Schlagwort-Archive: EKiR

Fassungslosigkeit angesichts einer Gemeindedemonstration und Petitionsübergabe gegen die Verwaltungsstrukturreform in den heiligen Hallen des Landeskirchenamts Düsseldorf: „Wer Funktionierendes zerschlägt, sitzt auf dem Ast, an dem er sägt“ (Spruchbandaufschrift)

03.07.2015,  NGZ- online

Aufsehen war beabsichtigt: Dass die evangelische Kirchengemeinde gestern eine Petition im Landeskirchenamt abgeben wolle, hatte Pfarrer Thomas Spitzer dort angekündigt. Spitzer tat dies nicht allein, er wurde von mehr als 60 Gemeindemitgliedern unterstützt, was an der Hans-Böckler-Straße in Düsseldorf zunächst doch für kurze Fassungslosigkeit sorgte…

Die sich gegen die Verwaltungsstrukturreform der Evangelischen Kirche im Rheinland wendende Petition nahm deren Vizepräsident Johann Weusmann entgegen… Mehr dazu.

 

25.06.2015, Kirchenbunt

60 Vertreter aus der Ev. Kirchengemeinde Rommerskirchen übergaben im Landeskirchenamt in Düsseldorf am Vormittag des 25. Juni ihre Petition gegen die Zwangszentralisierung ihrer Verwaltung. Mit Transparenten („Kleine Gemeindeschiffe entern bringt die Flotte bald zu Kentern“) und Sprechchören („Das Erzwingen wird nichts bringen!“) brachten sie ihren Unmut über die Verwaltungsstrukturreform und ihre Folgen lautstark zum Ausdruck. Dr. Johan Weusmann nahm die 1200 Unterschriften für die Kirchenleitung entgegen… Mehr dazu.

INITIATIVE für ein gerechtes Kirchenrecht: Reform des Kirchenrechts unter Beachtung staatlicher Grundrechte dringend erforderlich.

05/2015

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Dr. Bedford-Strohm,

mit Freude haben wir der Presse entnommen, dass Sie sich für die Einhaltung der Menschenrechte ausgesprochen haben. 1) Schon wegen der christlichen Wurzeln sollten wir Christen nicht müde werden, uns für die Grund- und Menschenrechte einzusetzen, die unsere staatliche Verfassung garantiert. Erfreulich ist ferner, dass die EKD ein Referat für “Grund- und Menschenrechte, Europarecht“ ausweist und deren Einhaltung immer wieder anmahnt.
Es dürfte jedoch Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, dass in der kirchlichen Rechtspraxis die staatlichen Grundrechte z.T. missachtet und sogar abgelehnt werden. So hat z.B. die Evangelische Kirche im Rheinland in einem Urteil behauptet, die Kirche sei nicht durch die Grundrechte gebunden. 2) Gegen dieses Urteil ist beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Einspruch erhoben worden. Obwohl das Gericht die Beschwerde wegen fehlender Zulassungsvoraussetzungen nicht angenommen hat und die Richter sich mit dem Inhalt offenbar auch nur fiktiv befasst hatten, haben sie in ihrer ablehnenden Begründung die falschen Argumente der Kirche unreflektiert übernommen. 3) Dieser Beschluss des BVerfG ist von Juristen, Richtern und anderen Fachleuten zu Recht heftig kritisiert worden. Dennoch hat die EKD-Synode diesen missglückten Vorgang im Rahmen der Neuordnung des Pfarrdienstrechts zu einem Musterbeispiel für die Rechtsprechung ihrer Gliedkirchen erhoben…


Ein großes Ärgernis ist z.B. die teilweise schlechte Ausgestaltung des Pfarrdienstrechts, insbesondere die Paragrafen zum sogenannten “Ungedeihlichen Wirken“. 4) Danach genügt es, wenn z.B. ein Kirchenvorstand (Presbyterium) seinem Pfarrer kurzerhand das Vertrauen entzieht – völlig zu Unrecht und ohne jede Begründung!…    INI-Ki-Recht_EKD-Ratsvors_Grundre-PfDG_2015-05

SOS Pfarrdienst! Von Hans-Jürgen Volk.

05/2015

Ein Umsteuern ist dringend erforderlich.

Man muss Alarm schlagen. Vor allem in den strukturschwachen Peripherieregionen der evangelischen Kirche im Rheinland ist die Grundversorgung pastoraler Dienste nicht mehr gesichert. Immer häufiger treten Situationen auf, in denen Menschen händeringend nach einem Pfarrer oder einer Pfarrerin suchen, weil eine Beerdigung, ein Hochzeitsjubiläum oder eine Trauung ansteht. In den ländlichen Kirchenkreisen treten zum Teil erhebliche Lücken bei der Notfallseelsorge auf. Die Demographie schlägt hier voll zu. Pfarrerinnen und Pfarrer werden immer weniger und immer älter. Verbindet sich dieser Tatbestand mit einem repressiven, wenig einfühlsamen Leitungsstil auf Kirchenkreisebene, steigt der Krankenstand. Kolleginnen und Kollegen gehen aus Gesundheitsgründen vorzeitig in Pension, die Belastung für die verbliebenen wächst. Diese Situation ist für unsere Kirche brandgefährlich. Wenn Menschen in Krisensituationen nicht mehr zeitnah einen Seelsorger oder eine Seelsorgerin finden, baut sich Frust auf, der den Mitgliederverlust beschleunigen dürfte.

Grundlage für die Pfarrstellenplanung in der Ev. Kirche im Rheinland sind immer noch die von der Kirchenleitung im Mai 2008 beschlossenen Pfarrstellenverteilungsrichtlinien. Hierbei handelt es sich um ein Instrument, dass eine organisierte Reduktion des Pfarrdienstes zum Ziel hat. Der Beschluss zur Pfarrstellenplanung (Beschluss Nr. 18) der Landessynode der EKiR vom Januar 2015 nimmt demgegenüber die Herausforderung in den Blick, vor dem die evangelische Kirche im Rheinland bereits jetzt schon in strukturschwachen Regionen steht und die in wenigen Jahren prägend für die Situation des Pfarrdienstes sein wird: es droht ein bedrückender Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrern. Ein weiteres wichtiges Dokument ist die Handreichung „Zeit für’s Wesentliche“, mit der der nicht mehr zu übersehenden Überforderung vieler Kolleginnen und Kollegen im Pfarrberuf u.a. durch das Instrument der Arbeitszeitvereinbarung entgegengewirkt werden soll.

Ein uneinheitliches Bild

Lange Zeit wurde der Pfarrdienst in erster Linie unter Kostengesichtspunkten wahrgenommen. Diese galt es deutlich zu reduzieren. So wurde ab dem Jahr 2006 eine ganze Theologengeneration in die Wüste geschickt. Fast noch bedrückender war der Umgang mit Kolleginnen und Kollegen im Sonderdienst, von denen viele seit Jahren im kirchlichen Dienst waren, sich im mittleren Alter befanden und in ihrer Mehrzahl Familie hatten. Der Sonderdienst wurde konsequent abgebaut, allzu viele fanden von da an keine Anstellung mehr in ihrer Kirche und bleiben auf der Strecke. Auch reguläre Pfarrstellen wurden massiv reduziert.
Erst seit kurzem wird auch auf Landessynoden die Problemanzeige gemacht, dass sich die Anzahl der Vakanzen vor allem in strukturschwachen Regionen häuft. Es wird immer schwerer, im Saarland, im Hunsrück, im nördlichen Ruhrgebiet oder im Westerwald frei werdende Pfarrstellen in einem angemessenen Zeitraum zu besetzen. Mit einem Beschluss zur Pfarrstellenplanung (Beschluss Nr. 18) der Landessynode der EKiR vom Januar 2015 liegt ein Versuch vor, dieser Situation gerecht zu werden. Kernpunkt ist die ehrgeizige Zielvorgabe von 1000 Pfarrstellen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, die im Jahr 2030 vorgehalten werden sollen. Dies bedeutet zwar immer noch eine deutliche Reduzierung der aktuell vorhandenen Pfarrstellen, ist aber angesichts der niedrigen Zahlen an Theologiestudenten nur unter großen Anstrengungen erreichbar.
Nun haben offenbar längst nicht alle Kirchenkreise der EKiR diesen deutlichen Perspektivwechsel der Landessynode nachvollzogen. Einige Superintendenten missverstehen anscheinend die von der Landessynode anvisierte Zielvorgabe als Aufforderung, den Pfarrstellenabbau im eigenen Kirchenkreis möglichst rasch voranzutreiben. Eine unheilvolle Eigendynamik haben die von der Kirchenleitung im Mai 2008 beschlossenen Pfarrstellenverteilungsrichtlinien entwickelt, nach denen im 5-Jahresrythmus ein Pfarrstellenrahmenkonzept neu justiert werden muss, wobei die Entwicklung der Gemeindegliederzahlen eine entscheidende Rolle spielt.
Die Kreissynoden müssten im Herbst 2015 Pfarrstellenrahmenkonzepte neu beschließen. Allerdings liegen noch keine Zahlen der Landeskirche vor, die die Grundlage hierfür bilden. Der Grund hierfür könnte die Spannung in der Zielsetzung sein zwischen den Pfarrstellenverteilungsrichtlinien und dem Beschluss zur Pfarrstellenplanung. Bei den Pfarrstellenverteilungsrichtlinien dominiert der Wahrnehmung des Pfarrdienstes als Kostenfaktor. Neben einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der Pfarrstellen steht das Ziel im Vordergrund, Pfarrstellen nach Vorgaben der Personalplanungskonferenz (Superintendentenkonferenz + Kollegium des LKA) zu reduzieren.
Die Pfarrstellverteilungsrichtlinien von 2008 stellen heute einen bürokratischen Anachronismus dar, der zudem durch die einseitige Orientierung an Gemeindegliederzahlen als vorrangigem Kriterium für die Pfarrstellenverteilung die Peripherieregionen und die strukturschwachen Gebiete der rheinischen Kirchen benachteiligt. Die Herausforderung der Zukunft wird sein, angesichts der niedrigen Zahlen beim theologischen Nachwuchs Pfarrdienst zu organisieren und freiwerdende Stellen besetzen zu können. Bereits in wenigen Jahren – etwa ab 2018 – gehen die ersten geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Zudem häufen sich die Fälle, in denen Kolleginnen und Kollegen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden, was die auf uns zukommende Mangelsituation noch einmal verschärfen dürfte. Der Beschluss zur Pfarrstellenplanung der Landessynode 2015 will dem entgegenwirken, in dem durch verschiedene Maßnahmen der Pfarrberuf wieder attraktiver gemacht werden, die Anzahl der durch Neuzugänge zu besetzenden Stellen auf 50 pro Jahr angehoben und verstärkt für Theologiestudium und Pfarramt geworben werden soll.

Realismus in Sicht

Ein Kollege aus der Ev. Kirche Hessen Nassau sagte mir vor einiger Zeit: „Ihr Pfarrer aus der EKiR geltet in den Augen anderer Landeskirchen ziemlich pauschal als geschädigt.“ Dieses Urteil ist gewiss ungerecht, dafür sind die Verhältnisse in der rheinischen Kirche zu vielgestaltig. Dennoch hat man an der EKiR den Pfarrdienst in der Vergangenheit mit einer Konsequenz unattraktiv gemacht, der gegenüber das bisher allzu zaghafte Gegensteuern noch keine wirksame Kompensation darstellt.
Ein realistisches Szenario wurde auf der Kreissynode des Kirchenkreises Krefeld-Viersen von Superintendent Burkhard Kamphausen vorgetragen: „In der Landeskirche gibt es zurzeit 1963 Pfarrstellen, von den rund 90 Prozent besetzt sind. Es werden künftig viele Pfarrer altersbedingt ausscheiden.“ Schlimmstenfalls könne es so aussehen, das es 2030 noch etwa 550 Stellen gebe. Dem soll entgegengesteuert werden. Kamphausen: „Wir wollen 1000 Stellen halten und besetzen. Dazu werden wir den Pfarrdienst sichern und stabilisieren.“ (Aus einem Artikel der WZ vom 26.04. 2015)
Wohltuender Realismus gepaart mit einigen interessanten und konstruktiven Akzenten wurde auch in einem Vortrag von Vizepräses Pistorius auf der selben Synode sichtbar – gut zusammengefasst in einem Pressebericht der EKiR. Pistorius grenzt sich hier ab gegenüber dem Programm des EKD-Impulspapieres „Kirche der Freiheit“. „Von einem in manchen kirchlichen Kreisen beliebten ‚Wachsen gegen den Trend‘ könne nur dann ernsthaft gesprochen werden, ‚wenn wir dabei allein auf die Kraft des heiligen Geistes hoffen und vertrauen‘.“ Weiter heißt es in dem Bericht: “ Unrealistische Zukunftsvisionen und Machbarkeitsvorstellungen dürften die Kirche und ihre Mitarbeitenden nicht in eine Erschöpfungsdepression führen. ‚Wäre es nicht ein angemessenes und geistlich begründetes Ziel, wenn die Evangelische Kirche unserer Gesellschaft Vorbild dafür wird, sich solide kleiner zu setzen, oder sich zumindest mit einem normalen jährlichen zyklischen Wachstum zufrieden zu geben?‘, fragte Pistorius selbstkritisch.“ Bezogen auf den Pfarrdienst und die Entwicklung der Gemeinden setzt er offenbar stärker auf Regionalität und dezentrale Entscheidungsfindungen: ‚Wenn wir nicht nur der Not gehorchen wollen, ist es unsere Aufgabe, über unsere Gemeinden und Pfarrbilder nachzudenken und sie auf einen guten Weg zu bringen‘, sagte Pistorius. Von den unterschiedlichen Formen von Kooperationen und anderer Formen der regionalen Zusammenarbeit über neuen Gemeindeformen bis hin zur Ausgestaltung des Pfarrdienstes gebe es zahlreiche Möglichkeiten, Kirche in der Zukunft zu formen. ‚Diese Arbeit wird im Wesentlichen in den Presbyterien und Kirchenkreisen mit den entsprechenden Ortskenntnissen zu leisten sein‘, so der Vizepräses weiter: ‚Das Landeskirchenamt und die Personalabteilung sehen ihre Aufgabe in der Beratung und Prüfung sowie der anschließenden rechtlichen Absicherung. Es geht darum, Spielräume zu eröffnen.’“
Was Pistorius hier formuliert, bedeutet eine bemerkenswerte Akzentverschiebung gegenüber dem oft autokratischen, die Basis bevormundenden Stil der alten Kirchenleitung unter Nikolaus Schneider. Dem bewährten Prinzip der Subsidiarität soll offenbar wieder stärkere Geltung verschafft werden. In der Tat brauchen wir starke Presbyterien, die auf Kirchenkreisebene und wenn nötig darüber hinaus angesichts der uns bevorstehenden Situation den örtlichen Gegebenheiten angepasste Kooperationsmodelle – nicht nur beim Pfarrdienst – entwickeln. Die Rechtsetzungen durch die KL und die Landessynode gingen in der Vergangenheit allerdings oft in eine andere Richtung. Die Pfarrstellenverteilungsrichtlinien verbauen Spielräume, ebenso dass nur teilweise außer Kraft gesetzte zentrale Auswahl- und Bewerbungsverfahren – von der in verschiedenen Regionen der Landeskirche kaum zu finanzierenden Verwaltungsstrukturreform, die Presbyterium zentrale Rechte entzieht, ganz zu schweigen. Noch fehlt eine umfassende rechtliche Absicherung im Blick auf die verbal durchaus vorgenommene Neubewertung der Situation des Pfarrdienstes in der EKiR.

Der Präses entschuldigt sich

Diese Neubewertung wird in einem bemerkenswerten Schreiben vom 13. April 2015 von Präses Manfred Rekowski an die Pastorinnen und Pastoren nach Artikel 62 KO deutlich – auch im Blick auf Vorgänge der Vergangenheit. Es handelt sich hierbei um ein Begleitschreiben zu einer Handreichung „Ergänzende pastorale Dienste“. Der Text ging an die gar nicht so kleine Gruppe von Menschen, die sich in ungesicherten bis prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden oder als „Pastorinnen und Pastoren im Ehrenamt“ Dienste übernehmen. Theologen sind darunter, die völlig durch’s Raster gefallen sind und von Hartz IV leben.
Rekowski spricht von einer „misslichen Geschichte der Personalpolitik für den Pfarrdienst“ und beklagt einen „teilweise wenig emphatischen administrativen Umgang“ mit seinen Adressaten. Er schreibt weiter: „In der Handreichung haben wir unser Bedauern über diese Entwicklungen ausgedrückt. In diesem Brief aber bitten wir Sie ausdrücklich um Entschuldigung.“
Man kann davon ausgehen, dass bei Rekowski sowohl das Bedauern wie die Bitte um Entschuldigung absolut ernst gemeint sind. Dennoch wird er es bei vielen der so Angesprochenen schwer haben, durchzudringen. Zu schwerwiegend und tief sind die Verletzungen der Vergangenheit. (Wie bedrückend sich Einzelschicksale darstellen können, habe ich in dem Beitrag “ … und die im Dunkel sieht man nicht“ angedeutet.)

Was dringend zu tun wäre

Der Realismus von Pistorius sowie die Geste von Rekowski sind zu begrüßen. Dennoch muss man die Frage stellen, ob die Kirchenleitung in vollem Umfang die jetzt schon prekäre Situation des Pfarrdienstes insbesondere in den strukturschwachen Regionen wahrnimmt. Hier geht es darum, dass die Basisversorgung an pastoralen Diensten – Seelsorge, Verkündigung und Katechese – nur noch unter größten Anstrengungen aufrecht erhalten werden kann. Zudem nehme ich einen bedrückenden Zusammenhang wahr: In Regionen, in denen überdurchschnittlich viele Pfarrstellen abgebaut wurden, scheinen sich Krankheitsfälle und ein sich daraus ergebendes vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst aus Gesundheitsgründen zu häufen. Folgendes wäre zu tun:
Die Pfarrstellenverteilungsrichtlinien von 2008 bedürfen dringend einer Korrektur. Sie sollten so ausgestaltet werden, dass nicht mehr die Reduktion des Pfarrdienstes im Vordergrund steht – die ergibt sich von selbst – , sondern die Herstellung einer möglichst optimalen Versorgung an pastoralen Diensten mit den vorhandenen Menschen.
Das „zentrale Auswahl- und Bewerbungsverfahren“ gehört auch für die Pastorinnen und Pastoren nach Artikel 62 KO abgeschafft. Auch deswegen wird es Rekowski schwer haben, mit seiner Bitte um Entschuldigung durchzudringen, weil es für diese Personengruppe noch in Kraft ist. Theologen sollten sich bei entsprechender Qualifikation ohne diese Hürde auf freie Pfarrstellen bewerben können. Anstelle des „zentralen Auswahl- und Bewerbungsverfahrens“ könnte eine intensivere Beratung der Anstellungsträger durch das Landeskirchenamt bzw. bei Gemeindepfarrstellen durch den KSV treten. Dies wäre ein wichtiger und entscheidender Schritt, um der kommenden und in Teilen schon vorhandenen Personalnot im Pfarrdienst zu begegnen.

„Missliche Geschichte der Personalpolitik für den Pfarrdienst“. Präses Rekowski entschuldigt sich.

05/2015, Hans- Jürgen Volk

„Der Präses entschuldigt sich

Diese Neubewertung wird in einem bemerkenswerten Schreiben vom 13. April 2015 von Präses Manfred Rekowski an die Pastorinnen und Pastoren nach Artikel 62 KO deutlich – auch im Blick auf Vorgänge der Vergangenheit. Es handelt sich hierbei um ein Begleitschreiben zu einer Handreichung „Ergänzende pastorale Dienste“. Der Text ging an die gar nicht so kleine Gruppe von Menschen, die sich in ungesicherten bis prekären Beschäftigungsverhältnissen befinden oder als „Pastorinnen und Pastoren im Ehrenamt“ Dienste übernehmen. Theologen sind darunter, die völlig durchs Raster gefallen sind und von Hartz IV leben.

Rekowski spricht von einer „misslichen Geschichte der Personalpolitik für den Pfarrdienst“ und beklagt einen „teilweise wenig empathischen administrativen Umgang“ mit seinen Adressaten. Er schreibt weiter: „In der Handreichung haben wir unser Bedauern über diese Entwicklungen ausgedrückt. In diesem Brief aber bitten wir Sie ausdrücklich um Entschuldigung.“

Man kann davon ausgehen, dass bei Rekowski sowohl das Bedauern wie die Bitte um Entschuldigung absolut ernst gemeint sind. Dennoch wird er es bei vielen der so Angesprochenen schwer haben, durchzudringen. Zu schwerwiegend und tief sind die Verletzungen der Vergangenheit.“ Zum Artikel. (scrollen Sie bis zur Zwischenüberschrift „Der Präses entschuldigt sich“.

Anm. F.S.: Das ist m.W. das erste mal, dass sich ein leitender Geistlicher bei einer Gruppe der Pfarrerschaft entschuldigt. Das ist ein wichtiger Schritt. Aber es ist nur ein erster Schritt. „Zu schwerwiegend und tief sind die Verletzungen der Vergangenheit“ urteilt Pfr. Hans-Jürgen Volk. So muss man erwarten, dass weitere Schritte, weitere Abbitten folgen.  

In der EKiR. Aber nicht nur dort.  Nur ein anderes Beipeil: Schon vor Jahren meinte ein Pfarrer der EKHN, dass sich der Kirchenpräsident für die rigide Einstellungspraxis der 90er Jahre (Einstellung nur mit halber Stelle etc.) bei den damals Betroffenen entschuldigen müsse. Sie werden den Schritt von Rekowski aufmerksam wahrnehmen. Und gespannt sein, wann der Kirchenpräsident der EKHN dem Präses der EKiR folgen wird. Übrigens: die „missliche Geschichte der Personalpolitik für den Pfarrdienst“ betrifft die Landeskirchen kollektiv. Schön, wenn es bei der „misslichen Geschichte“ tatsächlich um Geschichte und nicht auch um Gegenwart handelte.

EKvW/EKiR: Versorgungskasse der Pfarrer. Die Pensionen sind sicher.

Dieser Beitrag wurde am 10.2.2014 veröffentlicht
…Sind die Pensionen der Pfarrerinnen und Pfarrer sicher?

Ja. Die evangelischen Kirchen in Lippe, dem Rheinland und Westfalen sind rechtlich verpflichtet, ihre Pensionäre zu versorgen.

Die drei Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen sind seit 1971 dabei, gemeinsam einen solchen Kapitalstock aufzubauen. Alle Pensionen der lippischen, rheinischen und westfälischen Kirchen werden also aus einem Topf bezahlt. Die Kapitaldeckung liegt im Moment bei 50 Prozent. Eine Kapitaldeckung von 100 Prozent soll etwa um das Jahr 2040 erreicht werden; dafür fehlen noch rund 2,19 Milliarden Euro.

Die rheinische und die westfälische Kirche haben außerdem in den vergangenen Jahren einen Teil ihrer unerwartet hohen Kirchensteuer-Einnahmen zurückgelegt, um die Versorgungskasse noch schneller aufzufüllen. Diese zusätzlichen Rückstellungen liegen jedoch bisher auf Sonderkonten und sind noch nicht dem gemeinsamen Kapital zugeflossen.

Wie wird das Geld angelegt?

Das Kapital wird nach Auskunft der Versorgungskasse zu rund 25 Prozent in Aktien angelegt, zu rund 5 Prozent in Immobilien und zu 70 Prozent in fest verzinslichen Rentenpapieren. Davon entfällt den Angaben nach der über wiegende Teil auf Euro-Papiere mit hoher Sicherheit.

Beigemischt sind Anleihen in fremder Währung und ausgewählte Zinspapiere mit höheren Risiken und entsprechenden Zinsaufschlägen. Das Verzinsungsziel für alle Anlagen zusammen liegt bei 4,5 Prozent und wird im Durchschnitt übertroffen.  Zum Beitrag.

Doppik/NKF: Was mit so edlen Idealen gestartet war, hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einem nicht mehr zu durchschauenden, völlig überbürokratisierten, die Gemeinden in ihrer Existenz gefährdenden und die Mitarbeiter der Verwaltung an den Rand des Wahnsinns treibenden Moloch entwickelt.“

23.03.2015, Kirchenbunt, Eine Kirchengemeinde redet Tacheles

Die Ev. Kgm. Rheinberg (Kirchenkreis Moers) ist in eine finanziell schwierige Lage geraten. Unter der Überschrift “Nichts wird so bleiben wie es ist” werden in der aktuellen Ausgabe des Gemeindebriefes dafür drei Gründe (“Knebel”) konkret benannt: 1. das Kinderbildungsgesetz des Landes NRW (KiBiz), 2. die Verwaltungsstrukturreform und 3. das Neue Kirchliche Finanzmanagement. Bitteres Fazit der Gemeinde: “Das Land NRW, die Landeskirche, der Kirchenkreis rauben den Gemeinden die finanzielle Luft zum Atmen”.

Daraus zum Thema Doppik/ NKF:

Was mit so edlen Idealen gestartet war, hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einem nicht mehr zu durchschauenden, völlig überbürokratisierten, die Gemeinden in ihrer Existenz gefährdenden und die Mitarbeiter der Verwaltung an den Rand des Wahnsinns treibenden Moloch entwickelt. Das sogenannte „Neue kirchliche Finanzwesen“ hat praktisch über Nacht dazu geführt, dass unsere Kirchengemeinde aufgrund von Gebäudeabschreibungen und Zwangsrücklagen und Zwangspauschalen ein unglaubliches Defizit aufhäuft, obwohl sich an der sparsamen Ausgabepolitik und an der konkreten Arbeit vor Ort nichts geändert hat.

Das „NKF“ fördert tote Steine, und leblose Dinge und verhindert damit, dass wir den Aufgaben unserer Kirchengemeinde wie Verkündigung, Seelsorge, Unterricht und die Begleitung von Alten und Kindern nicht mehr sachgemäß nachgehen können. Rechnet man alle Abschreibungen und Rücklagen zusammen, so finden wir unter dem Strich eine Summe von gerade einmal 49.000 € an freien Mitteln vor, um alle unsere Aufgaben zu erfüllen – zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.

Lutherischer Konvent in der EKiR stimmt Wormser Wort zu.

Der Lutherische Konvent im Rheinland ist eine Gemeinschaft evangelisch-lutherischer Christen im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland. Der Konvent wurde während des Kirchenkampfes am 29. Dezember 1936 gegründet. Er ist Mitglied in der Lutherischen Arbeitsgemeinschaft in Deutschland.

Wie Idea (Idea Spektrum 05.03.2015, S. 40) berichtet, stimmt der Konvent dem Wormser Wort zu. Dort heißt es: „Der Lutherische Konvent im Rheinland hat sich auf seiner Frühjahrstagung in BOnn dem kirchenkritischen Wormser Wort angeschlossen. Wie ihr Vorsitzender Pfr. Winfried Krause sagte, hält der Konvent die Abbau- und Umbauprozesse in der EKD und in der rheinischen Kirche für bedenklich…“

Nach Publik Forum berichtete damit auch Idea über die Erklärung. Anzumerken ist, dass bei der Berichterstattung bei Idea der Satz „Kommunikation des Evangeliums“ der 1. These des Wormser Wortes (vgl. dazu etwa Prof. Christian Grethlein „Praktische Theologie“) ersetzt wird durch „Verkündigung des Evangeliums“. Das ist ein deutlicher Unterschied, der bei einer professionellen Berichterstattung nicht passieren sollte. F.S.

EKiR: Massiver Eingriff in die Finanzhoheit. Haushalte sind ab 2016 genehmigungspflichtig.

03/2015, von Hans-Jürgen Volk

Bei den Veränderungen der Verwaltungsordnung, die die Kirchenleitung Ende November 2014 beschlossen hat, handelt es sich um den wohl massivsten Eingriff in unsere Kirchenverfassung seit Jahren. Ab dem Haushaltsjahr 2016 muss jeder kirchliche Haushalt vom übergeordneten Leitungsgremium genehmigt werden. In Frage steht die Genehmigung wenn eine „Gefährdung des Haushaltsausgleichs“ vorliegt. Ein Indiz hierfür soll die geplante Rücklagenentnahme sein.
Nun hat die „Verordnung über das kirchliche Finanzwesen der Ev. Kirche im Rheinland“ (KF-VO) vom 26. November 2010 bereits 4 Veränderungen erfahren. Die 5. Modifikation vom November 2014 (veröffentlicht im Kirchlichen Amtsblatt vom 17. Dezember 2014) hat erhebliche Folgen für das Verhältnis der unterschiedlichen Ebenen kirchlichen Lebens. Nach der bisherigen Fassung der KF-VO wurde ein Haushalt durch Beschluss des Leitungsgremiums rechtswirksam. Im Raum stand der Gedanke eines „Haushaltssicherungskonzepts“, dass erst dann von der nächst höheren Leitungsebene entwickelt werden sollte, wenn der Haushalt einer kirchlichen Körperschaft dauerhaft in eine Schieflage gerät und das eigene Leitungsorgan keine nachhaltigen Lösungen entwickelt. Auch dies war umstritten und wurde als Eingriff in die Kompetenzen eines Presbyteriums oder eines Kreissynodalvorstands vielfach abgelehnt, ist aber im Gegensatz zur jetzt von der Kirchenleitung beschlossenen Regelung vergleichsweise moderat. Nunmehr wird Haushaltssicherung durch aufsichtliche Intervention der nächst höheren Leitungsorgane verstetigt.

Top-Down – „Aufsicht“ wird großgeschrieben
Aufmerken lassen muss bereits der deutlich erweiterte § 11 der KF-VO zum Stichwort „Aufsicht“. Kam die alte Fassung mit 2 Abschnitten aus, sind es nunmehr 7. Am klarsten deutet der neue 4. Abschnitt den bevorstehenden Kulturwandel in der EKiR an: „Aufsicht ist die bewusste Wahrnehmung der Verantwortung gegenüber den der Aufsicht unterliegenden kirchlichen Körperschaften, mit dem Ziel, auf die Einhaltung von Recht und Gesetz sowie auf die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns zu achten. Sie wird präventiv durch Anzeige und Genehmigungsvorbehalte sowie die von den Leitungsorganen zu bestimmenden internen Kontrollsysteme ausgeübt. Nachträglich wird Aufsicht durch Beanstandungen, die Aufhebung von Beschlüssen sowie äußerstenfalls durch Ersatzvornahme wahrgenommen.“ Deutlich wird, dass die Autonomie der 1. Ebene – dort, wo Kirche in Gemeinden, Einrichtungen und Werken mit ihrer Arbeit in direktem Kontakt mit Menschen steht – drastisch reduziert und die Interventionsmöglichkeiten des übergeordneten Leitungsorgans deutlich erweitert werden. Aufsicht erhält nunmehr einen präventiven Charakter, was nicht nur die Interventionsmöglichkeiten der nächsthöheren Leitungsebene verstetigt und erweitert, sondern insgesamt die Gestaltungsräume der 1. Ebene einengt. Die Vorstellung einer klaren Hierarchie geht aus dem 5. Abschnitt von § 11 der KV-VO hervor: „Die Aufsichtsorgane sind berechtigt, sich über alle ihrer Aufsicht unterliegenden Angelegenheiten zu unterrichten, dazu Berichte und Unterlagen anzufordern, an Ort und Stelle zu prüfen und den ihrer Aufsicht unterliegenden Stellen Weisungen zur Erfüllung der ihnen gesetzlich obliegenden Aufgaben zu erteilen.“ Die früheren Beteuerungen, dass mit der Einführung des NKF ebenübergreifende Interventionen ausgeschlossenen seien, sind damit gegenstandslos. In Zukunft sind Kreissynodalvorstände berechtigt, Presbyterien Weisungen zu erteilen. Das Gleiche gilt im Blick auf Kirchenkreise, denen die landeskirchliche Ebene mit fürsorglicher Aufsicht in Zukunft in präventiver und damit permanenter Weise begegnen kann.

Die wichtigsten Änderungen im Haushaltsrecht
Die Änderungen der KF-VO markieren den endgültigen Bruch mit der Tradition einer basisorientierten, kollegialen und mitunter auch solidarischen Kirche, die die EKiR trotz aller Mängel in der Vergangenheit war. Gewählte Leitungsgremien mutieren konzernmäßig immer stärker zu „Aussichtsorganen“. Der zentrale Satz bezogen auf das Haushaltsrecht findet sich im § 78 der neuen KF-VO: Der Haushalt „ist vor Beginn des Haushaltsjahres dem jeweiligen Aufsichtsorgan zur Genehmigung vorzulegen“.
Im neugefassten § 77 werden die Kriterien benannt, die bei der Genehmigung von Haushalten zu beachten sind. Der entscheidende Punkt ist die „Gefährdung des Haushaltsausgleichs“. Diese liegt vor, wenn:
„1. die Bilanz gemäß § 68 Absatz 4 Nr. 1 ein negatives Reinvermögen enthält, oder
2. die mittelfristige Finanzplanung in mindestens einem Jahr nicht ausgeglichen ist, oder
3. der Haushaltsausgleich nur durch Entnahme von Rücklagen, der Erhöhung der Umlagen oder der Minderung des Vermögensgrundbestands erreicht werden kann, oder
4. die Jahresabschlüsse der Vorjahre eine negative Entwicklung des Haushaltes erwarten lassen.“
In einem Schreiben aus der Finanzabteilung des Landeskirchenamtes vom 11.12. 2014 an die Gemeinden und Kirchenkreise der EKiR wird erläutert, wie mit dem Tatbestand einer Gefährdung des Haushaltsausgleichs umzugehen ist: „Als Basis wird die Genehmigungspflicht der Haushalte festgelegt und als Regelungswerkzeug die Versagung der Genehmigung bzw. die Genehmigung mit Auflagen eingeführt, sofern der Haushaltsausgleich gefährdet ist. Ein Indiz für die Gefährdung des Haushaltsausgleich ist die geplante Rücklagenentnahme.“ Hierbei gesteht man offenbar Rücklagenentnahmen dann zu, wenn es sich um Investitionen handelt, für die Mittel angespart wurden. Eine geplante Rücklagenentnahme zum Haushaltsausgleich ist dagegen in Zukunft nicht mehr zulässig.
In § 78 wird der Aktionsrahmen benannt, der den übergeordneten Leitungsorganen im Falle einer Gefährdung des Haushaltsausgleichs zur Verfügung steht. In Absatz 4 heißt es: „Im Falle der Gefährdung des Haushaltsausgleichs kann die Genehmigung mit einer Auflage oder Bedingung verbunden werden.“ In Absatz 5 wird weiter formuliert: “ Ist der Haushaltsausgleich nicht zu erreichen, ist die Genehmigung mindestens mit der Auflage zu verbinden, dem Aufsichtsorgan bis spätestens zum 30. Juni des Planjahres einen Plan vorzulegen, der erkennen lässt, dass der Ausgleich des Haushaltes innerhalb eines festgelegten Zeitraumes wieder erreicht werden kann (Haushaltskonsolidierungsplan). Die Entscheidung über dessen Genehmigung muss durch das Aufsichtsorgan bis zum 30. September erfolgt sein.“
Seit der NKF-Einführung gibt es zahlreiche kirchliche Körperschaften, in denen sich die Beschlussfassung über Haushalte erheblich verzögert und mit Beginn eines Haushaltsjahres kein rechtsgültiger Haushalt vorliegt. Welche Konsequenzen dies hat, ist im § 80 der KF-VO unter der Überschrift „Vorläufige Haushaltsführung“ geregelt. Die Kernaussage: „Ist der Haushalt zu Beginn eines Haushaltsjahres nicht beschlossen (haushaltslose Zeit), so darf die kirchliche Körperschaft ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, die erforderlich sind, um die notwendigen Aufgaben weiterzuführen und die rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen.“
Diese Neureglungen haben zur Folge, dass unsere Kirche insgesamt schwerfälliger, bürokratischer und hierarchischer wird. Unschwer lässt sich erkennen, dass durch den folgenschweren Zwischenschritt der Genehmigungspflicht sich der Zeitraum bis zur Rechtswirksamkeit eines Haushalts erheblich dehnt – bei einer „Gefährdung des Haushaltsausgleichs“ bis weit ins neue Haushaltsjahr hinein. In Zukunft werden wohl vielfach Gemeinden und Kirchenkreise die wenig befriedigende Erfahrung machen müssen, was es heißt, eine „haushaltslose Zeit“ zu überstehen. Erneut kommen erhebliche Belastungen auf die Verwaltungen und insbesondere die Kreissynodalvorstände zu, was den Kostenaufwand für Verwaltung und Organisation zu Lasten der kirchlichen Arbeit mit Menschen weiter steigern dürfte.

Bewertungen
Was mit der „Haushaltskonsolidierung“ auf der Ebene der Landeskirche begonnen hat, soll nun offenbar auf dem Verordnungswege bis hin zu kleinsten Kirchengemeinde vor Ort durchgedrückt werden: ein Leitungshandeln, das sich in fataler Einseitigkeit an Finanzgrößen orientiert, Menschen immer mehr aus dem Blick verliert und sich trotz deutlich steigender Kirchensteuereinnahmen einem für die kirchliche Arbeit schädlichen Finanz- und Spardruck hingibt. Folgendes ist darüber hinaus anzumerken.
1. Der Finanzdruck ist hausgemacht und von einigen Akteuren gewiss auch gewollt, da man der Ansicht ist, nur so strukturelle Veränderungen durchsetzen zu können. Die gleiche Kirchenleitung, die sich jetzt Kirchenkreise und Gemeinden mit fiskalischer Strenge zur Brust nehmen will, hat vor kurzem erst wenig kostenbewusst auf dem Verordnungsweg die teure Verwaltungsstrukturreform auf den Weg gebracht. Die landeskirchliche Ebene hat ebenfalls durch die immer komplexere und kostenintensive NKF-Implementierung die Verantwortung dafür, dass viele Kirchenkreise am Rand der finanziellen Handlungsfähigkeit stehen. Angesichts dessen, dass man Kirchenkreisen und Gemeinden außerordentlich kostenaufwendige Aufgaben zuschustert, wirken die Änderungen der KF-VO perfide und destruktiv.
2. Seit Jahren planen zahlreiche Kirchenkreise und Gemeinden mit Rücklagenentnahmen zum Haushaltsausgleich. Dennoch konnten sie vielfach – jedenfalls bis zur Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform – ihre Rücklagensituation sogar stetig verbessern. Der Grund: die in der letzten Zeit sogar noch gewachsene Diskrepanz zwischen den Planungsvorgaben der Landeskirche und dem tatsächlichen Ergebnis. Die Zahlen für das Haushaltsjahr 2014 belegen dies einmal mehr. Planungsgrundlage war ein Betrag von 585 Mio. €, das Ergebnis liegt bei einem Netto-Kirchensteueraufkommen von tatsächlich 655 Mio. € – also ca. 70 Mio. € mehr als geplant, was einer Abweichung von fast 12% entspricht. Wer hier von „unerwarteten Mehreinnahmen“ spricht, wie es der Finanzchef der EKiR Bernd Baucks gerne tut, muss erklären, welche überraschenden ökonomischen Effekte diese Mehreinnahmen verursacht haben. Dies wird jedenfalls im Blick auf die zurückliegenden Haushaltsjahre nicht gelingen, denn seit Jahren haben wir eine sehr solide Beschäftigungssituation, in letzter Zeit eine wenig überraschende positive Lohn- und Gehaltsentwicklung und ein eher moderates Wirtschaftswachstum. Wenn unter stabilen ökonomischen Rahmenbedingungen bei kaum spürbaren Veränderungen im Steuerrecht eine derartige Diskrepanz zwischen Planung und Ergebnis auftritt, handelt es sich eben nicht um „unerwartete Mehreinnahmen“, sondern um eine Fehlplanung. Kirchenkreise und Gemeinden zum Ernstnehmen dieser fragwürdigen Planungsgrundlagen verdonnern zu wollen, ist eine Zumutung! Wünschenswert wären in der Tat Planungsgrundlagen der Landeskirche, die man wieder ernst nehmen kann, wo also die Abweichung zwischen Planung und Ergebnis nicht bei 12% und mehr liegt sondern zwischen tolerablen 2-3%.
3. Es wird Regionen in unserer Landeskirche geben, in denen es kirchlichen Körperschaft gelingt, bereits trotz dieser offenkundigen Mängel bereits bei der Planung ausgeglichene Haushalte vorzulegen. Es handelt sich hierbei um ökonomisch starke Gebiete mit geringen Gemeindegliederverlusten und sogar wachsenden Gemeindegliederzahlen. Die Mehrzahl der Kirchenkreise vor allem in den strukturschwachen Regionen sind in einer völlig anderen Situation. Hier sinken die Gemeindegliederzahlen auf Grund der ökonomischen Schwäche teilweise drastisch. Steigende Kirchensteuereinnahmen kommen hier kaum an, da sich die Verteilung von Finanzmitteln beim übersynodalen Finanzausgleich an der Anzahl der Gemeindeglieder orientiert. Die Veränderungen der KF-VO erhöhen hier, wo Solidarität nötig wäre, den Druck in unerträglicher Weise.

Worin unterscheiden sich PrädikantInnen eigentlich noch von PfarrerInnen?

Im Glaubens-ABC der EKD  wird PrädikantIn folgendermaßen definiert:

„Prädikant wird ein von der Kirche mit dem Predigtdienst beauftragter Laie genannt.“

Entsprechend galt früher und gilt heute noch in der Schweiz folgende Regelung:

„Prädikantinnen und Prädikanten der Reformierten Kirchen Bern-Jura-
Solothurn sind Personen, die nicht zum Pfarramt ordiniert, aber für die
aushilfsweise Leitung von Gottesdiensten berufen und ausgebildet sind.

Sie bringen mit ihrem Dienst zum Ausdruck, dass alle getauften Men-
schen berufen sind, an der Verkündigung des Evangeliums mitzuwirken.“

aus: Verordnung über die Prädikantinnen und Prädikanten (Prädikantenverordnung) vom 12. Dezember 2013 (Stand am 26. Februar 2015), Art. 2 Prädikantinnen und Prädikanten

In den deutschen Landeskirchen ist diese restriktive Definition und Beauftragung längst überholt. Hier gilt etwa in der EKiR:

„Die rheinische Kirche betont, dass neben dem Pfarramt, das hauptberuflich und nach Absolvierung eines theologischen Studiums, der wissenschaftlichen Prüfungen und des pfarramtlichen Vorbereitungsdienstes ausgeübt wird, auch Gemeindeglieder, die dazu nach dem Urteil der Gemeindeleitung befähigt sind und zugerüstet wurden, den Dienst an Wort und Sakrament und in der Seelsorge ausüben können…“

Oder ausführlicher im Zusammenhang:

„In der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) können ehrenamtlich und beruflich Mitarbeitende auf Antrag des Presbyteriums nach landeskirchlichen Vorbereitungskursen ordiniert und in den Dienst der Prädikantin oder des Prädikanten berufen werden.
Die rheinische Kirche betont, dass neben dem Pfarramt, das hauptberuflich und nach Absolvierung eines theologischen Studiums, der wissenschaftlichen Prüfungen und des pfarramtlichen Vorbereitungsdienstes ausgeübt wird, auch Gemeindeglieder, die dazu nach dem Urteil der Gemeindeleitung befähigt sind und zugerüstet wurden, den Dienst an Wort und Sakrament und in der Seelsorge ausüben können…

Etwa 650 ehrenamtliche Prädikantinnen und Prädikanten gibt es in rheinischen Kirche. Sie kommen aus allen Altersgruppen, Berufen und sozialen Schichten und tun ihren Dienst im strikten Sinne ehrenamtlich. Dabei tragen sie in der Ausübung ihres Predigtdienstes ebenso wie die Pfarrerinnen und Pfarrer den Talar… „

 In die gleiche Richtung wie die EKiR, aber nicht so weitgehend, zielt auch die VELKD:

7. Dienstauftrag

In der Dienstordnung, die der Genehmigung durch den Bischof oder die Bischöfin oder einer von ihm oder ihr beauftragten Person bedarf, ist insbesondere festzulegen:
a) der Dienstbereich, in dem der Prädikant oder die Prädikantin tätig werden soll (z.B. Kirchengemeinde, Dekanat bzw. Kirchenkreis, Einrichtung),
b) inwieweit der Dienstauftrag regelmäßige Gottesdienste mit Feier des Abendmahls umfasst,
c) die Teilnahme an Dienstbesprechungen oder Sitzungen des Kirchenvorstandes, wenn wichtige Fragen des Amtes der Verkündigung beraten werden,
d) die Einbindung in die Gemeinschaft der übrigen nach CA 14 ordnungsgemäß berufenen Personen. Ausnahmsweise kann im Einzelfall der Dienstauftrag auch auf Amtshandlungen (Taufen, Trauungen, Bestattungen) erweitert werden, die der Prädikant oder die Prädikantin im Einvernehmen mit dem für die Gemeinde zuständigen Pfarrer oder der für die Gemeinde zuständigen Pfarrerin vornimmt. Ausnahmsweise kann die Dienstordnung bestimmen, dass dem Prädikanten oder der Prädikantin nach dem erfolgreichen Abschluss einer zusätzlichen Seelsorgeausbildung besondere Seelsorgeaufgaben übertragen werden.

Aus:  Verwaltungsvorschrift über den Dienst der Prädikantinnen und Prädikanten
(Prädikantendienstverwaltungsvorschrift–PrädVwV) Vom 4. März 2014

Fazit: die Definition im EKD-Glaubens- ABC ist veraltet und korrekturbedürftig.

Wieder eine Lehre für die Finanzdezernate der Kirche: PPP (Public Private Partnership) Modelle rechnen sich nicht.

In der Not greift man nach manchen Strohhalmen. So etwa die EKiR auf der jüngsten Synode im  Januar. Dort wird das PPP-Modell als Lösung für das Haus der Begegnung in Bonn (vgl. S.7) ins Spiel gebracht. Dabei verwundert, dass Modelle, die im staatlichen Bereich längst durch Studien als wirkungslos oder gar schädlich befunden werden, in der Kirche noch immer fröhliche Urstände feiern können…

PPP (public private partnership)  Modelle rechnen sich nicht:

13. Feb. 2015, Die Welt

Der privat finanzierte Bau von Autobahnen rechnet sich laut einem Gutachten des Bundesrechnungshofs nicht. Bei fünf der sechs bereits in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) gebauten Autobahnen hierzulande habe sich gezeigt, „dass sie um insgesamt über 1,9 Milliarden Euro teurer sind, als es eine konventionelle Realisierung gewesen wäre“, zitierte das „Handelsblatt“ am Donnerstag aus dem Gutachten für den Haushaltsausschuss des Bundestags. Zum Artikel.