmen, – nicht einmal, wenn Gemeinden darüber zerbrechen und viele engagierte Gemeindeglieder frustriert die Kirche verlassen.
…  INI-Ki-Recht_EKD-Kirchenamt-Grundw_2014-11